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Betriebliche Altersversorgung | Rentenpolitik | bpb.de

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Betriebliche Altersversorgung

Gerhard Bäcker Ernst Kistler

/ 4 Minuten zu lesen

Bei der betrieblichen Altersversorgung handelt es sich um Leistungen, die ein Unternehmen mit seinen Mitarbeitern vereinbart und nach deren Pensionierung zahlt. Die Betriebsrente knüpft an das Arbeitsverhältnis an; sie ist eine besondere, aufgeschobene Form der Vergütung und geht als betriebliche Sozialleistung in die Lohnnebenkostenrechnung ein.

Solange die betriebliche Altersversorgung eine freiwillige Leistung ist, bleibt offen, welche Unternehmen überhaupt entsprechende Vereinbarungen eingehen. (© Eisenhans - Fotolia.com)

Der Sicherungsanlass: Der Arbeitgeber sorgt für seine Beschäftigten

Um die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Anspruchsfall auszahlen zu können, muss ein entsprechender Kapitalstock gebildet worden sein; die betriebliche Altersversorgung beruht damit auf dem Kapitaldeckungsverfahren.

Typisch für die betriebliche Altersversorgung ist die kontinuierliche Rentenzahlung bis zum Todesfall. Hierdurch unterscheidet sie sich von einer reinen renditeorientierten Kapitalbildung. Da die betriebliche Altersversorgung in aller Regel freiwillig erfolgt und die Unternehmen (normalerweise mit dem Betriebsrat) die Art der Versorgung selbst bestimmen können, ergeben sich unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten, so hinsichtlich der

  • erfassten Beschäftigten,

  • abgedeckten Risiken,

  • Rentenberechnung und -anpassung,

  • Durchführungswege (d.h. Wahl eines normierten Rechtsweges) und

  • Finanzierung.

Formen der Zusage

So können alle Beschäftigten oder nur bestimmte Beschäftigtengruppen begünstigt sein. Neben Leistungen der Altersversorgung können auch Leistungen bei Invalidität und an Hinterbliebene vereinbart werden. Üblich sind direkte Leistungszusagen, also die Zusage auf regelmäßige Zahlung einer vorab definierten Rente, die sich je nach Vereinbarung unterschiedlich berechnen kann, aber insgesamt von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängt. Davon zu unterscheiden sind Beitragszusagen. Hier verpflichtet sich der Arbeitgeber, Beiträge zum Aufbau eines Altersvorsorgekapitals zu zahlen. Die Höhe der Versorgungsleistung ist nicht definiert, sondern hängt allein vom Anlageerfolg ab. Die Risiken des Kapitalmarkts tragen bei Leistungszusagen also die Betriebe, bei Beitragszusagen die Beschäftigten.

Unterschiedliche Organisationsformen

Organisation und Durchführung der betrieblichen Altersversorgung sind Aufgabe des Betriebes. Eine eigenständige Durchführung, abgesichert durch Rückstellungen, kommt jedoch nur für Großunternehmen in Betracht. Kleine oder mittlere Betriebe bedienen sich meist eines externen Durchführungsweges wie zum Beispiel einer Pensionskasse, eines Pensionsfonds oder einer Direktversicherung. Der externe Versorgungsträger verwaltet den Vorsorgevertrag und zahlt später auch die Leistung an die RentnerInnen aus. Aufgrund der kollektiven Abwicklung ist die betriebliche Altersversorgung in der Regel effizienter als eine individuelle private Altersvorsorge (niedrige Kosten und damit günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis) und für den Einzelnen auch einfacher und sicherer.

Die Finanzierung der betrieblichen Altersversorgung erfolgt klassischerweise durch den Arbeitgeber. Gleichermaßen ist aber auch möglich, dass die Beschäftigten Teile ihres Arbeitsentgeltes einsetzen. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ist dieser Unterschied jedoch nicht entscheidend, da auch die Arbeitgeberleistungen Arbeitskosten und Lohnbestandteile sind.

Probleme aus sozialpolitischer Sicht

Solange die betriebliche Altersversorgung eine freiwillige Leistung ist, bleibt offen, welche Unternehmen überhaupt entsprechende Vereinbarungen eingehen, wie viele Beschäftigte im Unternehmen einbezogen werden und wie diese Vereinbarungen aussehen . Die Bereitschaft, sich in der betrieblichen Altersversorgung zu engagieren, hängt insbesondere ab von der Größe, der Wirtschaftskraft und dem Selbstverständnis eines Unternehmens, von den Besonderheiten der Branche sowie von der Situation in der Volkswirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt insgesamt.

Zu berücksichtigen ist dabei, dass mit der betrieblichen Altersversorgung nicht primär sozialpolitische Ziele (Verantwortungs- und Fürsorgedenken des Unternehmens) verfolgt werden. Die Entscheidung eines Unternehmens, den Beschäftigten insgesamt oder einzelnen Gruppen von Beschäftigten eine Altersvorsorge anzubieten, wird maßgeblich durch unternehmensstrategische und personalwirtschaftliche Ziele bestimmt. Es geht um die Steigerung der Attraktivität des Unternehmens, Gewinnung und Bindung qualifizierter Mitarbeiter, Verminderung von Fluktuation, leistungssteigernde Motivationswirkung sowie um Vorteile bei der Unternehmensfinanzierung und um steuerliche Entlastungen.

Das Charakteristikum der betrieblichen Altersversorgung, die Bindung der Leistung an ein Arbeitsverhältnis und an einen Betrieb, führt indes zu einer Reihe von Problemen, die die Reichweite und Tragfähigkeit dieser Art der Alterssicherung einschränken:

  • In der Leistungshöhe sind betriebliche Renten begrenzt, da die Unternehmen ihre finanziellen Belastungen im Rahmen halten wollen. Selbst nach einer langen Betriebszugehörigkeit wird deshalb eine Betriebsrente immer nur eine Ergänzung zu anderen Alterseinkommen sein.

  • Bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist häufig nicht sichergestellt, dass die erworbenen Ansprüche erhalten bleiben. Bei einem Wechsel des Arbeitgebers stellt sich die Frage, ob die Rentenansprüche "mitgenommen" und übertragen werden können oder verfallen (Problem der Portabilität). Sind Unverfallbarkeit und Portabilität nicht gewährleistet, geht dies zu Lasten der Beschäftigten, insbesondere dann, wenn nur kurze oder diskontinuierliche Erwerbsverläufe vorliegen. Zugleich wird die Mobilität auf dem Arbeitsmarkt behindert, was angesichts der hohen Dynamik der Wirtschaft nicht erwünscht sein kann.

  • Die Sicherheit der betrieblichen Rentenleistungen ist eng an die Leistungskraft des Unternehmens geknüpft. Da es sich um langfristige Verpflichtungen handelt, lassen sich wirtschaftliche Risiken, die die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens gefährden oder im Fall einer Insolvenz sogar ganz beenden, nicht ausschließen.

  • Abgesichert werden immer nur jene, die in einem Betrieb beschäftigt sind, der eine entsprechende Vereinbarung eingegangen ist.

Gesetzliche und tarifvertragliche Regelungen

Einige dieser Probleme können durch eine staatliche Regulierung der betrieblichen Altersversorgung begrenzt werden. So lassen sich die Unverfallbarkeit und Übertragbarkeit von Ansprüchen sowie die Pflicht zum Insolvenzschutz gesetzlich bestimmen. Der Verbreitungs- und Deckungsgrad der betrieblichen Altersversorgung kann durch eine öffentliche Förderung, so durch steuerliche Anreize oder durch die Zahlung direkter Zulagen, vergrößert werden. Durch die Förderung können auch Anreize für eine bestimmte Ausgestaltung der betrieblichen Altersversorgung gegeben werden, indem die Förderung davon abhängt, dass die Versorgungszusagen und -systeme Mindestbedingungen erfüllen.

Weiterreichend sind obligatorische Regelungen, die die Unternehmen durch Gesetz oder Tarifvertrag zu Leistungen verpflichten. Es hängt von der Ausgestaltung der gesetzlichen oder tarifvertraglichen Regelungen ab, ob die Verpflichtung sich nur auf bestimmte Betriebe, Branchen und Gruppen von Beschäftigten begrenzt, oder die gesamte Wirtschaft erfasst.

Sicherungslücken

Aber auch bei einem die gesamte Wirtschaft erfassenden Obligatorium (Verpflichtung für alle Betriebe) bleiben Personen, die wegen Krankheit, Kindererziehung, Haus- und Familienarbeit, Arbeitslosigkeit oder Ausbildung dauerhaft oder zwischenzeitlich nicht berufstätig sind, im Alter unversorgt oder unterversorgt. Die betriebliche Altersversorgung ist ausschließlich erwerbsbezogen, sie bindet die Absicherung im Alter an die Erwerbsbeteiligung und dies noch stärker als in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Gerhard Bäcker, Prof. Dr., geboren 1947 in Wülfrath ist Senior Professor im Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Bis zur Emeritierung Inhaber des Lehrstuhls "Soziologie des Sozialstaates" in der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Theorie und Empirie des Wohlfahrtsstaates in Deutschland und im internationalen Vergleich, Ökonomische Grundlagen und Finanzierung des Sozialstaates, Systeme der sozialen Sicherung, insbesondere Alterssicherung, Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Lebenslagen- und Armutsforschung.

Ernst Kistler, Prof. Dr., geboren 1952 in Windach/Ammersee ist Direktor des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie, INIFES gGmbH in Stadtbergen bei Augsburg. Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Arbeitsmarktberichterstattung, Demografie, Sozialpolitik, Armutsforschung.