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Bismarcks Sozialgesetze | Rentenpolitik | bpb.de

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Bismarcks Sozialgesetze

Gerhard Bäcker Ernst Kistler

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Am 22. Juli 1889 wurde das Gesetz betreffend die Invaliditäts- und Alterssicherung der Arbeiter verabschiedet. Bezugsberechtigt waren nur Arbeiter bis zu einer bestimmten Einkommensobergrenze sowie sehr gering verdienende Angestellte. Für kleine Selbstständige wurde die freiwillige Versicherung ermöglicht.

Reichskanzler Otto von Bismarck zu Pferd in Friedrichsruh. Am 22. Juli 1889 wurde das Gesetz betreffend die Invaliditäts- und Alterssicherung der Arbeiter verabschiedet. (© picture-alliance/akg)

Hintergrund

Am 22. Juli 1889 wurde das Gesetz betreffend die Invaliditäts- und Alterssicherung der Arbeiter verabschiedet und dieses auch nur bis zu einer Einkommensobergrenze. Die relativ wenigen Arbeiter, die höhere Einkommen erzielten, beschränkten sich vor allem auf Großbetriebe, die teilweise auch schon eigene betriebliche Alterssicherungssysteme aufgebaut hatten.

Einbezogen waren nur Arbeiter und dabei bei weitem nicht alle (v.a. nicht Heimarbeitskräfte und die vielen - weiblichen - mithelfenden Familienangehörigen) sowie sehr gering verdienende Angestellte (sog. "Betriebsbeamte" mit weniger als 2000 Reichsmark Jahreseinkommen). Für kleine Selbstständige wurde die freiwillige Versicherung ermöglicht. Leistungen erhielten vor allem Invalide; die Altersgrenze von 70 Jahren für eine Altersrente ohne Prüfung der Erwerbsunfähigkeit erreichten nur recht wenig Versicherte (vgl. Kasten).

QuellentextNominale und reale Regelaltersgrenze

"Arbeiter starben in der Regel deutlich früher, und wenn sie das Alter erlebten, dann meist nicht mehr in ihrem alten Beruf. Die für zeitgenössische Ohren utopisch hoch klingende Grenze von 70 Jahren trug erheblich dazu bei, das Gesetz zu diskreditieren. Sie wurde bis in unsere Tage oft fälschlich als der eigentliche Übergang in das Rentenalter im Kaiserreich angesehen, während de facto das Durchschnittsalter bei Rentenzugang seit der Jahrhundertwende bei knapp 57 Jahren lag".

Haerendel 2011, S. 16

Geringes Leistungsniveau

Eine Witwenrente war noch nicht vorgesehen. Ebenfalls bereits 1889 wurde dagegen die Rentenversicherung mit Aufgaben der Rehabilitation - nach dem Grundsatz "Reha vor Rente" − betraut. Die Finanzierung erfolgte − entgegen Bismarcks ursprünglichen Vorstellungen (er wollte ein rein steuerfinanziertes System) − teils durch einen Zuschuss aus dem Reichshaushalt sowie vor allem hälftig aus Beiträgen der Arbeiter und Unternehmen. Mit knapp zwei Prozent des beitragspflichtigen Bruttoentgelts waren die Beiträge gering - entsprechend waren die Leistungen niedrig und weit von einer Lebensstandardsicherung entfernt.

"Beispielsweise betrug die Altersrente bei 30 Jahren Beitragszahlung nur ein Fünftel bis Sechstel des vormaligen Jahresverdienstes, denn sie galt als Zulage, die nicht zur Existenzsicherung ausreichte" . Dabei wurde aus dem Reichszuschuss eine Sockelrente für alle in gleicher Höhe bezahlt. Hinzu kam eine von Gehaltsklassen abhängige Rentenkomponente. Die Zahl der Versicherungs-/Beitragsjahre war anfangs bei Altersrenten nur für die Anspruchsberechtigung, nicht aber für die Rentenhöhe von Bedeutung (im Gegensatz zu den Invalidenrenten). Die Finanzierungsform basierte anfangs auf einem Kapitaldeckungsverfahren bei einem recht hohen Anteil an Steuerfinanzierung aus dem Reichshaushalt.

Extraweg für Beamte

Zu erwähnen ist an dieser Stelle auch die weit(er) zurück reichende Tradition der Beamtenversorgung . Auch hier gab es anfangs verschiedene Entwicklungen, wie ab 1805 in Bayern steuerfinanzierte Pensionen oder ab 1825 ein beitragsfinanziertes System in Preußen. Mit dem Reichsbeamtengesetz von 1873 und einem Beamtenhinterbliebenengesetz von 1881 wurden so Grundlagen für die spätere relative Besserstellung von Pensionisten und deren Hinterbliebene gelegt.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. kompakt zur Vorgeschichte und zum Diskussionsverlauf Haerendel 2011.

  2. Pilz 2004, S. 26.

  3. Vgl. Schmähl 2016, S. 408 f.

Weitere Inhalte

Gerhard Bäcker, Prof. Dr., geboren 1947 in Wülfrath ist Senior Professor im Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Bis zur Emeritierung Inhaber des Lehrstuhls "Soziologie des Sozialstaates" in der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Theorie und Empirie des Wohlfahrtsstaates in Deutschland und im internationalen Vergleich, Ökonomische Grundlagen und Finanzierung des Sozialstaates, Systeme der sozialen Sicherung, insbesondere Alterssicherung, Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Lebenslagen- und Armutsforschung.

Ernst Kistler, Prof. Dr., geboren 1952 in Windach/Ammersee ist Direktor des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie, INIFES gGmbH in Stadtbergen bei Augsburg. Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Arbeitsmarktberichterstattung, Demografie, Sozialpolitik, Armutsforschung.