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Heraufsetzung der Altersgrenzen | Rentenpolitik | bpb.de

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Heraufsetzung der Altersgrenzen

Gerhard Bäcker Ernst Kistler

/ 3 Minuten zu lesen

Bis zum Jahr 2029 wird das gesetzliche Renteneintrittsalter schrittweise auf 67 Jahre erhöht. Wie sieht diese Regelung aus, gibt es noch Möglichkeiten eine vorgezogene Altersrente zu beziehen?

Stempel mit der Aufschrift Rente und 67. Im Jahr 2007 beschloss der Bundestag das gesetzliche Renteneintrittsalter schrittweise auf 67 Jahre anzuheben. (© picture-alliance, chromorange)

Das am 09.03.2007 vom Deutschen Bundestag beschlossene "Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung" stellt den bisherigen Endpunkt eines seit den 1990er Jahren beginnenden Paradigmenwechsels in der Rentenpolitik dar. Danach erfolgt seit 2012 bis hin zum Jahr 2029 eine schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze, zunächst für die Geburtsjahrgänge 1947 bis 1958 jährlich um jeweils einen Monat, dann für die Geburtsjahrgänge 1959 bis 1963 um jeweils zwei Monate. Ab dem Geburtsjahrgang 1964 liegt die Regelaltersgrenze dann bei 67 Jahren. Von einigen Ausnahmen eines vorzeitigen Rentenbezugs abgesehen, ist also ab dem Jahr 2029 ein Renteneintritt in eine abschlagsfreie Altersrente vor dem Erreichen des 67. Lebensjahres nicht mehr möglich (vgl. Tabelle).

Die stufenweise Anhebung der Altersgrenze bei der Regelaltersrente

Versicherte
Geburtsjahr
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
1947 1651
1948 2652
1949 3653
1950 4654
1951 5655
1952 6656
1953 7657
1954 8658
1955 9659
1956 106510
1957 116511
1958 12660
1959 14662
1960 16664
1961 18666
1962 20668
1963 226610
1964 24670

Dabei gelten (nach Abschluss der Anpassung) nur noch die vier folgenden Sonderregelungen / Sonderaltersgrenzen:

  • Altersrente für Schwerbehinderte: Die Altersgrenze für eine abschlagsfreie Rente wird schrittweise von 63 auf 65 Jahre angehoben. Mit Abschlägen von bis zu 10,8 Prozent (36 x 0,3 %) ist ein vorzeitiger Renteneintritt erst ab dem 62. Lebensjahr möglich.

  • Altersrente für langjährig Versicherte: Versicherte, die 35 und mehr Jahre Wartezeit erfüllt haben, können unverändert nach dem 63. Lebensjahr Altersrente beziehen, aber mit bis zu 14,4 Prozent (48 x 0,3 %) Abschlag von ihrer Rente.

  • Altersrente für besonders langjährige Versicherte: Wer eine Wartezeit von 45 Jahren erfüllt hat, kann mit 65 Jahren in Rente gehen − und zwar ohne Abschläge.

  • Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab 63 Jahren ohne Abschläge: Seit 2014 besteht die Möglichkeit, eine abschlagsfreie Rente bereits vor Erreichen des 65. Lebensjahres, frühestens ab 63 Jahren, zu erhalten. Es handelt sich um eine zeitlich befristete Regelung. Sie gilt nur für Versicherte, die zwischen Juli 1951 und Dezember 1952 geboren sind. Für die später geborenen Jahrgänge zwischen 1953 und 1963 wird im Zuge der Anhebung der Regelaltersgrenze das Zugangsalter schrittweise wieder auf 65 Jahre angehoben.

Bei der Erwerbsminderungsrente wurde die Altersgrenze für einen abschlagsfreien Rentenbezug auf das vollendete 65. Lebensjahr festgelegt, mit einer stufenweisen Anhebung zwischen 2012 und 2024. Eine Ausnahme besteht für besonders langjährig Versicherte mit 40 Pflichtversicherungsjahren. Stufenweise wird auch die Altersgrenze für den Bezug einer großen Witwen-/Witwerrente vom 45. auf das 47. Lebensjahr angehoben (Ausnahmen: während aktueller Kindererziehung oder bei Erwerbsminderung).

Als zentrale Begründungen für die Anhebung der Regelaltersgrenze wurden und werden folgende Argumente ins Feld geführt:

  • Angesichts der fortlaufenden Erhöhung der Lebenserwartung beziehen die Versicherten ihre Altersrente immer länger. Mittlerweile liegt die mittlere Bezugsdauer bei 21,3 Jahren (Frauen) bzw. bei 18,1 Jahren (Männer). Das führt zu einer Veränderung der Relation von aktiver Erwerbsphase zu durchschnittlicher Rentenbezugsdauer und steigenden Ausgaben. Daher erscheint es im Sinne einer generationengerechten Rente nötig, die Beschäftigungszeiten zu verlängern und damit die Beitragseinnahmen zu erhöhen sowie das Renteneintrittsalter anzuheben und den Anstieg der Rentenbezugszeiten zu bremsen. Nur so können eine laufende Anhebung der Beitragssätze vermieden und/oder fortlaufende Kürzungen des Rentenniveaus vermieden werden.

  • Der demografische Wandel führt dazu, dass die Zahl junger, qualifizierter Erwerbspersonen und damit das Angebot an Arbeitskräften zurückgehen. Wenn es deshalb gilt, die Erfahrung und das Wissen älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stärker zu nutzen, muss deshalb dafür Sorge getragen werden, dass die Älteren länger im Betrieb bleiben. Dies auch deshalb, um einem drohenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Die Anhebung der Regelaltersgrenzen ist insofern aus arbeitsmarktpolitischen, ökonomischen und fiskalischen Gründen unerlässlich.

Allerdings ist die Heraufsetzung der Regelaltersgrenze bis heute strittig. Die Frage ist vor allem, ob die in den Argumenten enthalten Annahmen tatsächlich zutreffen: Sind die älteren Beschäftigten angesichts ihrer gesundheitlichen und beruflichen Leistungsfähigkeit tatsächlich in der Lage länger zu arbeiten? Was ist mit denen, die es nicht schaffen? Stehen genügend Arbeitsplätze für Ältere zur Verfügung?

Für den Einzelnen ist "sein" Rentenalter, in seinen persönlichen, beruflichen und familiären Planungen sehr wichtig. Gerade eine Erhöhung des Rentenalters findet bei vielen keine Zustimmung, da sie in die Lebensplanung eingreift.

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Gerhard Bäcker, Prof. Dr., geboren 1947 in Wülfrath ist Senior Professor im Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Bis zur Emeritierung Inhaber des Lehrstuhls "Soziologie des Sozialstaates" in der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Theorie und Empirie des Wohlfahrtsstaates in Deutschland und im internationalen Vergleich, Ökonomische Grundlagen und Finanzierung des Sozialstaates, Systeme der sozialen Sicherung, insbesondere Alterssicherung, Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Lebenslagen- und Armutsforschung.

Ernst Kistler, Prof. Dr., geboren 1952 in Windach/Ammersee ist Direktor des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie, INIFES gGmbH in Stadtbergen bei Augsburg. Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Arbeitsmarktberichterstattung, Demografie, Sozialpolitik, Armutsforschung.