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Unterschiedliche Rentenberechnung | Rentenpolitik | bpb.de

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Unterschiedliche Rentenberechnung Renten in Ostdeutschland

Gerhard Bäcker Ernst Kistler

/ 4 Minuten zu lesen

Zwar gilt in den neuen Bundesländern seit 1992 das westdeutsche Rentenrecht. Dennoch waren bei dieser Integrationsaufgabe die völlig unterschiedlichen individuellen (Erwerbsbiografien) und volkswirtschaftlichen (Lohnentwicklung und -niveau) Voraussetzungen der Rentnerinnen und Rentner in Ost und West zu berücksichtigen.

Der aktuelle Rentenwert Ost orientiert sich an den Durchschnittsentgelten Ost und folgt dementsprechend auch der Lohnentwicklung in den neuen Bundesländern. (© Bundesregierung, B 145 Bild- 00042739/ Foto: Fassbender, Julia | 24.September 1998)

Die vormals unabhängig voneinander existierenden staatlichen Alterssicherungssysteme der BRD und der DDR sind nach der Vereinigung zu einem gesamtdeutschen Alterssicherungssystem auf der Grundlage der westdeutschen Regelungen zusammengeführt worden. Aber nach wie vor gibt es im Rentenrecht spezifische, nur für die neuen Bundesländer geltende Bestimmungen. Dies betrifft insbesondere

  • die unterschiedliche Berechnung der persönlichen Entgeltpunkte,

  • die unterschiedliche Höhe des aktuellen Rentenwerts.

So heißt es in § 254b (1) SGB VI:

§ 254b (1) SGB VI

"Bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland werden persönliche Entgeltpunkte (Ost) und ein aktueller Rentenwert (Ost) für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente aus Zeiten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet gebildet, die an die Stelle der persönlichen Entgeltpunkte und des aktuellen Rentenwerts treten".

Hochwertung der Arbeitsentgelte

Die persönlichen Entgeltpunkte errechnen sich nach der Rentenformel als Verhältnis des individuellen Arbeitsentgelts zum Durchschnittseinkommen, multipliziert mit dem Zugangsfaktor, welcher z. B. Abschläge bei vorzeitigem Renteneintritt berücksichtigt. Arbeitnehmer:innen mit einem Durchschnittseinkommen erwerben dabei nach einem Jahr der Beitragszahlung genau einen Entgeltpunkt. Dies entspricht dem Prinzip der Teilhabeäquivalenz. Allerdings gelten nach dem Rentenrecht als Maßstab für die Durchschnittseinkommen die westdeutschen Entgelte. Würden nun die ostdeutschen Entgelte ins Verhältnis zu den westdeutschen Durchschnittsentgelten gesetzt, würden sich für die Versicherten in den neuen Bundesländern nur sehr geringe Entgeltpunkte ergeben. Denn zu Beginn der Vereinigung lagen die Verdienste in den neuen Ländern deutlich niedriger als im Westen. Die Bestandsrenten wie auch die Zugangsrenten in den neuen Ländern wären lediglich minimal gewesen.

Deshalb gilt die Regelung, dass die individuellen Arbeitsentgelte im Osten auf das Westniveau hochgewertet werden. Rückwirkend für die Vergangenheit und auch fortlaufend für die Zeit nach der Rentenüberleitung werden demnach zur Ermittlung der Entgeltpunkte (Ost) die auf dem Gebiet der neuen Bundesländer erzielten Bruttolöhne und -gehälter mit einem gesetzlich festgelegten Hochwertungsfaktor multipliziert und dann ins Verhältnis zum westdeutschen Durchschnittseinkommen des jeweiligen Jahres gesetzt. Der Hochrechnungswert entspricht dabei in jedem Jahr dem Verhältnis, in dem das Durchschnittsentgelt West zum Durchschnittsentgelt Ost steht. Dabei zeigt sich, dass die durchschnittliche Lohndiskrepanz zwischen Ost- und Westdeutschland im Zeitverlauf deutlich geringer geworden ist .

Dieses Verfahren führt dazu, dass für ein Durchschnittsentgelt in den neuen Bundesländern (gemessen an den dortigen Werten) Entgeltpunkte gut geschrieben und insofern eine Gleichbehandlung mit den Versicherten in den alten Bundesländern erreicht wird. Denn auch in den alten Ländern führt ein Durchschnittsentgelt zu einem Entgeltpunkt.

Bei der Rentenüberleitung musste sichergestellt werden, dass neben der angemessenen Berücksichtigung der in der DDR erworbenen Rentenansprüche und -anwartschaften auch die unterschiedliche Ausgangssituation bei den Einkommensverhältnissen berücksichtigt wird. Das rentenpolitische Sicherungsziel war und ist das Erreichen des entsprechenden Nettorentenniveaus (d. h. Relation zum Durchschnittsverdienst), das im selben Kalenderjahr auch in den alten Bundesländern erreicht wurde.

Neben der Hochwertung der durchschnittlichen Bruttolöhne und -gehälter wurden und werden deshalb die Entgeltpunkte (EP) in Ost- und Westdeutschland beim Rentenzugang mit einem jeweils unterschiedlichen aktuellen Rentenwert (aRw) multipliziert. Neben der unterschiedlichen Berechnung und den unterschiedlichen Ausgangsniveaus des aktuellen Rentenwertes (Ost) erfolgte auch die Anpassung des Rentenbestandes in den neuen Bundesländern anders als in den alten Bundesländern. Die Anpassung orientiert sich dabei an der Einkommensentwicklung in den neuen Ländern. Mit dem Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz wurde zudem im Jahre 2004 eine Schutzklausel (Ost) im SGB VI verankert, die sicherstellt, dass der aktuelle Rentenwert (Ost) mindestens im gleichen Maße wie der aktuelle Rentenwert ansteigt.

Die Abbildung "Anpassung der Bruttorenten in den neuen Bundesländern 1990-2023" verdeutlicht die Entwicklung des aktuellen Rentenwerts in den neuen Ländern im Vergleich zur Anpassung in den alten Ländern seit 1991. Sichtbar wird, dass es in den neuen Ländern bis 1986 zweimal im Jahr Anpassungen gab, um den schnellen Anstieg der Löhne im Beitrittsgebiet abbilden zu können und auch für die Rentner:innen wirksam werden zu lassen.

Im Ergebnis hat sich der aktuelle Rentenwert Ost in den ersten Jahren nach der Vereinigung sehr deutlich erhöht. Entsprechend haben sich auch die Rentenzahlbeträge steil nach oben entwickelt. Erkennbar wird dies, wenn man die sog. Standardrente (Durchschnittsverdienst und 45 Versicherungsjahre = 45 Entgeltpunkte) betrachtet. Die Standardrente Ost (brutto) lag zum 01.07.1992 bei etwa 1.200 DM, d.h. 62,3 Prozent der Standardrente West von fast 2000 DM. 2012 liegen die entsprechenden Standardrenten brutto bei 1.598 Euro (Ost) und 1.621 Euro (West). Das entspricht einem Verhältnis von 91,5 Prozent. Bereits 2023 wird die vollständige Angleichung erreicht: In beiden Landesteilen liegt die Standardrente bei 1.692 Euro.

Abweichungen des aktuellen Rentenwerts

Wie bereits beschrieben hatte sich jedoch seit Anfang 2000 der Anpassungsprozess der Löhne in den neuen Ländern merklich verlangsamt. In der Folge stagniert zwischen 2000 und 2012 das Verhältnis der Bruttostandardrenten Ost/West weitgehend. Erst seit 2012 gibt es wieder einen starken Aufwärtstrend. Und seit 2023 ist gesetzlich ein einheitlicher Wert auf dem westdeutschen Niveau vorgegeben.

Sonderregelungen im Beitragsrecht

Im System der dynamischen Rente werden mit der jährlichen Anpassung der aktuellen Rentenwerte auch die Entgeltbereiche angepasst, für die Beiträge zu zahlen sind. Seit der Wende hat sich das anfangs große Lohngefälle zwischen den alten und neuen Bundesländern bereits stark angenähert, besteht aber weiterhin. Es erfordert deshalb besonderer Regelungen zur Beitragsbemessungsgrenze und zur Bezugsgröße, um zu vermeiden, dass Versicherte zu hohe Beiträge leisten. Dementsprechend gibt es für beide Gebiete unterschiedliche Beitragsbemessungsgrenzen und unterschiedliche Bezugsgrößen bei einem einheitlichen Beitragssatz. Diese werden jährlich der Einkommensentwicklung angepasst. Die aktuelle Beitragsbemessungsgrenze Ost (für die allgemeine Rentenversicherung, ohne Knappschaft) erreicht 2024 mit 7.450 Euro 99 Prozent des Westwerts.

Weitere Inhalte

Gerhard Bäcker, Prof. Dr., geboren 1947 in Wülfrath ist Senior Professor im Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Bis zur Emeritierung Inhaber des Lehrstuhls "Soziologie des Sozialstaates" in der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Theorie und Empirie des Wohlfahrtsstaates in Deutschland und im internationalen Vergleich, Ökonomische Grundlagen und Finanzierung des Sozialstaates, Systeme der sozialen Sicherung, insbesondere Alterssicherung, Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Lebenslagen- und Armutsforschung.

Ernst Kistler, Prof. Dr., geboren 1952 in Windach/Ammersee, verstorben 2021, war Direktor des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie, INIFES gGmbH in Stadtbergen bei Augsburg. Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Arbeitsmarktberichterstattung, Demografie, Sozialpolitik, Armutsforschung.