Am 3. Oktober 2020 jährte sich zum 30. Mal das Inkrafttreten des Einigungsvertrags. Mit dem Tag der Deutschen Einheit 1990 wurde die 40-jährige Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg beendet. Seitdem zählt die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland zu den anspruchsvollsten Zielen politischer Regierungsverantwortung. Bei der Verwirklichung dieses Ziels gilt es nicht allein, die objektiven Lebensbedingungen in verschiedenen Lebensbereichen anzugleichen, sondern auch das subjektive Wohlbefinden der Menschen im Blick zu behalten. Schließlich prägen erst beide Dimensionen zusammengenommen die Lebensqualität einer Gesellschaft.
Das subjektive Wohlbefinden der in Deutschland lebenden Menschen umfasst sowohl den Grad der empfundenen allgemeinen Lebenszufriedenheit als auch das Maß an Zufriedenheit in bestimmten Lebensbereichen, zum Beispiel mit der Wohnsituation, der Freizeit, der Arbeit, der Gesundheit sowie Sorgen angesichts der Entwicklung von Kriminalität und um den Frieden. In solchen Indikatoren des subjektiven Wohlbefindens spiegeln sich die Diskrepanzen zwischen eigenem Anspruch und Wirklichkeit sowie eine Bewertung des bislang Erreichten wider.
Die Glücksforschung, deren Bedeutung in den vergangenen Jahren sowohl innerhalb der Wissenschaften als auch in öffentlichen Debatten enorm zugenommen hat, unterscheidet drei verschiedene Dimensionen subjektiven Wohlbefindens: zum einen das "kognitive" Wohlbefinden, bei dem "Glücklich-Sein" als dauerhaftes Empfinden und als Grad der Zufriedenheit mit dem eigenen Leben und der Erfüllung eigener Erwartungen bewertet wird. Dieses Konzept des subjektiven Glücks ist in der Wissenschaft am stärksten etabliert. Zum anderen gibt es das vielfach auch als "emotionales" Wohlbefinden bezeichnete "Glücklich-Sein", das den aktuellen Moment, den Tagesdurchschnitt oder, wie im Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) erhoben, den Durchschnitt der vergangenen vier Wochen erfasst. Schließlich existiert noch ein dritter Aspekt von Wohlbefinden, der weniger auf spezifische Aspekte des Lebens abzielt als vielmehr auf den Grad des "Erfüllt-Seins" verweist. Damit verbunden ist die Frage, ob das, was man mit seinem Leben macht, auch wertvoll und nützlich ist.
Lebensqualität umfasst daneben auch negative Gesichtspunkte wie Sorgen um persönliche Perspektiven, zum Beispiel die eigene wirtschaftliche Situation, Gesundheit und Sicherheit des Arbeitsplatzes. Umgekehrt charakterisiert das Fehlen von Sorgen ebenfalls ein Element von positivem Wohlbefinden. In der Regel werden Sorgen nicht als Globalmaß konzeptualisiert, sondern auf einzelne Lebensbereiche oder spezifische Themen- und Handlungsfelder bezogen. Dabei spielen auch unterschiedliche Aspekte einer Gesellschaft, wie die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung, die Erhaltung des Friedens, der Schutz der Umwelt oder die Folgen des Klimawandels, bei der Bewertung des subjektiven Wohlbefindens eine Rolle.
Autor(en): Theresa Iglauer, Jürgen Schupp – Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), Maximilian Priem DIW Econ – Das Consulting-Unternehmen des DIW Berlin
Herausgeber: WZB/SOEP