Sabine Touil Sandra Schymura Klaus Schüßler Frauke Mischler
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Die Daten über die Bruttoverdienste zeigen tatsächlich gezahlte Bruttolöhne und -gehälter, die sich zum Teil deutlich von den Tarifverdiensten unterscheiden. So werden beispielsweise nicht alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland nach Tarif bezahlt oder das Tarifniveau wird aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Betriebs über- oder unterschritten. Die Ergebnisse der Vierteljährlichen Verdiensterhebung zeigen, wie sich die tatsächlich gezahlten Bruttoverdienste von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern entwickeln.
Bruttoverdienste 2019
Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich verdienten in Deutschland 2019 durchschnittlich 3.994 Euro brutto im Monat. Im früheren Bundesgebiet und Berlin lag der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst bei 4.110 Euro, in den neuen Ländern waren es 3.243 Euro. In diesen Verdienstangaben sind Sonderzahlungen nicht enthalten. Sonderzahlungen sind Vergütungen, die nicht regelmäßig erfolgen, wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Gewinnbeteiligungen, Prämien für Verbesserungsvorschläge sowie jährlich einmalig gezahlte Provisionen oder Boni.
Mit einem interaktiven Gehaltsrechner (www.destatis.de/gehaltsvergleich) können Nutzerinnen und Nutzer eine unkomplizierte Schätzung zu Bruttomonatslöhnen vornehmen. Ein anhand verschiedener gehaltsbestimmender Merkmale (wie Beruf, Ausbildungsabschluss oder Branche) erstelltes individuelles Profil bietet Berechnungen für beispielsweise bevorstehende Gehaltsverhandlungen oder Bewerbungsgespräche.
Bruttomonatsverdienste nach Leistungsgruppen
Zur besseren Analyse der durchschnittlichen Verdienste werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Leistungsgruppen von 1 bis 5 eingeordnet (siehe Tabelle 2). Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in leitender Stellung verdienten 2019 mit durchschnittlich 7.269 Euro mehr als dreimal so viel wie Ungelernte (2.285 Euro). Im Durchschnitt aller erfassten Wirtschaftszweige gehörten 13,0 % der Männer in Deutschland der Leistungsgruppe 1 an, aber nur 9,9 % der Frauen. In Leistungsgruppe 5 kehrt sich dieses Verhältnis um: 5,9 % ungelernte Arbeitnehmerinnen stehen hier 5,3 % ungelernten Arbeitnehmern gegenüber.
Info 1Leistungsgruppen
Die Tätigkeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden zu Analysezwecken nach dem Qualifikationsprofil des Arbeitsplatzes in Leistungsgruppen eingestuft. Zur Leistungsgruppe 1 zählen "Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in leitender Stellung", die größere Dispositions- oder Führungsaufgaben wahrnehmen, sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Tätigkeiten, die umfassende Fachkenntnisse erfordern. In der Regel werden die Kenntnisse durch ein Hochschulstudium erworben. In die Leistungsgruppe 2 werden "Herausgehobene Fachkräfte" eingestuft, das heißt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit sehr schwierigen bis komplexen oder vielgestaltigen Tätigkeiten. In der Regel erfordert dies nicht nur eine abgeschlossene Berufsausbildung, sondern darüber hinaus mehrjährige Berufserfahrung und spezielle Fachkenntnisse. Dazu gehören auch kleinere Verantwortungsbereiche gegenüber anderen Mitarbeitern. Die Leistungsgruppe 3 enthält "Fachkräfte", das heißt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit schwierigen Fachtätigkeiten, für deren Ausübung in der Regel eine abgeschlossene Berufsausbildung, zum Teil verbunden mit Berufserfahrung erforderlich ist. Die Leistungsgruppe 4 umfasst "Angelernte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer" mit überwiegend einfachen Tätigkeiten, für deren Ausführung keine berufliche Ausbildung, aber Fertigkeiten für spezielle, branchengebundene Aufgaben erforderlich sind. In der Leistungsgruppe 5 werden "Ungelernte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer" mit einfachen, schematischen Tätigkeiten oder isolierten Arbeitsvorgängen zusammengefasst, für deren Ausübung keine berufliche Ausbildung erforderlich ist.
Im früheren Bundesgebiet und Berlin waren 13,5 % der vollzeitbeschäftigten Männer in Leistungsgruppe 1, aber nur 9,9 % der Frauen. Rund 5,4 % der männlichen Beschäftigten waren ungelernte Arbeitnehmer (Frauen: 6,1 %). In den neuen Ländern ist diese Verteilung deutlich ausgewogener: Auf leitende Beschäftigte entfielen hier 9,8 % der Männer und 10,0 % der Frauen, ungelernt waren 4,6 % der Männer und 4,7 % der Frauen.
Bruttomonatsverdienste nach Branchen
Zwischen den einzelnen Branchen im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich bestehen große Verdienstunterschiede. Die Spanne reichte 2019 für die Vollzeitbeschäftigten in Deutschland von 5.393 Euro für Beschäftigte im Bereich Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen bis 2.451 Euro im Bereich Gastgewerbe. Bei den Unterpositionen war die Spannweite bei den Verdiensten noch ausgeprägter: Die Branche "Gewinnung von Erdöl und Erdgas" (6.783 Euro) führte hier das Ranking an, vor "Kokerei und Mineralölverarbeitung" (6.214 Euro) und "Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben; Unternehmensberatung" (5.699 Euro). Die niedrigsten Verdienste verzeichneten die Bereiche "Gastronomie" (2.371 Euro), "Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften", das ist unter anderem Zeit- und Leiharbeit (2.460 Euro), sowie "Beherbergung" (2.543 Euro). Diese Angaben beziehen sich auf den regelmäßig monatlich gezahlten Verdienst ohne Sonderzahlungen. Die Verdienstunterschiede zwischen den Branchen vergrößern sich tendenziell noch, wenn die Sonderzahlungen berücksichtigt werden. So lag beispielsweise der Anteil der Sonderzahlungen an der Grundvergütung im Gastgewerbe mit 4,3 % deutlich unter dem von Betrieben der Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (19,9 %). Im Durchschnitt machten die Sonderzahlungen 10,2 % der Grundvergütung aus. Tendenziell war der Anteil der Sonderzahlungen an der Gesamtvergütung in Branchen mit hohen Verdiensten höher als in Branchen mit niedrigen Verdiensten.
Alle hier veröffentlichten Verdienstangaben sind Durchschnittswerte (arithmetisches Mittel). Wichtig für die Interpretation dieser Werte ist eine Vorstellung über die Verteilung der Beschäftigten um diesen Mittelwert: Aus der Verdienststrukturerhebung 2018 ist bekannt, dass knapp zwei Drittel der Vollzeitbeschäftigten (63 %) weniger verdienen als den gesamtwirtschaftlichen Durchschnittswert. Nur ein gutes Drittel hat höhere Bruttoverdienste. Dieses Drittel hat so hohe Verdienste, dass der Durchschnittswert für alle Beschäftigten "nach oben gezogen" wird.
Bruttostundenverdienste nach Bundesländern
Voll- und Teilzeitbeschäftigte (ohne geringfügig Beschäftigte, das heißt ohne sogenannte Minijobs) verdienten im Jahr 2019 im Produzierenden Gewerbe sowie im Dienstleistungsbereich in Deutschland pro Stunde 22,60 Euro brutto. Sonderzahlungen wurden in diesem Durchschnittswert nicht berücksichtigt. Bei den Bundesländern führte Hamburg (25,11 Euro) das Ranking vor Hessen (24,70 Euro) und Baden-Württemberg (24,22 Euro) an. Den niedrigsten Stundenlohn der Länder im früheren Bundesgebiet verzeichnete Schleswig-Holstein mit 20,65 Euro. Die geringsten Bruttostundenverdienste wurden in Mecklenburg-Vorpommern (17,66 Euro) sowie in Sachsen-Anhalt (18,19 Euro) und Thüringen (18,21 Euro) gezahlt.
Ein wichtiger Grund für die Verdienstabstände zwischen den Bundesländern sind die unterschiedlichen Produktivitätsniveaus. Je höher der Wert der hergestellten Waren und erbrachten Dienstleistungen ist, desto höhere Verdienste können den Beschäftigten gezahlt werden. Die Arbeitsproduktivität, das heißt das Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen, lag im Jahr 2019 in den alten Bundesländern und Berlin 24,5 % über dem Durchschnitt der neuen Länder ohne Berlin. Der Verdienstabstand zwischen West- und Ostdeutschland bewegte sich in einer ähnlichen Größenordnung (27,1 % oder 4,97 Euro pro Stunde) und ist fast vollständig durch die unterschiedlichen Produktivitätsniveaus erklärbar. Bei der Produktivität und auch bei den Verdiensten belegten Hamburg und Hessen die vorderen Plätze der Rangfolge. In Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen war die Produktivität am geringsten. Diese Struktur zeigt sich seit mehreren Jahren nahezu unverändert und kann daher als Erklärung für den Verdienstabstand zwischen Ost- und Westdeutschland herangezogen werden.
Verdienste von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten
Gibt es Unterschiede im Bruttostundenverdienst bei Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten? Als Teilzeitbeschäftigte gelten hier alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ist als die vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter. Teilzeitbeschäftigte wiesen im Jahr 2019 mit 19,03 Euro einen um 19 % niedrigeren durchschnittlichen Bruttostundenverdienst auf als Vollzeitbeschäftigte (23,48 Euro). Woran liegt das? Ein Vergleich der Verdienste von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten nach Leistungsgruppen macht deutlich, dass 12,1 % der Vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in leitender Stellung waren. Bei den Teilzeitbeschäftigten waren es lediglich 6,8 %. Demgegenüber gehörten 5,5 % der Vollzeit-, aber 13,7 % der Teilzeitbeschäftigten zu den ungelernten Kräften.
Da der Verdienst mit dem am Arbeitsplatz erforderlichen Qualifikationsniveau entsprechend ansteigt, wird der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Teilzeitbeschäftigten demnach durch einen höheren Anteil von Personen mit niedrigem Stundenverdienst gedrückt. Entspräche die Verteilung der Teilzeitbeschäftigten auf die Leistungsgruppen der von Vollzeitbeschäftigten, ergäbe sich noch ein Verdienstunterschied von 11 %. Es sind also weitere Faktoren für die Unterschiede beim Bruttostundenverdienst Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigter ausschlaggebend. Ein weiterer Grund liegt in der Verteilung der jeweiligen Beschäftigungsarten auf einzelne Branchen. Teilzeitbeschäftigte finden sich verstärkt in Branchen mit niedrigeren Verdiensten. Berechnet man einen durchschnittlichen Stundenverdienst mit den Verdiensten der Teilzeitbeschäftigten und der Branchenstruktur der Vollzeitbeschäftigten, beträgt die Abweichung nur noch 13 %. Beide Effekte zusammengenommen erklären gut zwei Drittel des Verdienstabstands zwischen Voll- und Teilzeitbeschäftigten.
Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen
Seit einigen Jahren wächst das Interesse an den bestehenden Verdienstunterschieden zwischen Männern und Frauen, dem "Gender Pay Gap". Um geschlechtsspezifische Lohnunterschiede zu analysieren, stehen zwei Indikatoren zur Verfügung. Der bereinigte Gender Pay Gap ermittelt die Höhe des Verdienstunterschieds von Frauen und Männern mit vergleichbaren Eigenschaften (wie Tätigkeit, Ausbildung, Berufserfahrung) und wird nur in mehrjährlichen Abständen errechnet. Der jährlich ermittelte unbereinigte Gender Pay Gap betrachtet den geschlechtsspezifischen Verdienstunterschied in allgemeiner Form, das heißt ohne Berücksichtigung struktureller Unterschiede in den Beschäftigungsverhältnissen von Männern und Frauen. Auf diese Weise wird auch der Teil des Lohnabstands erfasst, der beispielsweise durch unterschiedliche Zugangschancen zu bestimmten Tätigkeitsfeldern oder Leistungsgruppen verursacht wird. Diese unterschiedlichen Zugangschancen sind möglicherweise ebenfalls das Ergebnis benachteiligender Strukturen.
Ausgehend von aktuellen Ergebnissen der Verdienststrukturerhebung 2018 lag der unbereinigte Gender Pay Gap für Deutschland im Jahr 2019 bei 19 % (2018: 20 %). Das heißt, der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Frauen fiel um 19 % geringer aus als der von Männern.
Analysen auf Grundlage der in mehrjährlichen Abständen durchgeführten Verdienststrukturerhebung für 2018 zeigen, dass in Deutschland 71 % des unbereinigten Gender Pay Gap auf Strukturunterschiede zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zurückzuführen waren. Wichtigste Ursachen waren unter anderem, dass Frauen häufiger in Branchen und Berufen arbeiten, in denen schlechter bezahlt wird, und sie seltener Führungspositionen erreichen. Auch arbeiten sie häufiger als Männer in Teilzeit und in Minijobs (geringfügige Beschäftigung) und verdienen deshalb im Durchschnitt pro Stunde weniger. Rund 29 % des unbereinigten Verdienstunterschieds konnten nicht mithilfe derartiger Unterschiede erklärt werden. Berücksichtigt man diese Faktoren, so lag der bereinigte Verdienstunterschied bei rund 6 %. Dies bedeutet, dass Frauen pro Stunde 6 % weniger als Männer verdienten, auch unter der Voraussetzung, dass sie
die gleiche Tätigkeit ausübten,
über einen äquivalenten Ausbildungshintergrund verfügten,
in einem vergleichbar großen privaten beziehungsweise öffentlichen Unternehmen tätig waren, das auch regional ähnlich zu verorten war (Ost / West, Ballungsraum / kein Ballungsraum),
einer vergleichbaren Leistungsgruppe angehörten,
einen ähnlich ausgestalteten Arbeitsvertrag (befristet / unbefristet, mit / ohne Tarifbindung, Altersteilzeit ja / nein, Zulagen ja / nein) hatten,
das gleiche Dienstalter und die gleiche potenzielle Berufserfahrung aufwiesen sowie
einer Beschäftigung mit vergleichbarem Umfang (Vollzeit / Teilzeit) nachgingen.
Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Unterschiede geringer ausfielen, wenn weitere Informationen über lohnrelevante Einflussfaktoren für die Analysen zur Verfügung stünden, vor allem Angaben zu Erwerbsunterbrechungen.
Nominal- und Reallohn
Beim Nominallohn handelt es sich um den tatsächlichen Bruttomonatsverdienst einschließlich Sonderzahlungen, den die Beschäftigten für ihre Arbeit erhalten. Zur Berechnung des Reallohns wird die Veränderung der Verdienste der Preisentwicklung gegenübergestellt. Er gibt somit Hinweise zur Entwicklung der Kaufkraft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Von 2009 bis 2019 stiegen die Reallöhne, also die preisbereinigten Bruttomonatsverdienste, um rund 13 %. Die nominale Verdienstentwicklung von Vollzeit-, Teilzeit- und geringfügig Beschäftigten betrug 29 %, die Verbraucherpreise verzeichneten im gleichen Zeitraum einen Anstieg von 14 %. Bei Betrachtung der einzelnen Jahre konnten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fast durchweg Reallohngewinne im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen. Die Verdienste einschließlich der Sonderzahlungen stiegen also stärker als die Verbraucherpreise.
Gibt es Unterschiede in der Verdienstentwicklung der einzelnen Leistungsgruppen (siehe Info 1), also den Anforderungen des Arbeitsplatzes hinsichtlich Führung und Qualifikation? Eine Auswertung zeigt, dass im Jahr 2019 die nominalen Verdienststeigerungen der Fachkräfte (+ 2,9 %) überdurchschnittlich hoch waren, dicht gefolgt von denen der herausgehobenen Fachkräfte (+ 2,7 %). Leitende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hatten mit + 2,3 % den geringsten Verdienstzuwachs. Ferner hatten innerhalb der betrachteten Beschäftigungsarten die geringfügig Beschäftigten mit + 1,7 % deutlich geringere Verdienstzuwächse als Teilzeit- (+ 3,4 %) und Vollzeitbeschäftigte (+ 2,5 %).
Insgesamt stiegen die nominalen Verdienste von geringfügig Beschäftigten zwischen 2009 und 2019 um 34 %. Damit fielen die Lohnsteigerungen stärker aus als bei den Teilzeitbeschäftigten (+ 31 %) und den Vollzeitbeschäftigten (+ 28 %).
Fachkräfte verzeichneten im selben Zeitraum ein Plus von 27 %. Bei herausgehobenen Fachkräften und angelernten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern belief sich der Lohnzuwachs auf jeweils 28 %. Die höchsten Verdienststeigerungen in den vergangenen zehn Jahren konnten leitende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Ungelernte verzeichnen (jeweils 33 %).
Beim Betrachten der Verdienstentwicklung zeigt sich, dass die Nominallöhne in den neuen Ländern mit + 34 % stärker gestiegen sind als im früheren Bundesgebiet und Berlin mit + 28 %.
Niedriglöhne
Die Niedriglohngrenze lag im April 2018 für Deutschland bei 11,05 Euro brutto pro Stunde.
Info 2Was sind Niedriglöhne?
Der Begriff "Niedriglohn" wird unterschiedlich verwendet. Das Statistische Bundesamt berechnet die Niedriglohngrenze nach einem Ansatz, den unter anderem die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) anwenden.
Dieser Ansatz grenzt den Niedriglohnbereich hinsichtlich der Verteilung der Verdienste aller betrachteten Beschäftigten ab. Dazu berechnet das Statistische Bundesamt zunächst den Medianverdienst. Dieser Medianverdienst teilt die betrachteten Verdienste in genau zwei Hälften, das heißt, die eine Hälfte der Beschäftigten verdient weniger und die andere Hälfte mehr als diesen Wert. Nach der Definition wird von Niedriglohn gesprochen, wenn der Verdienst eines Beschäftigten kleiner als zwei Drittel des Medianverdienstes ist.
Die Daten zu Niedriglöhnen basieren auf der Verdienststrukturerhebung, die alle vier Jahre detaillierte Informationen zu den Erwerbseinkommen abhängig Beschäftigter bereitstellt. Aussagen zu Erwerbseinkommen von Selbstständigen sowie zu privaten Haushalten mit Hauspersonal können mithilfe dieser Erhebung nicht getroffen werden. Aktuell stehen die Ergebnisse der Verdienststrukturerhebung 2018 für Analysen zum Niedriglohnsektor zur Verfügung.
Im Jahr 2018 betrug der Schwellenwert für den Niedriglohn 11,05 Euro pro Stunde und bezog sich auf den Bruttostundenverdienst. Der Bruttostundenverdienst eignet sich am besten, da er unabhängig von Arbeitszeiten und Sozialabgaben ist.
Die Verdienststrukturerhebung 2018 erlaubt repräsentative Aussagen zu den insgesamt gut 36,7 Millionen Beschäftigten im Alter von 15 bis 64 Jahren (ohne Auszubildende). Davon erhielten 2,2 Millionen Normalbeschäftigte und 5,2 Millionen sogenannte atypisch Beschäftigte einen Bruttostundenverdienst unterhalb der Niedriglohngrenze. Dies entspricht 20 % aller Beschäftigten im Alter zwischen 15 und 64 Jahren.
Bei den atypisch Beschäftigten war der Anteil sogar doppelt so hoch. Zu den atypisch Beschäftigten gehören Teilzeitbeschäftigte mit 20 Stunden oder weniger, geringfügig Beschäftigte, befristet Beschäftigte sowie Zeitarbeiterinnen und Zeitarbeiter (siehe Interner Link: Abschnitt 5.1.7, Info 4, Abb 9). Die Anteile der Niedrigentlohnten unterscheiden sich je nach Beschäftigungsform deutlich: So arbeiteten mehr als zwei Drittel der geringfügig Beschäftigten (70 %) für einen Bruttostundenverdienst unterhalb der Niedriglohngrenze. Für Teilzeitbeschäftigte mit maximal 20 Arbeitsstunden pro Woche (50 %), für Zeitarbeiterinnen und Zeitarbeiter (34 %) und befristet Beschäftigte (32 %) waren die Anteile zwar geringer, aber immer noch deutlich über dem Niveau von Normalarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern mit 9 %. Als Normalarbeitsverhältnisse gelten unbefristete, voll sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen mit über 20 Wochenstunden, die nicht in Zeitarbeit ausgeübt werden.
Nach Geschlecht unterscheiden sich die Anteile deutlich: Während bei den Männern 15 % betroffen waren, verdienten 25 % der Frauen einen Bruttostundenverdienst unter der Niedriglohnschwelle. Lediglich bei den Teilzeitbeschäftigten lag der Anteil der Männer mit 57 % höher als der Anteil der Frauen mit 47 %.
Insbesondere in der Altersgruppe von 15 bis 24 Jahren ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Niedriglöhne bezogen werden. Rund 48 % der Beschäftigten in dieser Altersgruppe erzielten einen Bruttostundenverdienst unterhalb der Niedriglohngrenze. Dies sind mehr als doppelt so viele wie in jeder anderen Altersgruppe. Bei den atypisch in Teilzeit beschäftigten 15- bis 24-Jährigen lag der Anteil der Personen unter der Niedriglohngrenze sogar bei 75 %, bei den geringfügig Beschäftigten dieser Altersgruppe bei 81 %. Letztere hatten zu 78 % noch keinen beruflichen Abschluss und dürften überwiegend Schülerinnen und Schüler oder Studierende sein.
Auch die berufliche Qualifikation ist ein bedeutender Faktor, der die Verdiensthöhe beeinflusst. Je höher die persönliche berufliche Qualifikation, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit eines Niedriglohns. Insgesamt bezogen 48 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne einen beruflichen Bildungsabschluss einen Niedriglohn. Bei Beschäftigten mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung waren es 19 % und bei Beschäftigten mit Hochschulabschluss 5 %.
In den einzelnen Wirtschaftsabschnitten sind Niedriglöhne unterschiedlich stark verbreitet. Beschäftigte in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gastgewerbe bekommen häufiger als in allen anderen Wirtschaftsabschnitten Bruttostundenverdienste unterhalb der Niedriglohngrenze. So bezogen in diesen Branchen rund 52 % beziehungsweise 66 % aller Beschäftigten einen Niedriglohn. Diese beiden Wirtschaftsabschnitte wiesen auch bei den Normalbeschäftigten den höchsten Anteil der Niedriglohnkräfte (40 % beziehungsweise 46 %) auf. In den anderen Wirtschaftsabschnitten war der Anteil der von Niedriglohn betroffenen Normalbeschäftigten wesentlich geringer. Allerdings lagen in allen Wirtschaftsabschnitten die atypisch Beschäftigten deutlich häufiger unter der Niedriglohngrenze als die Normalbeschäftigten.
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