Möglicherweise verstärken sich die bestehenden Unterschiede, etwa zwischen Kernstädten und ländlichen Regionen, zwischen Geringverdienern und Haushalten mit einem hohen Einkommen und innerhalb der Abfolge der Lebensphasen, zukünftig noch. Bei den Jüngeren mehren sich die Hinweise, dass die Informations- und Kommunikationstechnik die Bewegung im Raum grundlegend ändert und das Auto zugleich seinen Status als bevorzugtes Prestigeobjekt einbüßt. Ein Hinweis auf die sich öffnende Schere zwischen Stadt und Land sowie zwischen Jung und Alt könnte sich in der Entwicklung des Pkw-Besitzes von 2002 bis 2017 zeigen. In allen Regionstypen mit Ausnahme der Metropolen ist in diesem Zeitraum der Pkw-Besitz bezogen auf 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner gestiegen. Das Wachstum ist in den dörflichen und kleinstädtischen Räumen am stärksten. Ein wichtiger Grund dafür dürften fehlende digital unterstützte intermodale Verkehrsangebote sein. Wo es keine Bus- und Bahnanbindungen mehr gibt, werden beispielsweise auch keine Mietrad- oder E-Scooter-Angebote installiert, wie man sie in fast allen großen Städten kennt. Das bedeutet zugleich, dass die Abhängigkeit vom Auto weiter steigt.
Mobilität in Zeiten des Klimawandels
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Gleichzeitig zeichnet sich eine Reihe zunehmender Unsicherheiten und Gefährdungen der Grundlagen der modernen Mobilität ab. Ein wesentlicher Grund dafür ist die drohende Klimakatastrophe. Der Verkehr kommt an seiner Dekarbonisierung, also der Abkehr vom Verbrennungsmotor, nicht vorbei. Da beim Klimaschutz im Verkehrssektor in den vergangenen 25 Jahren keinerlei Fortschritte gemacht wurden, wächst der Druck immens, die Klimagasemissionen endlich spürbar zu reduzieren. Eine Antriebswende hin zu effizienten elektrischen Antrieben ist dafür eine notwendige, aber keineswegs hinreichende Voraussetzung.
Generell steigt der Druck, die externen Effekte des Verkehrs zu internalisieren. Zu erwarten sind erhebliche Kostensteigerungen im motorisierten Individualverkehr durch Straßenbenutzungsgebühren und eine flächendeckende Parkraumbewirtschaftung. Eine City-Maut und höhere Parkgebühren auch für Anwohnerinnen und Anwohner sind derzeit in vielen Städten in der Diskussion. Hintergrund ist nicht zuletzt, dass die Konkurrenz um knappen öffentlichen Raum zunimmt. Verkehrs- und umweltpolitische Hoffnungen sind vor allem verbunden mit intermodalen Mobilitätsdienstleistungen, also der Verknüpfung verschiedener Verkehrsmittel in einem integrierten Angebot, die eine Alternative zum privaten Auto bieten können. Für die "erste und letzte Meile" eines Weges muss es Angebote geben, nur so ist die gesamte Wegekette "von Haus zu Haus" zu realisieren. Fahrzeug- und auch Ridesharing auf digitalen Plattformen gehören dazu, vor allem aber eine Verknüpfung dieser Angebote mit dem öffentlichen Nahverkehr. Günstige Ticketpreise wie das 365-Euro-Jahresticket und sichere Fahrradwege sind Voraussetzungen dafür, dass Autofahrer und Autofahrerinnen umsteigen. Die Nebenfolgen der Massenmotorisierung, etwa Zeitverluste durch Staus und Parkplatzsuche, konterkarieren insbesondere in den Städten die Vorteile des Autos. Die Konkurrenz um die Nutzung knapper Flächen nimmt zu. Insgesamt könnte der Aufwand der Raumüberwindung weiter zunehmen und damit die Schere zwischen sehr mobilen Menschen einerseits und eingeschränkt Mobilen andererseits noch weiter auseinandergehen lassen. In diesem Fall wären diejenigen im Nachteil, die über keine Alternativen zum privaten Automobil verfügen und deren Autoabhängigkeit am größten ist.