Die aktuelle gesellschaftliche Debatte um Familie dreht sich auch um die Vielfalt von Lebensformen. Damit sind Lebensformen neben der Ehe von Mann und Frau mit eigenen Kindern gemeint. Diese Lebensmodelle werden zunehmend in der Öffentlichkeit sichtbar und gewinnen auch zahlenmäßig an Bedeutung, was wiederum zur Frage führt, ob das mit einem Bedeutungsverlust von Ehe gleichgesetzt werden muss. Die Ansicht, dass man heiraten sollte, wenn man dauerhaft zusammenlebt, vertreten tatsächlich stetig weniger Menschen. Während im Jahr 1980 noch mehr als zwei Drittel (68 %) der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland die Ehe befürworteten, waren es im Jahr 2018 noch 41 %. Es lohnt sich aber, den Zeitverlauf etwas differenzierter zu betrachten. Dabei zeigt sich, dass Menschen unter 30 Jahren über alle Dekaden hinweg der Ehe am distanziertesten gegenüberstanden: Zu jedem Zeitpunkt akzeptierte mehr als die Hälfte partnerschaftliches Zusammenleben auch ohne Ehe. Über die Zeit hinweg folgten die anderen Altersgruppen dieser Einschätzung. Die 30- bis 44-Jährigen näherten sich diesem Meinungsbild bis Mitte der 1990er-Jahre an, sodass ab dann zwei Gruppen unterschieden werden konnten: die beiden jüngeren Altersgruppen, die eine distanziertere Haltung gegenüber der Ehe aufwiesen, und die beiden höheren Altersgruppen mit einer stärkeren Akzeptanz. Ab Mitte der 1990er-Jahre glichen sich langsam auch die 45- bis 59-Jährigen der jüngeren Gruppe an, während die Ältesten sich erst in den vergangenen Jahren stark annäherten und so in der gesamten Bevölkerung allmählich eine ähnliche Meinung vorherrscht.
Einstellungen zu Lebensformen
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Mit der Familiengründung beginnt für eine Partnerschaft eine neue Phase, in der nicht mehr nur das Paar im Mittelpunkt steht, sondern auch für Dritte Verantwortung übernommen werden muss. Die Ehe bietet mit ihren gesetzlich geregelten Ansprüchen und Verpflichtungen dafür einen Rahmen, der zusätzlich ein Gefühl von Sicherheit vermitteln kann. Insofern können Kinder einen wichtigen Grund für eine Ehe darstellen. Es zeigt sich aber, dass in den Augen der Bevölkerung Kinder sogar seltener ein Heiratsgrund sind als das Zusammenleben eines Paares. Seit dem Jahr 2000 hat der Anteil derjenigen, die Kinder als einen Grund für eine Eheschließung ansehen, von 44 auf 26 % abgenommen. In der gesamten Zeit lagen die Zustimmungswerte unter denen des dauerhaften Zusammenlebens als Heiratsgrund. Eine Erklärung dafür könnten unter anderem die rechtlichen Regelungen sein, die eine Eheschließung automatisch mit sich bringt, zum Beispiel zum ehelichen Unterhalt oder zum Rentenausgleich, und die nicht vollständig auf nicht eheliche Lebensgemeinschaften übertragen wurden, sowie auch steuerlich bedingte ökonomische Vorteile. Bei nicht ehelichen Kindern wurde vieles schon früher geregelt, zum Beispiel die Anerkennung von Erbschaftsansprüchen, sodass hier die Vorteile einer Eheschließung der Eltern nicht mehr in diesem Maße vorhanden sind.
Die Ehe ist zunehmend zu einer Option neben anderen Lebensformen geworden und hat an subjektiver Bedeutung eingebüßt. Das muss jedoch nicht automatisch zum Umkehrschluss führen, dass neue Lebensformen im gleichen Maße akzeptiert werden. Während das Zusammenleben als Paar weitgehend als Privatangelegenheit betrachtet wird, wird das Thema Elternschaft in alternativen Lebensformen kontrovers diskutiert, da Familie auch als Sozialisationsort der nachkommenden Generation Bedeutung hat. Insofern lässt sich gerade an der Einstellung zur Elternschaft in Lebensformen neben der Ehe deren Akzeptanz besonders gut messen. Zum Beispiel waren 66 % der Bevölkerung 2017 der Meinung, dass Partner in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften ebenso gute Eltern seien wie heterosexuelle Paare. Auch hier spielen die Jüngeren wieder eine herausragende Rolle: 81 % der 15- bis 29-Jährigen stimmten der Aussage zu, während dies in der mittleren Altersgruppe (30 – 49 Jahre) 67 % und bei den über 50-Jährigen 61 % taten.
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