11.6.2014
Steuer- und Abgabenlast von Durchschnittsverdienern
Anders als bei den Steuern gibt es bei den Sozialabgaben keine Freibeträge oder Progression. Ab einem Arbeitsentgelt von 850 Euro müssen diese in voller Höhe gezahlt werden. Daher stellen die Sozialabgaben für die unteren und mittleren Einkommensgruppen gegenwärtig eine größere Belastung dar als Steuern.
Fakten
Das notwendige Geld zur Finanzierung ihrer Aufgaben erhalten die öffentlichen Haushalte (insbesondere Bund, Länder, Gemeinden/ Gemeindeverbände und die Sozialversicherung) aus Steuern, Gebühren, Beiträgen, Erlösen aus dem Verkauf von Vermögen oder über Kredite. Bereinigt um Zahlungen untereinander beliefen sich die Einnahmen der öffentlichen Haushalte im Jahr 2012 auf 1.171 Milliarden Euro. Die Beitragseinnahmen der gesetzlichen Sozialversicherung (2012: 420,0 Mrd. Euro) und die Steuereinnahmen (2012: 600,0 Mrd. Euro) haben den größten Anteil an den Einnahmen der öffentlichen Haushalte. Die beiden aufkommensstärksten Steuerarten sind die Umsatzsteuer und die Lohnsteuer (2012: 32,4 bzw. 24,8 Prozent des Gesamtsteueraufkommens).Da die Steuer- und Abgabenlast der einzelnen Personen unter anderem vom jeweiligen Einkommen und dem Familienstand abhängt, können Aussagen über die Höhe und Entwicklung der Steuer- und Abgabenlast immer nur exemplarisch erfolgen. Nach Angaben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) stieg beispielsweise die Steuerbelastung für einen ledigen Arbeitnehmer ohne Kinder (unter 50 Jahre, Durchschnittsverdiener, Steuerklasse I/0) zwischen 1992 und 1997 von 17,6 auf 19,1 Prozent des Bruttojahresverdienstes und reduzierte sich dann bis 2011 deutlich auf 13,6 Prozent. Die Steuerbelastung eines verheirateten Arbeitnehmers mit zwei Kindern (Alleinverdiener, Durchschnittsverdiener, Steuerklasse III/2) nahm zwischen 1992 und 1997 nur geringfügig von 6,3 auf 6,6 Prozent zu und fiel dann bis 2005 auf 3,4 Prozent des Bruttojahresverdienstes – dem geringsten Wert im Zeitraum 1992 bis 2011. Im Jahr 2011 lag die Steuerbelastung des hier betrachteten verheirateten Arbeitnehmers mit zwei Kindern bei 4,3 Prozent.
Zwischen 1998 und 2014 reduzierte sich die Steuerbelastung vor allem durch die Senkung des Eingangssteuersatzes von 25,9 auf 14,0 Prozent und des Spitzensteuersatzes von 53,0 auf 42,0 Prozent (für jeden zusätzlichen Euro ab 250.731 Euro Einkommen bei ledigen Personen bzw. 501.462 Euro bei gemeinsam veranlagten Ehepartnern: 45,0 Prozent) sowie durch die Erhöhung des Grundfreibetrags von 6.322 Euro auf 8.354 Euro (Einzelveranlagung/steuerfreies Existenzminimum). Die Steuerreformen haben dazu geführt, dass die Zahl der nicht belasteten Steuerpflichtigen im Jahr 2011 bei 27,0 Millionen lag – das entsprach 33,1 Prozent der Gesamtbevölkerung in Deutschland (Stand: 30. Juni 2011). Die Zahl der Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen betrug rund 37,4 Millionen (45,8 Prozent). Die verbleibenden Einwohner waren Kinder mit Kindergeldbezug (21,1 Prozent).
Zusätzlich führt bei den Einkommensteuerpflichtigen die sogenannte Steuerprogression dazu, dass hohe Einkommen im Verhältnis stärker belastet werden: Nach Angaben des BMF zahlten im Jahr 2011 die – gemessen an der Höhe der Einkünfte – oberen 10 Prozent der Einkommensteuerpflichtigen 54,6 Prozent des gesamten Lohn- und Einkommensteueraufkommens. Bei den untersten 50 Prozent der Einkommensteuerpflichtigen lag der entsprechende Anteil bei lediglich 5,4 Prozent (beim obersten Prozent lag der Anteil am Einkommensteueraufkommen bei 22,0 Prozent, bei den untersten 20 Prozent waren es 0,1 Prozent).
Anders als bei den Steuern gibt es bei den Sozialabgaben keine Freibeträge oder Progression. Ab einem Arbeitsentgelt von 850 Euro müssen diese in voller Höhe gezahlt werden. Daher stellen die Sozialabgaben für die unteren und mittleren Einkommensgruppen gegenwärtig eine größere Belastung dar als Steuern. Laut BMF lag – wie oben beschrieben – die Steuerbelastung für einen ledigen Arbeitnehmer ohne Kinder (unter 50 Jahre, Durchschnittsverdiener, Steuerklasse I/0) im Jahr 2011 bei 13,6 Prozent des Bruttojahresverdienstes. Der Anteil der Sozialabgaben lag im selben Jahr jedoch bei 20,9 Prozent. Und während die Steuerbelastung eines verheirateten Arbeitnehmers mit zwei Kindern (Alleinverdiener, Durchschnittsverdiener, Steuerklasse III/2) im Jahr 2011 bei lediglich 4,3 Prozent des Bruttojahresverdienstes lag, hatten die Sozialabgaben einen entsprechenden Anteil von 20,6 Prozent.
Die Sozialversicherungsbeiträge werden grundsätzlich anteilig je zur Hälfte vom Arbeitnehmer und Arbeitgeber gezahlt. Allerdings zahlen seit dem 1. Juli 2005 alle Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung einen gesetzlich festgelegten Zusatzbeitrag von 0,9 Prozent. Den zusätzlichen Beitrag trägt der Arbeitnehmer allein. Zudem zahlen Kinderlose, die mindestens 23 Jahre alt und vor dem 1. Januar 1940 geboren sind, seit dem 1. Januar 2005 einen Beitragszuschlag von 0,25 Prozent bei der Pflegeversicherung.
Zwischen 1960 und 1990 sind die Beitragssätze zur Sozialversicherung in Westdeutschland kontinuierlich von 24,40 auf 35,78 Prozent gestiegen (unter Berücksichtigung des Beitragssatzes der allgemeinen Rentenversicherung). Auch im wiedervereinigten Deutschland erhöhten sich die Sozialabgaben in den 1990er-Jahren stetig – von 35,36 Prozent Anfang 1991 auf 42,12 Prozent im Jahr 1998. In den Folgejahren sind die Beitragssätze zur Sozialversicherung gefallen, auf 39,45 Prozent im Jahr 2013. Allerdings fielen sie nicht kontinuierlich, sondern mit deutlichen Schwankungen im Zeitverlauf. Zudem erreichte die Belastung der Arbeitnehmer durch die Sozialversicherungsbeiträge nicht 1998 ihren Höhepunkt (21,06 Prozent), sondern erst im Jahr 2006 (21,41 Prozent), da – wie oben beschrieben – die Beiträge seit 2005 nicht mehr zur Hälfte vom Arbeitnehmern und Arbeitgebern geleistet werden.
Die Reduzierung der Sozialabgaben seit 2006 resultiert im Wesentlichen aus der Entwicklung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung. Dieser sank von 6,5 Prozent im Jahr 2006, über 4,2 Prozent 2007, auf 3,3 Prozent im Jahr 2008. Im Jahr 2013 lag der Beitragssatz bei 3,0 Prozent (2009/2010: 2,8 Prozent). Der Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung erhöhte sich von 2006 auf 2007 leicht von 19,5 auf 19,9 Prozent. Erst zwischen 2011 und 2013 sank der Beitragssatz von 19,9 auf 18,9 Prozent. In der gesetzlichen Krankenversicherung erhöhte sich der Beitragssatz zwischen 2006 und 2013 von 14,21 auf 15,5 Prozent (Arbeitgeber: 7,3 Prozent / Arbeitnehmer: 8,2 Prozent) und auch der Beitragssatz zur Pflegeversicherung stieg in diesem Zeitraum von 1,7 auf 2,05 Prozent (bei Kinderlosen von 1,95 auf 2,3 Prozent).
Datenquelle
Bundesministerium der Finanzen (BMF): Datensammlung zur Steuerpolitik; Deutsche Rentenversicherung: www.deutsche-rentenversicherung.deBegriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen
Die öffentlichen Haushalte umfassen den Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die Sozialversicherung, die Finanzanteile der Europäischen Union (EU-Anteile), die kommunalen Zweckverbände sowie einzelne Sondervermögen des Bundes und der Länder. Je nach Erhebung können die öffentlichen Haushalte unterschiedlich abgegrenzt sein.Informationen zu den einzelnen"Steuerarten" erhalten Sie

Tabelle: Steuer- und Abgabenlast von Durchschnittsverdienern
Ledige Arbeitnehmer ohne Kinder und verheiratete Arbeitnehmer mit 2 Kindern, 1992 bis 20111ledige Arbeitnehmer ohne Kinder2 |
Bruttojahres-verdienst | verfügbares Einkommen | Steuer- belastung |
Sozial- abgaben4 |
Abgaben insgesamt |
in Euro | Anteil am Bruttojahresverdienst, in Prozent | ||||
1992 | 21.883 | 14.009 | 17,6 | 18,4 | 36,0 |
1993 | 22.855 | 14.645 | 17,2 | 18,7 | 35,9 |
1994 | 23.315 | 14.711 | 17,5 | 19,5 | 36,9 |
1995 | 24.031 | 14.712 | 19,1 | 19,6 | 38,8 |
1996 | 24.389 | 14.804 | 19,0 | 20,3 | 39,3 |
1997 | 24.440 | 14.650 | 19,1 | 21,0 | 40,1 |
1998 | 24.704 | 14.864 | 18,7 | 21,1 | 39,8 |
1999 | 25.079 | 15.199 | 18,6 | 20,8 | 39,4 |
2000 | 25.479 | 15.660 | 17,9 | 20,6 | 38,5 |
2001 | 25.959 | 16.302 | 16,6 | 20,6 | 37,2 |
2002 | 25.911 | 16.252 | 16,6 | 20,7 | 37,3 |
2003 | 26.214 | 16.284 | 16,8 | 21,0 | 37,9 |
2004 | 26.332 | 16.702 | 15,5 | 21,1 | 36,6 |
2005 | 26.524 | 16.749 | 15,3 | 21,6 | 36,9 |
2006 | 26.765 | 16.871 | 15,3 | 21,6 | 37,0 |
2007 | 27.196 | 17.497 | 15,4 | 20,3 | 35,7 |
2008 | 27.827 | 17.870 | 15,6 | 20,2 | 35,8 |
2009 | 27.728 | 17.831 | 15,1 | 20,6 | 35,7 |
2010 | 27.997 | 18.405 | 13,8 | 20,5 | 34,3 |
20111 | 28.333 | 18.553 | 13,6 | 20,9 | 34,5 |
verheiratete Arbeitnehmer mit 2 Kindern3 |
Bruttojahres- verdienst |
verfügbares Einkommen5 | Steuer- belastung |
Sozial- abgaben |
Abgaben insgesamt |
in Euro | Anteil am Bruttojahresverdienst, in Prozent | ||||
1992 | 21.883 | 17.704 | 6,3 | 18,4 | 24,7 |
1993 | 22.855 | 18.322 | 6,5 | 18,7 | 25,2 |
1994 | 23.315 | 18.495 | 6,5 | 19,5 | 25,9 |
1995 | 24.031 | 19.210 | 5,5 | 19,6 | 25,2 |
1996 | 24.389 | 20.293 | 6,6 | 20,3 | 26,9 |
1997 | 24.440 | 20.403 | 6,6 | 21,0 | 27,6 |
1998 | 24.704 | 20.586 | 6,5 | 21,1 | 27,6 |
1999 | 25.079 | 21.453 | 5,9 | 20,8 | 26,7 |
2000 | 25.479 | 22.161 | 5,4 | 20,6 | 26,0 |
2001 | 25.959 | 22.721 | 4,7 | 20,6 | 25,2 |
2002 | 25.911 | 23.050 | 4,7 | 20,7 | 25,3 |
2003 | 26.214 | 23.118 | 4,9 | 21,0 | 25,9 |
2004 | 26.332 | 23.571 | 3,5 | 21,1 | 24,5 |
2005 | 26.524 | 23.658 | 3,4 | 21,3 | 24,7 |
2006 | 26.765 | 23.775 | 3,6 | 21,4 | 25,0 |
2007 | 27.196 | 24.409 | 3,8 | 20,0 | 23,8 |
2008 | 27.827 | 24.812 | 4,2 | 19,9 | 24,1 |
2009 | 27.728 | 25.184 | 3,7 | 20,4 | 24,1 |
2010 | 27.997 | 25.565 | 4,2 | 20,2 | 24,4 |
20111 | 28.333 | 25.693 | 4,3 | 20,6 | 24,9 |
1 Stand: 11/2011
2 unter 50 Jahren (Steuerklasse I/0), bei einem unverheiratet zusammenlebenden Paar wird jeder Partner nach der Grundtabelle besteuert
3 Alleinverdiener (Steuerklasse III/2)
4 unter Berücksichtigung des Sonderbeitrags für Krankenversicherte und des Pflegezuschlags für Kinderlose ab 2005
5 einschließlich Kindergeld
Quelle: Bundesministerium der Finanzen (BMF): Datensammlung zur Steuerpolitik