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Mexiko | Kriege und Konflikte | bpb.de

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Mexiko

Karsten Bechle

/ 7 Minuten zu lesen

In Mexiko ist kein Ende der Gewalt in Sicht. Die zunehmende Fraktionierung des organisierten Verbrechens und die Diversifizierung der kriminellen Tätigkeitsfelder weit über den Drogenhandel hinaus machen das Konfliktgeschehen immer unübersichtlicher. Der Staat steht den bewaffneten Gruppen meist hilflos gegenüber.

Das Rathaus von Villa Unión nach einem Kampf zwischen mexikanischen Sicherheitskräften und Kartellmitgliedern. (© picture-alliance, AP Photo/Gerardo Sanchez)

Aktuelle Situation

Der mexikanische Staat scheint den Krieg gegen das organisierte Verbrechen zu verlieren. Etwa 150.000 Menschen starben seit Ende 2006 im Kampf staatlicher Sicherheitskräfte gegen kriminelle Organisationen sowie bei Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Drogenkartellen; mehr als 40.000 Personen werden vermisst. 2019 wurde mit fast 35.000 Morden bereits im dritten Jahr in Folge ein neuer Höchststand erreicht. Der Trend setzte sich 2020 fort. Rund 60% der Morde gehen auf das Konto des organisierten Verbrechens.

Ursächlich für den hohen Blutzoll ist nicht nur der Drogenhandel, sondern zunehmend die voranschreitende Fragmentierung des organisierten Verbrechens. Kämpften ursprünglich eine Handvoll Kartelle um die Kontrolle über Drogenrouten und zentrale Umschlagplätze, so sind Schätzungen zufolge inzwischen hunderte Gruppen landesweit in eine Vielzahl krimineller Aktivitäten verwickelt, darunter Mord, Entführung, Erpressung, Raub, Menschenhandel, Waffenschmuggel, Prostitution, Dokumentenfälschung, Produktpiraterie und der Verkauf von Treibstoff und Gas, die in riesigen Mengen aus den Pipelines der staatlichen Erdölfirma PEMEX abgezapft werden.

Dadurch werden immer neue Landesteile erfasst. In den vergangenen Jahren kam es im zentralmexikanischen Bundesstaat Guanajuato zu einer regelrechten Explosion der Gewalt. Das lokal verwurzelte Cartel de Santa Rosa de Lima (CSRDL) machte dort lange Zeit enorme Profite mit dem Diebstahl von Treibstoff aus Pipelines und Raffinerien. Durch Guanajuato verlaufen aber auch zentrale Schmuggelrouten des Cartel Jalisco Nueva Generación (CJNG), das in wenigen Jahren zur gefährlichsten Organisation des Landes aufgestiegen ist und seinen Einfluss über weite Teile Mexikos ausgebreitet hat. Zwischen beiden Gruppen entbrannte ein blutiger Kampf um die Kontrolle des Gebietes. Anfang 2019 sagte Mexikos neue Regierung dem Treibstoffdiebstahl den Kampf an und erhöhte den Druck auf das CSRDL. Im August 2020 wurde der Anführer der Gruppe verhaftet. Die Gewalt in Guanajuato ist in der Folge weiter angestiegen.

In anderen Landesteilen hat der Staat sein Gewaltmonopol schon vor langer Zeit verloren. Im Hinterland von Bundesstaaten, wie Chihuahua, Sinaloa, Durango, Michoacán und Guerrero, werden ganze Landstriche von kriminellen Gruppen beherrscht. Das Vertrauen in die Sicherheitskräfte ist minimal, weshalb immer wieder Gruppen das Recht in die eigene Hand nehmen. So haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche Bürgerwehren gegründet und dem organisierten Verbrechen den Kampf angesagt. Die Grenzen zwischen beiden Seiten verlaufen aber oft fließend. Gleichzeitig häufen sich Fälle von Lynchjustiz, insbesondere in ländlichen Gegenden und in den einkommensschwachen Randgebieten der Städte, wo die Abwesenheit des Staates besonders augenfällig ist.

Einflussbereiche der mexikanischen Drogenkartelle 2015 (mr-kartographie) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Die Ohnmacht des Staates gegenüber dem organisierten Verbrechen zeigte sich im Oktober 2019, als Sicherheitskräfte in Culiacán einen Sohn des wenige Monate zuvor in den USA zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilten "Chapo" Guzmán festnahmen. Binnen kürzester Zeit überzogen schwer bewaffnete Kommandos des Sinaloa-Kartells die Stadt mit Terror. Straßen wurden gesperrt, Fahrzeuge in Brand gesetzt, Sicherheitskräfte attackiert und Gefängnisinsassen befreit. Die sich schnell über die sozialen Medien verbreitenden Bilder zeigten die Hauptstadt Sinaloas im Belagerungszustand. Angesichts des drohenden Blutbades kapitulierte die politische Führung des Landes und ließ den Kriminellen frei.

Ursachen und Hintergründe

Wesentliche Ursachen des Drogenkonfliktes und der fortschreitenden Ausbreitung des organisierten Verbrechens sind die jahrzehntelange Tolerierung krimineller Aktivitäten durch den Staat und seine Vertreter, die damit einhergehende Aushöhlung staatlicher Institutionen, die riesigen Gewinnmargen, die sich im Drogenhandel erzielen lassen, die bittere Armut weiter Bevölkerungsteile und die Perspektivlosigkeit vieler Jugendlicher.

Die USA, mit denen Mexiko eine mehr als 3.000 Kilometer lange Grenze verbindet, sind der weltweit größte Markt für illegale Drogen. In Mexiko werden große Mengen an Marihuana und Schlafmohn, der Grundstoff für Opium und Heroin, angebaut. Über die Häfen im Pazifik gelangen chemische Grundstoffe für die Herstellung von synthetischen Drogen ins Land. Zudem wird der größte Teil des in den südamerikanischen Andenländern produzierten Kokains über Zentralamerika und Mexiko in die USA geschmuggelt. Rivalisierende Kartelle liefern sich einen erbitterten Kampf um die Kontrolle der Transitrouten und Hauptumschlagplätze.

2006 beschloss Präsident Felipe Calderón eine Strategie der offenen Konfrontation. Die USA sagten Hilfsgelder in Milliardenhöhe zu. Seither befinden sich Bundespolizei, Militär und Marineeinheiten im Krieg gegen die Drogen-Kartelle. Die Regierung hat im Verlauf des Konfliktes einige spektakuläre Erfolge erzielt. Viele der meistgesuchten Drogenbosse wurden verhaftet oder getötet. Oft führte das so entstandene Machtvakuum jedoch zu Abspaltungen oder Neugründungen, die immer wieder in neue Wellen der Gewalt mündeten und wesentlich zur aktuellen Fragmentierung des organisierten Verbrechens beitrugen. Viele Gruppen haben sich inzwischen neue illegale Einkommensquellen abseits des Drogenhandels erschlossen.

Die schwachen Institutionen des mexikanischen Staates begünstigen die Aktivitäten des organisierten Verbrechens und werden durch diese weiter ausgehöhlt. Lokale Politiker, Verwaltungs- und Justizbeamte sowie Sicherheitskräfte werden häufig von kriminellen Organisationen bestochen, erpresst oder bedroht. Polizeibeamte sind insbesondere auf der kommunalen Ebene oft schlecht ausgebildet, unterbezahlt und anfällig für Korruption. Das Ergebnis ist ein exorbitantes Maß an Straflosigkeit. Weniger als 5% aller in Mexiko angezeigten Straftaten führen zu einer Verurteilung.

Die Grenzen zwischen Politik und organisiertem Verbrechen verlaufen oft fließend. Seit 2006 wurde gegen über 20 Gouverneure wegen Korruptionsvorwürfen ermittelt. Im Dezember 2019 wurde in den USA Genaro García Luna verhaftet und wegen Drogenhandels angeklagt. García Luna war als Minister für öffentliche Sicherheit während der Amtszeit von Präsident Felipe Calderón (2006-2012) maßgeblich für die Durchführung des von Calderón ausgerufenen Krieges gegen die Drogen verantwortlich. Ihm wird vorgeworfen, in diesem Zeitraum Schmiergelder in Millionenhöhe vom Sinaloa-Kartell angenommen zu haben. Im Gegenzug soll er der Organisation freies Geleit beim Schmuggel von Drogenladungen verschafft haben; außerdem habe er sie mit sensiblen Informationen über Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden versorgt und Erkenntnisse über rivalisierende Kartelle weitergegeben. Im Oktober 2020 wurde erstmals ein hochrangiger Militär in den USA verhaftet. General Salvador Cienfuegos Zepeda war Verteidigungsminister während der Regierung Enrique Peña Nietos (2012-2018). Auch ihm wird vorgeworfen, Bestechungsgelder von einem Drogenkartell angenommen zu haben.

Bearbeitungs- und Lösungsansätze

Die seit 2006 verfolgte Strategie der offenen Konfrontation mit dem organisierten Verbrechen ist offensichtlich gescheitert. Mexikos aktueller Präsident, Andrés Manuel López Obrador (AMLO), rannte daher offene Türen ein, als er im Wahlkampf 2018 eine komplette Neuausrichtung der Sicherheitspolitik versprach. Dazu fanden im ganzen Land sogenannte Friedensforen mit Angehörigen von Opferverbänden und der Zivilgesellschaft statt. Eckpfeiler seiner Strategie waren die Demilitarisierung der Sicherheitspolitik, die Bekämpfung der sozialen Ursachen der Gewaltkriminalität und die Liberalisierung der Drogenpolitik. Um den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen hatte AMLO sogar die Möglichkeit von Amnestien ins Gespräch gebracht.

Zwei Jahre nach seinem Amtsantritt sind jedoch noch keine Fortschritte erkennbar. Präventive Maßnahmen, wie die Schaffung von Stipendien für benachteiligte Jugendliche, gehen zwar in die richtige Richtung, zeigen aber bislang keine Wirkung. Trotz des enormen Blutzolls dienen sich nach wie vor zahllose Jugendliche dem organisierten Verbrechen an, nicht zuletzt aufgrund mangelnder Perspektiven.

Die Schaffung einer Nationalgarde, die die Bundespolizei ersetzt und sich neben ehemaligen Bundespolizisten weitgehend aus Mitgliedern von Militär und Marine zusammensetzt, wurde von Menschenrechtsorganisationen heftig kritisiert. Statt das Militär, wie angekündigt, von den Straßen zu holen, setzt López Obrador noch stärker auf die Streitkräfte als seine Vorgänger. Auch um die geplante Liberalisierung der Drogenpolitik ist es ruhig geworden. Gegen den Widerstand der USA wäre die Legalisierung des Drogenhandels aufgrund der starken wirtschaftlichen Abhängigkeit Mexikos vom großen Nachbarn im Norden nicht durchsetzbar.

Die wichtigste Voraussetzung für dauerhafte Erfolge im Kampf gegen das organisierte Verbrechen wäre eine nachhaltige Stärkung der mexikanischen Institutionen. Nur so könnte verhindert werden, dass Mitglieder krimineller Organisationen und ihre Erfüllungsgehilfen in Politik, Justiz und Sicherheitsapparat weitgehend straflos agieren. Neben einer besseren Ausbildung und angemessener Bezahlung würde das auch mehr staatlichen Schutz für all jene erfordern, die sich dem organisierten Verbrechen in den Weg stellen. Regelmäßig werden in Mexiko Staatsbeamte, Bürgermeister und Journalisten ermordet. Gleichzeitig müsste die wirtschaftliche und politische Macht krimineller Organisationen gebrochen werden, die teilweise enorme Vermögenswerte im Ausland investiert oder in die reguläre Wirtschaft des Landes transferiert haben und über ihr Netz aus legalen Unternehmungen auch den Wahlkampf von politischen Parteien und Politikern finanzieren.

Geschichte des Konflikts

Seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden im "goldenen Dreieck" zwischen den Bundesstaaten Sinaloa, Durango und Chihuahua Marihuana und Schlafmohn angebaut und in die USA exportiert. Die Entwicklung des Drogengeschäftes vollzog sich parallel zur 71-jährigen Herrschaft der Partei der institutionalisierten Revolution (Partido Revolucionario Institucional, PRI). Diese schuf einen korporatistischen Staat mit weitgehender Kontrolle über die vertikal organisierte Gesellschaft. Dazu gehörte ein stillschweigendes Übereinkommen mit dem organisierten Verbrechen: die Kartelle hielten sich an die Spielregeln der Politik und der Staatsapparat tolerierte den illegalen Drogenhandel. Wichtige Parteifunktionäre wurden großzügig an den Gewinnen beteiligt. So entwickelten sich bis Mitte der 1980er Jahre enge Verbindungen zwischen Kartellen, Politikern und Sicherheitsbehörden.

Die institutionellen Rahmenbedingungen änderten sich mit der schrittweisen Demokratisierung und Dezentralisierung der Macht. Im Jahr 2000 verdrängte die Partei der Nationalen Aktion (Partido Acción Nacional, PAN) die PRI von der Macht. Das heikle Gleichgewicht zwischen Staat und organisiertem Verbrechen zerbrach. Gleichzeitig hatten sich die Machtverhältnisse im Drogenhandel verändert. Die Zerschlagung der kolumbianischen Kartelle führte in den 1990er Jahren dazu, dass mexikanische Organisationen das Geschäft übernahmen. Um die Jahrtausendwende waren sie zu den mächtigsten Akteuren im Drogenhandel aufgestiegen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der mexikanische Staat die Kontrolle über das organisierte Verbrechen verloren.

Weitere Inhalte

Karsten Bechle ist seit mehreren Jahren im Bereich Risikomanagement tätig. Er hat Politikwissenschaft in Freiburg und Buenos Aires studiert und war anschließend wissenschaftlicher Mitarbeiter am Arnold-Bergstraesser-Institut (ABI) in Freiburg und am German Institute of Global and Area Studies (GIGA) in Hamburg.