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Südafrika | Kriege und Konflikte | bpb.de

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Südafrika

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In Südafrika verlief der Übergang von der Apartheid in die Demokratie ohne Bürgerkrieg und unter breiter Beteiligung zuvor ausgeschlossener Bevölkerungsschichten. Trotz erheblicher Herausforderungen ist das Land heute eine vergleichsweise stabile Demokratie.

Werbung für die ANC-Partei: "Let's grow South Africa together", steht in großen schwarzen Lettern auf einer gelb angemalten Mauer. (© picture-alliance/AP, AP Photo, Ben Curtis)

Das Apartheidregime, das offiziell von 1948 bis zu den ersten demokratischen Wahlen am 27. April 1994 bestand, manifestierte eine gesetzlich verankerte Trennung vorgeblicher „Rassen“ und etablierte ein System umfassender sozialer, ökonomischer und politischer Diskriminierung der schwarzen Bevölkerungsmehrheit. Bereits seit den 1950er Jahren formierten sich vielfältige Widerstandsbewegungen, wie der African National Congress (ANC), der Pan Africanist Congress (PAC) und später die United Democratic Front (UDF), die über 600 oppositionelle Gruppen vereinte.

Im Zuge wiederholter Massenproteste in den 1950er Jahren verabschiedete der Congress of the People 1955 in Kliptown die Freiheitscharta, die eine gemeinsame Vision für ein demokratisches Südafrika formulierte und einen zentralen Moment im Widerstand gegen die Apartheid markierte. Die Charta basierte auf einer Mischung aus antikolonialem Nationalismus, sozialistischen Gerechtigkeitsvorstellungen und liberal-demokratischen Werten. Im Mittelpunkt stand die Losung „The people shall govern“. Die wichtigsten Forderungen waren das allgemeine Wahlrecht, rechtliche Gleichstellung, freier Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung sowie die Umverteilung von Land und Reichtum. Die Charta wurde von einem breiten Bündnis oppositioneller Organisationen getragen. Viele ihrer Prinzipien fanden später Eingang in die demokratische Verfassung und bilden bis heute die ideelle Grundlage des ANC.

In Folge des Sharpville-Massakers im Jahr 1960, bei dem die Polizei das Feuer auf friedliche Demonstrantinnen und Demonstranten eröffnete und mindestens 69 Menschen tötete, wurde der ANC verboten. 1961 gründete sich daraufhin der bewaffnete Flügel Umkhonto we Sizwe unter der Führung Nelson Mandelas, um den militanten Widerstand zu organisieren. Mit der Verhaftung Mandelas, der 1964 zu lebenslanger Haft auf Robben Island verurteilt wurde, und weiterer Aktivisten, versuchte das Apartheidregime, die Opposition zu zerschlagen. Ein großer Teil der Bewegung operierte fortan aus dem Exil, wenngleich es auch weiterhin innergesellschaftlichen Widerstand gab, z.B. durch Organisationen wie der UDF.

Der Weg zum Frieden

In den 1980er Jahren wuchs der innenpolitische Druck auf das Apartheidregime. Polizei und Militär waren den zahlreichen Protesten oppositioneller Kräfte nicht gewachsen. Zudem erwiesen sich politische Reformen unter Pieter Willem Botha, wie etwa die Einrichtung eines Dreikammerparlaments im Jahr 1983, als bloße Fassade demokratischer Teilhabe. Das neu gegründete Parlament bestand aus dem House of Assembly für weiße, dem House of Representatives für „coloured“ und dem House of Delegates für indischstämmige Südafrikaner und Südafrikanerinnen. Die schwarze Bevölkerungsmehrheit blieb von demokratischer Teilhabe gänzlich ausgeschlossen, während entscheidende politische Macht weiterhin bei der weißen Kammer lag. Die Enttäuschung über die „Reformen“ der 1980er Jahre trug maßgeblich zur weiteren Radikalisierung des Widerstands bei.

Den entscheidenden Wendepunkt markierte das Jahr 1989. Südafrika befand sich in einer schweren wirtschaftlichen Rezession, denn internationale Sanktionen und ein breites Investitionsverbot hatten das Land ökonomisch zunehmend isoliert. Massive Kapitalflucht und wachsende Arbeitslosigkeit machten eine Systemreform notwendig. Der Zusammenbruch der Sowjetunion und des Warschauer Pakts entzog dem Apartheidregime zudem seine ideologische Legitimation: Der Kampf gegen die kommunistische „rooi gevaar” („rote Gefahr“), auf den sich das Regime lange berufen hatte, verlor seine Glaubwürdigkeit.

In der Hoffnung auf ein System der Machtteilung vollzog Frederik Willem de Klerk von der National Party (NP), der das Präsidentenamt 1989 von Botha übernommen hatte, eine Kehrtwende und setzte auf eine „kontrollierte“ Öffnung und Verhandlungen mit der Widerstandsbewegung unter der Führung Mandelas. Am 2. Februar 1990 verkündete de Klerk die Freilassung politischer Gefangener und Nelson Mandela wurde nach 27 Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen. Zudem wurde das Verbot von ANC, PAC und anderen oppositionellen Organisationen aufgehoben. Damit war der Weg für Verhandlungen über die politische Zukunft des Landes frei.

Trotz bedeutender Fortschritte wurde der Übergangsprozess von staatlicher Repression sowie gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Strömungen der Anti-Apartheid-Bewegung begleitet. Diese Eskalationen waren nicht nur Ausdruck politischer Rivalität, sondern auch Resultat ethnischer Spannungen, gezielter politischer Destabilisierung und sozialer Marginalisierung in den Townships. Besonders heftig waren die Konflikte zwischen Anhängern des ANC und der Zulu-nationalistischen IFP, bei denen tausende Menschen starben. Nach dem Mord am ANC-Mitglied und Generalsekretär der South African Communist Party Chris Hani im April 1993 drohte zeitweise, der gesamte Friedensprozess zu entgleisen.

Erfolge und Fortschritte

Dennoch gelang es die Friedensgespräche unter der Führung Nelson Mandelas fortzuführen und institutionelle Strukturen für eine demokratische Zukunft zu schaffen. Mandela wusste um die Notwendigkeit, alle Bevölkerungsgruppen in die neue Ordnung der „Regenbogen-Nation“ einzubinden, etwa durch die Beteiligung der NP an der Regierung und durch symbolische Akte der Anerkennung. Unter Beteiligung zahlreicher Fraktionen wurde eine Übergangsverfassung erarbeitet. Neben dem ANC und der NP waren auch kleinere Parteien sowie Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen, zivilgesellschaftlicher Organisationen und der Wirtschaft beteiligt. Eine wichtige Rolle spielten die starken Gewerkschaften – insbesondere der Congress of South African Trade Unions (COSATU) –, die nicht nur ökonomisches Gewicht, sondern auch moralisches Kapital einbrachten.

Bei einer Wahlbeteiligung von 87 % verfehlte der ANC bei den ersten freien Wahlen im April 1994 mit 62,7 % nur knapp die Zweidrittelmehrheit. Gemeinsam mit der NP, die 20,4 %, und der Inkatha Freedom Party (IFP), die 10,5 % der Stimmen erhalten hatte, bildete der ANC eine „Regierung der Nationalen Einheit“. Am 10. Mai 1994 wurde Nelson Mandela als erster schwarzer Präsident Südafrikas vereidigt. 1996 legte die verfassungsgebende Versammlung schließlich die endgültige Verfassung vor und führte ein präsidiales Regierungssystem ein. Das südafrikanische Parlament besteht seither aus 400 Abgeordneten in der Nationalversammlung, die nach dem Verhältniswahlrecht gewählt werden, sowie 90 Delegierten im Nationalrat der Provinzen.

Ab 1996 leitete der anglikanische Erzbischof Desmond Tutu die Wahrheits- und Versöhnungskommission (TRC), die sowohl die Verbrechen des Apartheidregimes als auch jene, die Oppositionelle begangen hatten, umfassend aufarbeiten sollte. Dieses Modell der Interner Link: „restorative justice“ sollte Vertrauen in öffentliche Institutionen schaffen, die Wahrheit über Menschenrechtsverletzungen offenlegen, Opfern Anerkennung verschaffen und unter bestimmten Bedingungen Amnestie gewähren. Die TRC dokumentierte Zeugnisse, bereitete Entschädigungen vor und entschied über rund 7.000 Amnestieanträge – etwa 850 wurden bewilligt. Als Ort der moralischen und emotionalen Anerkennung sollte die TRC das Fundament für eine nationale „Katharsis“ und einen inklusiven Staatsaufbau legen.

Das Ritual der Wahrheitsfindung verband Tutu mit dem Prinzip „Ubuntu“. Ubuntu bedeutet so viel wie: „Eine Person ist nur Person durch andere Personen“ und beschreibt ein relationales Verständnis von Identität, in dem das eigene untrennbar mit dem Wohl anderer verbunden ist. Als moralisches Fundament des neuen Südafrika sollte mit Ubuntu nicht Vergeltung, sondern die Heilung und Versöhnung menschlicher Beziehungen das Ziel sein. In Tutus Worten: „Es gibt keine Zukunft ohne Vergebung”.

Die TRC gilt international als Vorbild, wird allerdings bis heute auch scharf kritisiert – etwa dafür, dass sie weißen Täterinnen und Täter zu leicht Amnestie gewährte und rassistische Ungerechtigkeit nicht wirksam thematisierte. Die Strafverfolgung zentraler Verantwortlicher des Apartheidregimes blieb die Ausnahme und prominente Figuren, wie Botha und de Klerk, entzogen sich der öffentlichen Verantwortung.

Zudem verzichtete die neue Regierung bewusst auf ökonomische Radikallösungen: Mandela lehnte umfassende Enteignungen und eine konsequente Umverteilung ab – auch, um internationale Unterstützung für den Übergangsprozess zu sichern. In Zeiten des Washington Consensus galten Deregulierung, Privatisierung und Liberalisierung als Voraussetzung für die Integration Südafrikas in die Weltwirtschaft.

Probleme und Defizite

Der Friedensprozess bleibt ein „unvollendetes Werk“. Heute ist Südafrika die größte Volkswirtschaft des afrikanischen Kontinents und eine relativ stabile Demokratie. Dieser Wandel ist das Ergebnis eines komplexen und mutigen Friedensprozesses, in dessen Zentrum der Gedanke der Versöhnung stand. Gleichzeitig zählt Südafrika zu den Ländern mit der weltweit größten ökonomischen Ungleichheit. Mit einem Wert von 0,67 ist Südafrika gemessen am Gini-Koeffizienten das Land mit der weltweit größten Einkommensungleichheit. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei fast 60 % und große Teile der schwarzen Bevölkerungsmehrheit leiden weiterhin unter struktureller Armut und mangelhafter Infrastruktur.

Auch die Land- und Vermögensverteilung hat sich trotz der formalen Abschaffung der Apartheid nicht grundlegend verändert: Über 70 % des kommerziellen Farmlands befinden sich weiterhin in weißem Besitz, obwohl Weiße weniger als 10 % der Bevölkerung ausmachen. Eine marktbasierte Landreform nach dem Prinzip „willing-buyer, willing-seller“ blieb weitgehend ineffektiv und verhärtete bestehende Eigentumsverhältnisse. Um diese Strukturen aufzubrechen, verabschiedete die südafrikanische Regierung 2024 ein Gesetz zur entschädigungslosen Landenteignung. Dieses Vorhaben ist sowohl innerhalb Südafrikas als auch international stark umstritten: US-Präsident Donald Trump kritisierte das Gesetz und sprach von einer angeblich „rassistisch motivierten Verfolgung“ weißer Farmer – eine Darstellung, die vielerorts für große Empörung sorgte.

Während der Präsidentschaft Jacob Zumas von 2009 bis 2018 gipfelte die enge Verflechtung von ANC-Eliten, Kapitalinteressen und Staatsapparat in der systematischen Vereinnahmung öffentlicher Institutionen durch private Geschäftsnetzwerke und einflussreiche Unternehmer („State Capture“). Ein symbolträchtiger Tiefpunkt dieser Entwicklung war das Marikana-Massaker 2012, bei dem 34 streikende Minenarbeiter von der Polizei erschossen wurden. Der durch State Capture entstandene Schaden wird auf bis zu 84 Mrd. US-Dollar geschätzt. Zwar leitete der amtierende Präsident Cyril Ramaphosa mit der Zondo-Kommission eine umfassende Aufarbeitung ein, doch das Vertrauen in staatliche Strukturen bleibt tief erschüttert.

Dennoch: Der südafrikanische Friedensprozess bleibt ein historisches Beispiel für aktive Vergangenheitsbewältigung und politischen Weitblick. Der bewusste Verzicht auf Vergeltung, das Vertrauen in die transformative Kraft der Wahrheit und das ethische Leitbild der Versöhnung – verkörpert durch ikonische Persönlichkeiten, wie Nelson Mandela und Desmond Tutu, – machen diesen Prozess bis heute zu einem weltweit beachteten Vorbild. Insbesondere in Folge der Wahlen von 2024 bewies Südafrika demokratische Reife: Nach jahrzehntelanger regierungspolitischer Dominanz des ANC bildete Cyril Ramaphosa erstmals eine aus einem breiten Parteienbündnis geschmiedete Koalitionsregierung (Government of National Unity).

Ramaphosa war eine zentrale Figur im Kampf gegen die Apartheid und gilt als moderater Politiker mit großer Strahlkraft, der bestrebt ist, zwischen wirtschaftlicher Liberalisierung und sozialer Gerechtigkeit zu vermitteln. Mit ihm verbinden sich große Hoffnungen auf einen nachhaltigen politischen Wandel. Tatsächlich markiert die Bereitschaft des ANC, seine Macht nach dem Verlust der absoluten Mehrheit mit einer Vielzahl anderer Parteien zu teilen, einen bedeutsamen Schritt und könnte ein neues Kapitel in der Demokratiegeschichte des Landes öffnen.

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