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Spiegelbilder im Monitor | Kulturelle Bildung | bpb.de

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Spiegelbilder im Monitor Kunst- und medienpädagogische Arbeit mit Computerspielen

Martin Geisler

/ 8 Minuten zu lesen

Kultureller Wandel und moderne politische Bildung sollten Kunst und Neue Medien berücksichtigen. Jugendliche suchen nach Partizipationsmöglichkeiten und finden diese auch im Internet und in Computerspielen. Eine kunst- und medienpädagogische Auseinandersetzung mit Netzaktivitäten erlaubt Einblicke in jugendliche Lebenswelten und bringt kommunikative Angebote mit sich.

Politik, Kunst und Neue Medien

"Ich falle tief in ein schwarzes Loch. Und dann sehe ich kauzige Kreaturen." (Alice im Wunderland)

So beschreibt Alice im Wunderland ihre Träume. Ähnlich scheint es vielen zu gehen, die sich hineinwagen in die digitalen Welten der Spieler und Spielerinnen, der Clans und Gilden und jener, die sich in der digitalen Welt auf ihre Art und Weise ausdrücken. Dass das soziale Engagement der Szene sich mitunter als künstlerische und politische Beteiligungen darstellt, ist für viele wohl ebenso schwer vorstellbar wie ein sprechendes Kaninchen.

Was aber haben Politik, Kunst und Neue Medien miteinander gemein? Auf den ersten Blick zeigen sich grundlegendste Unterschiede. Während Politik auf Wissen, Analysen, Schlussfolgerungen und einen möglichst gesamtheitlichen Wertekanon aufbaut, beruht die Kunst auf Individualität, Subjektivität, Ambivalenzen, Unklarheiten und Emotionen. Diese Eigenschaften erlangen zunehmende Bedeutung in einer Gesellschaft die von Komplexität, uneindeutigen Wahrheitsgehalten und Orientierungsproblemen geprägt ist. Daher ist eine kulturelle oder künstlerische Herangehensweise der politischen Bildung vermutlich nicht nur ein möglicher, sondern vielmehr notwendiger Schritt. Jugendkultureller Selbstausdruck, die motivierende und mobilisierende, scheinbar nutzfreie Funktion von Kunst, ihre kommunikativen Eigenschaften und ihre offenen Aussagen, ohne eindeutige Interpretationsmechanismen, erlauben Suchbewegungen und schaffen Proberäume. Trotz vieler Bemühungen scheint es schwierig, künstlerische und kulturelle Ausdrucksweisen in die Bildung gänzlich zu integrieren. "Der Mainstream sucht sein Heil in verbindlichen Standards und entwickelt eine Aversion gegen künstlerische Qualitäten, die sich gängigen Bildanalysen entziehen und die kein Lehrplan formalisieren kann. Gemeint sind Begriffe wie das Widerständige, die Verweigerung, die Langeweile, das Schreckliche, das Verschwinden, das Hässliche, das Unsagbare, die Lust, das Gewalttätige und das Schöne – also genau das, was Kunst auszeichnet und worum es (...) gehen sollte." (Brenne 2008: 33)

Kunst ist ein Ausdrucksmittel ihrer Zeit mit den Mitteln ihrer Zeit. Das schließt auch interaktive Bildmedien ein.

Wer sich kompetent in den neuen virtuellen Räumen bewegt, partizipiert in sich formierenden Sozialsystemen, erlebt und gestaltet Verhaltenspraktiken und durchschaut ggf. kommerzielle Einflussnahme. Politische Bildung muss sich daher den Bildkompetenzen widmen, die die Analyse des Zeichenrepertoires und die symbolischen Formen einer Mediengesellschaft mit einschließt. (vgl. Glas 2008: 66). Wenn sich politische Bildung zur Aufgabe macht, an den subjektiven Lebensweltentwürfen von individuellen und (jugend-) kulturellen Erscheinungen anzusetzen, dann braucht es eine kulturell-politische Bildung, die deren ästhetische Kodes berücksichtigt.

Die Kunst als Weltenöffner – Zugänge zum Verstehen und Ausdrücken

Schon immer war es ein Phänomen des menschlichen Lebens, und insbesondere der Jugend, über die real erfahrbare Welt nach Welten der Möglichkeiten zu suchen (Schmid 2004: 400). Es ist der Wille eines jeden Individuums, an der Gestaltung seiner Welt und seiner Wirklichkeit teilzuhaben und die Macht der Möglichkeit zu besitzen – zu partizipieren.

Dem entgegen erscheint die Alltagswelt mitunter als zunehmend unfassbarer, undurchsichtiger und mittelbarer. So suchen sich Jugendliche die Räume, in denen sie sich als wirksam erleben – interaktive Medien und Kunst. Dies ist mehr als ein Impuls, der sich pädagogisch ausnutzen lässt. Es ist eine Grundlage des Mensch-Seins. Der Schriftsteller Feridun Zaimoglu formuliert: "Mit Kunst, Literatur oder Theater kann man sich gegen die Verätzungen des Alltags wappnen. (...) Wenn ich Bücher und Stücke lese, Bilder ansehe, Musik höre, dann durchbreche ich die Monotonie. Ich werde offener, durchlässiger" (Zaimoglu 2010: 5). Künstlerische Ausdruckweisen passen in den unvermeidlichen Hedonismus von Jugendlichen. "Kunst und Medien schaffen immer neue Zugänge zum Verstehen des Wirklichen und liefern Beispiele für die Veränderbarkeit des Wirklichen durch gestaltende Eingriffe" (Bildungskommission NRW 1995: 109). Da jedoch Jugendliche im Erzeugen künstlerischer Produkte und Zielstellungen ein hohes Maß an Anspruch entwickeln, reicht bald spontanes Handeln und reiner Spaß nicht mehr aus. Selbstständig und mit Eifer nehmen sie Anstrengungen auf sich, die sie für Schule oder gar Politik nie in Kauf genommen hätten.

Ihr werdet euch noch wünschen wir wären politikverdrossen

Thomas Krüger sagte in einem Vortrag: "Politische Bildung muss zur Kenntnis nehmen, dass Politikinteresse verschiedene Erscheinungs- und Ausdrucksweisen haben kann. Sie sollte wachsam sein, genau hinsehen und nicht vorschnell bewerten oder gar beiseiteschieben, was nicht in ihre institutionell etablierten Formen passt" (Krüger 2001: 2).

Die "digitale" Jugend scheint auf den ersten Blick wenig interessiert an Auflehnung oder Durchsetzung; verständlich angesichts ihrer überlegenen Position innerhalb der virtuellen Welt. In gemeinsamen, sozialen Spielräumen entwickeln Jugendliche neue Möglichkeiten des Ausdrucks und somit auch der gesellschaftlichen Beteiligung. Sie bewegen sich spielerisch in verschiedenen Wirklichkeitswelten, experimentieren mit ihren Identitäten, entwickeln andere Kriterien zur Auswahl von Kommunikations- und Interaktionspartnern. Sie gestalten selbstständig den Raum, die Gesetze und die Welt, in der sie sich bewegen und verändern somit nicht nur ihre eigene Lebenswelt.

Da sich Partizipation der "digitalen Bildkultur" überwiegend im Netz ausdrückt, ist sie für jene, die sich wenig darin bewegen, kaum spürbar. Nach und nach jedoch werden die Kraft, der Einfallsreichtum, auch die Probleme und die Vielfältigkeit netzbasierter Partizipation deutlich.

In einem ersten Schritt geschieht dies stets durch Verwunderung, Protest und Faszination der digital immigrants. "Was es nicht alles gibt?" Es gibt eine Demonstration der Zwerge im Spiel "World of Warcraft", weil die Server nicht gut laufen. Da werden Hobbysängerinnen vor ihrer Webcam zu Youtube-Stars. Es gibt Unterschriftenaktionen gegen fragwürdige Gesetzesentwürfe. Es gibt Aufklärungsvideos zu falschen oder unsachgemäßen Berichterstattungen. US-Präsidenten werden im Netz unterstützt, die Dissertation eines Verteidigungsministers bis ins Kleinste geprüft und letzterer zu Fall gebracht. Es gibt eine Partei, die die Interessen der Netzszene vertritt. Aus der einstigen Hackerorganisation "Chaos Computer Club" sind Experten für verschiedenste Internetthemen geworden. Die weltweite Bewegung "Anonymous" wehrt sich maskiert gegen jede Art der Unterdrückung von Informationen, bringt z.B. Videos aus dem abgeschotteten Libyen nach außen, kämpft einen Medienkrieg gegen Scientology und hackt notfalls Geldinstitute, wenn diese die Konten von Wikileaks einfrieren. Solche Aktivitäten bewegen sich dabei durchaus in rechtlichen Grauzonen, gelten als Ungehorsam oder schlicht kriminell. Natürlich kennzeichnet die User ihre Heterogenität und je nach Gruppierung unterscheiden sich Werte, Regeln und Kohärenz. Wenn man ihnen jedoch pauschal Politikverdrossenheit unterstellt, drohen sie "Ihr werdet euch noch wünschen wir wären politikverdrossen" (sic! Winde 2009). Wenn die politische Bildung danach strebt, die Mündigkeit des Bürgers zu wecken, so sollte sie Kunst, Kultur und Neue Medien im besonderen Maß berücksichtigen bzw. beobachten. Hier entfaltet sich Partizipationskultur.

Die Frage ist jedoch, was die Motive und die Probleme der bestehenden wie künftigen, kulturellen Ausrichtungen sind. Mit der Beantwortung dieser Frage wäre auch die Zielstellung der kulturell-politischen Bildung formuliert.

Bedeutungssuche in medialen Welten

Die große Herausforderung für die aktuelle politische Bildung besteht nicht nur darin, für sich technologische Vorteile ausfindig zu machen, sondern vielmehr zu erkennen und zu akzeptieren, dass sich grundlegender gesellschaftlicher Konsens und Wertekanon "enttraditionalisiert" hat. Dieses Schlagwort beschreibt wohl am eindringlichsten den kulturellen Wandel. In der Welt der Möglichkeiten bestimmt das Individuum seine Zugehörigkeit zu Gruppen, Verhaltensregeln und Kommunikationsräumen. Die Angebote sind derart vielfältig geworden, dass nicht mehr die Frage nach dem Erreichen des Ziels die Hauptproblematik für Jugendliche darstellt, sondern die Orientierung seiner eigenen Wünsche. "Wollen zu können" ist die wesentlichste Herausforderung innerhalb der Enttraditionalisierung, die ein hohes Maß an Selbstmanagement, Selbstreflektion und Selbstdisziplin verlangt. Diese Selbst-Kompetenzen bedeuten jedoch auch, dass sich das Individuum mit den Werteansichten Dritter in Einklang bringen muss. Identität ist als eine soziale Konstitution zu verstehen. Sie basiert auf Interaktion im dialogischen Austausch. (Vgl. Mead 1980: 241ff.) Dennoch sucht das Individuum nach Einzigartigkeit und insbesondere die Jugend nach Andersartigkeit.

Kunst und interaktive Medien wertschätzen das Anders-Sein. In einer Gesellschaft die durch Komplexität und Orientierungsschwierigkeiten bestimmt wird, erscheinen politische Verschachtelungen weder in ihrer Oberfläche noch in ihren Inhalten für Jugendliche reizvoll. Anders dagegen die digitale Spielwelt. Ein Raum, der sich ohne Interaktion gar nicht erst entfaltet, der mit reizvollen Bildern lockt, der jede gelungene Aktion umgehend belohnt, der direkten Wettbewerb überregional forciert, der Aufstieg in kurzen Zeiträumen ermöglicht und in dem Leistung durchaus reale Erfolgserfolgserlebnisse schaffen kann. Bedenkenträger äußern hier die Vermutung, dass diese Attraktivität weitere Orientierungsprobleme schafft. Ob Realität und Fiktion verwechselt werden? Und tatsächlich: "Die sinnliche Erfahrung der 'Welt als Abbild' prägt die Wirklichkeitskonstruktion, so dass sich Bezugspunkte für eine Orientierung in der Realität auch aufgrund der Folien medialer Vorerfahrungen herausbilden". (Röll 1998: 35) Eine Verwechslung findet jedoch nicht statt. Vielmehr ein Abgleich der Wirkungsräume. "Je künstlicher ich mir die Welt mache und je künstlicher ich sie wahrnehme, umso mehr ist es eine von mir 'gemachte', und insofern dann 'meine Welt'." (Ziehe 1994: 21) Dies entspricht dem Wunsch nach Einflussnahme und Entfaltung. Das "künstlich machen" beschreibt treffend die Gemeinsamkeit von Kunst und Neuen Medien. Es bietet freiheitlich, intrinsisch und experimentell an, Lebensweltentwürfe und -ansichten zu kommunizieren. Ein Beispiel hierfür sind bearbeitete Bildschirmfotos (Artworks) und virtuelle Stellvertreterfiguren (Avatare). Bei aller Freiheit der Gestaltung, ist jedes Bild und jede Figur ein Produkt der Erfahrungen, Wünsche, Sehnsüchte und Träume der Spielenden.

Zur medienpädagogischen Arbeit des Instituts Spawnpoint gibt es einen Artikel in der Rubrik Methoden – Interner Link: hier.

Quellen

Bildungskommission NRW (1995): Zukunft der Bildung – Schule der Zukunft. Neuwied.

Brenne, Andreas: Bildungskrise und Kunstpädagogik – Heterogenität als Chance einer subjektorientierten ästhetischen Bildung. In: Billmayer, Franz (Hrsg.) (2008): Angebote. Was die Kunstpädagogik leisten kann. München. S. 32 - 41.

Glas, Alexander: Bildkompetenz im Medienzeitalter. In: Billmayer, Franz (Hrsg.) (2008): Angebote. Was die Kunstpädagogik leisten kann. München. S. 61 - 67.

Krüger, Thomas (2001): Kulturelle Bildung. Eine Antwort auf die neuen Herausforderungen politischer Bildung. Rede zum Kongresses "KULTUR leben lernen. Kulturelle Bildung für die Mediengener@tion" München, 25. - 28. Oktober 2001. Externer Link: http://www.bpb.de/presse/IX4NNH,0,Kulturelle_Bildung.html

Mead, George H. (1980): Die soziale Identität. In: Ders. Joas, Hans (Hrsg.): Gesammelte Aufsätze. Frankfurt a.M. S. 241-253.

Röll, Franz Josef (1998): Mythen und Symbole in populären Medien. Der wahrnehmungsorientierte Ansatz in der Medienpädagogik. Frankfurt a.M.

Schmid, Wilhelm (2004): Mit sich selbst befreundet sein. Frankfurt a.M.

Winde, Max (2009): Tweet: Externer Link: http://twitter.com/343max/status/2228357957

Zaimoglu, Feridun (2010): Was ist kulturelle Bildung? Der Wunsch nach dem Schönen. In: Kulturelle Bildung. Reflexion. Argumente. Impulse. Flagge zeigen. Kulturelle Bildung 2010Heft Nr. 5/2010.

Ziehe, Thomas (1994): Der Gehalt der Symbole und die kulturelle Modernisierung von Jugend. In: AV-Information, Heft 1-2/94. S. 21.

Zumbansen, Lars (2008a): Medienalltag(sästhetik) – Eine Herausforderung für die bildnerische Erziehung. In: Billmayer, Franz (Hrsg.): Angebote – Was die Kunstpädagogik leisten kann. München. S. 246. -252.

Zumbansen, Lars (2008b): Dynamische Erlebniswelten. Ästhetische Orientierung in phantastischen Bildschirmspielen. München.

Dr. Martin Geisler ist Lehrbeauftragter für Theater- und Medienpädagogik u.a. an der FH Erfurt und seit 2007 leitet er das Institut Spawnpoint. Seit 2011 ist er Professor an der Fachhochschule Jena, Fachbereich Sozialwesen für Medien- und Kulturpädagogik.