Serie: Psychologie & Psychotherapie
Welche psychologischen Mechanismen können dazu führen, dass Menschen sich radikalisieren? Welche psychischen Störungen können Ursache oder Folge von Radikalisierung sein? Wann und wie können Psychologie und Psychotherapie einen wichtigen Beitrag in der Ausstiegsarbeit leisten? Mit diesen Fragen beschäftigen sich die Autorinnen und Autoren der Infodienst-Serie „Psychologie und Psychotherapie“.
Serie: Antimuslimischer Rassismus
Muslimfeindlichkeit, Islamfeindlichkeit, Islamophobie, antimuslimischer Rassismus: Viele Begriffe mit unterschiedlichen Bedeutungsnuancen beschreiben Formen von Stigmatisierung, Diskriminierung und Rassismus gegenüber Menschen muslimischen Glaubens und gegenüber Menschen, die von anderen als "muslimisch" markiert werden. Die Beiträge der Serie stellen verschiedene Definitionen und unterschiedliche Perspektiven auf das Themenfeld vor.
Ozan Zakariya Keskinkilic
Was ist antimuslimischer Rassismus?
Verschiedene Begriffe werden verwendet, um Feindlichkeit gegenüber Musliminnen und Muslimen oder deren Diskriminierungserfahrungen zu beschreiben. Ozan Zakariya Keskinkilic plädiert für die Bezeichnung "antimuslimischer Rassismus", da sie auch politische, strukturelle und institutionelle Dimensionen in den Blick nimmt. Der Autor stellt historische Bezüge her und zeigt, welche Formen antimuslimischer Rassismus heute annimmt.
Stefan E. Hößl
Diskriminierung und Radikalisierung: Zwei Seiten einer Medaille!?
Radikalisierungsprozesse sind dynamische Entwicklungen, bei denen viele Faktoren zusammenspielen. Erfahrungen von (rassistischer) Diskriminierung können Teil davon sein, da sie einen Rückzug zu defensiven Identitäten in Gemeinschaften oder Gruppierungen der Minderheiten bewirken können. Auch Angebote extremistischer Gruppierungen können in solchen Fällen attraktiv wirken. Stefan Hößl veranschaulicht diese These anhand des Beispiels der 18-jährigen Lina.
Sindyan Qasem
Erfahrungen von Rassismus als Radikalisierungsfaktor: Ein (Gegen-)Beispiel
Dass Rassismus- und Ungerechtigkeitserfahrungen von Musliminnen und Muslimen als ein Faktor in Radikalisierungsprozessen gelten, kann in der Praxis unter Umständen zu folgenschweren Missverständnissen führen. Mit einem Beispiel aus der eigenen Bildungsarbeit unterstreicht Sindyan Qasem diese These.
Hazim Fouad
Rezension: Dschihadistinnen. Faszination Märtyrertod
Zwei jordanische Islamismus-Experten analysieren die Rolle von Frauen im gewaltorientierten Islamismus. Sie bieten eine historische Rückschau und präsentieren etwa 50 Fallbeispiele aus vielen Ländern. Eine Buchrezension von Hazim Fouad.
Winnie Plha, Prof. Dr. Rebecca Friedmann
Psychosoziale Aspekte von Radikalität und Extremismus
Extremistischen Gruppen ist gemeinsam, dass sie ihren Mitgliedern ermöglichen, Konflikte zu kompensieren – sowohl in ihnen selbst liegende (intrapsychische) als auch Konflikte in der Beziehung zu anderen (interpersonelle). Rebecca Friedmann und Winnie Plha schildern psychische und interpersonelle Phänomene, die sich in der pädagogischen Praxis häufig beobachten lassen und skizzieren, wie Distanzierungsarbeit diese berücksichtigen kann.
Maike Nadar
Der Umgang mit Radikalisierungsprozessen bei Menschen mit Fluchterfahrung
Welche Zusammenhänge gibt es tatsächlich zwischen den Aktivitäten extremistischer Gruppen und den nach Deutschland geflüchteten Menschen? Maike Nadar erläutert, welche Besonderheiten im Kontext der Arbeit mit Geflüchteten zu beachten sind und warum es eine Herausforderung ist, Hinweise auf eine mögliche Radikalisierung einzuschätzen.
"Gibt es noch mehr im Leben?" – Wie sich zwei Teenager radikalisierten
In ihrem Buch "Zwei Schwestern" dokumentiert die norwegische Autorin Åsne Seierstad die Geschichte von Ayan und Leila. Die beiden Schwestern verließen 2013 im Alter von 16 und 19 Jahren ihre Familie in Norwegen und schlossen sich dem sogenannten Islamischen Staat (IS) in Syrien an. Das 2016 erschienene Buch beruht auf zahlreichen Gesprächen mit Menschen aus dem Umfeld der Schwestern. Im Interview berichtet Åsne Seierstad über die Motive der beiden – und ihre Schlussfolgerungen für Ansätze der Prävention.
Jannis Jost
Der Tunnelblick im Kopf – Psychologische Faktoren der Radikalisierung
Was bringt Menschen dazu, wegen ihrer Ideologie andere Menschen abzuwerten, zu entmenschlichen – und schlimmstenfalls zu ermorden? Der Beitrag aus dem Dossier Islamismus beschreibt, welche psychologischen Mechanismen zu Radikalisierung und Gewalt führen.
Husamuddin Meyer
Gefängnisse als Orte der Radikalisierung – und der Prävention?
Gefängnisse können Weichen für die Zukunft der Gefangenen stellen. Die Anschläge der letzten Jahre haben gezeigt, dass Haftanstalten Brutstätten für Radikalisierungsprozesse sein können. Gerade im Gefängnis muss daher verstärkt Präventionsarbeit stattfinden. Können muslimische Seelsorger hierzu einen Beitrag leisten? Husamuddin Meyer ist Gefängnisseelsorger und Imam in der Justizvollzugsanstalt Wiesbaden. Er beschreibt seine Erfahrungen und skizziert welche Maßnahmen notwendig wären, um mehr muslimische Seelsorger in deutschen Gefängnisse zu etablieren.
Michael Kiefer
Junge Dschihadisten im WhatsApp-Chat: Welche Rolle spielt Religion?
Wie Radikalisierung abläuft und welche Rolle dabei der Faktor Religion spielt, wird kontrovers diskutiert. Fachleute konnten die WhatsApp-Nachrichten einer dschihadistischen Jugendgruppe auswerten. Demnach verfügen die Beteiligten nur über wenige Kenntnisse – stattdessen konstruieren sie sich einen eigenen, kruden "Lego-Islam".
Claudia Dantschke, Redaktion Journal Exit Deutschland
"Ich möchte ich sein": Ein Aussteiger berichtet
Dominic Musa Schmitz war einige Jahre lang in der salafistischen Szene in Deutschland aktiv. Nach und nach begann er, an den Argumenten von Predigern wie Pierre Vogel und Sven Lau zu zweifeln und stieg aus. Im Gespräch mit der Extremismusexpertin Claudia Dantschke berichtet Schmitz, wie er sich der Szene anschloss, was ihn zum Ausstieg bewegte und wie er heute versucht, jugendliche Anhänger des Salafismus zum Nachdenken anzuregen.
Interview mit Berna Kurnaz
"Das Gesamtbild zählt!"
Was können Anzeichen für eine Radikalisierung von Jugendlichen sein? Im Interview erklärt Berna Kurnaz, warum es immer auf den Einzelfall ankommt. Kurnaz ist Mitarbeiterin beim Beratungsnetzwerk kitab in Bremen. Sie berät Eltern, Angehörige und Betroffene in der Auseinandersetzung mit Islamismus.
Maruta Herding, Joachim Langner, Michaela Glaser
Junge Menschen und gewaltorientierter Islamismus – Forschungsbefunde zu Hinwendungs- und Radikalisierungsfaktoren
Warum schließen sich junge Menschen aus "dem Westen" gewaltorientierten islamistischen Gruppierungen an? Der Überblick über die Forschung zu den Hintergründen, Motiven und Verläufen zeigt: Immer spielen mehrere Faktoren zusammen, und die Prozesse verlaufen nicht geradlinig. Selbst wenn viele begünstigende Faktoren vorliegen, muss nicht notwendigerweise eine Radikalisierung erfolgen.
Ahmad Mansour
Salafistische Radikalisierung – und was man dagegen tun kann
Hunderte vor allem junge Männer haben sich aus Deutschland aufgemacht, um für die islamischen Terroristen der ISIS zu kämpfen. Wie wurden diese Menschen zu Radikalen? Wie können Angehörige Radikalisierung erkennen? Und wie sollte man ihr begegnen? Ein Praxisbericht von Ahmad Mansour.
Beiträge zum Thema aus anderen Rubriken
Diskussion über Wiener Studie zur Rolle der Religion bei Radikalisierungsprozessen
In Radikalisierungsprozessen spielt die aktive Auseinandersetzung mit dem Islam eine wichtige Rolle, so lautet ein zentrales Ergebnis einer Studie der Universität Wien. In diesem Punkt widerspricht die Studie den Ergebnissen bisheriger Studien, weshalb die Veröffentlichung für Diskussionen sorgt.