Politische Bildung und Primärprävention
Fachdebatte
Dr. Karim FereidooniThomas KrügerDr. Götz NordbruchDr. Monika OberleInfodienst Radikalisierungsprävention
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Was sind die Ziele politischer Bildung? Inwiefern unterscheiden sich politische Bildung und Primärprävention voneinander? Wird Prävention erst relevant, wenn die Demokratie in Gefahr ist? Wie können und sollten Projekte evaluiert werden? Ende August 2019 kamen auf Einladung der Bundeszentrale für politische Bildung Fachleute aus unterschiedlichen Professionen zusammen, um sich in einem Fachgespräch diesen Fragen zu widmen.
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Prof. Dr. Karim Fereidooni, Juniorprofessor für Didaktik der sozialwissenschaftlichen Bildung an der Ruhr-Universität Bochum
Thomas Krüger, Präsident der bpb
Dr. Götz Nordbruch, ufuq.de
Prof. Dr. Monika Oberle, Professorin für Politikwissenschaft/Didaktik der Politik an der Universität Göttingen
Moderation: Dr. Helle Becker, Expertise & Kommunikation für Bildung/Transfer für Bildung e. V.
Politische Bildung: Normativität und Kritik
Becker: Um ins Gespräch zu kommen, möchte ich Sie bitten, die Ziele politischer Bildung zu definieren, mit denen Sie arbeiten.
Oberle: Das große, ich denke von allen anerkannte Ziel politischer Bildung, die politische Mündigkeit im Sinne der Aufklärung, hilft uns hier nur bedingt weiter, weil es im Grunde Ziel der gesamten Schule ist, Mündigkeit zu fördern beziehungsweise die Fähigkeit, eigenständige und selbstreflektierte Urteile zu fällen. Ich sehe in der Zielsetzung politischer Bildung einen Zweiklang, der ein Spannungsverhältnis beinhaltet: Auf der einen Seite steht die politische Sozialisation in das Bestehende – etwas, das auch für die gesamte Schule gilt. Das heißt, dass politische Bildung auf die Stabilisierung des demokratischen, pluralistischen, die Grundrechte garantierenden politischen Systems, aber natürlich auch auf die Weiterentwicklung der Verfassungswirklichkeit abzielt. Auf der anderen Seite steht die Emanzipation der Lernenden.
Aus diesem Spannungsverhältnis kommt man in der Schule beziehungsweise in der staatlichen politischen Bildung allgemein nicht raus. Es muss aber kein Gegeneinander sein, wenn politische Bildung transparent und reflektiert darauf abzielt, dass die Lernenden sich selbstständig Urteile bilden können. Damit verbundene Kompetenzen sind als Zieldimensionen sehr hilfreich. Ihre Entwicklung wird im Rahmen politischer Bildung seit jeher gefördert. Urteils- und Handlungsfähigkeit findet man als zentrale Kategorien bei allen Klassikern. Diese Kompetenzen sollen die Lernenden befähigen, ihre Interessen in die politische Entscheidungsfindung einzubringen. Gleichzeitig ist das verfolgte Ziel natürlich nicht beliebig: Wenn am Ende antidemokratische Positionen eingenommen werden, hat politische Bildung ihr Ziel nicht erreicht.
Nordbruch: Für uns in der Praxis ist die Bindung an die Gesellschaft beziehungsweise die Identifikation mit der Gesellschaft ein Ziel, das bereits auf Fragen in Bezug auf die Normativität politischer Bildung verweist.
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Ich würde es aber noch praktischer fassen und von der Erfahrung wirklicher Teilhabe und Repräsentation als wichtigem Ziel politischer Bildung sprechen. Das ist kein Widerspruch zu dem, was Sie gesagt haben, sondern versucht zu konkretisieren, was das für die Arbeit mit Jugendlichen eigentlich bedeutet. Bindung ist aber nicht gleichbedeutend mit unkritischer Befürwortung, sondern beinhaltet eben auch Reibung und Widersprüche. Es geht um den Versuch, sich in dieser Gesellschaft zu positionieren, und das kann eben auch über Widerstand laufen. Insofern ist politische Bildung in diesem Sinne eben nicht nur systemerhaltend: Sie bewegt sich innerhalb eines Konsenses, ermöglicht aber auch Veränderungen und Widerspruch.
Fereidooni: In Bezug auf die Ziele politischer Bildung würde ich drei Punkte nennen. Erstens geht es um die Vermittlung von Kompetenzen für Schülerinnen und Schüler, damit sie selbstständige, nachvollziehbare und begründete Urteile über politische Sachverhalte fällen können. Zweitens glaube ich, dass sie wissen sollten, welche politischen Strukturen in unserer Gesellschaft wirkmächtig sind, wie beispielsweise Gesetze zustande kommen, sowie dass sie eine gewisse Problemlösungskompetenz erwerben sollten. Drittens hat die Politikdidaktik – und das unterscheidet sie von anderen Didaktiken – eine normative Komponente, die sich in dem Versuch äußert, bei den Schülerinnen und Schülern in Bezug auf die Regierungsform Demokratie eine gute Beziehung beziehungsweise eine gute Einstellungsstruktur auszubilden. Diese normative Haltung ist der politischen Bildung inhärent.
Krüger: Obwohl ich der Argumentation in Teilen folgen kann, möchte ich betonen, dass es ein Problem ist, wenn es eine Art übergeordnete Normativität gibt, denn dahinter verbirgt sich auch eine Form ordopolitischen Anspruchs der politischen Bildung.
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Politische Bildung läuft in Form von Prozessen ab, die auch Defizite der Demokratie diskutieren und die eine sehr starke Offenheit für kritische Perspektiven haben, sodass sie bis in gesellschaftlichen oder politischen Widerstand führen können.
Natürlich ist die Akzeptanz von Demokratie ein Ziel; diese ist aber eben nicht auf einen Nenner zu bringen und erst recht nicht auf jene hegemonial wirkender Kräfte in der Demokratie. Vielmehr geht es um politische Teilhabe, die auf eine veränderbare Gesellschaft abhebt.
Da sehe ich vor allem in der außerschulischen politischen Bildung große, bisher völlig unterschätzte Potenziale, denn die normale politische Bildung im Schulbereich bietet im Vergleich zur außerschulischen weniger Möglichkeiten, eine Subjektorientierung zur Entfaltung zu bringen.
Oberle: Ich stimme Ihnen zu. Eben das hatte ich mit der Weiterentwicklung der Verfassungswirklichkeit gemeint: Systemakzeptanz als kritische Loyalität gegenüber dem System. Das entspricht dem, was Herr Nordbruch gesagt hat: Agieren innerhalb eines Rahmens, dort aber dann gegen den Strich bürsten.
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Denn es reicht ja nicht, wenn nur der Prozess irgendwie demokratisch und das Ergebnis per Abstimmung zustande gekommen ist. Wenn Demokratie verkürzt als ein Mehrheitsentscheid verstanden wird, kann das mit Tocqueville gesprochen zu einer Tyrannei der Mehrheit führen, daher versuchen wir, in Lernprozessen deutlich zu machen, dass das zu kurz gegriffen ist, und machen Pluralismus und Minderheitenschutz stark.
Ich war erstaunt, dass es in der Politikdidaktik einzelne Kolleginnen und Kollegen gibt, die nicht nur bei der Zielfrage, sondern auch bei der Frage der Gestaltung politischer Bildung der Meinung sind, dass man das System nicht in Frage stellen solle. Ich hingegen sage, das System ist überhaupt nur zu vermitteln, wenn politische Bildung den Raum gibt, es auch zu kritisieren. Heranwachsende müssen alles in Frage stellen dürfen, jede Generation aufs Neue, und dafür muss man ihnen Raum geben.
Fereidooni: An dieser Stelle möchte ich zur theoretischen Unterfütterung unserer Debatte über Normativität und kritische Perspektiven auf die kritische politische Bildung Bezug nehmen. Unter diesem Begriff sammeln sich vielfältige Perspektiven auf politische Bildung, die Kritik üben – am Status quo der Schule, am Status quo der Themenfelder, die in der politischen Bildung behandelt werden, und auch daran, wie Teilhabe in einer hochgradig undemokratischen Institution wie der Schule funktioniert. Kritische Bildung versucht, Kritik am Status quo zu üben – nicht primär, um den schulischen Unterricht, wie er jetzt gerade läuft, besser zu machen, sondern um den Widerstand sichtbar zu machen, über den gerade gesprochen wurde.
Wirkungserwartung an politische Bildung
Becker: Gibt es denn etwas wie eine konkrete Wirkungserwartung, die Sie mit politischer Bildung verbinden?
Nordbruch: In unseren Projekten ist eine Wirkungserwartung das Schaffen von Räumen, in denen genau diese Konflikte, Widersprüche und Ambivalenzen im System sichtbar werden und in denen es einen Rahmen gibt, in dem sich Jugendliche dazu positionieren können. Es geht darum, Raum für relevante Positionen zu schaffen, die im gesellschaftlichen Diskurs ansonsten keine angemessene Repräsentation finden. Eine andere Wirkungserwartung ist damit verbunden, dass politische Bildung tatsächlich so etwas wie Gleichwertigkeitserfahrungen vermitteln kann.
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Wenn Jugendliche nach ihrer Teilnahme an Bildungsangeboten den Eindruck haben, mit ihren Positionen in der Debatte als gleichwertig wahrgenommen worden zu sein, dann ist das für uns eine Wirkung und auch ein Erfolg politischer Bildung – unabhängig davon, wie die einzelnen Positionierungen oder Reflexionen gelaufen sind.
Krüger:
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Aus meiner Perspektive stellt, provokativ gesagt, das Wort "Wirkungserwartung" ein Problem dar, weil sich darin bestimmte asymmetrische Machtverhältnisse widerspiegeln. Wer formuliert denn eine Wirkungserwartung und wer hat sich so zu verhalten, dass diese Wirkungserwartung auch eintritt?
Die Prozesse politischer Bildung sind zunächst ambiguitive, also ergebnisoffene Prozesse, die jedoch verbunden sind mit dem Selbstbewusstsein der Aufklärung, dass sich die Pluralität verschiedener Positionen und Perspektiven in einem demokratischen Verfahren besser abbildet als in einem autoritär strukturierten. In einem ergebnisoffenen und fairen Verfahren auf Augenhöhe kann in Bildungsprozessen eben auch eine selbstkritische Perspektive eingenommen werden, die mit Blick auf eine gute Bildungsarbeit unverzichtbar ist.
Oberle: Ich möchte mich ein wenig konträr zu diesem Plädoyer für Ergebnisoffenheit positionieren. Einerseits bedeutet selbstständige Urteilsfähigkeit natürlich, dass wir nicht wissen, welches Urteil am Ende herauskommt.
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Aber mir sind Bildungsprozesse, die sich als völlig ergebnisoffen beschreiben und keine Ziele explizit machen, suspekt. Zum einen gibt es nämlich meist doch ungenannte Ziele und man sollte sich dieser Ziele bewusst sein. Zum anderen sind Prozesse intentionaler Bildung, die sich kein Ziel setzen, meiner Ansicht nach wenig sinnvoll. Und schließlich besteht der eingangs bereits diskutierte Wertebezug der politischen Bildung.
Meine Ziele, und damit hängen die Wirkungserwartungen natürlich zusammen, umfassen in einem ersten Schritt die Förderung von politischer Urteilsfähigkeit. Auf der nächsten Ebene geht es um Handlungsfähigkeit – zum einen die kommunikative, zum anderen die partizipative Handlungsfähigkeit. In der außerschulischen politischen Bildungsarbeit werden beispielsweise auch gezielt Fähigkeiten des Projektmanagements gefördert. Das wäre für die schulische Bildungsarbeit auch möglich und wünschenswert.
Krüger: Ich will nur kurz noch einmal anmerken, dass es ein Missverständnis wäre, ambiguitive Lernprozesse als beliebige zu beschreiben. Das genau ist nicht gemeint. Vielmehr geht es um die Grundlegung politischer Teilhabe in politischen Bildungsprozessen. Mit der Beschreibung als ambiguitiv ist nicht gemeint, dass diese Prozesse offen dafür sind, in eine Diktaturposition zu münden. Vielmehr geht es um die Auseinandersetzung mit der Verfassungswirklichkeit und der Verfassungsmöglichkeit. Das, was politische Bildung auszeichnet, ist ja die Möglichkeitslogik. Diese ermöglicht einen kritischen Zugriff auf Themen wie Ungleichwertigkeit in der Demokratie – die als bestmögliche aller schlechten Regierungsformen vorgestellt wird – oder die sich in eine demokratische Wirklichkeit einlesende neoliberale Wirtschaftspolitik. In einer ergebnisoffenen Diskussion kann man sich mit den Gegebenheiten besser kritisch auseinandersetzen. Das macht den Prozess aber keineswegs beliebig.
Fereidooni: Es ist meiner Ansicht nach schwer, eine eindeutige Antwort auf die Frage nach der Wirkungserwartung zu geben. Diese unterscheidet sich nämlich stark je nach Arbeitsfeld und politischem Kontext. Außerdem hat natürlich nicht nur die schulische politische Bildung Einfluss auf die politischen Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern, sondern auch das Elternhaus, die Peergroup und die eigenen politischen Erwartungen, Kenntnisse und Kompetenzen. Deswegen würde ich fragen:
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Was kann schulische politische Bildung im Umfang von zwei Stunden in der Woche eigentlich leisten? Welche Wirkungen kann sie erzielen? Das müssen wir uns fragen und ich glaube, das ist noch nicht hinreichend erforscht.
In diesem Zusammenhang vielleicht noch einmal ein paar Worte dazu, worin sich schulische und außerschulische politische Bildung unterscheiden und warum man neben der schulischen auch die außerschulische politische Bildung dringend braucht. Drei Dinge: Erstens, weil sich die Methoden der außerschulischen politischen Bildung von denjenigen der schulischen politischen Bildung unterscheiden. Der zweite Punkt betrifft etwas, worüber wir noch gar nicht gesprochen haben, was allerdings Relevanz besitzt, wenn man über Werte, Normen und eigene Meinungen zu politischen Sachverhalten urteilt, nämlich die Noten. Inwiefern beeinflussen eigene Meinungen die Notengebung der Lehrkräfte? So etwas fällt in der außerschulischen politischen Bildung weg. Es existieren mehr Möglichkeiten, widerständige Meinung zu äußern. Und drittens können einige – nicht alle – Themen, die in der schulischen politischen Bildung nicht in der notwendigen Tiefe oder Breite bedient werden, in der außerschulischen politischen Bildung thematisiert werden.
Podiumsdiskussion "Politische Bildung vs. (Extremismus-)Prävention?"
Politische Bildung, (Extremismus-)Prävention, Demokratiebildung, Demokratieförderung – sie alle sind gefordert, um den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen dieser Tage zu begegnen. Doch wie lassen sich diese "Disziplinen" auseinanderhalten und warum ist die klare Unterscheidung so wichtig?
Selbstwirksamkeit von politischer Bildung
Oberle: Ein Punkt, an dem politische Bildung enorm viel erreichen kann, kam noch nicht zur Sprache: Auf der motivationalen Ebene geht es nicht nur um Interesse, sondern auch um Selbstwirksamkeitserwartung.
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Unter anderem die Planspiel-Forschung zeigt, dass selbst ein simulatives Erleben von Politik, bei dem man ernst genommen wird und mitdiskutieren, andere überzeugen und am Ende entscheiden kann, positive Effekte hinsichtlich der politischen Selbstwirksamkeitserwartung bei Jugendlichen zeitigt. Das betrifft gerade diejenigen, die vorher distanziert waren und keine eigenen Bezüge oder Einflussmöglichkeiten erkennen konnten.
Ich selbst habe genau das auch in meiner persönlichen Biografie erlebt: Eine Erfahrung in der außerschulischen politischen Bildung, leider nicht in der schulischen, nach der ich das Gefühl hatte, nicht Objekt, sondern Subjekt von Politik und für die Entscheidungen, die mich umgeben, mitverantwortlich zu sein. Politische Bildung sollte also neben der Förderung der Urteils- und Handlungsfähigkeit auch das Selbstvertrauen, Dinge verändern zu können, stärken.
Nordbruch: Ich finde den Punkt ebenfalls wichtig, gerade in Bezug auf die Kritik von Herrn Krüger an dem Begriff Wirkungserwartung und dem sich dort einschreibenden Machtgefälle.
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Ich glaube, dass die partizipative Handlungskompetenz im Bereich Schule schnell an Grenzen stößt. Wenn nämlich Schülerinnen und Schüler eine Position formulieren, die Veränderungen in der Institution voraussetzt, dann ist dies oft sehr schnell frustrierend, weil die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zwar vorhanden sind, aber die Institution sich nicht verändert.
Nehmen wir beispielsweise die Diskussion um Gebetsräume in Schulen. Wenn sich eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern zusammenfindet und einen Gebetsraum in der Schule fordert, dann kann man das als partizipative Handlungskompetenz beschreiben. Wenn aber die Schule diesem Wunsch keinen Raum gibt – und dabei geht es gar nicht darum, ob es umgesetzt wird, sondern ob dieser Wunsch Raum bekommt – dann wäre das mit dem Begriff Wirkungserwartung nicht zu beschreiben, weil die Wirkung tatsächlich verpufft. Wenn man also Wirkung adäquat bemessen will, müsste man letztlich auch die Bereitschaft der Institution mitberücksichtigen, diese Wünsche ernst zu nehmen, aufzunehmen und als Teil eines Verständigungsprozesses innerhalb der Institution zu begreifen.
Fereidooni: In die Diskussion um die Bedeutung von Selbstwirksamkeitserfahrungen möchte ich einwerfen, dass diese nicht nur produktiv sind, sondern auch risikoreich sein können. Ein Beispiel ist ja gerade schon genannt worden, ein zweites, ein Praxisbeispiel aus einer Schule in Berlin, möchte ich noch kurz nennen: Da hat eine Lehrerin kritische Bildungsarbeit zum Thema Rassismus mit den Schülerinnen und Schülern durchgeführt und andere Lehrkräfte in anderen Fächern haben sich konträr zu den Positionen der Rassismuskritik geäußert. In einem solchen Fall würde ich sagen, dass sich die Selbstwirksamkeitserfahrungen nicht nur positiv und empowernd auf Schülerinnen und Schüler auswirken, die Rassismus erfahren. Vielmehr kommt es darauf an, ob die Lehrkräfte bereit sind, sich auch mit Ungleichheitsstrukturen auseinanderzusetzen, die in unserer Gesellschaft wirkmächtig sind. Das ist entscheidend, nicht nur in Bezug auf Rassismus, sondern auch in Bezug auf sexuelle Orientierung und Heteronormativität. Insofern möchte ich zustimmen, dass Selbstwirksamkeitserfahrungen grundsätzlich wichtig und wünschenswert sind, aber: Die Institution Schule strukturiert Gelingensbedingungen von Selbstwirksamkeitserfahrungen vor und macht sie dadurch risikoreich. Politikwissenschaftlich würde man diesbezüglich von Pfadabhängigkeit sprechen.
Präventionslogik
Becker: Nachdem Sie nun beschrieben haben, was für Sie politische Bildung ausmacht, möchte ich auf das Thema Prävention zu sprechen kommen. Wie kommt die Prävention ins Spiel? Wie würden Sie Prävention definieren? Und in einem zweiten Schritt: Ist Prävention ein Ziel politischer Bildung, ist sie eine Wirkung politischer Bildung, ist sie vielleicht sogar die Wirkung der Wirkung politischer Bildung?
Fereidooni: Es geht bei politischer Bildung natürlich immer auch darum, demokratiefeindlichen Einstellungen vorzubeugen. Demokratiefeindliche Einstellung können unterschiedlich geartet sein, islamistisch und rechtsextrem. Ich zähle aber auch Rassismus aus der "Mitte der Gesellschaft" sowie Antisemitismus dazu. All dem soll mithilfe von politischer Bildung vorgebeugt werden. Aber um dieses Ziel zu erreichen, müssen die politischen Bildnerinnen und Bildner wissen, welche Ungleichheitsstrukturen wie in unserer Gesellschaft wirken.
Kritisch ist jedoch gegenüber einem Verständnis von politischer Bildung als Prävention einzuwenden, dass häufig Personen als Zielgruppe der Prävention betrachtet werden, die außerhalb der "Mitte der Gesellschaft" verortet werden, was auch immer diese sogenannte Mitte sein mag.
Dazu werden in erster Linie Rechtsextreme sowie Islamistinnen und Islamisten gezählt. Ich glaube, dass die "Mitte der Gesellschaft" sich selbst und die eigenen Ungleichwertigkeitsvorstellungen ganz dezidiert von diesen Präventionsprojekten ausnimmt, und das möchte ich kritisieren. Präventionsprogramme werden häufig dahingehend instrumentalisiert, unterstelltes oder tatsächliches deviantes Verhalten zu sanktionieren.
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Die "Mitte der Gesellschaft" bleibt außen vor; sie exkulpiert und legitimiert sich selbst, indem sie sagt: "Wir sind nicht Teil des Problems, sondern diejenigen, die Zentrum und Peripherie sowie Norm und Devianz definieren." Deswegen stehe ich dem Präventionsbegriff und Konzepten von Prävention kritisch gegenüber.
In der politischen Bildung geht es meiner Ansicht nach darum, allen Personen die Kompetenz zu vermitteln, Demokratie und demokratische Strukturen zu begreifen, sich einzubringen und wissensbasierte Werturteile zu fällen.
Oberle: Ich kann Ihr Unbehagen gut nachvollziehen und teile es. Allerdings würde ich das tatsächlich auf die Sekundär- und Tertiärprävention beziehen.
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Das Verhältnis von politischer Bildung und Prävention möchte ich anders betrachten und dabei die Primärprävention fokussieren. Diese fördert Einstellungen, Wissen und Fähigkeiten, die Menschen gar nicht erst extremistischen Versuchungen anheimfallen lassen, und fördert Sensibilität für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Damit stärkt sie die Resilienz gegen extremistische Tendenzen noch vor einer möglichen Hinwendung. Wenn aber diese Aspekte Primärprävention ausmachen, dann würde ich sagen, dass sich die Ziele von Primärprävention und politischer Bildung weitgehend entsprechen.
Wenn man sagt, politische Bildung im Kontext von Primärprävention sei in erster Linie gegen etwas gerichtet, dann treten natürlich Differenzen zutage. Man kann jedoch auch sagen, dass sie für etwas arbeitet, nämlich für das Gegenteil von Extremismus und Totalitarismus, sprich: für die freiheitlich-demokratische Grundordnung, für Menschenwürde, Grundrechte, Pluralismus, institutionalisierte Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit. Hier beziehe ich mich weniger auf politische Bildung als Demokratielernen beziehungsweise als Schulprinzip, sondern vielmehr auf die kognitive Auseinandersetzung im Politikunterricht und in der außerschulischen politischen Bildung.
Nordbruch: Auch mir geht es hier vor allem um die Primärprävention, denn für die Bereiche Intervention oder sekundäre und tertiäre Prävention finde ich die Verhältnisbestimmung relativ unproblematisch. Die Debatte um Primärprävention und politische Bildung hat meiner Ansicht nach mehrere Ebenen. Ich verstehe und teile die Kritik von Herrn Fereidooni und seine Vorbehalte gegenüber dem extremismustheoretischen Modell, in welchem die Mitte überhaupt nicht mitgedacht wird.
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Allerdings finde ich die Unterscheidung von politischer Bildung und Primärprävention insofern sinnvoll, als Primärprävention für mich eine Reaktion auf ein Phänomen ist. Das heißt: Sie ist nicht politische Bildung gegen etwas, sondern in Reaktion auf etwas.
Dieses "Etwas" wäre für mich beispielsweise Homophobie, Antisemitismus, Rechtsextremismus oder religiöser Extremismus. Das sind Phänomene, die aktuell relevant sind, und aufgrund ihrer gesellschaftlichen Relevanz nutzen wir, so würde ich das für uns bei ufuq.de sagen, Methoden der politischen Bildung, um Resilienzen zu fördern und damit präventive Wirkung gegen diese Phänomene zu entfalten. Wenn beispielsweise in fünf Jahren das Thema Homophobie nicht mehr aktuell sein sollte, wäre es immer noch notwendig, geschlechtersensible Pädagogik umzusetzen und zum Thema Gender politische Bildungsarbeit zu leisten. Aber es würde weniger relevant sein, präventive Handlungslogiken zu entfalten, um homophoben Einstellungen entgegenzuwirken.
In der Debatte um politische Bildung und Prävention – und da komme ich auf einen anderen Aspekt zu sprechen – spielen verschiedene Aspekte eine Rolle, darunter Konkurrenz um Ressourcen und Anerkennungskämpfe bestimmter Disziplinen. Als Verein, der in der Präventionsarbeit tätig ist und dort auch gefördert wird, ist es uns deshalb sehr wichtig, deutlich zu machen, dass wir keineswegs den Anspruch erheben, politische Bildungsarbeit flächendeckend und in allen Feldern umzusetzen. Politische Bildung als grundständiges Feld hat natürlich eine viel größere Relevanz als unsere Arbeit bei ufuq.de. Wir bringen Expertise zu der Frage ein, wie Methoden und Ansätze der politischen Bildung im Bereich der Prävention nutzbar gemacht werden können; das ersetzt aber die grundständige politische Bildung in keiner Weise.
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Für mich ist das Problem tatsächlich zu einem großen Teil ein politisches. Wenn nämlich bei Trägern, die grundständige politische Bildungsarbeit umsetzen, mehr Personalstellen im Bereich der Prävention von Rechtsextremismus oder Islamismus vorhanden sind als in der geschlechtersensiblen politischen Bildungsarbeit, dann stimmt etwas nicht und dann bringt das meiner Ansicht nach tatsächlich eine Schieflage zum Ausdruck.
Krüger: Aber genau in der Situation befinden wir uns ja gerade. Prävention erlebt derzeit eine Hochkonjunktur und wird instrumentalisiert, um eine Versicherheitlichung der Landschaft politischer Bildung zu organisieren. Doch lassen Sie mich noch einmal einen Schritt zurücktreten: Der Präventionsbegriff ist vielschichtig. Mit Caplan wird zwischen Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention unterschieden. Ich finde aber auch das Paradigma von Gordon hilfreich, der ganz andere Begrifflichkeiten verwendet und zwischen universeller, selektiver und indizierter Prävention differenziert, weil das die Vorgänge des präventiven Agierens noch einmal etwas präziser fasst. Es ist völlig unstrittig, dass Sekundär- und Tertiärprävention oder selektive und indizierte Prävention nicht das Revier politischer Bildung sind. Wir reden eigentlich über Fragen universeller Prävention beziehungsweise primärpräventiven Agierens.
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Das Entscheidende und Besondere ist meiner Ansicht nach, dass im Felde der Prävention immer defizitorientiert gearbeitet wird. Ein faktisches oder vermutetes Defizit wird zum Ausgangspunkt präventiven Handelns. Das entwertet keineswegs jegliches präventives Handeln. Es handelt sich hier um einen völlig legitimen Ansatz, der auch Effekte für die politische Bildung hat. Prävention ist aber immer auch ein Instrument von Sicherheits- und Ordnungspolitik und sie kann politische Bildung niemals substituieren. Ich finde es wichtig, herauszustreichen, dass die Funktionslogiken von Primärprävention und politischer Bildung komplett unterschiedlich sind.
Dies liegt daran, dass sich ein reaktives Agieren beziehungsweise eine defizitorientierte Logik deutlich von der Möglichkeitslogik unterscheidet, die in der politischen Bildung immer angelegt ist. Das halte ich für einen ganz wesentlichen Punkt, was den Bereich der Primärprävention im Verhältnis zur politischen Bildung betrifft. Sicher kann es Überschneidungen oder auch konkrete Effekte für das Subjektwerden einer politischen Person geben. Diese Effekte können aber letztendlich nicht die Offenheit der Prozesse von politischer Bildung substituieren.
Oberle: Ich glaube, der springende Punkt ist tatsächlich, wie man Primärprävention definiert. Sie definieren sie als reaktiv und defizitorientiert. Das tue ich nicht. Vielleicht brauchen wir in der Debatte zwei Begriffe von Primärprävention, denn die Effekte politischer Bildung, wie ich sie mir vorstelle, sind primärpräventiv.
Becker: Braucht man den Präventionsbegriff dann überhaupt für die politische Bildung?
Oberle: Nein, nicht grundsätzlich. Jedoch müssen wir anerkennen, dass der Begriff existiert und mit Fördergeldern verknüpft ist. Als politische Bildnerinnen und Bildner müssen wir klarmachen, dass grundständige politische Bildung immer auch präventiv wirkt.
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Wenn gegen ein Abdriften in extremistische Tendenzen vorgebeugt werden soll, dann braucht man neben gezielten primär- und sekundärpräventiven Programmen ganz klar auch grundständige politische Bildung, die dringend besser gefördert werden muss. Sie sollte dann aber auch nicht irgendein besonderes Etikett benötigen, schließlich hat politische Bildung schon seit Jahrzehnten präventive Wirkung.
Becker: Wird Prävention erst relevant, wenn die Demokratie in Gefahr ist?
Oberle:
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Die Demokratie ist immer potenziell in Gefahr. Wir wissen, dass Demokratien nicht dauerhaft gesichert sind, dass Demokratinnen und Demokraten nicht vom Himmel fallen und dass sich demokratische politische Kulturen verändern können. Das heißt, es muss sich immer wieder eine neue demokratische Gesellschaft heranbilden.
Ich erwarte aber, dass in Krisenzeiten noch einmal besonders gegen antidemokratische Strömungen aufgestanden wird.
Nordbruch: Den Begriff der Defizitorientierung möchte ich nicht so stehen lassen. Das trifft auf das von mir beschriebene Verständnis nicht zu, zumindest dann nicht, wenn damit Defizitorientierung in Bezug auf die Jugendlichen gemeint ist. Mit dem Attribut reaktiv bezog ich mich darauf, dass Prävention auf ein gesellschaftliches Defizit oder eine gesellschaftliche Herausforderung reagiert. Aktuell reagieren wir eben nicht auf Scientology, weil das gesellschaftlich gerade nicht das Thema ist. Vielmehr sind aktuell andere gesellschaftliche Herausforderungen wie Homophobie oder Antisemitismus im öffentlichen Raum relevant und erfordern eine Reaktion. Das sagt nichts darüber aus, wie wir die Jugendlichen, mit denen wir arbeiten, wahrnehmen oder wie die Jugendlichen zu diesen Phänomenen stehen.
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Defizitär sind nicht die Jugendlichen, sondern der gesellschaftliche Kontext, in dem wir leben. Deswegen glaube ich, dass diese Argumentation maßgeblich auf einem Missverständnis basiert, und ich sträube mich gegen diese Zuordnung. Uns geht es um Ressourcenorientierung, darum, Jugendlichen in ihren Möglichkeiten und ihren Potenzialen dabei zu helfen, sich zu entfalten. Prävention reagiert also auf gesellschaftliche Defizite und Herausforderungen, agiert aber ressourcenorientiert in Bezug auf die Jugendlichen.
Deshalb sehe ich überhaupt keinen Widerspruch zu dem, was Sie beide eben beschrieben haben. Ob man dieses Feld dann ausdrücklich Prävention nennt oder – wie bei der Bundeszentrale für politische Bildung – der Fachbereich Extremismus unter dem Dach der politischen Bildung angesiedelt sein sollte, darüber kann man diskutieren. Ich finde es aber wichtig, deutlich zu machen, dass es in der Auseinandersetzung mit konkreten politischen Phänomenen eine besondere Zielsetzung gibt. Das stellt nicht in Frage, dass die dahinterstehenden Ansätze letztlich denjenigen ähneln, die im gesamten Handlungsfeld politischer Bildung handlungsleitend sind.
Becker: Darf ich da mal einhaken? Weil gerade Sie, Herr Nordbruch, ja wahrscheinlich die Position vertreten würden – so habe ich es zumindest gelesen –, dass radikal sein oder extrem denken zur jugendlichen Entwicklung gehören. Wir kennen das alle: Protest und Jugend ist eigentlich miteinander verknüpft, ohne dass es notwendigerweise tatsächlich Ausdruck eines politischen Denkens ist, sondern zunächst einmal unter anderem eine Frage von emotionaler Entwicklung. Muss man all dem mit politischer Bildung begegnen? Ist es im Rahmen präventiver politischer Bildung nicht schwierig, jugendlichem Protest gegenüber tolerant zu sein? Ist es unter diesen Voraussetzungen nicht viel naheliegender, sofort alarmiert zu sein und zu dramatisieren, anstatt erst einmal zu beobachten und es als Ausdruck einer individuellen, subjektiven Welterfahrung zu sehen?
Nordbruch: Sie sprechen mehrere Punkte an. Wenn Sie fragen, ob man Radikalsein oder Extremsein mit politischer Bildungsarbeit begegnen muss, würde ich das verneinen. "Begegnen" klingt mir zu sehr nach Sicherheitspolitik, nach einer Defizitorientierung im Sinne von: Das sind Probleme, das sind Gefährdete und Gefährderinnen und Gefährder. Darum geht es eben nicht. Aber politische Bildungsarbeit hat den Auftrag, für Jugendliche, die derartige Positionen vertreten, einen Rahmen zu schaffen, in dem sie sich positionieren und auch Widerspruch erfahren können.
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Radikale Positionen sind in jeder Jugendeinrichtung anzutreffen und es ist der Auftrag von Schule oder Jugendarbeit, Jugendlichen einen Raum zu geben, wo so etwas innerhalb eines demokratischen, menschenrechtlich orientierten Prozesses ausgehandelt und gelenkt werden kann.
Damit wären wir wieder am Anfang, bei der Frage nach der Normativität politischer Bildung. Natürlich hat und braucht politische Bildung einen Rahmen, wie Menschenrechtsorientierung, und es ist Auftrag von Schule und Jugendarbeit, den Rahmen in diesem Sinne zu gestalten.
Meiner Ansicht nach ist es ein wichtiger Beitrag unserer Arbeit, immer wieder deutlich zu machen, dass Radikalität im Jugendalter normal ist und dazugehört. Ich glaube, dass diese Erkenntnis vor zehn Jahren noch nicht so präsent war – zumindest im Bereich Islamismus. Noch vor fünf Jahren wurde bei beinahe jeder vermeintlich dschihadistischen Äußerung gleich die Polizei eingeschaltet. Daran, dass das heute nicht mehr so ist, hat die Präventionsarbeit sicherlich einen Anteil, und zwar Präventionsarbeit nicht mit den Jugendlichen, sondern mit Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowie gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren. Die Präventionsarbeit der letzten Jahre hat dabei geholfen, dieses Phänomen gesellschaftlich einzuordnen, und dafür sensibilisiert, dass es auch hier bisweilen um Jugendliche geht, die einfach nur provozieren wollen.
Krüger: Ich möchte noch einmal ein bisschen zuspitzen und gehe zurück in die 90er Jahre, als ich Jugendsenator in Berlin war. Damals hatte ich mit Drogenprävention zu tun und Projekte, die unter dem Label Drogenprävention gefördert worden sind, waren beispielsweise Video- und Theaterprojekte, die herkömmlicherweise der Primärprävention zugeordnet werden, sich aber faktisch nicht wesentlich von grundständiger theater- oder medienpädagogischer Arbeit unterscheiden. Die Indifferenz zwischen den originären Handlungsfeldern und ihrem Einsatz im Feld der Primärprävention gilt es meiner Ansicht nach zu problematisieren. Denn mit dem Verteidigen des Begriffs der Primärprävention werden Felder, in denen originär eigentlich Bildungsarbeit völlig unterschiedlicher Provenienz stattfindet, normativ aufgeladen, während gleichzeitig ihre professionsspezifische Eigenständigkeit unterminiert wird. Das halte ich für ein ernstes Problem. Wir müssen uns nur die Förderprogramme anschauen, um die Disparität zu sehen, die über die Jahre entstanden ist.
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Ergebnis dieser Entwicklung ist, dass mittlerweile fast alle Akteure Prävention machen – also irgendwas verhindern wollen, deshalb mit normativen Aufladungen operieren und die pädagogische Arbeit versicherheitlichen. Deshalb plädiere ich – zugespitzt formuliert – dafür, den Begriff der Primärprävention weitgehend aufzugeben und von präventiven Effekten politischer Bildungsarbeit zu sprechen.
Das reicht aus meiner Sicht vollkommen aus. Wobei gleichzeitig natürlich ganz klar ist, dass sich sekundär- und tertiärpräventive Ansätze fundamental von politischer Bildung unterscheiden.
Oberle: Ich möchte gerne noch einen Punkt zu der Frage ergänzen, warum die Auseinandersetzung mit politischer Bildung als Prävention relevant ist: Ich glaube, dass politische Bildung das Potenzial hat, primärpräventiv zu wirken, und das sollte sie auch. Es gelingt aber möglicherweise nicht immer, weil viele Lehrkräfte nicht klar genug benennen können, was eigentlich unsere freiheitliche demokratische Grundordnung ausmacht und warum sie sich als Lehrkraft hierfür einsetzen sollten. Das heißt, sie müssten das erst einmal für sich klären und dann entsprechende didaktische Ansätze und Methoden kennen. Das rückte jetzt angesichts des Grundgesetzjubiläums glücklicherweise ein bisschen stärker in den Fokus und ich glaube, dass auch die Debatte, die wir hier führen, Anstöße dazu geben kann, dass man Lehrkräfte und außerschulische politische Bildnerinnen und Bildner dafür sensibilisiert und professionalisiert. Denn wir haben es oftmals mit Grundrechtskonflikten zu tun. Es gilt insofern, Wissen über Grundrechte wie Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit zu vermitteln, aber auch zu zeigen, dass es Grundrechtskonflikte und auch Grenzen der Toleranz gibt. Darüber hinaus bin ich der Überzeugung, dass wir Allianzen benötigen, die besondere Maßnahmen für bestimmte extremistische Tendenzen entwickeln. Im Bereich Islamismus, der ja Aufhänger unseres heutigen Gesprächs ist, brauchen wir meines Erachtens einen Dialog unter anderem mit der Religionspädagogik, die dann natürlich mehr als die christliche Religion im Blick haben muss.
Fereidooni: Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass Primärprävention in der schulischen politischen Bildung bereits stattfindet. Gleichzeitig möchte ich an meiner Kritik am Begriff Prävention festhalten, wie auch an der Kritik daran, wer überhaupt Zielgruppe ist, wie und von wem Zielgruppen benannt werden und welche Rolle gesellschaftliche Machtverhältnisse dabei spielen.
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Evaluation von Prävention
Becker: Nachdem Sie sich vorhin zur Frage nach der Wirkungserwartung politischer Bildung positionieren sollten, möchte ich diese Frage nun mit Blick auf die Präventionsarbeit stellen. Wenn man den Präventionsbegriff in Anspruch nimmt, handelt man sich damit nicht das Problem ein, dass man nach der Messbarkeit der Wirkung gefragt wird?
Fereidooni: Ganz knapp beantwortet: Viele Präventionsprogramme sind erfolgreich. Aber auch jene, die nicht die erwünschten oder erhofften Erfolge vorweisen können, geben natürlich vor, effektiv zu sein – sonst würden sie in Rechtfertigungsnot und damit in eine finanziell schwierige Lage kommen.
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Sobald Präventionsprojekte laufen, ist man nach zwei Jahren mehr oder weniger dazu gezwungen, deutlich zu machen: Es war gut, dass sie gelaufen sind, weil man schließlich in dieser Förderungsmaschinerie drin ist. In dieser Hinsicht erachte ich den Evaluationsdruck als etwas nicht gänzlich Unproblematisches.
Nordbruch: Da würde ich Ihnen widersprechen. Aktuell wurde beispielsweise ein Projekt von ufuq.de gefördert, das auf Islamismusprävention in sozialen Medien abzielte. Da sitzen wir gerade an der Handreichung und sind mit dem Ergebnis konfrontiert, dass das nicht an allen Stellen so funktioniert hat, wie wir das im Antrag angenommen haben. Das heißt nicht, dass das Projekt irrelevant war. Die Wirkung war aber auf einer anderen Ebene.
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Insofern würde ich ungern die Aussage stehen lassen, dass alle Projekte total selbstbezogen sind und nicht selbstkritisch auf die eigene Arbeit schauen. In vielen Bereichen gibt es Projekte, die sehr wohl kritische Punkte transparent machen. Es ist aber auch wichtig, dass Projekte das offen und selbstbewusst vertreten können.
Der von Ihnen, Herr Fereidooni, eben angesprochene Evaluationsdruck ist zweifellos vorhanden. Dennoch können wir uns natürlich darauf berufen, dass sich unsere Projekte nicht so evaluieren lassen wie im medizinischen Bereich. Ich habe zwar ebenfalls den Eindruck, dass es schwierig ist, das zu vermitteln, bin aber zumindest nicht so pessimistisch, anzunehmen, dass die Grenzen von Evaluationserwartungen nicht vermittelbar seien.
Krüger: Das ist jetzt eine selbstkritische Perspektive aus der Praxis heraus.
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Ich will einmal die andere Perspektive problematisieren, nämlich die der Politik und deren Interesse. Vonseiten der Politik wird der präventive Bereich hinsichtlich seiner Wirkung sehr streng untersucht. Es gibt aktuell beispielsweise die Diskussion um evidenzbasierte Evaluation.
Und was sehen wir jetzt auf der Webseite des Bundesinnenministeriums? Einen Handlungsleitfaden, der dabei helfen soll, Islamistinnen und Islamisten zu erkennen, mit teilweise höchst fragwürdigen Kriterien, die deutlich machen, dass dieses Feld hochgradig normativ aufgeladen ist und einem ordopolitischen Paradigma folgt. Das muss problematisiert werden, weil es in pädagogischer Arbeit und politischer Bildung nicht um Wohlverhalten gegenüber irgendeinem Status quo gehen kann.
Die Abweichung von einer vorgegebenen politisch intendierten Position hat in einem demokratisch-pluralen Gemeinwesen einen Eigenwert. Eben deshalb ist die Subjektorientierung in der politischen Bildung von so entscheidender Bedeutung. Ich glaube, dass diesbezüglich gerade in der außerschulischen politischen Bildung ein riesiges Potenzial zu heben ist, das in den klassischen vermachteten Strukturen von Schule und formaler politischer Bildung nur sehr bedingt vorhanden ist.
Oberle: Evaluation muss immer transparent machen, welche Ziele verfolgt werden und anhand welcher Kriterien diese gemessen werden sollen. Deswegen haben wir ja gerade über unsere Präventionsverständnisse gesprochen. Ich halte es durchaus für machbar, Dinge wie die Elaboriertheit von Demokratieverständnissen, Zustimmung zur Demokratie sowie bestimmte Wissensaspekte in den Blick zu nehmen. Oder man untersucht, was die Jeweiligen mit Demokratie verbinden, ob Demokratie für sie nur Mehrheitsentscheid bedeutet oder ob sie auch das Pluralismusprinzip erkennen und wertschätzen. Pluralismus als Prinzip ist meines Erachtens auch ein ganz zentraler Punkt für die Debatten um Extremismus.
Becker: Handelt es sich dabei aber dann nicht eher um eine Form der Wirkungsmessung politischer Bildung? Bräuchte man nicht erstmal die Definition dessen, was verhindert werden soll, um die präventive Wirkung zu evaluieren?
Oberle: Nun, ich habe das ja vorhin umgekehrt: Für mich arbeitet präventive politische Bildung nicht gegen, sondern für etwas. Wenn die Leute wissen, warum sie für bestimmte Grundprinzipien der freiheitlichen Demokratie sind, sind sie auch resilienter gegen Radikalisierung.
Es gibt ja auch Maßnahmen gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, die sich ebenfalls evaluieren lassen. Natürlich muss bei Evaluationen immer die soziale Erwünschtheit mit einbezogen werden. Gerade in der Schule besteht die Gefahr, dass man der Lehrkraft nach dem Mund redet. Dennoch kann und sollte man schauen, inwiefern diese Ziele erreicht wurden.
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Darüber hinaus stellt sich die Frage, mit welchem Ressourceneinsatz man evaluiert. Natürlich kann man keine multiperspektivische Evaluation flächendeckend durchführen, weil der finanzielle Aufwand für die Evaluation schnell größer wird als für die eigentlichen Vorhaben. Es ist aber sicherlich und in sinnvoller Weise möglich, Pilotprojekte und verschiedene Arten von präventiven Maßnahmen sowie Maßnahmen politischer Bildung mithilfe verschiedener Evaluationsansätze zu beleuchten und zu eruieren, inwiefern sie präventiv wirken.
Versicherheitlichung
Oberle: Neben der Wirkung sollten auch die Bedingungen in den Blick genommen werden, beispielsweise die Frage, inwiefern politische Bildnerinnen und Bildner an Schulen und in außerschulischen Kontexten dazu befähigt sind, mit verschiedenen Facetten antidemokratischer Phänomene umzugehen. Ich habe bislang stark auf politische Bildung als Primärprävention fokussiert, aber ich möchte nicht vergessen, dass politische Bildung dahingehend einen Konnex zur sekundären und Tertiärprävention hat, dass Jugendliche mit antidemokratischen Haltungen und Einstellungen in der Schule eben auftauchen, dort aber auch erreichbar sind.
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Das heißt Lehrkräfte müssen erkennen können, wo es Handlungsbedarf gibt, Symbole und Argumentationsmuster erkennen und dann gegebenenfalls auch Expertinnen und Experten von außen mit dazuholen. Grundständige politische Bildung allein reicht nicht immer aus, vielmehr brauchen wir bestimmte Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, die politische Bildnerinnen und Bildner auf bestimmte extremistische Phänomene vorbereiten.
Krüger: Dann werden aber die Schülerinnen und Schüler zu Gefährderinnen und Gefährdern. Wenn ich beispielsweise bestimmte Klamotten, die Jugendliche tragen, als Indikator für Strategien sekundärpräventiven Verhaltens nehme, wird politische Bildung im formalen Bereich als Sekundärprävention instrumentalisiert.
Oberle: Lassen Sie mich das veranschaulichen: Wenn ich sehe, dass ein Jugendlicher ein Symbol der Identitären Bewegung in der Schule trägt, sollte ich das erst einmal erkennen. Damit weiß ich natürlich noch nicht, ob er das bewusst tut, aber möglicherweise steht er dieser Ideologie nah. Dies wäre ein Anlass, sich mit diesem Gedankengut auseinanderzusetzen, und zwar nicht nur mit Blick auf den jeweiligen Jugendlichen, sondern auch mit Blick auf die Mitlernenden. Manche sind allerdings bereits in einem Maße ideologisch geschult und gefestigt, dass man sich anders mit ihnen auseinandersetzen muss. Das gilt mit Blick auf den Rechtsextremismus wie auch für den Islamismus. Auch wenn wir heute eine andere Ebene fokussieren, muss die Schule ja in bestimmten Fällen mit externen Expertinnen und Experten der Sekundär- und Tertiärprävention zusammenarbeiten.
Nordbruch: Eine Nachfrage an Herrn Krüger: Sie haben gesagt, dass politische Bildung instrumentalisiert werde. Warum würden Sie nicht von Nutzen sprechen?
Krüger: Ein Nutzen tritt doch dann ein, wenn ich das jeweilige Problem mit dem Klassenverbund bearbeite. Wenn ich allerdings den einzelnen Schüler anspreche, der beispielsweise Symbole der Identitären Bewegung trägt, und mich auf diese Weise damit auseinandersetze, kann das auch nach hinten losgehen. Wir wissen, dass es durchaus möglich ist, dass sich die jeweilige Meinung im Widerstand zur Lehrkraft oder zu den anderen Schülerinnen und Schülern verfestigt. Ein politischer Bildungsprozess hingegen, der wie eben angemerkt eine Subjektorientierung als strategischen Ansatzpunkt für einen offenen Prozess nimmt, könnte ein Ausweg aus dem skizzierten Dilemma sein.
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Als problematisch empfinde ich es allerdings, wenn Schülerinnen und Schüler in Prozessen politischer Bildung nicht als Subjekte, sondern nur als Gefährderinnen und Gefährder angesprochen werden.
Abschlussrunde
Becker: Zum Abschluss würde ich gerne noch einmal jede und jeden von Ihnen fragen, wo Sie im Moment den größten Diskussionsbedarf sehen, und Sie bitten, einen Punkt, der Ihnen besonders auf den Nägeln brennt, noch einmal hervorzuheben.
Nordbruch: Es sind ja viele Aspekte angesprochen worden. Ich finde die Debatte um Begriffe und Fragen nach Abgrenzungen wichtig, ebenso die Frage der politischen Instrumentalisierung. Was ich hier jetzt aber als besonders dringlich herausgreifen würde, wäre die Frage, inwiefern Prävention oder politische Bildungsarbeit in der Auseinandersetzung mit religiösem Extremismus über die Arbeit mit Jugendlichen hinausgeht. Worauf ich hinauswill, ist die gesellschaftliche Bedeutung oder das gesellschaftliche Feld, in dem wir handeln.
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Mein Eindruck ist, dass viel von dem, was wir in der Bildungsarbeit erreichen, verpufft, weil der gesellschaftliche Rahmen nicht mitgedacht wird oder sich nicht verändert. Wir können Jugendliche in dem Gefühl bestärken, dass sie Rechte und Freiheiten haben. Wenn es aber beim Gefühl bleibt und im gesellschaftlichen Alltag nicht mit konkreten Teilhabechancen und Gleichheitserfahrungen verbunden ist, dann bleiben Empowerment und Chancengerechtigkeit Mythen.
Nehmen wir beispielsweise die Debatten darüber, ob der Islam Teil der Gesellschaft ist oder nicht. Der gesellschaftliche Rahmen muss sich mit verändern, damit politische Bildung und Präventionsarbeit wirken. Das geht mir in den Debatten ein bisschen unter. Da gilt es, auch eine machtkritische Perspektive mit reinzubringen und sich zu fragen, wie man die Gesellschaft verändern und das, was wir als Ziel in der politischen Bildungsarbeit definieren, überhaupt irgendwie erfahrbar machen kann.
Fereidooni: Angesichts der Virulenz des gegenwärtigen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus in Deutschland und den damit zusammenhängenden Herausforderungen insbesondere für Lehrkräfte und politische Bildnerinnen und Bildner möchte ich die Bedeutung einer Allianz von Demokratinnen und Demokraten betonen, die im Rahmen des Grundgesetzes agieren und für einen Fortbestand unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung sorgen.
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Manchmal bedeutet das aber auch einfach, klar Position zu beziehen und anzuerkennen, dass einigen Menschen, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnen, nicht mit Diskussionen beizukommen ist. Diskussionen helfen auch nur bedingt bei der Eindämmung menschenfeindlicher Strukturen.
Ich glaube, gerade für Lehrkräfte ist es nicht immer leicht, damit umzugehen und das anzuerkennen. Des Weiteren muss auch Platz sein, beispielsweise das Deutschsein zu hinterfragen und zu schauen, wer im Deutschsein eigentlich inkludiert wird. Hier gilt es kritisch zu hinterfragen, wie das verstanden wird: Wird damit eine Blutsverwandtschaft assoziiert? Ist das eine Herkunft? Oder ist das eine Eigenschaft, die man auch erwerben kann, wenn man in Deutschland lebt?
Oberle:
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Ich halte es für sehr wichtig, politische Bildung nicht als Feuerwehr zu sehen. Aktuell lässt sich wieder der große Ruf nach politischer Bildung vernehmen. Das ist einerseits eine Chance, andererseits sind die Erwartungen leider, dass man kurzfristig löscht. Ich wünsche mir, dass in der Politik erkannt wird, dass politische Bildung systematisch, strukturell und langfristig gestärkt werden muss – im schulischen wie im außerschulischen Bereich.
Da gibt es unterschiedliche Probleme: Im schulischen Bereich brauchen wir mehr Raum beziehungsweise Unterrichtszeit und wir brauchen eine bessere Lehrerausbildung, sprich: keinen fachfremd erteilten Politikunterricht, sowie lebenslang Fortbildungen zu fachlichen und didaktischen Fragen. Augenfällig wird dies beispielsweise angesichts der großen Dynamik der europäischen Integration. Zudem müssen auch Lehrkräfte anderer Fächer für die Umsetzung politischer Bildung als fächerübergreifendes Schul- und Unterrichtsprinzip geschult werden. Bei der außerschulischen politischen Bildung geht es um Mittel, die nicht nur projektbezogen vergeben werden, sondern längerfristig. Und nicht zuletzt brauchen wir Forschung, um zu sehen, welche Ansätze politischer Bildung an welcher Stelle sinnvoll anzuwenden sind.
Krüger:
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Für mich ist eine der entscheidenden Fragen die, wie wir mit der Versicherheitlichung dieses gesamten Feldes umgehen. Politische Bildung und Präventionsarbeit werden immer stärker von instrumentellen politischen Strategien vereinnahmt und das braucht öffentliche Kritik.
In dem Zusammenhang ist es auch sehr wichtig, zu schauen, wie die verschiedenen Handlungsfelder, über die wir heute diskutiert haben, in den letzten Jahren bespielt wurden. Maßnahmen, die mit dem Präventionsbegriff verbunden sind, weiten sich immer mehr aus, was unmittelbaren Einfluss auf Förderlogiken, die Verteilung von Geldern und generell auf die Trägerlandschaft hat. Ich sehe zudem nach wie vor gravierende Defizite im Bereich der außerschulischen politischen Bildung und der Jugendarbeit und ein sehr starkes Fokussieren auf neue Formen von präventivem Agieren.
In diesem Kontext würde ich vorschlagen, zu reflektieren, wie die Medizin den Präventionsbegriff füllt. Hier wird nämlich neben primärer, sekundärer und tertiärer Prävention auch von quartärer Prävention gesprochen. Das ist unter anderem missbräuchliche Medikation. Vielleicht könnte ein Stück Selbstkritik in dem Feld der Prävention sehr hilfreich sein, um die außerschulische politische Bildung zu stärken und die Ressourcendefizite, die in dem Bereich derzeit noch zu verzeichnen sind, zu füllen. In dem Zusammenhang ist es entscheidend, noch einmal auf einen der Kerne politischer Bildung hinzuweisen, nämlich die Subjektorientierung und die politische Teilhabe. Das ist meiner Ansicht nach das A und O und darf nicht aus dem Blick geraten, wenn wir über dieses Handlungsfeld diskutieren.
Becker: Vielen Dank für das Gespräch.
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ist seit 2016 Juniorprofessor für Didaktik der sozialwissenschaftlichen Bildung an der Ruhr-Universität Bochum. Seine Arbeitsschwerpunkte sind: Rassismuskritik in pädagogischen Institutionen, Schulforschung sowie politische Bildung in der Migrationsgesellschaft und diversitätssensible Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Zuletzt erschien von ihm der Aufsatz ",Du führst dich auf wie Mister Diskriminierung persönlich!‘ Gedanken zur Kritik an einer rassismuskritischen Forschungsarbeit" (2020).
ist seit dem Jahr 2000 Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb. Er war 1989 Gründungsmitglied der Sozialdemokraten in der DDR (SPD) und Mitglied der Volkskammer der DDR. Von 1991 bis 1994 war er Senator für Jugend und Familie in Berlin, anschließend von 1994 bis 1998 Mitglied des Deutschen Bundestags. Seit 1995 ist er außerdem Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks und seit 2003 Mitglied der Kommission für Jugendmedienschutz.
ist Islam- und Sozialwissenschaftler und Mitbegründer des Vereins ufuq.de. Für ufuq.de leitet er die Angebote des Vereins im Rahmen des Externer Link: Kompetenznetzwerkes "Islamistischer Extremismus" (KN:IX). Nordbruch war als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut de recherches et d’études sur le monde arab et musulman in Aix-en-Provence und am Georg-Eckert-Institut – Leibniz-Institut für internationale Schulbuchforschung in Braunschweig tätig. Als Co-Autor verfasste er unter anderem den Aufsatz "Transforming schools into labs for democracy. A companion to preventing violent radicalization through education" (2018).
ist seit 2011 Professorin für Politikwissenschaft/Didaktik der Politik an der Universität Göttingen. Sie ist unter anderem Sprecherin der Gesellschaft für Politikdidaktik und politische Jugend- und Erwachsenenbildung (Externer Link:GPJE) sowie Vorstandsmitglied der Gesellschaft für empirische Bildungsforschung (Externer Link:GEBF). Zu ihren jüngsten Publikationen gehören der Sammelband "Kompetenzorientierung – Potenziale zur Professionalisierung der Politischen Bildung" (2018, herausgegeben gemeinsam mit Sabine Manzel) sowie der Aufsatz "Grenzenlose Toleranz? Lehrervorstellungen zum Beutelsbacher Konsens und dem Umgang mit Extremismus im Unterricht" (2018).