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Gaming und islamisch begründeter Extremismus „Respond to the real Call of Duty”

Marie Jäger

/ 19 Minuten zu lesen

Extremistische Akteure versuchen über Jugendkulturen einen Zugang zu Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu finden. Dabei wird nicht zuletzt auch auf Elemente der Gaming-Kultur zurückgegriffen. Während dieser Aspekt im Kontext von Rechtsextremismus schon Beachtung findet, wird die Frage für den Bereich des islamistischen Extremismus bislang kaum thematisiert. Dieser Beitrag geht deshalb explizit der Frage nach, wie islamistische Akteure auf Jugendkulturen schauen und inwieweit Elemente der Gaming-Kultur eine Rolle bei der Ansprache und Radikalisierung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen spielen können. Er zeigt darüber hinaus Möglichkeiten für die pädagogische Auseinandersetzung mit Gaming und Islamismus auf.

Besucher spielen am 17.08.2016 in Köln (Nordrhein-Westfalen) bei der Spielemesse Gamescom das Spiel World of Tanks. (© picture-alliance/dpa, Henning Kaiser)

In den letzten Jahren sind Computerspiele und die Gaming-Community verstärkt in den Fokus der Aufmerksamkeit geraten, insbesondere im Kontext der Rechtsextremismusforschung und -prävention (vgl. u.a. Baeck/Speit 2020; Hoang/Prinz 2021). Das geschah nicht zuletzt, weil sich bei einer Reihe von Attentätern – Anders Breivik, David Sonboly, Stephan Balliet – herausstellte, dass diese keine verwirrten Einzeltäter, sondern im Gegenteil in den rechten Kreisen der Gaming-Community gut vernetzt waren.

Weit weniger bekannt sind – jenseits der vielzitierten „Call of Duty“-Ästhetik der Videos des „Islamischen Staats“ (IS) – die Versuche von Akteur:innen des islamisch begründeten Extremismus, sich Gaming zu Propagandazwecken nutzbar zu machen. Zwar widmete sich in den letzten zehn Jahren eine Reihe von Forscher:innen verstärkt dieser Thematik (vgl. u. a. Al-Rawi 2016; Dauber et al. 2019; Lakomy 2019; 2021; Rauscher 2020; Schlegel 2020). Der Fokus der Forschung lag dabei allerdings überwiegend auf den Medienstrategien des „IS“. Andere Gruppierungen wie zum Beispiel al-Qaida, Externer Link: Hizb ut-Tahrir oder Hisbollah sowie diesen nahestehende Akteur:innen in Europa wurden seltener in den Blick genommen. Zudem wird die Frage, wie sich der Einsatz von Gaming-Elementen mit den strengen religiösen Regeln im islamisch begründeten Extremismus verträgt, oftmals nur gestreift. Diese Frage ist aber nicht unerheblich, da Akteur:innen des islamisch begründeten Extremismus einen ganz anderen Bezug zu „Jugendkulturen“ und jugendlichen Lebenswelten haben als Akteur:innen des Rechtsextremismus.

Islamisch begründeter Extremismus und jugendliche Lebenswelten

Das Verhältnis des islamisch begründeten Extremismus zu Jugend und Jugendkulturen ist ambivalent: Einerseits nutzen sie Social Media, um ihre Botschaften zu verbreiten. So ist beispielsweise der „Islamische Staat“ bekannt für den souveränen Einsatz von (sozialen) Medien (vgl. Hegghammer 2017). Aber auch andere islamistische Gruppierungen oder Hizb-ut-Tahrirnahe Gruppen eignen sich jugendkulturelle Symboliken und Ästhetiken an. Die an Shooter-Games erinnernde Videoästhetik des „IS“, die Comic-Erklärvideos des YouTube-Kanals von Generation Islam oder auch die in Stencil-Optik gehaltenen, also an Schablonen-Graffiti erinnernden Flyer der „Nicht ohne mein Kopftuch!“-Kampagne von Generation Islam sind Beispiele. Themen, die Jugendliche interessieren, werden häufig von diesen Gruppierungen angesprochen, wie zum Beispiel Beziehungen, Handynutzung, Familie usw. Im Unterschied zum Rechtsextremismus kam es allerdings nie zu einem Versuch einer „Übernahme“ ganzer Jugendkulturen. Wohl auch, weil Vertreter:innen des islamisch begründeten Extremismus „typischen“ Elementen jugendlicher Lebenswelten, wie Musik, Partys, Sex, Drogen, Alkohol sowie Kleidungs- und Frisurexperimenten weit ablehnender gegenüberstehen als die rechten Szenen dies tun (vgl. u. a. die Aussagen von Baraa 2018; Generation Islam 2014; Generation Islam 2023). Bemerkenswert ist zum Beispiel an dem Video „TikTok in Deutschland“ von Generation Islam (2023), dass der „westliche“ Jugendbegriff einem vermeintlich islamischen Jugendbegriff gegenübergestellt wird: Im Westen würden Jugendliche viele Freiheiten genießen und trügen keine Verantwortung. Im Islam hingegen seien Jugendliche wichtig und noch mehr als ältere Menschen angehalten, Gesellschaft zu gestalten. Zugleich stecke in Jugendlichen, gerade aufgrund ihres Mutes, enormes Potenzial – weshalb Jugendliche auch schon immer eine große Rolle für den Aufruf zum Islam gespielt hätten. Das Verbot von Partys, Drogen und Sex geht also einher mit dem Angebot, tatsächlich als wichtige und ernstzunehmende Persönlichkeit angesehen zu werden – ein Angebot, das zweifellos viele Jugendliche anspricht.

Von einigen Akteur:innen aus dem islamisch begründeten Extremismus werden die Begriffe Jugend, Teenager und Jugendkultur als „westliche“ Begriffe problematisiert oder gar abgelehnt. In ihren Darstellungen ist das auffällige Verhalten von Jugendlichen gesellschaftlich bedingt. Mit dem Begriff „Teenager“ und den damit verknüpften Vorstellungen würden junge Menschen geradezu die Erlaubnis erteilt bekommen sich auszuprobieren. Das aber sei nichts anderes als ein Produkt der kapitalistischen Konsumgesellschaft, die in Jugendlichen eine Kundengruppe entdeckt habe (vgl. Generation Islam 2019b).

Tatsächlich stimmt der Befund, dass sich die Begriffe Jugend und Jugendkultur erst im Europa und den USA des ausgehenden 19. Jahrhunderts entwickelten, und zwar im Kontext der Gefängnisseelsorge und Jugendfürsorge. Es sind also keine überhistorischen oder wertfreien Begriffe. Gleichwohl verweist gerade der Entstehungskontext darauf, dass mit „Jugend“ vor allem in den ersten Jahrzehnten „Problemjugend“ gemeint war und nach wie vor das „Ausprobieren“ auch in westlichen Gesellschaften nicht uneingeschränkt positiv betrachtet wird (vgl. Roth 1983; Savage 2021). Die von Akteur:innen des islamisch begründeten Extremismus vorgebrachte Kritik lässt ihren Zweck erkennen: Jugendliche haben sich den Erwartungen der Erwachsenen und der „Tradition“ zu beugen, sie sollen sich für die Religion (auf-)opfern und nicht in einer Phase der Rebellion verschiedene Lebensentwürfe ausprobieren. Warum insbesondere soziale Medien bei aller Ablehnung dennoch genutzt werden, begründet ein Vertreter von Generation Islam damit, dass es illusorisch sei zu glauben, muslimische Jugendliche wären nicht auch zum Beispiel auf TikTok unterwegs. Daher würde es darauf ankommen, auf der App mit islamischen Inhalten präsent zu sein (vgl. Generation Islam 2023). Das entspricht auch salafistischen bzw. islamistischen Bemühungen im Laufe des 20. Jahrhunderts, technischen Fortschritt und Orientierung an den Sahaba (die Gefährten Mohammads) nicht als Widerspruch zu verstehen und den Einsatz bestimmter neuer Techniken vor allem anhand des verfolgten Zwecks zu beurteilen (vgl. Ceylan/Kiefer 2013; Krämer 2010).

Islamisch begründeter Extremismus und Gaming

Die Vorteile eines Einsatzes von Games(-Elementen) bei der Ansprache junger Menschen sehen daher auch Vertreter:innen des islamisch begründeten Extremismus. Dennoch ist das Verhältnis zu Gaming und zur Nutzung der Games-Kultur ambivalent. Auf Social Media aktive Akteur:innen im Bereich des islamisch begründeten Extremismus vertreten dabei Einstellungen, die sich bereits seit über 20 Jahren sowohl auf englischsprachigen (vgl. z.B. islamqa.info 2012) als auch auf deutschsprachigen Fatwa-Seiten finden lassen (vgl. u. a. Fatwa-Zentrum o.D.; Fragen an den Islam 2016), die als extrem konservativ oder als Wegbereiter des islamisch begründeten Extremismus gelten.

Meme, das in einer muslimischen Gaming-Community auf einem Discord-Server geteilt wurde.

Demzufolge gehört Gaming neben Filmen, Serien und Popmusik erst einmal zu den abzulehnenden Entgleisungen der westlichen Welt, die gar als fitna (Glaubensabfall, Sünde) eingeordnet werden (vgl. Baraa 2016; 2021; Generation Islam 2019a; El-Kamili 2020; Ibrahim 2021). Tatsächlich werden teilweise schon Kartenspiele, Würfelspiele und auch Schach oder Tavla als haram (nach islamischem Recht verboten) angesehen (vgl. Baraa 2020). Das wird zum einen damit begründet, dass das Spielen ganz allgemein von einer gottesfürchtigen Lebensführung ablenkeund zum anderen mit den konkreten Inhalten vieler Computerspiele, die leichtbekleidete Frauen, Sex, Magie und Gewalt zeigen und abwertende Sprache verwenden. Während tradierte islamische Institutionen vor allem die Spiele ablehnen, in denen der Islam zum Ziel von Gewalt oder Spott wird und sich auch nicht prinzipiell gegen Gaming aussprechen, sind Vertreter:innen des islamisch begründeten Extremismus Spiele allgemein verdächtig. Tatsächlich ist die Frage, ob Spielen erlaubt ist, im islamisch begründeten Extremismus schon lange umstritten. 2008 veröffentlichte die Website „Salaf Voice“ eine Fatwa (vgl. SalafVoice.com 2008) auf die Frage hin, ob Computerspiele zum Thema Fußball erlaubt seien: Diese Spiele seien nur für Kinder akzeptabel, für Erwachsene aber seien bildliche Darstellungen und solche Spiele verboten. Daraufhin entbrannte eine Diskussion, ob sich mittels Strategie - und Shooterspielen nicht auch für den Krieg trainieren lasse (vgl. Prucha 2012) – eine Argumentation, die auch aus der rechten Szene bekannt ist

Spiele für muslimische oder muslimisch gelesene Gamer:innen?

Nicht nur islamische Rechtsgelehrte oder Akteur:innen des islamisch begründeten Extremismus treibt die Frage nach dem Verhältnis von Islam und Gaming-Kultur um. Auch muslimische – oder muslimisch gelesene – junge Menschen weltweit beschäftigen sich mit der Frage, wie und wo sie sich in der Gaming-Kultur verorten können (vgl. Halter 2006). Da Spiele – insbesondere die kostenintensiven sogenannten Triple A Games – vor allem in westlichen Staaten entwickelt werden und die Branche trotz positiver Entwicklungen in den letzten Jahren nicht gerade als diversitätssensibel gelten kann (vgl. Malkowski & Russworm 2017), bieten insbesondere Shooterspiele und RPGs (Role Playing Games mit komplexer Geschichte und Figurenentwicklung) in den allermeisten Fällen wenig Identifikationspotenzial für sich als muslimisch verstehende und von antimuslimischem Rassismus betroffene Menschen.

Meme, das auf dem Discord-Server „Muslim Enhancement“ geteilt wurde. Der porträtierte „Chad“ spielt keine Spiele, in denen die US-Armee als „die Guten“ dargestellt werden.

Im Gegenteil: In den meisten Shooter-Games ist der spielbare Charakter ein US-amerikanischer Soldat, muslimisch gelesene Personen tauchen als Feinde auf. Ausnahmen stellen die Spiele „Counter Strike“ und „Insurgency“ dar, welche es ermöglichen, neben den „Sicherheitskräften“ auch die „Rebellen“ (im Spiel „Counter Strike“: „Terroristen“) zu spielen, die paramilitärischen Gruppen wie den Taliban, al-Qaida oder auch der Hisbollah ähneln.

Prominentes Thema von Spielen, die sich dezidiert an muslimisch gelesene bzw. arabische Spieler:innen richten, ist der Israel-Palästina-Konflikt. Dazu gehören „Stone Throwers“ (2001), „Under Ash“ (2001) und „Under Siege“(2011) sowie das Spiel „Fursan al-Aqsa: Knights of the Al-Aqsa Mosque“ und die von der Hisbollah produzierten Spiele „Special Force“ 1 und 2, auf die später noch näher eingegangen wird. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang die von Tawil Souri vorgenommene qualitative Untersuchung zur Rezeption der Spiele „Under Siege“, „Under Ash“ und „Special Force“ in den palästinensischen Gebieten. Die befragten Jugendlichen in den palästinensischen Gebieten gaben fast alle an, dass ihnen an den Spielen gefalle, dass die realen Machtverhältnisse umgedreht würden. Sie beschrieben Gefühle von Stolz, Selbstermächtigung und Versicherung der eigenen Identität. Tawil Souri weist auch darauf hin, dass mit den Spielen nicht nur eine Alternativerzählung zum Alltag, sondern auch zum Gros der produzierten Shooter- und Strategiespiele entworfen wird, in denen in der Regel westliche Armeen die Helden sind und Muslim:innen beziehungsweise die Bevölkerung arabischer Länder als gegnerisch porträtiert werden (vgl. Tawil Souri 2007). Neben der Darstellung als „Feinde“ oder zu tötende NPCs (Non Playable Character, der Begriff wird unter rechten Gamer:innen aber auch häufig als Ausdruck für „irrelevante Personen“ genutzt) wird aber von einigen Gamer:innen auch häufig die (historisch) inkorrekte und oftmals rassistische Darstellung von muslimisch gelesenen Menschen kritisiert. Eine Gruppe Gamer:innen, die sich auf dem Discord-Server „Muslim Enhancement“ vernetzen, hat es sich deshalb beispielsweise zur Aufgabe gemacht, das Spiel „Crusader Kings“ zu modifizieren und um relevante islamische Akteure aus der Zeit der Kreuzzüge zu erweitern. Die „Mods“ (Modifikationen) werden mit Zusatztiteln wie „Sword of Islam“, „Muslim Enhancement“ oder „Rise of Islam“ online gestellt.

Spielwelten des islamisch begründeten Extremismus

Auch die Spiele, die von Gruppierungen des islamisch begründeten Extremismus entwickelt werden, setzen oftmals auf eine Umkehr der Machtverhältnisse, so etwa das bereits erwähnte Spiel „Special Force“ (2003), das von der Hisbollah entwickelt wurde (vgl. Danon/Eilat 2007; Tawil Souri 2007). Das Spiel verspricht „eine Schlacht, die den Anfang vom Ende der Existenz der Zionisten darstellt“ und „den Mythos der unbezwingbaren Armee zertrümmert“. Damit sind diese Spiele vor allem mit antisemitischen Narrativen aufgeladen. Jugendliche spricht das wie bereits beschrieben an, was möglicherweise nicht nur die Attraktivität der Hisbollah in ihren Augen erhöht, sondern auch die Bereitschaft, außerhalb des Spiels gegen die „Feinde“ zu kämpfen (vgl. Harnden 2004). Die meisten Spiele im Kontext des islamisch begründeten Extremismus wurden kurz nach der Jahrtausendwende entwickelt, überwiegend von al-Qaida. 2006 nutzte al-Qaida Gaming, indem sie den Shooter „Quest for Saddam“ in ein Spiel namens „Quest for Bush“ umwandelten und das Setting einfach umdrehten. 2008 nahm der Künstler Wafaa Bilal weitere Modifikationen an dem Spiel vor und nannte es „Night of Bush Capturing – a Virtual Jihadi“ (vgl. al-Rawi 2016). Darüber hinaus wurden die Spiele „Ummah Defense“ 1 und 2 sowie „Maze of Destiny“ produziert. Spielziel von „Ummah Defense“ ist die Errichtung eines weltweiten Kalifats, welches die Ummah vereint. „Ungläubige“ wird es in dieser Welt nicht mehr geben (vgl. Souri 2007; Brachman 2006). Auch die Hisbollah produzierte neben „Special Force“ andere Spiele, so etwa „Holy Defense“ (2018). Inhalt dieses Spiels ist die Verteidigung von Heiligtümern gegen den „IS“ in Syrien einerseits und die Verteidigung gegen „das amerikanisch-zionistische Projekt“ andererseits.

Das Spiel „Huruf“ (Buchstaben) wird dem „IS“ zugerechnet, wobei es sich hier weniger um ein Unterhaltungsspiel handelt, als mehr eine Lern-App, die mit Gamification – also spielerischen Elementen, die die Motivation erhöhen – arbeitet. Zu diesen spielerischen Elementen gehört das Feature, dass Spieler:innen bei erfolgreichem Absolvieren von Lektionen die „Belohnung“ erhalten, im Spiel eine Großstadt wie Berlin, Paris oder New York zu bombardieren und sich dafür feiern zu lassen (vgl. Rauscher 2020). Vom „IS“-Ableger im Maghreb wurde das Spiel „Muslim Mali“ herausgegeben, indem es darum geht, in einem mit „IS“ markierten Flugzeug über die Wüste zu fliegen und so viele französische Flugzeuge wie möglich abzuschießen, bevor man selbst stirbt. Am Spielende wird der Spieler als Märtyrer des Dschihad gepriesen (vgl. Servais 2016; Deridder/Servais 2023).

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass Spiele und Modifikationen von dschihadistischen Gruppierungen zum einen produziert werden, um Gegen-Narrative (z. B. die Hisbollah als Verteidiger des Glaubens und der Region) zu verbreiten beziehungsweise zu unterstützen und damit vor allem junge als muslimisch gelesene Menschen abzuholen. Zum anderen werden die Spiele aber auch teilweise zu Rekrutierungszwecken genutzt.

Computerspiel-Ästhetik und Modifikationen

Jenseits von konkreten Spielen existieren vor allem diverse Videos und Memes, die die Bildästhetiken von Computerspielen aufgreifen, schwerpunktmäßig im Umfeld des „IS“. Von Gaming-affinen Jugendlichen, die sich bereits im Hinwendungsprozess zum islamisch begründeten Extremismus befinden, werden bestimmte Spielwelten als anziehend empfunden. So scheint zum Beispiel das Spiel „Insurgency“ beliebt zu sein, vor allem da darin, wie bereits erwähnt, die Möglichkeit besteht auch Milizen zu spielen, die an die Taliban oder al-Qaida erinnern. Die auf der Plattform Steam aktive Gruppe „Female Muslim Gamers“ kommentierte das Spiel so zum Beispiel mit: „You can kill infidels but sadly, there is no suicide vest.“ Ästhetische Anleihen wurden im Umfeld von al-Qaida und dem „IS“ in der Spielproduktion vor allem bei den Spielen „Counter Strike“, „Call of Duty“ und „Grand Theft Auto“ gemacht (vgl. Prucha 2012), deren Beliebtheit unter Jugendlichen sich seit Jahrzehnten hält.

Die Akteure, die sich Gaming-Ästhetik zunutze gemacht haben, sind also vor allem dschihadistische Gruppen. Nach den frühen Nullerjahren wurden allerdings keine Spiele mehr produziert. Lakomy vermutet, dass der „IS“ schlicht nicht über das technische Know-how verfügte (vgl. Lakomy 2019). Eine weitere Möglichkeit ist, dass die Gruppierungen nicht über die finanziellen Mittel verfügten. Lakomy (2019) und Robinson/Whitacker (2021) zufolge hat der Einsatz von Modifikationen in den letzten 15 Jahren zugenommen. Diese Bearbeitung bereits existierender Spiele dürfte weniger kostenintensiv sein. Zudem bleibt die bereits andiskutierte Frage, ob das Entwickeln von Spielen und die Verbreitung dieser, selbst im Namen „der Sache“, überhaupt erstrebenswert und vereinbar wäre mit den selbstauferlegten religiös konnotierten Regeln und Verboten.

Aktuell arbeitet im deutschsprachigen Bereich vor allem die Gruppe Muslim Interaktiv mit der Ästhetik von Videospielen, und zwar vorrangig in den Teasern zur Video-Reihe „Muslim Interaktiv setzt Zeichen“: Hier wird von den Elementen, die an Computerspiel-Ästhetik erinnern, vor allem animierte Schrift verwendet, die – von Techno-Sound-Elementen begleitet – im Bild erscheint. Ebenso erinnern die eingeblendeten Blutflecke inklusive der zugehörigen Sounds an diverse Shooter-Games und Role-Playing-Games. Muslim Interaktiv ist die Gruppe, die im Vergleich mit anderen Akteur:innen im deutschsprachigen Raum am meisten auf die Verwendung popkultureller oder subkultureller Elemente setzt.

Gaming-Plattformen – Vernetzung im islamisch begründeten Extremismus

Genutzt werden von Akteur:innen des islamisch begründeten Extremismus auch die Gaming-Plattformen Discord und Steam (vgl. Schlegel 2020). Während sich auf Steam die Modding-Community trifft (Menschen die sich über Spiele vernetzen oder ihre politische Haltung mittels Profilgestaltung bebildern) lassen sich auf Discord diverse Server zu den unterschiedlichsten Themen finden. Oft geben schon die Server-Namen – etwa „Council of Truth“, „Islam – The Golden Age“ oder „Dar as Salaf“ – Hinweise auf die politische Ausrichtung der Gruppen, die diese Server gestalten. Im deutschsprachigen Raum betreibt zum Beispiel „Botschaft des Islam“ den Server „Islam Community“ und unterhält auch den Twitch-Kanal „Islambotschaft“. Beide werden allerdings kaum bespielt. Die schiitische Gruppe „Al Batul“, die dem Islamischen Zentrum Hamburg nahesteht, betreibt einen Discord-Server gleichen Namens. Aktiv genutzt werden hier vor allem Sprachkanäle für Diskussionen und Live-Vorträge. Auf allen Servern, die dem islamisch begründeten Extremismus oder dessen Umfeld zuzurechnen sind, egal ob deutsch- oder englischsprachig, wird auf die Geschlechtertrennung hingewiesen. Im Unterschied zu rechtsextremen Discord-Servern, die mit maximaler Regelfreiheit werben, wird man bei Betreten von Servern aus dem Bereich des islamisch begründeten Extremismus aufgefordert, einer langen Liste von Regeln zuzustimmen, darunter vor allemder Geschlechtertrennung, dem Verbot von insbesondere rassistischen Beleidigungen, Werbung und sarkastischem Humor. Zum Teil ist auch das Hochladen von Musik verboten.

Den Content betreffend entsteht ein Eindruck, den auch TikTok-Videos und YouTube-Shorts von einschlägigen Akteur:innen des islamisch begründeten Extremismus (z. B. Abul Baraa, Sheikh Ibrahim) hinterlassen. Das Format selbst ist auf Jugendliche ausgerichtet, die Präsentation des Inhalts jedoch eher nicht. Die Server dienen dem Anschein nach vor allem dazu, auf YouTube-Vorträge und ähnliches zu verweisen beziehungsweise Fragen zur Religion, Lebensführung und dem korrekten Praktizieren der Religion zu beantworten. Gaming zu thematisieren ist dort eher unüblich.

Meme zeigt Pepe the Frog im Style der Izz ad-Din al-Qassam Brigaden der Hamas.

Etwas anderes sind die Discord-Server, die tatsächlich von Gaming-affinen muslimischen Personen aufgebaut wurden, zum Beispiel „Combat“ (deutschsprachiger Server) und „Muslim Enhancement“ (internationaler Server, der sich mit der Modifikation des Spiels „Crusader Kings“ beschäftigt). Diese sind nicht einer radikalisierten Gruppe zuzuordnen, allerdings werden dort häufiger auch antisemitische, verschwörungsideologische, sexistische und queerfeindliche Aussagen getätigt, und sie werden mitunter auch von radikalisierten Personen frequentiert. Hier lassen sich auch Meme-Symboliken finden, die aus der Alt-Right-Szene bekannt sind, etwa Pepe the Frog, Soyboy und der auch aus Incel-Kontexten bekannte Vergleich von „Virgin“ und „Chad“. Auf den genannten Discord-Servern kursieren sowohl Memes, die islamisch begründeten Extremismus oder gar Dschihadismus positiv darstellen, aber auch solche, die sich darüber lustig machen. Ähnlich wie in anderen Gaming-Communitys rund um Strategie- und Shooter-Spiele sind auch hier vorwiegend männliche User zu finden, die sich positiv auf das beziehen, was sie als Alpha- oder Sigma-Männlichkeit beschreiben.

Gamification des Terrors?

Akteur:innen des islamisch begründeten Extremismus, insbesondere des dschihadistischen Spektrums, nutzen zwar zum Teil Film- und Videospielästhetik, um ihre Botschaften zu verbreiten – mit dem „Islamischen Staat“ als herausragendstem Beispiel, aber lässt sich – wie im Falle des Rechtsextremismus – von einer „Gamification des Terrors“ (Sieber 2022, S.44) sprechen? In Bezug auf den „IS“ ist das sicher zutreffend. Das vom „IS“ oder in dessen Umfeld entwickelte Spiel „Salil al-Sawarem” (das wie bereits erläutert sehr wahrscheinlich nie produziert wurde) wurde unter anderem mit folgendem Satz beworben: „Your games which are producing from you, we do the same actions in the battlefields !!”(sic) (vgl. Hall 2014). Der Satz kann auch als Einladung verstanden werden, sich nicht mit dem virtuellen Morden für die „falschen Sachen“ aufzuhalten, sondern im Namen Allahs auf ein reales Schlachtfeld zu ziehen. Dafür sprechen auch Kommentare von „IS“-Kämpfern. So twitterte etwa 2014 Junaid Hussain 2014 von Syrien aus: „You can sit at home and play call of duty or you come and respond to the real call of duty … the choice is yours“ (zitiert nach McDonald 2018). Abu Sumayyah Al-Britani, ein Brite, der sich 2013 dem „IS“ anschloss, sagte 2014 in einem Interview, der Kampf für den „IS” sei besser als das Spiel Call of Duty: „It’s actually quite fun….It’s better than Call of Duty” (Lucas 2014). Junge, gaming-affine Menschen werden hier gezielt adressiert, und das Morden wird als Egoshooter-Spielen in der Realität porträtiert. Dafür spricht auch die Bildsprache des „IS“ in den veröffentlichten Videos, in denen reale (!) Morde und Angriffe als Spiel inszeniert werden.

Aber auch jenseits dschihadistischer Gruppen lassen sich Beispiele für die Gamification von Gewalt finden: 2016 gründeten junge Männer in Großbritannien im Zuge ihrer Hinwendung zum islamisch begründeten Extremismus eine WhatsApp-Gruppe und begannen, Angriffe („raids“) auf sogenannte Zauberer („sorcerer“) zu organisieren. Mit „Sorcerer“ waren in diesem Kontext von ihnen zu politischen Feinden erklärte Personen gemeint. Die „raids“ umfassten Überwachungsfotos, Selfies von sich selbst mit dschihadistischen Symbolen an Orten, an denen die Personen sich regelmäßig aufhielten, aber auch Einbrüche (vgl. McDonald 2018; Schlegel 2020).

Extremismusprävention mittels Gaming?

Eine Präventionsarbeit in Bezug auf islamisch begründeten Extremismus bedarf eines rassismuskritischen Ansatzes (vgl. u.a. Baer et al 2020; el Sayed 2023; Bidaya 2022). Das gilt ebenso, wenn Ansätze mittels Gaming gestaltet werden sollen. Insofern bietet sich die Auseinandersetzung mit Islam-Darstellungen oder Porträtierungen muslimischer und muslimisch gelesener Figuren in verschiedenen Spielen als Ausgangspunkt für die politische Bildung an. In den letzten Jahren sind in einer Reihe von Projekten Spiele für die Präventionsarbeit entwickelt worden. Zu diesen zählen das Spiel „Hidden Codes“ der Bildungsstätte Anne Frank, das Spiel „Decount“ von Bloodirony (entwickelt in Kooperation mit der Beratungsstelle Extremismus in Österreich) und das Spiel „Adamara: Harsh Waters“ sowie der dazugehörige Editor, welche im Rahmen des Projekts „Call of Prev“ von Cultures Interactive e. V entwickelt wurden. In diesen Projekten werden verschiedene Aspekte von Hinwendungsprozessen – so etwa der Einsatz von Symbolen („Hidden Codes“), das Nebeneinander verschiedener Konfliktverarbeitungsstrategien („Decount“) und Gruppenkonstruktionen („Adamara: Harsh Waters“) aufgegriffen.

Im Projekt „Call of Prev“ stellte sich der Editor als wirksamstes Tool heraus, da er den Jugendlichen erlaubt, selbst aktiv zu werden und eigene Spielwelten zu entwerfen (vgl. Cultures Interactive e. V. 2023). Dieser Zugang ist auch im Rahmen analoger Angebote möglich: Zum Beispiel, indem Jugendliche zu ihren Lieblingsspielen befragt oder aufgefordert werden, eine eigene Spielwelt und -geschichte zu entwerfen. Anhand der Figurendarstellung in Spielen lässt sich wiederum (fehlende) Diversität diskutieren – hier kann ein Bilderspiel ein geeigneter Einstieg sein. Gaming-Ansätze können somit helfen, einen niedrigschwelligen Zugang zu schaffen und die Jugendlichen zum Reflektieren und Austausch über verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten einzuladen. Perspektivisch wäre zu überlegen, wie muslimische und rassismuskritische Gamer:innen, Modder:innen und Spieleentwickler:innen in die politische Bildung und Prävention involviert werden könnten.

Fazit und Ausblick

Aufgezeigt wurde, dass Spiele und Spielästhetiken trotz der kritischen Haltung etlicher Akteur;innen im Bereich Islamismus gegenüber Spielen dennoch genutzt werden. Zudem stellen Discord- und Steamgruppen für Vertreter:innen des islamisch begründeten Extremismus konkrete Möglichkeiten dar, sich weltweit zu vernetzen und insbesondere auch mit jungen Menschen in Kontakt zu treten. Von einem generellen Radikalisierungspotenzial durch Gaming kann trotz der vielfältigen Nutzung von Gaming-Elementen allerdings nicht gesprochen werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Faktoren der Gamification bei bereits radikalisierten Personen die Umsetzung in die Tat unterstützen (vgl. Robinson/Whitaker 2021). Ferner ist die Wahrnehmung von Spielen und deren Radikalisierungspotenzial auch an bestimmte Spieler-Typen gebunden – nicht alle passionierten Gamer:innen neigen zu Ego-Shooter-Spielen (vgl. Schlegel 2021). Wie im Fall von Rechts-Rap (vgl. Groß 2023) scheint es also eher so zu sein, dass die Musik – beziehungsweise die Spiele – geeignet sind, bestehende Gedanken und Gefühle einer bereits radikalisierten Person zu verstärken.

Quellen / Literatur

Al-Rawi, Ahmed (2016): Video Games, Terrorism, and ISIS's Jihad 3.0. in: Terrorism and Political Violence. 30 (4), S. 740–760.

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Fussnoten

Fußnoten

  1. Dem Rechtsterroristen Anders Breivik fielen am 22. Juli 2011 77 Menschen in Oslo und vor allem auf der Insel Utøya zum Opfer, viele davon Kinder. David Sonboly ermordete am 22. Juli 2016 in München neun Menschen, Stephan Balliet versuchte am 9. Oktober 2019, in die Synagoge in Halle einzudringen, um die Besucher:innen zu ermorden, die dort Yom Kippur begehen wollten. Als das misslang, tötete er eine Passantin auf der Straße und einen jungen Mann in einem Imbiss.

  2. Generation Islam unterhält einen TikTok-Account, die Kurz-Videos sind mit zwischen 20.000 und 250.000 Likes durchaus als reichweitenstark zu bezeichnen.

  3. Ähnliche Ansichten, die versuchen technischen Fortschritt mit einem erneuerten, traditionell ausgelegten Islam zu verbinden, lassen sich aber auch unter Schiiten finden (vgl. Fazlhashemi 2022).

  4. Fatwas sind islamische Rechtsgutachten, die zu Glaubensfragen ausgegeben werden. In Ländern, in denen mehrheitlich Muslim:innen leben, geschieht das entlang der jeweiligen Konfession und islamischen Rechtsschule, online scheinen sich bereits seit den Nullerjahren vor allem sehr konservative und salafistische Akteure durchzusetzen, die zunehmend Einfluss vor allem auf muslimische Jugendliche in Nordamerika und Europa gewannen (vgl u.a. El Wereny 2020; 2021). Die Seite „Fatwazentrum“ steht DITIB nahe, „Fragen an den Islam“ wird von einem Team in der Türkei betrieben.

  5. Tavla ist ein Brettspiel für zwei Spieler, dass Backgammon sehr ähnlich ist.

  6. „Es ist eine Wahrheit, die wir akzeptieren müssen, dass jeder verschwendete Moment in unserer Lebenszeit gleichzeitig auch viele Chancen mit sich nimmt. Denn die Lebensdauer des Menschen ist im Vergleich zum Leben selbst äußerst kurz und knapp bemessen. Aus dieser Perspektive heraus ist jede Sekunde des Lebens noch wertvoller als Gold und sollte mit Dingen ausgefüllt sein, die unser ewiges Leben im Jenseits erleuchten. Daher sollte der Gläubige, der bei seiner Alltagsgestaltung auf Gottesdienste und positives Handeln wert legt, den Rest seiner Zeit idealerweise nicht mit inhaltslosen Taten verschwenden. Sonst würde er an einer Stelle gewinnen, aber an einer anderen Stelle wieder verlieren. In unserer modernen Zeit gibt es unzählige Sachen, die unsere wertvolle Zeit verschwenden und es ist eine Wahrheit, dass viele dieser Sachen in keiner Weise zu unserer Bildung und unserem Seelenheil beitragen und uns von dem Sinn unserer Schöpfung entfernen. Je mehr der Mensch es schafft, sich von dieser Art der ziellosen und inhaltslosen Beschäftigung zu entfernen, desto besser ist es für ihn.“ (Fragen an den Islam 2016). Hinter „Fragen an den Islam“ steht der Verein „feyyaz bilim ve gelişim derneği“ mit Sitz in Istanbul. Erklärtes Ziel dieses Vereins ist es laut Website (https://feyyaz.org) „den Menschen den wahren Islam zu bringen“ und dafür „alle Massenmedien und Technologien zu nutzen“.

  7. Die Al-Azhar Universität in Kairo erklärte zum Beispiel 2021 das Spiel „Fortnite“ für verboten, weil es darin möglich sei, die Kaaba (Gebäude im Innenhof der al-Haram-Moschee in Mekka und zentrales Heiligtum des Islams) zu zerstören (vgl. Iqna 2021) und man es somit mit einem Angriff auf die Religion bzw. den Islam zu tun habe. Andere Quellen erklären Spiele, in denen Mord, Kriminalität und Drogen eine große Rolle spielen für verboten; Sportspiele, Lernspiele und Spaßspiele allerdings für erlaubt. Hier wird zwar darauf verwiesen, dass exzessives Spielen nicht erlaubt ist. Das führt allerdings nicht zu einem Verbot von Gaming sondern dem Apell Maß zu halten (vgl. u.a. Noor o.D.).

  8. Gemeint ist hier die sogenannte Leet-Crew (Leet ist in CS der Leader der aus Terroristen bestehenden „Elite Crew“), die über die Jahre in den verschiedenen Counter Strike Versionen immer wieder optisch überarbeitet wurde – die Meinungen dazu gehen unter Gamer:innen auseinander. Die „Leet Crew“ zu spielen galt (und gilt) unter vielen Gamer:innen als Beweis großer Expertise im Spiel.

  9. Fursan al Aqsa erschien 2022 in verbesserter Version und war bis November 2023 auch in Deutschland auf Steam erhältlich. Nachdem ein Artikel des ZDF die problematischen Inhalte des Spiels und insbesondere den Spielstart – der SC, also der spielbare Charakter gelangt mittels eines Paragliders in die erste Mission des Spiels „Camp Ariel Sharon Infiltration“ (vgl. Metzger 2023) – ist das Spiel in Deutschland nicht mehr zugänglich. In den Kommentaren unter Trailern und Videos zum Spiel ist häufig zu lesen, der Spieleentwickler Nijm hätte den Angriff der Hamas am 7.10.2023 inklusive ihrer Strategien wohl vorhergesehen. Tatsächlich bezieht sich diese Idee laut Nijm, auf den als „Night of the Paragliders“ bekannten Vorfall, als zwei PFLP-Soldaten 1987 mittels Paraglidern die Grenze vom Libanon nach Israel überwanden, sowie auf Spielideen aus „Mortal Kombat“.

  10. Auffällig ist an der Besprechung dieser Spiele in der Presse die Problematisierung von Gewalt gegen gegnerische Truppen, die nicht in den Kontext des Gameplays aller Shooter gestellt werden – was wiederum, wie bereits beschrieben, bei jungen muslimischen Gamer:innen als Erklärung verstanden werden kann, dass auch in Spielen das Töten von muslimisch gelesenen Soldaten normal, deren Kämpfe aber prinzipiell Terror sind.

  11. An dieser Stelle sei angemerkt, dass die Idee, Gamer:innen als potentielle Kämpfer:innen anzusprechen nicht neu und auch kein Alleinstellungsmerkmal von dschihadistischen Gruppierungen ist. So brachte die US Army 2002 das Spiel „America‘s Army“ heraus um das Image der Armee zu verbessern und die Rekrutierungszahlen zu erhöhen (vgl. Spiegel.de 2002). Die Bundeswehr geriet 2018 in die Kritik, als sie auf der Gamescon, der jährlich stattfindenden Computerspielmesse, unter anderem mit Plakaten wie „Multiplayer at its best“, „Mehr Open World geht nicht“ oder „Single Player oder Kamerad?“ für sich warb (vgl. von Au 2018; von Glasser 2020).

  12. Dazu gehören unter anderem auch die Egoshooter-Perspektive und Drohnenaufnahmen, die als Bild im Bild dargestellt werden (vgl. Dauber et al. 2019).

  13. Das Islamische Zentrum Hamburg wird seit einigen Jahren vom Landesamt für Verfassungsschutz der Stadt Hamburg beobachtet, da es als Sprachrohr des iranischen Regimes in Deutschland gilt. Für diese Annahme spricht auch der positive Bezug auf die iranische Regierung und Ayatollah Khamenei in der Telegram-Gruppe von Al Batul.

  14. Alt Right, kurz für „Alternative Right“ (alternative Rechte) bezeichnet die extrem rechten Gruppierungen in den USA.

  15. Vollständiges Zitat (zitiert nach MacDonald 2018): „I can walk around with a kalashnikov if I want to … it´s actually quite fun, better than, what´s that game called, Call of Duty? It´s like that, but really, you know, 3D.“

  16. Diese Begriffe stammen aus dem Spiel „World of Warcraft“.

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Marie Jäger studierte Islamwissenschaft, Politik und Philosophie. Seit 2011 arbeitet sie für den Verein Cultures Interactive e. V. in verschiedenen Projekten. Im Rahmen dessen beschäftigt sie sich mit der Frage, wie politische Anliegen in Subkulturen verhandelt werden und entwickelt Methoden und Ansätze für die Jugendkulturarbeit und politische Bildung. 2023 gab sie zusammen mit Anna Groß den Sammelband „It´s more than just rap – HipHop in der Jugendarbeit“ heraus.