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Vereinigungsverbote zur Bekämpfung von Islamismus | Infodienst Radikalisierungsprävention | bpb.de

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Vereinigungsverbote zur Bekämpfung von Islamismus Ein zweischneidiges Schwert?

Clement Lippitsch

/ 12 Minuten zu lesen

Angesichts zunehmender extremistischer Gefährdungslagen, etwa durch islamistische Gruppierungen, rückt die Frage nach der Wehrhaftigkeit der Demokratie in den Fokus. Wie kann ein freiheitlicher Staat sich schützen, ohne seine eigenen Prinzipien zu untergraben? Besonders das Vereinigungsverbot steht dabei im Spannungsfeld zwischen demokratischer Selbstbehauptung und Grundrechtseingriff. Clement Lippitsch beleuchtet, wie wirksam dieses Instrument tatsächlich ist – und wo seine Grenzen liegen.

Ein Polizist entfernt ein Hinweisschild vom Islamischen Zentrum Berlin in der Ordensmeisterstraße. Im Zusammenhang mit dem Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg und seiner Teilorganisationen durchsuchte die Polizei mehrere Objekte. (© picture alliance/dpa/TNN | Sven Käuler)

Islamismus als aktuelle sicherheitspolitische Herausforderung in Deutschland

Die gegenwärtige Bedrohungslage in Deutschland, angesichts vermehrter (auch vereitelter) Anschläge, zunehmender Radikalisierungsfälle sowie verstärkter islamistischer Propaganda im Netz, katapultiert den Islamismus erneut in den Fokus sicherheitspolitischer Debatten; er stellt dabei eine handfeste Gefahr für die innere Sicherheit und die liberale Ordnung dar (Enslin 2025). Das wurde besonders deutlich nach dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 auf Israel, der nicht nur eine Zäsur im Nahostkonflikt markierte, sondern auch unmittelbar sicherheitspolitische Auswirkungen auf die Bundesrepublik hatte: In den Wochen nach dem Terrorangriff registrierten deutsche Sicherheitsbehörden einen sprunghaften Anstieg politisch motivierter Straftaten mit islamistischem Hintergrund (Bundeskriminalamt 2024).
Ausschreitungen, antisemitische Übergriffe, Propagandaaktionen und provokante Symbolik prägten das Straßenbild in einigen deutschen Großstädten ebenso wie in digitalen Räumen (Jaeger 2024). Zugleich nimmt die Zahl radikalisierter Einzeltäter zu, nicht zuletzt aufgrund einer zunehmenden Online-Radikalisierung, die mit einfachsten Mitteln – Messern, Fahrzeugen oder selbstgebauten Waffen (zum Beispiel Sprengkörper) – schwere Gewalttaten verüben (Enslin 2025). Diese Entwicklung zeigt: Islamismus ist kein fernes Phänomen, sondern eine reale Bedrohung für die deutsche Gesellschaft. Die Bundesrepublik steht dabei vor Herausforderungen auf drei Ebenen:

  1. Transnationale Vernetzung: Islamistische Bestrebungen wirken längst über nationale Grenzen hinweg. Ideologie, Geld und Personal fließen transnational – über soziale Medien, Vereine und kriminelle Netzwerke.

  2. Strategische Institutionalisierung: Islamist:innen nutzen die Freiräume pluralistischer Gesellschaften gezielt, um sich in zivilgesellschaftlichen, religiösen oder politischen Strukturen zu verankern. Sie gründen Vereine, betreiben Bildungsarbeit oder nehmen Einfluss auf öffentliche Diskurse, um ihre Weltanschauung langfristig gesellschaftlich zu normalisieren und politische Gestaltungsspielräume zu gewinnen.

  3. Militanter Dschihadismus: Ein Teil des islamistischen Spektrums befürwortet oder legitimiert die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung religiös-politischer Ziele – etwa durch Anschläge, Einzelangriffe oder die Unterstützung terroristischer Gruppen (Hasche 2018).

Angesichts der genannten Faktoren und einer hohen Gefährdungslage in Deutschland drängt sich die Frage nach der Interner Link: Wehrhaftigkeit der Demokratie mit Nachdruck auf. Wie kann ein freiheitlicher Rechtsstaat auf jene extremistischen Gruppierungen reagieren, die seine Grundordnung gezielt unterwandern oder beseitigen wollen, ohne dabei selbst seine demokratischen und konstitutionellen Grundprinzipien preiszugeben?

Diese Herausforderung gilt als grundlegendes Spannungsfeld, das jede liberale Demokratie durchzieht: Wie viel Freiheit verträgt eine Demokratie – und wie viel Sicherheit braucht sie? Zu viel Freiheit kann extremistischen und antidemokratischen Kräften Handlungsspielräume eröffnen. Zu viel Sicherheit hingegen – etwa durch exzessive Eingriffe oder Verbote – droht die Grundrechte auszuhöhlen und die demokratische Substanz von innen zu schwächen.

Gerade in diesem Spannungsverhältnis zeigt sich die Ambivalenz eines Instruments, das zwar nicht als das schärfste Mittel der wehrhaften Demokratie gilt, sich bei näherer Betrachtung jedoch als das relevanteste für die Praxis entpuppt: das Vereinigungsverbot (auch als „Vereinsverbot“ bezeichnet). Als gezielter Eingriff in die Vereinigungsfreiheit kann es Ausdruck demokratischer Selbstbehauptung sein; zugleich birgt es jedoch Missbrauchsrisiken mit potenziell demokratieschädlicher Wirkung. Kritiker:innen bemängeln eine symbolische Überhöhung, eine begrenzte nachhaltige Wirkung sowie potenziell kontraproduktive Effekte. Ob diese Kritik berechtigt ist und wie wirksam Vereinigungsverbote im Kontext des Islamismus in der Praxis tatsächlich sind, wird im Folgenden näher ausgeführt.

Das Vereinsverbot im Spannungsfeld von Freiheit und Sicherheit

Die im Grundgesetz (GG) verankerte Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1) schützt das Recht, sich zu gemeinsamen politischen oder gesellschaftlichen Zwecken in Vereinen oder Gesellschaften zusammenzuschließen. Nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (VereinsG) gilt als Vereinigung jeder auf Dauer angelegte Zusammenschluss natürlicher oder juristischer Personen, der eine gemeinsame Willensbildung zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks aufweist. Die Rechtsform – ob eingetragener Verein oder loses Netzwerk – ist dabei unerheblich, solange eine hinreichende organisatorische Struktur erkennbar ist.

Als Grundrecht entfaltet die Vereinigungsfreiheit eine doppelte Schutzfunktion: Sie umfasst sowohl das Recht auf Gründung und Betätigung als auch das Recht, sich nicht zu beteiligen. Damit gilt sie als klassisches Freiheits-, Schutz- und Abwehrrecht gegenüber staatlicher wie privater Einmischung (Gerlach 2012).

Vereinsverbote sind staatliche Eingriffe, mit denen das Recht auf Vereinigungsfreiheit eingeschränkt werden kann. Wenn die Zwecke oder Aktivitäten einer Vereinigung fundamentalen verfassungsrechtlichen Normen widersprechen, kann ihr damit das Fortbestehen untersagt werden. Die verfassungsrechtliche Grundlage hierfür bildet Art. 9 Abs. 2 GG, der ein Verbot für Vereinigungen vorsieht, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung, den Gedanken der Völkerverständigung oder gegen Strafgesetze richten. Die bloße Annahme einer gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichteten Geisteshaltung reicht jedoch nicht aus, um die benannten Tatbestände zu erfüllen. Erforderlich ist vielmehr eine aggressiv-kämpferische Haltung, die darauf abzielt, die verfassungsmäßige Ordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. Juli 2018 – 1 BvR 1474/12). Darüber hinaus sind Vereinsverbote an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebunden. Mildere Mittel kommen allerdings nur in Betracht, wenn sie die in Art. 9 Abs. 2 GG geschützten Rechtsgüter ebenso effektiv schützen können. In der Praxis stellt das Vereinsverbot meist das gebotene Mittel dar. Als milderes Mittel können gegenüber ausländischen und Ausländervereinen Betätigungsverbote erlassen werden, die sich auch auf einzelne Handlungen oder bestimmte Personen beschränken lassen. Insgesamt sollen diese Hürden dafür sorgen, dass politisch motivierte oder missbräuchliche Verbote vermieden werden.

Als Reaktion auf die islamistischen Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA wurde eine Reihe von Gesetzesänderungen in Deutschland implementiert, die primär der Terrorismusbekämpfung dienen. Zunächst wurde im Jahr 2001 das Religionsprivileg abgeschafft, wodurch die Möglichkeit geschaffen wurde, auch islamistische Gruppierungen zu verbieten (Groh 2002). Im Jahr 2002 wurde anschließend eine Novellierung des VereinsG verabschiedet, welche eine Erweiterung der Verbotstatbestände für Ausländervereine und ausländische Vereine beinhaltete. Diese können seitdem gemäß § 14 Abs. 2 & § 15 Abs. 1 VereinsG verboten werden, wenn sie die politische Willensbildung, das friedliche Zusammenleben, die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder wesentliche Bundesinteressen gefährden, völkerrechtliche Pflichten verletzen, extremistische Bestrebungen fördern oder Gewalt unterstützen.

Ein Vereinsverbot wird gemäß § 3 VereinsG durch eine formelle Verbotsverfügung als belastender Verwaltungsakt ausgesprochen. Ein belastender Verwaltungsakt ist eine Maßnahme der Verwaltung, die für einen Betroffenen nachteilige Rechtsfolgen hat. Eine Verbotsverfügung muss schriftlich ergehen und ist mit einer Begründungspflicht (§ 39 Verwaltungsverfahrensgesetz) versehen. In der Regel wird sie nicht vorab angekündigt, um eine Gefährdung des Vollzugs (etwa durch Vermögensverlagerung oder Datenlöschung) zu vermeiden.

Die Zuständigkeit für ein Verbot richtet sich nach dem räumlichen Wirkungsbereich der betroffenen Vereinigung. Das Bundesministerium des Innern (BMI) ist zuständig, wenn die Vereinigung bundesweit oder in mehreren Bundesländern tätig ist (§ 3 Abs. 2 VereinsG). Das BMI ist außerdem zuständig für Verbote ausländischer Vereinigungen (§ 15 Abs. 1 VereinsG). Bei ausschließlich landesweiter Aktivität sind die jeweiligen Landesinnenministerien zuständig.

Vor Erlass eines Verbots werden umfangreiche Ermittlungen durchgeführt. Diese erfolgen unter Einbeziehung polizeilicher und nachrichtendienstlicher Erkenntnisse. Die zuständigen Behörden haben nach § 4 VereinsG weitreichende Befugnisse, insbesondere zur Durchführung von Durchsuchungen und Beschlagnahmungen. Ziel ist die Sammlung verwertbarer Beweise. Ein rechtskräftiges Vereinsverbot zieht weitreichende administrative Maßnahmen nach sich, die im VereinsG detailliert geregelt sind:

  1. Auflösung der Organisation (§ 3 VereinsG)

  2. Verbot von Ersatz- und Teilorganisationen (§§ 3, 8 VereinsG)

  3. Verbot der Verwendung von Kennzeichen und Symbolen (§ 9 VereinsG)

  4. Beschlagnahme und Einziehung von Vermögenswerten (§§ 10 ff. VereinsG)

Die Wirkung eines jeden Verbots reicht somit über das Tätigkeitsverbot hinaus und umfasst präventive Maßnahmen zur Unterbindung von Nachfolgeaktivitäten sowie zur Schwächung organisatorischer Ressourcen.

Islamistische Vereinigungen im Fokus der Vereinigungsverbotspraxis

Zwischen 1990 und 2024 hat das BMI insgesamt 48 erfolgreiche Vereinigungsverbote ausgesprochen. Davon entfallen 21 Verbote auf den Phänomenbereich „Islamismus/islamistischer Terrorismus“ (ISiT) (Tabelle 1). Damit stellt dieser den zahlenmäßig größten Bereich dar – noch vor dem Rechtsextremismus (17 Verbote, RE) und deutlich vor dem auslandsbezogenen Extremismus (8 Verbote, AE), dem Linksextremismus (1 Verbot, LE) und den Reichsbürgern beziehungsweise Selbstverwaltern (1 Verbot, RuS). Dies zeigt die im Folgenden analysierte Balkengrafik (Abb. 1).

Quelle: Eigene Darstellung basierend auf den Daten des Verfassungsschutzberichts 2024 (Bundesamt für Verfassungsschutz 2025)

Die Mehrheit der Vereinsverbote im Kontext des ISiT erging im Kontext von Verbotswellen: zunächst im Nachgang des 11. September 2001 (2001–2005), dann im Zuge salafistischer Radikalisierung und dschihadistischer Mobilisierung, insbesondere im Zusammenhang mit dem Syrienkrieg und der Gründung des „Islamischen Staates“ (2012–2016), sowie erneut mit einem Fokus auf Strukturen der sogenannten „Achse des Widerstands“, insbesondere gegen Hamas und Hisbollah – auch vor dem Hintergrund der Eskalation des Nahostkonflikts (2020–2024).

Dieses wellenartige Muster korrespondiert mit der Beobachtung, dass Vereinigungsverbote insbesondere als Reaktion auf zeitgeschichtliche Ereignisse erfolgen, die medial besonders intensiv rezipiert werden, das öffentliche Sicherheitsempfinden nachhaltig beeinflussen und Regierungen unter tatsächlichen oder wahrgenommenen Handlungsdruck setzen (Brieger 2023).

Auch auf Landesebene wurden seit 2001 mindestens 15 weitere Verbote (Tabelle 2) gegen islamistische Vereinigungen ausgesprochen. Auffällig dabei ist, dass in den ostdeutschen Bundesländern bislang lediglich ein einziges Verbot erfolgte, was auch damit zusammenhängt, dass dort bislang deutlich weniger etablierte islamistische Strukturen existieren (mehr dazu imInterner Link: Infodienst-Beitrag von Caspar Schliephack und Hans Goldenbaum). Im selben Zeitraum entfallen 25 landesrechtliche Verbote auf rechtsextreme Gruppierungen. Die Gesamtbilanz zeigt eine relativ ausgewogene Anwendung des Vereinsverbots bezüglich beider Phänomenbereiche.

Vereinsverbote auf dem Prüfstand: Wirksamkeit und Grenzen

Vereinsverbote sollen islamistische Strukturen schwächen, Einflussnahme verhindern und ein klares Signal setzen. Doch wie wirksam sind sie wirklich? Unstrittig ist, dass Vereinsverbote extremistische Organisationen empfindlich treffen können, und zwar durch folgende intendierte Ziele: Zerschlagung organisatorischer Netzwerke und Strukturen, Unterbindung finanzieller Aktivitäten, Einschränkung von Propagandaarbeit und Verhinderung personeller Rekrutierung.

Empirisch sind diese Wirkungen nur schwer umfassend zu erfassen, doch zeigen Einzelfallanalysen, dass Verbote substanzielle Effekte entfalten können – vor allem dann, wenn sie fundiert vorbereitet sind und nachhaltig durchgesetzt werden. Das zeigt sich etwa im Kontext transnational-extremistischer Organisationen: Unter anderem die palästinensische Hamas und die libanesische Hisbollah nutzen Europa als Rückzugsraum und Plattform für Propaganda, Logistik und Rekrutierung sowie als Aktionsraum. Vereinsverbote konnten in diesem Kontext einen Beitrag zur Schwächung spezifischer innerdeutscher Unterstützungsstrukturen leisten, beispielsweise durch das Verbot von Vorfeldorganisationen wie al-Aqsa e.V., Internationale Humanitäre Hilfsorganisation e.V. (IHH) oder Samidoun8, die finanzielle Mittel für ihre Mutterorganisationen und sogenannte „Märtyrer“-Familien9 beschafft hatten (Lippitsch 2025).

Neben direkten Effekten entfalten Vereinsverbote eine präventive Signalwirkung: Sie markieren die Grenzen zulässiger Betätigung und schrecken potenzielle Unterstützer:innen und Sympathisant:innen ab (Gerlach 2012). Dies gilt insbesondere für Organisationen, die strategisch auf Legalitätsfassaden setzen – also formell rechtskonforme Strukturen aufbauen, um extremistische Ideologien langfristig in die Gesellschaft einzubetten. Ein Verbot fungiert hier als regulatorische Leitplanke, die gesellschaftlichen Normalisierungstendenzen entgegenwirkt.

Dem gegenüber können Vereinsverbote auch unbeabsichtigte Nebenwirkungen haben. So kann es zu einer Verlagerung extremistischer Aktivitäten in den privaten oder informellen Raum kommen, was die Beobachtung für die Sicherheitsbehörden erschweren kann. Auch eine zunehmende Klandestinität oder der Wechsel in den Untergrund sind möglich. Diese Nebenwirkungen müssen jedoch nicht zwangsläufig negative Folgen haben – sofern die Nachrichtendienste über geeignete Mittel und Ressourcen verfügen (Lippitsch 2025).

Vereinsverbote im Bereich des ISiT bergen neben ihren beabsichtigten positiven Symbolwirkungen auch das Risiko symbolischer Gegenmobilisierung: Betroffene Gruppen können ein Verbot als Ausdruck einer „repressiven Mehrheitsgesellschaft“ interpretieren und propagandistisch instrumentalisieren – etwa zur Stärkung eines „Märtyrernarrativs“ oder zur weiteren ideologischen Abschottung. Dieses Risiko steigt insbesondere dann, wenn das Verbot nicht klar von diskriminierenden Ressentiments abgegrenzt wird oder in der Öffentlichkeit als gezielt anti-muslimisch wahrgenommen wird. Solche Deutungsmuster können neue Radikalisierungsdynamiken auslösen oder bestehende verstärken. Ein aktuelles Beispiel für ein Verbot, das Gegenproteste kanalisiert hat, ist das Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) im Jahr 2024. In den Folgemonaten kam es regelmäßig zu Protesten, bei denen Demonstrierende die Maßnahme als Angriff auf schiitische Religionsausübung deuteten und die Wiedereröffnung der Imam-Ali-Moschee, die das IZH beherbergte, forderten (DIE ZEIT 2025).

Für die Durchsetzung von Vereinigungsverboten stellen die Globalisierung und Digitalisierung Herausforderungen dar. Unter anderem erschweren klandestine (digitalisierte) Kommunikationswege, im Ausland gehostete Server, die Nutzung verschlüsselter Plattformen, verschachtelte Domainstrukturen sowie die oft unzureichende Kooperationsbereitschaft global agierender Tech-Unternehmen die vollständige Sperrung extremistischer Inhalte im Internet. Dadurch bleibt der Zugang zu einschlägigen Inhalten, Kontakten und ideologischen Angeboten trotz Verbots oft bestehen, taucht nach kurzer Zeit wieder auf oder verlagert sich auf andere Plattformen und Kanäle.

Zusammenfassend bewerten insbesondere sicherheitsbehördliche Praktiker:innen die Wirksamkeit ambivalent und beschreiben den Umgang mit extremistischen Organisationen häufig als ein „Katz-und-Maus-Spiel“ (Lippitsch 2025). Während diese flexibel und anpassungsfähig agieren, reagieren staatliche Institutionen meist verzögert. Technische Hilfsmittel, wie der Einsatz von KI (mehr dazu im Infodienst-Beitrag von Isabel Lang), könnten diesen Rückstand zukünftig verringern, doch bleibt das Verhältnis asymmetrisch: Der demokratische Rechtsstaat trifft mit rechtsstaatlichen Mitteln auf flexible, oft kriminell und konspirativ agierende Extremist:innen.

Fazit: Vereinsverbote als zweischneidiges Schwert

Das Instrument des Vereinsverbots ist – gerade in sicherheitspolitisch angespannten Zeiten – ein wirksames Mittel zur Bekämpfung von Extremismus. Die Anwendung dieses Instruments ermöglicht die Implementierung staatlicher Exekutivmaßnahmen, womit Vereinsverbote ein essenzieller Bestandteil der Gefahrenabwehr durch die Sicherheitsbehörden im Sinne der wehrhaften Demokratie sind. Gleichzeitig hängt ihre Wirksamkeit von einer präzisen Vorbereitung, nachhaltigen Durchsetzung sowie einer umfassenden Einbettung in ein sicherheitspolitisches Gesamtkonzept ab, welches Aufklärung, Prävention und gesellschaftliche Integration, aber auch Repression vereinen muss, um Radikalisierung nachhaltig vorzubeugen. In der Praxis zeigt sich eine ausgewogene Anwendung: Die Anzahl islamistischer Vereinsverbote ist zwar beachtlich, aber nicht exzessiv. Sie konzentriert sich auf besonders einflussreiche, international vernetzte oder militant agierende Gruppierungen. Dies spricht für eine faktenbasierte Risikobewertung der Sicherheitsbehörden.

Gleichwohl bleibt jedes Vereinsverbot ein scharfes Schwert – und jedes Mal, wenn es geführt wird, schneidet es tief in Grundrechte ein. Gerade aus demokratietheoretischer Perspektive ist deshalb eine verantwortungsbewusste und zurückhaltende Anwendung geboten. Ein Vereinsverbot sollte stets das letzte Mittel der Wahl bleiben; die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit muss gewahrt bleiben. Das Instrument soll schließlich weder der eigenen Profilierung dienen noch unbequeme Meinungen unterdrücken, sondern konkrete Gefahren abwehren. Damit diese Gefahrenabwehr legitim bleibt, muss sie wirksam sein. Die (quantitative) Anwendung eines jeden Repressionsinstruments muss daher an die Qualität seiner Effekte und Leistungen gekoppelt sein. Denn wenn Grundrechtseingriffe regelmäßig erfolgen, aber kaum Wirkung entfalten, schwächen sie die Demokratie – anstatt sie zu schützen.

Insbesondere Verbote, die im Kontext von global bedeutsamen Schlüsselereignissen – wie dem Terrorangriff der Hamas auf Israel im Jahr 2023 – ergehen, sind kritisch zu reflektieren. Denn solche Ereignisse, die gesellschaftlich und medial besonders intensiv gespiegelt werden und das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürger:innen stark beeinflussen, bringen einen realen oder gefühlten staatlichen Handlungsdruck hervor. Dabei besteht die Gefahr, dass Maßnahmen ergriffen werden, die eher von einer gefühlten Dringlichkeit als von einer sorgfältigen Abwägung zwischen Freiheits- und Sicherheitsinteressen geprägt sind; werden Maßnahmen aus ersterem Grund ergriffen, bleiben sie meist wirkungslos und könnten der Demokratie mehr schaden als nützen.

Tabelle 1: Vereinsverbote im Bereich des ISiT auf Bundesebene (1990-2024)

Verbotsverfügungen — Tabelle

Quelle: Eigene Darstellung basierend auf den Daten des Verfassungsschutzberichts 2024 (Bundesamt für Verfassungsschutz 2025: S. 358-368)
Organisation Datum der Verbots-verfügung / des Verbots-vollzugs Verbotsgründe Phänomen-bereich
„Kalifatsstaat“ und 35 Teilorganisationen 08.12.2001
14.12.2001
13.05.2002
16.09.2002
Vereinszweck gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung

Propagierung von Gewalt als Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele
ISiT
„al-Aqsa e.V.” 31.07.2002 Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung (finanzielle Unterstützung der HAMAS und ihrer sogenannten Sozialvereine) ISiT
„Hizb ut-Tahrir“ (HuT) 10.01.2003 Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung

Befürwortung von Gewalt zur Durchsetzung politischer Belange
ISiT
„Yeni Akit GmbH“ (Verlegerin der Europa-Ausgabe der türkischsprachigen Tageszeitung „Anadolu’da Vakit“) 22.02.2005 Leugnung und Verharmlosung des Holocaust in volksverhetzender Weise

Verbreitung antisemitischer / antiwestlicher Propaganda
ISiT
„Bremer Hilfswerk e.V.“ Selbstauflösung mit Wirkung vom 18.01.2005; Löschung im Vereinsregister am 29.06.2005 ISiT
„YATIM-Kinderhilfe e.V.“ 30.08.2005 Nachfolgeorganisation des rechtskräftig verbotenen „al-Aqsa e.V.“ ISiT
„al-Manar TV“ 29.10.2008 Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung ISiT
„Internationale Humanitäre Hilfsorganisation e.V.“ 23.06.2010 Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung ISiT
„Millatu Ibrahim“ 29.05.2012 Vereinszweck gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung
ISiT
„Dawa FFM“ einschließlich der Teilorganisation „Internationaler Jugendverein – Dar al Schabab e.V.“ 25.02.2013 Vereinszweck gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung
ISiT
„an-Nussrah“ 25.02.2013 Teilorganisation des rechtskräftig verbotenen Vereins „Millatu Ibrahim“ ISiT
„DawaTeam Islamische Audios“ 25.02.2013 Vereinszweck gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung
ISiT
„Waisenkinderprojekt Libanon e.V.“ (WKP) (Umbenennung in „Farben für Waisenkinder e.V.“ (16.10.2014) — ebenfalls verboten) 02.04.2014 Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung ISiT
„Islamischer Staat“ (IS) alias „Islamischer Staat im Irak“ alias „Islamischer Staat im Irak und in Groß-Syrien“ 12.09.2014 Vereinszweck gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung
ISiT
„Tauhid Germany“ (TG) 26.02.2015 Ersatzorganisation des rechtskräftig verbotenen Vereins „Millatu Ibrahim“ ISiT
„Die Wahre Religion“ (DWR) 25.10.2016 Vereinszweck gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung
ISiT
„Hisbollah“ 26.03.2020 Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung

Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze
ISiT
„Deutsche Libanesische Familie e.V.“, „Menschen für Menschen e.V.“, „Gib Frieden e.V.“ 15.04.2021 Ersatzorganisationen des rechtskräftig verbotenen „Farben für Waisenkinder e.V.“ / „Waisenkinderprojekt Libanon e.V.“ (WKP) ISiT
„Ansaar International e.V.“ einschließlich Teilorganisationen:

„Aktion Ansar Deutschland e.V.“, „Somalisches Komitee Information und Beratung in Darmstadt und Umgebung e.V. (SKIB)“, „Frauenrechte ANS.Justice e.V.“, „Änis Ben-Hatira Help e.V./Änis Ben-Hatira Foundation“, „Ummashop“, „Helpstore Secondhand UG“, „Better World Appeal e.V.“
05.05.2021 Vereinszweck gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung
ISiT
„Harakat al-Muqawama al-Islamiya“ (HAMAS) 02.11.2023 Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung
ISiT
„Islamisches Zentrum Hamburg e.V.“ (IZH) einschließlich Teilorganisationen:

„Islamische Akademie Deutschland e.V.“ (IAD), „Verein der Förderer einer iranisch-islamischen Moschee in Hamburg e.V.“, „Islamisches Zentrum Berlin e.V.“ (IZB), „Zentrum der Islamischen Kultur e.V.“ (ZIK), „Islamische Vereinigung Bayern e.V.“ (IVB)
26.06.2024 Vereinszweck und -tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung
ISiT

Tabelle 2: Vereinsverbote im Bereich des ISiT auf Landesebene (1990-2024)

Verbotene Organisationen

Quelle: Eigene Darstellung auf Grundlage der jeweiligen Verbotsverfügungen im Bundesanzeiger
Organisation Bundesland Datum der Verbots-verfügung/ des Verbots-vollzugs Verbotsgründe Phäno-men-bereich
Multikulturhaus Ulm e.V. Bayern 28.12.2005 Vereinszweck und -tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung

Propagierung von Gewalt als Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele
ISiT
Taiba, Arabisch-Deutscher Kulturverein e.V. Hamburg 28.05.2010 Vereinszweck und -tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung
ISiT
Kultur- und Bildungszentrum Ingolstadt e.V. Bayern 17.09.2013 Ersatzorganisation des rechtskräftig verbotenen Vereins Vereinigung „Islamisches Zentrum Ingolstadt e.V.“, einer verbotenen Teilorganisation der mit Verfügung vom 8. Dezember 2001 durch das Bundesministerium des Innern verbotenen Vereinigung „Kalifatsstaat“ („Hilafet Devleti“) und deshalb kraft Gesetzes verboten. ISiT
Kultur & Familien Verein e.V. Bremen 21.11.2014 Vereinszweck und -tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung
ISiT
Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum Mesdschid Sahabe e.V. Baden-Württemberg 11.12.2015 Vereinszweck und -tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung
ISiT
Islamischer Förderverein Bremen e.V. Bremen 16.02.2016 Ersatzorganisation des rechtskräftig verbotenen Vereins „Kultur & Familien Verein e.V.“ ISiT
Fussilet 33 Berlin 20.02.2017 Vereinszweck und -tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung
ISiT
Deutschsprachiger Islamkreis Hildesheim e.V. Nieder-sachsen 07.03.2017 Vereinszweck und -tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung
ISiT
Almadinah Islamischer Kulturverein e.V. Hessen 16.03.2017 Vereinszweck und -tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung
ISiT
Jama’atu Berlin (Tauhid Berlin) Berlin 29.01.2021 Vereinszweck und -tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung
ISiT
Islamischer Kulturverein Nuralislam e.V. Nordrhein-Westfalen 24.02.2022 Vereinszweck und -tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung
ISiT
Fatime Versammlung e.V. (Imam Mahdi Zentrum) Nordrhein-Westfalen 01.03.2022 Vereinszweck und -tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung
ISiT
Al-Mustafa Gemeinschaft e. V. (Al-Mustafa Pfadfinder Bremen) Bremen 01.03.2022 Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung ISiT
Deutschsprachige Muslimische Gemeinschaft e.V. (DMG) Nieder-sachsen 12.06.2024 Vereinszweck und -tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung
ISiT
Islamisches Zentrum Fürstenwalde Al Salam e. V. Brandenburg 03.09.2024 Vereinszweck und -tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet

Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung
ISiT

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Quellen / Literatur

  • Botsch, Gideon & Kopke, Christoph (2009): Die NPD und ihr Milieu. Münster: Klemm & Oelschläger.



  • Botsch, Gideon & Kopke, Christoph (2011): Grenzen setzen: Das „Brandenburger Modell“ der Abwehr des Rechtsextremismus. In: Christoph Kopke (Hrsg.): Die Grenzen der Toleranz. Potsdam: Universitätsverlag Potsdam, S. 183-206.



  • Botsch, Gideon; Kopke, Christoph & Virchow, Fabian (2013): Verbote extrem rechter Vereinigungen in der Bundesrepublik Deutschland. In: Ralf Melzer & Sebastian Serafin (Hrsg.): Rechtsextremismus in Europa. Länderanalysen, Gegenstrategien und arbeitsmarktorientierte Ausstiegsarbeit. Berlin: FES, S. 273-297.



  • Brieger, Stefan (2018): Die Vereinsverbotspraxis im vereinten Deutschland und der Einfluss machtpolitischer Kalküle. In: Uwe Backes, Alexander Gallus, Eckhard Jesse & Tom Thieme (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie 2018. Bd. 30. Baden-Baden: Nomos, S. 55-78.



  • Brieger, Stefan (2019): Vereinsverbote in den deutschen Ländern – Effizienz und Angemessenheit im Praxistest am Fallbeispiel Brandenburg. In: Martin H.W. Möllers & Robert Chr. van Ooyen (Hrsg.): Jahrbuch Öffentliche Sicherheit 2018/2019. Frankfurt am Main: Verlag für Polizeiwissenschaft, S. 307-326.



  • Brieger, Stefan (2021): Wirkungsloser Demokratieschutz? Eine Untersuchung zur Effizienz der deutschen Vereinigungsverbotspraxis. In: Martin H.W. Möllers & Robert Chr. van Ooyen (Hrsg.): Jahrbuch Öffentliche Sicherheit 2020/2021. Frankfurt am Main: Verlag für Polizeiwissenschaft, S.227-241.



  • Brieger, Stefan (2023): Kontroverser Demokratieschutz – Vereinigungsverbote in der Kritik. In: Denken ohne Geländer. Der Blog des Hannah-Arendt-Institut für Totalitatismusforschung e.V. Online abrufbar unter: https://haitblog.hypotheses.org/4709 [letzter Zugriff: 08.07.2025].



  • Bundesamt für Verfassungsschutz (2023): „Samidoun – Palästinensisches Gefangenensolidaritätsnetzwerk“, Dezember 2023. Online abrufbar unter: https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/hintergruende/DE/auslandsbezogener-extremismus/samidoun.html [letzter Zugriff: 14.08.2025].



  • Bundesamt für Verfassungsschutz (2025): Verfassungsschutzbericht 2024. Online abrufbar unter: https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/publikationen/DE/verfassungsschutzberichte/2025-06-10-verfassungsschutzbericht-2024.pdf?__blob=publicationFile&v=4 [letzter Zugriff: 08.07.2025].

  • Bundeskriminalamt (2024): Politisch motivierte Kriminalität im Jahr 2023 – Bundesweite Fallzahlen. Online abrufbar unter: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/nachrichten/2024/pmk2023-factsheets.pdf?__blob=publicationFile&v=2 [letzter Zugriff: 06.08.2025].



  • Bundesverfassungsgericht (2018): Beschluss vom 13. Juli 2018 – 1 BvR 1474/12. Online abrufbar unter: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2018/07/rs20180713_1bvr147412.html [letzter Zugriff: 08.07.2025].



  • DIE ZEIT (2025): Hunderte demonstrieren für Imam-Ali-Moschee in Hamburg, 19.07.2025. Online abrufbar unter: https://www.zeit.de/news/2025-07/19/hunderte-demonstrieren-fuer-imam-ali-moschee-in-hamburg [letzter Zugriff am 06.08.2025].

  • Enslin, Julika (2025): The Evolution of the Islamist Terror Threat Landscape in Germany Since 2020. In: CTC Sentinel. Bd. 18. Nr. 5. S. 17–26. Online abrufbar unter: https://ctc.westpoint.edu/the-evolution-of-the-islamist-terror-threat-landscape-in-germany-since-2020/ [letzter Zugriff: 06.08.2025].



  • Gerlach, Julia (2012): Die Vereinsverbotspraxis der streitbaren Demokratie: Verbieten oder Nicht-Verbieten?. Baden-Baden: Nomos.



  • Groh, Kathrin (2002): Das Religionsprivileg des Vereinsgesetzes. In: Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft (KritV). Bd. 85. Nr. 1. S. 39-62. Online abrufbar unter: http://www.jstor.org/stable/43202652 [letzter Zugriff: 10.07.2025].



  • Hasche, Thorsten (2018): Islamismus in der Bundesrepublik Deutschland. In: Eckhard Jesse & Tom Mannewitz (Hrsg.): Extremismusforschung. Handbuch für Wissenschaft und Praxis. 1. Auflage. Baden-Baden: Nomos, S. 389-426.



  • Heitmeyer, Wilhelm (2012): Rechtsextremismus und gesellschaftliche Selbstentlastung. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Bd. 62. Nr. 18-19. S. 22-27.



  • Jaeger, Mona (2024): Deutlich mehr antisemitische Straftaten. In: Frankfurter Allgemeine, 21.05.2024. Online abrufbar unter: https://www.faz.net/aktuell/politik/politisch-motivierte-kriminalitaet-mehr-antisemitische-straftaten-19734071.html [letzter Zugriff: 08.07.2025].



  • Lippitsch, Clement (2025): Das Unterstützungsnetzwerk von Hizb Allah, PFLP und Hamas in Deutschland. Eine Effizienzanalyse von Vereinigungsverboten als Gegenmaßnahme. Unveröffentlichte Masterarbeit. TU Dresden.



  • Minkenberg, Michael (2003): Repressionsstrategien gegen Rechtsradikalismus und Gewalt. In: Forschungsjournal Soziale Bewegungen. Bd. 16. Nr. 4. S. 31-42. DOI: 10.1515/fjsb-2003-0406.



  • Thieme, Tom (2018): Extremismus und Demokratie – Begriffe und Theorien. In: Tom Mannewitz; Hermann Ruch; Tom Thieme & Thorsten Winkelmann (Hrsg.): Was ist politischer Extremismus? Grundlagen, Erscheinungsformen, Interventionsansätze. S. 17-30. Frankfurt am Main.: Wochenschau Verlag.



  • Volkmann, Uwe (2012): Kampf gegen die Hydra? Der Staat und der Rechtsextremismus. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Bd. 62. Nr. 18-19. S. 15-22.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Wehrhafte Demokratie (auch streitbare Demokratie) bezeichnet ein Schutzkonzept, das die demokratische Ordnung dauerhaft sichern soll. In Deutschland fußt es auf den Erfahrungen mit Nationalsozialismus und SED-Herrschaft. Wesentlich ist die Verankerung eines unveränderlichen Kerns demokratischer Werte im Grundgesetz (Art. 1, Art. 79 Abs. 3 GG). Zur Verteidigung der Demokratie stehen verschiedene Abwehrinstrumente bereit, darunter das Vereinsverbot (Art. 9 Abs. 2 GG), Parteienverbot (Art. 21 Abs. 2 GG) und die Aberkennung von Grundrechten (Art. 18 GG). Zusätzlich leisten Nachrichtendienste durch Informationssammlung und -analyse sowie Polizei und Gerichte durch Versammlungsverbote und andere Maßnahmen einen Beitrag.

  2. „Das demokratische Prinzip bezeichnet die fundamentale Gleichheit aller Menschen, die Souveränität und Repräsentation des Volkes durch gewählte Vertreter und die Geltung von Mehrheitsregeln und Minderheitenschutz. Das konstitutionelle Prinzip regelt die Begrenzung und Kontrolle von politischer Macht sowie den Schutz persönlicher Freiheitsrechte. In diesem Sinn ist politischer Extremismus als Absage an die grundlegenden Werte, Verfahren und Institutionen der Demokratie zu verstehen. Dazu zählen die Menschenrechte, die Grund- und Freiheitsrechte aller Bürger, Interessenpluralismus, freie politische Beteiligung und faire Wahlen sowie der Schutz beziehungsweise die Bewahrung der Rechtsstaatlichkeit – mit Blick auf das Individuum sowie den Staat.“ (Thieme 2018: S. 17)

  3. Ein positives Urteil bezüglich der Bilanz der Vereinigungsverbotspraxis ziehen etwa Botsch & Kopke (2009; 2011) und Botsch et al. (2013). Weitaus kritischer betrachten Minkenberg (2003), Heitmeyer (2012), Volkmann (2012), Gerlach (2012) und Brieger (2018; 2019; 2021; 2023) die Effektivität.

  4. Zum Beispiel wurde das Vereinsverbot gegen die Internationale Humanitäre Hilfsorganisation e.V. (IHH) damit begründet, dass der Verein durch umfangreiche finanzielle Unterstützung von sogenannten Sozialvereinen der Hamas deren aggressiv-kämpferische Haltung förderte. Die Hamas bestreitet das Existenzrecht Israels und verfolgt mit terroristischen Mitteln das Ziel, den israelischen Staat zu bekämpfen. Die IHH identifizierte sich mit dieser Gewaltstrategie (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. Juli 2018 – 1 BvR 1474/12).

  5. Ausländervereine werden als Zusammenschlüsse definiert, deren Leitungsebene oder Mitglieder vollständig oder überwiegend Ausländer sind. Demgegenüber haben ausländische Vereine ihren Hauptsitz im Ausland (§§ 14 & 15 Abs. 1 VereinsG). Hinsichtlich ausländischer Vereinigungen wird nicht zwischen Parteien und Vereinen differenziert (Gerlach 2012).

  6. Das Religionsprivileg im Vereinsgesetz (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 VereinsG alte Fassung) stellte Religionsgemeinschaften und Vereinigungen zur gemeinschaftlichen Pflege einer Weltanschauung von der Vereinseigenschaft frei. Dadurch unterlagen sie nicht den für Vereine geltenden gesetzlichen Einschränkungen und konnten nicht nach § 3 VereinsG verboten werden. Dieses Privileg wurde 2001 aufgehoben, um auch gegen extremistische Religionsgemeinschaften Vereinsverbote erfassen zu können, insbesondere vor dem Hintergrund der Terroranschläge vom 11. September 2001. Dabei ist jedoch die religiöse Vereinigungsfreiheit im Sinne der Religionsfreiheit weiterhin nur unter engen Voraussetzungen einschränkbar (Groh 2002).

  7. Die Achse des Widerstands bezeichnet eine Allianz überwiegend, schiitischer, teils auch sunnitischer islamistischer Staaten und Milizen. Dazu zählen terroristische Gruppen wie Hisbollah, Hamas und die Huthis, die sich gemeinsam gegen westliche Einflüsse und insbesondere gegen Israel richten. Der Iran spielt dabei eine zentrale Rolle – als militärischer und finanzieller Unterstützer sowie als strategischer Drahtzieher. Bis zum Sturz des Assad-Regimes in Syrien galt auch dieses als Teil des Bündnisses.

Weitere Inhalte

Clement Lippitsch absolvierte ein Studium der Politikwissenschaft an der Technischen Universität Chemnitz sowie an der Technischen Universität Dresden. Im Verlauf seiner akademischen Ausbildung befasste er sich intensiv mit der Extremismusforschung, wobei er den Fokus insbesondere auf islamistische Strukturen legte. Im Rahmen seiner Masterarbeit untersuchte er Vereinigungsverbote als Instrument der wehrhaften Demokratie und analysierte deren Effektivität im Kontext der Bekämpfung von islamistischen Vereinigungen.