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Der (un)aufhaltsame Aufstieg der Rassisten von der "Goldenen Morgenröte" | Rechtsextremismus | bpb.de

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Der (un)aufhaltsame Aufstieg der Rassisten von der "Goldenen Morgenröte"

Vassiliki Georgiadou

/ 7 Minuten zu lesen

Als die neonazistische Goldene Morgenröte 2012 ins griechische Parlament einzog, zeigte sich das politische Establishment schockiert. Dabei kam der Wahlerfolg gar nicht so überraschend: Die Partei nämlich hatte ihren Aufstieg langsam, aber sicher vorbereitet – vor allem in den Athener Migrantenvierteln.

Anhänger der rechtsextremen griechischen Partei "Goldenen Morgenröte" auf einer Kundgebung in Athen. (© picture-alliance/dpa)

Mit den doppelten Parlamentswahlen vom 6. Mai und 17. Juni 2012 ist die Partei "Völkische Verbindung – Goldene Morgenröte" (auf griechisch in lateinischer Umschrift Laikos Syndesmos – Chrysi Avgi), ein vieldiskutiertes Thema sowohl in den griechischen als auch in den internationalen Medien geworden. Mit fast sieben Prozent zog sie ins griechische Parlament ein und überraschte damit eine Öffentlichkeit, die schockiert war über den Erfolg dieser rechtsextremen Partei. "Goldene Morgenröte" bekennt sich offen zum Nationalsozialismus, pflegt einen Personenkult um ihrer Anführer und Generalsekretär Nikos Michaloliakos, benutzt Symbolik aus der Nazizeit, vertritt ultranationalistische und rassistische Positionen, tritt antisemitisch und fremdenfeindlich auf und geht auch mit Gewalt vorgegen Migranten, Muslime, Roma und soziale Minderheiten.

Die Goldene Morgenröte ist aber kein neues Phänomen, im Gegenteil, als politische Organisation existiert sie seit 1983. Damals hatten Mitglieder der neofaschistischen Splitterpartei "Partei des 4. August", die das präfaschistische Regime von Ex-Diktator Ioannis Metaxas (1936-1941) verherrlichten, die Zeitschrift "Goldene Morgenröte" aus der Taufe gehoben. Trotz Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Redaktion entstand innerhalb kürzester Zeit aus diesem Kreise heraus eine politische Gruppierung, die rasch als politische Partei zugelassen wurde: Denn die rechtlichen Voraussetzungen für die Parteienlizenzierung sind in Griechenland minimal.

Ideologisch ist die Goldene Morgenröte nach wie vor eine neonazistische Gruppierung und hängt der Idee einer ethno-kulturell homogenen Volksgemeinschaft an. Allerdings ähnelt sie eher einer "Miliz" als einer politischen Partei. Ein Teil ihrer Mitglieder ist militärisch organisiert und ausgebildet und tritt bei Parteiaufmärschen uniformiert auf. Aus diesem Kreis heraus werden gezielt vor allem Immigranten, ausländische Marktkleinhändler und Linke angegriffen, mit dem Ziel, diese sogenannten "Staatsfeinde" einzuschüchtern. An der Spitze der Goldenen Morgenröte steht seit mehr als dreißig Jahren Generalsekretär Nikos Michaloliakos, der offiziell den Titel "Führer" trägt (griechisch: Αρχηγός, Arhigos). Ihm unterliegen alle Parteiorganisationen, ihre Mitglieder und Funktionäre. Bis heute wird seine Amtszeit stillschweigend verlängert, nach dem pseudodemokratisierten Parteistatut von August 2012 könnte seine Alleinherrschaft nur in Ausnahmefällen in Frage gestellt werden.

Gründe für den politischen Erfolg der Goldenen Morgenröte

Der Erfolg der Goldenen Morgenröte bei den Parlamentswahlen 2012 hat das Parteiensystem Griechenlands radikal verändert. Die neonazistische Partei, die bis dahin wahlpolitisch unbedeutend war, kam auf 6,9 Prozent der Wählerstimmen und zog mit 18 Abgeordneten ins Parlament ein. Seit den 1990er Jahren war die politische Landschaft Griechenlands von Parteien der gemäßigten Mitte bestimmt. Mit der Finanzkrise schlug die Stimmung in der "dritten griechischen Republik" um, die nach dem Zusammenbruch der Militärdiktatur 1974 gegründet worden war. Mit der Goldenen Morgenröte zogen auch ideologische Polarisierung, zentrifugaler Wettbewerb zwischen den Großparteien, ein Protestpotential und die Stärkung der parteipolitischen Extremen ins politische Leben Griechenlands ein.

Die Wende im Parteiensystem zeichnete sich schon bei den Parlamentswahlen von 2009 ab, als die Mitte-rechts-Partei der Neuen Demokratie (ND) bedeutende Verluste erlitt (-8,4%), die Rechtspopulisten der Orthodoxen Sammlungsbewegung (LAOS) erheblich aufholten (+1,8% bzw. +5 Abgeordneten) und mit 5,6% der Wählerstimmen und 15 Sitze als vierte Kraft, hinter den Kommunisten (KKE) und vor den Linksradikalen (SYRIZA), ins Parlament einzogen. Für die Rechtsextremisten der Goldenen Morgenröte war die Lage 2009 wahlpolitisch aussichtslos. Die Rechtspopulisten von LAOS dominierten das Rechtsaußen-Spektrum, die Goldene Morgenröte konnte von den Stimmverlusten der Neuen Demokratie nicht profitieren. Auch hatte die Partei die seit vielen Jahren bestehende Zusammenarbeit mit Bündnispartnern wie der "Ersten Linie" und der "Patriotischen Allianz" aufgekündigt. Trotz unbedeutender Wahlergebnisse war die Goldene Morgenröte in Mittelstandsgegenden mit hohem Migrantenanteil bereits präsent: zum Beispiel im Zentrum Athens oder im ehemaligen Industriezentrum von Piräus, das auch von hoher Arbeitslosigkeit und Verarmung gekennzeichnet war.

Bevor die Finanzkrise 2010 in Griechenland ausbrach, gab es bereits genügend Anzeichen dafür, dass das politische Vertrauen in die etablierten Parteien rapide abnahm. Die wachsende Unzufriedenheit mit ihren politischen Akteuren schuf eine Proteststimmung in der Wählerschaft, die das Anwachsen von nicht-etablierten bzw. anti-systemischen Kräften begünstigte. Bei den Parlamentswahlen 2009 waren die Rechtspopulisten von LAOS von jenen Wählern gewählt worden, die daran glaubten, dass es keinen Unterschied mache, ob eine linke bzw. eine rechte Partei die Regierung bildete. 2012 allerdings gehörte auch LAOS schon zu eben diesen etablierten Parteien, weil sie an der Koalitionsregierung des Ex-Zentralbankers Loukas Papadimos aus den Sozialisten von PASOK und den Konservativen der Neuen Demokratie zumindest kurzfristig (von November 2011 bis Februar 2012) beteiligt gewesen waren. Mit dem Ausbruch der Finanzkrise vergrößerte sich das Protestpotential; damit wuchsen die Chancen parteipolitischer Kräfte, die den Wünschen dieses radikalisierten Teils der Wahlbevölkerung entgegenkamen. Das Ergebnis ist bekannt: Die Goldene Morgenröte holte bei den Parlamentswahlen 2012 mehr als 20 Mal so viele Stimmen wie 2009.

Lokale Hochburgen und Einzug in das Nationalparlament

Die Goldene Morgenröte ist keineswegs eine Partei, die aus dem Nichts im Parlament gelandet ist. Seit 1994, als sie zum ersten Mal an den Europawahlen teilnahm, konnte sie bei allen kommenden Parlaments-, Europa- und Kommunalwahlen minimale Prozente erzielen. Mit großem strategischen Weitblick begann die Goldene Morgenröte Ende der 2000-er Jahre, lokale Hochburgen aufzubauen: Sie verlagerte ihre Organisationsbasis dorthin, wo lokale Konflikte – zum Beispiel in Bezug auf Migration, auf die Nutzung von öffentlichen Räumen oder die Arbeitsmarktlage in Krisengegenden – zu ihrer eigenen politischen Agenda passten. So wurde ein Teil des Athener Stadtzentrums, in den seit 2008 eine große Zahl illegaler Migranten zuzog, eine Hochburg der Goldenen Morgenröte. Gleichzeitig vernetzte sich die Partei mit Protestbewegungen und Bürgerinitiativen, die sich vor allem im 4. und 6. Stadtbezirk von Athen gegen die örtliche Konzentration nicht-registrierter Einwanderer wandten. Die militanten Anti-Einwanderer-Aktionen, die die Goldene Morgenröte systematisch in diesen Stadtteilen der griechischen Hauptstadt organisierte, sowie die Unterstützungstrukturen, die die Partei auf lokaler Ebene schuf, um vermeintliche Lücken im Sozialsystem zu Gunsten Einheimischer zu schließen, haben dazu beigetragen, dass Teile Athens wahre Hochburgen der Golden Morgenröte geworden sind.

Bei den Kommunalwahlen von Athen im November 2010 erhielt die Goldene Morgenröte 5,3 Prozent der Wählerstimmen und zog das erste Mal seit ihrer Gründung in ein Parlament ein, den Stadtrat Athens. Ihre Präsenz in der Kommunalverwaltung und die Konzentration ihrer Anhänger im Kern ihrer Hochburg (im 4. Stadtbezirk kam die Partei auf 6,3 Prozent der Stimmen, im 6. Bezirk waren es 8,4 Prozent) war das Vorspiel zur landesweiten Expansion der Goldenen Morgenröte. Ihr vorläufig bestes Ergebnis war der Einzug als fünftstärkste Kraft in das griechische Nationalparlament, in dem insgesamt sieben Parteien vertreten sind. Es war der allgemeine Unmut in der Bevölkerung über die etablierten politischen Parteien und die politische Elite, der den Weg für den landesweiten Aufstieg der Goldenen Morgenröte öffnete: Unmut über die Finanzkrise, die drohende Staatspleite Griechenlands, das Hilfspaket, das Griechenland von der sogenannten Troika – der EU-Kommission, dem IWF und der EZB – zugesagt wurde und die drastischen Sparmaßnahmen, die als Gegenleistung gefordert wurden.

Die Wählerschaft der Goldenen Morgenröte

Gewählt wurde die Goldene Morgenröte den Wahltagsumfragen (Exit poll 2012) zufolge vor allem von Männern und Jungwählern, überdurchschnittlich oft von Personen mit mittlerer Bildung, von Arbeitslosen sowie von Selbstständigen und Beschäftigten in prekären Arbeitsverhältnissen. Mehr als die Hälfte der Stimmen kamen Wahlanalysen zufolge allerdings nicht aus dem Lager überzeugter Rechtsextremer, sondern von Protestwählern, die sich damit gegen das politische Establishment aussprachen. Ihnen kam die Goldene Morgenröte sehr gelegen, stellte sie sich doch als Antisystem-Kraft in der griechischen Politik dar. Den Analysen zufolge lehnten die Wähler der Goldenen Morgenröte alle politischen Alternativen ab, die damals angeboten wurden. Zwar sprach sich auch die Mehrheit der gesamten Wählerschaft gegen die Sparmaßnahmen und die Vereinbarungen aus, die Griechenland von der Troika auferlegt worden waren. Während jene aber die Bildung einer Einparteien- oder einer Koalitionsregierung forderten, optierten die Goldenen-Morgenröte-Wähler in ganzer Linie gegen "das System".

Die Goldene Morgenröte sitzt nun seit zwei Jahren im Nationalparlament. In diesen zwei Jahren ist die Partei wiederholt durch Gewalttaten ihrer Mitglieder auffällig geworden, vor allem gegen Migranten und politische Gegner aus dem eher linken Lager. Im September 2013 tötete ein Parteimitglied der Goldenen Morgenröte während eines Angriffs auf politisch anders Gesinnte den Hip-Hop-Musiker Pavlos Fyssas. Daraufhin wurden den Abgeordneten der Goldenen Morgenröte, die in Verdacht stehen, sich an kriminellen Aktionen beteiligt zu haben, die Immunität entzogen und die Ermittlungen gegen die Partei und ihre Mitglieder aufgenommen. Sowohl der Generalsekretär sowie weitere Parteifunktionäre wurden in Untersuchungshaft genommen. Der Verdacht, bei der Goldenen Morgenröte könne es sich um eine kriminelle Organisation handeln, hat ihren Aufstieg zunächst einmal gestoppt. Allerdings deuten Meinungsumfragen darauf hin, dass sie bei einem beträchtlichen Teil ihrer Wähler weiterhin Einfluss genießt.

Tabelle 1: Sozial-demographische Merkmale der Wählerschaft der Goldenen Morgenröte

Quelle: Exit poll, Juni 2012. (© bpb)

Literatur

Bundschuh, Stephan (2012): "Die braune Seite der Zivilgesellschaft”. Aus Politik und Zeitgeschichte, 62. Jhg., H. 18-19, S. 28-33.

Dinas, Elias/Georgiadou, Vasiliki/Konstantinidis, Yannis/Rori, Lamprini (2013): "From dusk to dawn: Local party organization and party success of right-wing extremism”, Party Politics, December (Online First).

Duverger, Maurice (1959): Die politischen Parteien. Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck).

Melzer, Ralf/Serafin, Sebastian (Hrsg.) (2013): Rechtsextremismus in Europa. Länderanalysen, Gegenstrategien und arbeitsmarktorientierte Ausstiegsarbeit. Berlin: Friedrich Ebert Stiftung (Forum Berlin).

Mudde, Cas (2007): Populist radical right parties in Europe. Cambridge: Cambridge University Press.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Georgiadou, Vassiliki/Kafe, Anastasia & Nezi. Roula (2012), The radical right parties under the economic crisis. The Greek case, paper prepared for the 62nd PSA Annual International Conference, Belfast, 3-5 April 2012.

  2. Georgiadou, Vassiliki (2013), "Populismus und Extremismus am rechten Rand. Der rasante Aufstieg der Goldenen Morgenröte im Krisenland Griechenland", in Melzer, Ralf & Serafin, Sebastian (Hrsg.), Rechtsextremismus in Europa. Länderanalysen, Gegenstrategien und arbeitsmarktorientierte Aufstiegsarbeit, Friedrich Ebert Stiftung, Forum Berlin (Projekt Gegen Rechtsextremismus).

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Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 3.0 DE - Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland" veröffentlicht. Autor/-in: Vassiliki Georgiadou für bpb.de

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Vassiliki Georgiadou ist Professorin für Politikwissenschaft an der Pantion-Universität in Athen. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören politisches Verhalten, politischer Extremismus und rechte Parteien. Derzeit arbeitet sie an einem Projekt über den Aufstieg des Rechtsextremismus in Griechenland.