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Meinung: Flüchtlingsarbeit in den Kommunen – Eine Herausforderung für Politik und Gesellschaft

Hıdır Çelik

/ 7 Minuten zu lesen

Welche Probleme gibt es bei der Aufnahme, Unterbringung und Integration von Geflüchteten und wie könnten Lösungswege aussehen? Hıdır Çelik von der Evangelischen Migrations- und Flüchtlingsarbeit (EMFA) in Bonn mit seiner Sicht auf die drängendsten Fragen, denen sich Flüchtlingspolitik stellen sollte.

Betten als kurzfristige und provisorische Notunterkunft für ankommende Flüchtlinge stehen am 27.08.2014 in einer Sporthalle an der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen in Braunschweig. Die wachsende Flüchtlingszahl stellt immer mehr Kommunen vor Probleme. Insbesondere in den großen Städten und bevölkerungsreichen Landkreisen gibt es Schwierigkeiten bei der Unterbringung von Flüchtlingen. (© picture alliance / dpa)

Die gegenwärtige Flüchtlingspolitik der Bundesrepublik ist durch Abwehrhaltung bestimmt, sie orientiert sich am Prinzip der Abschiebung und an dem Glauben, dass die Flüchtlinge sich nur für eine begrenzte Zeit in Deutschland aufhalten würden. Doch ein großer Teil der Flüchtlinge bleibt im Land, auch, weil viele aus unterschiedlichen Gründen gar nicht abgeschoben werden können. Trotzdem hat die Bundesregierung immer noch kein umfassendes und zielorientiertes Konzept, um die Integration der Flüchtlinge vom ersten Tag an zu regeln. Ein Grund dafür könnte sein, dass in den Köpfen vieler Verantwortlicher noch nicht angekommen ist, dass Deutschland de facto ein Einwanderungsland geworden ist.

Statt dessen ist die Flüchtlingspolitik der Bundesrepublik immer noch bestimmt von einer "ad-hoc-Politik", die eine soziale Integration der Flüchtlinge in die Gesellschaft gar nicht beabsichtigt. Im Mittelpunkt der politischen Diskussion stehen daher bis heute vorrangig die Probleme, die durch die Aufnahme von Flüchtlingen entstehen, nicht die Vorteile oder auch Chancen. Das aber tut not, denn die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Menschen, die vor Verfolgung, Krieg und sozialer Armut fliehen, bleiben werden. Daher ist es an der Zeit, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie Flüchtlinge in die Gesellschaft integriert werden können. Eine Antwort auf diese Frage beginnt in den Kommunen, also dort, wo die Menschen hinkommen.

Aufnahme, Unterbringung, Integration

Kirchen, Flüchtlingsinitiativen und einzelne Akteure in der Migrationsarbeit haben die Bundesregierung aufgefordert, die Aufnahme von Flüchtlingen als eine dauerhafte Aufgabe anzusehen. Von Anfang an müssten die Eingliederung der Flüchtlinge sowie ihre soziale Teilhabe an der Gesellschaft Hauptziele der Flüchtlingspolitik sein. Die Kommunen, in denen diese Aufgabe umgesetzt werden, brauchen dazu allerdings Hilfeleistungen von Bund und Ländern. Nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz sind Kommunen verpflichtet, die Unterbringung und die Betreuung der Flüchtlinge zu regeln. Wie Flüchtlinge aber auf Städte und Kommunen verteilt werden, ist durch eine bundesgesetzliche Aufnahmequote geregelt. Je nach Kommune kann die Belastung unterschiedlich groß sein: finanzschwache Kommunen können die Kosten allein nicht tragen. Doch nach bisherigem Recht gibt es keinerlei Kostenerstattung durch den Bund und die Länder. Hier ist insbesondere die Bundesregierung aufgefordert, die Kommunen finanziell zu entlasten, die eine große Zahl von Flüchtlingen aufnehmen.

Die Unterbringung der Flüchtlinge ist bundesweit ein besorgniserregendes Problem, das nicht in absehbarer Zeit gelöst werden kann. Selbst Städte wie Köln, Bonn oder Leverkusen, die frühzeitig das Problem erkannt und Initiativen ergriffen haben, um die Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen, haben nicht damit gerechnet, dass die Zahl der Schutzsuchenden sich so rapide erhöhen könnte. Eine gelungene Integration setzt aber voraus, dass die Flüchtlinge in den Kommunen dezentral untergebracht werden. Nach den Erfahrungen unter anderen in Leverkusen, Münster und Bonn zeigt sich, dass die dezentrale Unterbringung in den Stadtteilen sich langfristig lohnt. Sie schützt Flüchtlinge und Asylsuchende vor Diskriminierung und Gewalt und erleichtert ihre Eingliederung in die Strukturen der Stadtteile. So sieht es auch Rita Schillings vom Flüchtlingsrat Leverkusen, die mit der Caritas und der Stadt Leverkusen das "Leverkusener Modell" entwickelt hat. Seither werden in Leverkusen Flüchtlinge nicht mehr in Sammelunterkünften, sondern in Privatwohnungen untergebracht, menschenwürdiger und kostengünstiger. In einem Beschluss der Stadt Köln, der bereits aus dem Jahr 2004 stammt, heißt es dazu: "Durch Unterbringung der Flüchtlinge in Sammelunterkünften und Wohnheimen entstehen (…) bei der Führung eines Wohnheimbetriebes aufgrund vielfältiger Regelungsbedarfe und Reibungspunkte in den Objekten ein erheblicher höherer Personalbedarf. Personalintensive Kostenfaktoren (z.B. Hausmeister und Wachdienst) bzw. der in Heimen erhöhte Instandhaltungsbedarf fallen bei einer Mietwohnung nicht an."

Doch es sind nicht allein die Kosten, die für eine dezentrale Unterbringung sprechen. Viele kirchliche Beratungsstellen wie Diakonie und Caritas, die Migrationsflüchtlingssozialarbeit leisten und Flüchtlinge in Asylverfahren beraten sowie psychosoziale Beratung und Therapie anbieten, legen großen Wert auf sozialraumorientierte Flüchtlingsarbeit. Hierbei geht es um Konzepte, die einerseits die Bedürfnisse der Flüchtlinge, andererseits die Wünsche und die Anforderungen der Stadtteilbewohner angemessen berücksichtigen. So lässt sich beispielsweise die Akzeptanz seitens der Anwohner für ihre neuen Nachbarn verbessern. Sind die Stadtteilbewohner sozusagen an der lokalen Flüchtlingspolitik beteiligt, können Vorurteile erheblich reduziert werden. Auch wächst die Eigenverantwortlichkeit der Flüchtlinge für ihre Wohn- und Lebenssituation, wenn sie an den Konzepten beteiligt sind. So lassen sich ein friedliches Zusammenleben fördern und Konflikte vermeiden. Mehr noch: So wird eine Willkommenskultur in der Gesellschaft gefördert und gepflegt. Das setzt allerdings auch voraus, dass Flüchtlinge nach Möglichkeit gleichmäßig in allen Stadtteilen der Kommune untergebracht werden. Die Konzentration von Flüchtlingseinrichtungen in einem einzelnen Stadtteil bringt Konflikte mit sich und bietet Rechtsextremen Zündstoff und Argumente.

Integration heißt auch teilhaben lassen – an Schule, am Wohnraum, an der Gesellschaft

Doch es ist nicht nur die Unterbringung in Wohnungen, die die Situation von Flüchtlingen verbessert. Sie brauchen auch medizinische Betreuung und die Möglichkeit, an der Gesellschaft, in der sie nun leben, teilzuhaben. Die Integration der Flüchtlinge und deren Familienangehöriger ist in vielen Kommunen nach wie vor eine gesellschaftliche Herausforderung. Wenn auch große Städte wie unter anderem Köln und Bonn ein zukunftsorientiertes Integrationskonzept entwickelt haben, in dem der menschenwürdige Umgang mit Flüchtlingen geregelt ist, mangelt es daran andernorts.

Die bisher fehlende zukunftsorientierte Flüchtlingspolitik behindert sowohl die Teilnahme der Flüchtlinge an der Gesellschaft als auch ihre Chancengleichheit. Dadurch werden neue soziale Probleme produziert, die später schwierig zu bewältigen sind. Durch Benachteiligung der Minderheiten in der Gesellschaft entstehen Konflikte, die das friedliche Miteinander und das Zusammenleben gefährden können. Es ist aber eine der zentralen Aufgaben einer Gesellschaft, das Zusammenleben von Zuwanderern und Einheimischen zu gestalten. Hier sind die Kommunen und die einzelnen Stadtteile, aber auch Kirche, Diakonie und Wohlfahrtsverbände gefordert, ihre Arbeit ernst zu nehmen. Flüchtlinge sollten das Gefühl der Sicherheit und Gleichheit bekommen und als Menschen willkommen sein.

Ein wesentliches Problem stellt in den Kommunen die Unterbringung der Kinder in den Schulen und Kitas dar. Überall mangelt es an Lehrpersonal, in Schulen wie in Kitas, nicht nur in Bonn, wo viele Flüchtlingskinder nicht zur Schule gehen können und die Stadt nur einen Teil der Ersatz-Sprachförderung bezahlen kann. Schule aber ist ein unschätzbarer Faktor auf dem Weg in die Integration! Und obwohl das Problem der Politik bekannt war, hat niemand in den letzten Jahren daran gearbeitet, die Unterbringung der Flüchtlinge und Asylsuchenden zu erleichtern und, damit einhergehend, strukturelle Probleme wie genügend Schulklassen, Personal und Kitaplätze in den Kommunen einzurichten. Wie soll mit einer schwierigen Finanzlage und Wohnungsknappheit die nötige Willkommenskultur entstehen? Eine Willkommenskultur, die jetzt schon deutlich gefördert werden muss, indem man zum Beispiel Rassismus aktiv bekämpft. Glücklicherweise sind schon heute einige Kommunen in diesem Kontext aktiv. Beispielsweise stellt die Bundesstadt Bonn in ihren Leitlinien fest, dass sie eine "Stadt ohne Rassismus und Diskriminierung" ist, die sich verpflichtet, "aktiv gegen Rassismus und Diskriminierung vorzugehen". Bonn, so heißt es, strebt "gemeinsam mit vielen Bürgerinnen und Bürgern, Initiativen und Vereinen eine Stadtgesellschaft der Vielfalt an, in der Rassismus und Diskriminierung keinen Platz haben." Dass dies nicht nur ein Lippenbekenntnis ist, zeigte sich in letzten Monaten bei der Protestbewegung gegen BOGIDA, einen Ableger der PEGIDA, deutlich. Tausende Bonner Bürger zeigten gemeinsam mit der Kommunalpolitik Flagge gegen Rassismus und Flüchtlingshass.

Flüchtlings- und Integrationspolitik ist ein Menschenrechtsgrundsatz

Die weltweiten Flüchtlingszahlen und globalen Zusammenhänge der unterschiedlichen Fluchtursachen zeigen, dass Migrationsfragen heute nicht mehr Randprobleme, sondern zentrale gesellschaftspolitische Aufgaben sind. Sie werden aller Voraussicht nach in ihrer Bedeutung künftig noch zunehmen. Die Zuwanderung zwingt die Gesellschaft dazu, sich zu verändern: Sie steht vor der immensen Herausforderung, Menschen aus anderen Kulturkreisen zu integrieren und zuzulassen, dass diese Menschen sich integrieren.

Artikel 1 unseres Grundgesetzes besagt, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Dies gilt für alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, ihres Aufenthaltsstatus' und ihrer Staatsangehörigkeit. Eine Missachtung dieses Grundsatzes ist eine Menschenrechtsverletzung. Unser Auftrag als Gesellschaft ist es deshalb, dieses Menschenrecht zu schützen. Flüchtlingen zu helfen bedeutet zugleich, die Kommunen zu entlasten und sie bei der Unterbringung nicht alleine zu lassen. Bund und Länder sollten die Kosten der Unterbringung sowie die Kosten der sozialen und gesellschaftlichen Integration mittragen. Dadurch können gesellschaftliche Konflikte in den Kommunen vermieden werden.

Die Erfahrungen, die wir als EMFA in letzten 25 Jahren innerhalb der Flüchtlingsarbeit gemacht haben, zeigen, dass, je mehr gesellschaftliche Solidarität man den Flüchtlingen, den Menschen, die von Missachtung und Unterdrückung bedroht sind, von Anfang an schenkt, desto mehr sie sich selbst öffnen. Insbesondere Kinder von Flüchtlingsfamilien sind ein Gewinn für unsere alternde Gesellschaft. Daher dürfen wir sie nicht extremen und fundamentalistischen Gruppen überlassen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl.: Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung, Aufruf: Schutz und Unterstützung von Flüchtlingen in Konfliktsituation stärken, Bremen, im Oktober 2014

  2. Rita Schillings vom Flüchtlingsrat im Gespräch mit tagesschau.de: "Leverkusen bringt Flüchtlinge in Privatwohnungen unter. Gut für Flüchtlinge und für die Stadt. 20.06.2014. Externer Link: http://www.tagesschau.de/inland/leverkusener-modell-100.html Dazu noch: Das Leverkusener Modell. Unterbringung von Flüchtlingen in der Stadt Leverkusen. (Hrsg.) Stadt Leverkusen, Flüchtlingsrat Leverkusen, Caritas Leverkusen, Stand: 01.10.2012

  3. Beschluss des Rates der Stadt Köln vom 20.07.2004, Dezernat für Soziales, Senioren, Wohnen und Beschäftigungsförderung. Wohnungsversorgungsbetrieb. Der Oberbürgermeister der Stadt Köln, S.14

  4. Die Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung (2009) zeigt die Defizite der Kommunen auf und weist darauf hin, dass den meisten Kommunen ein Integrationskonzept fehlt.

  5. General-Anzeiger Bonn, Dienstag, 24. Februar 2015

  6. Integrationskonzept der Bundesstadt Bonn, Mai 2009, S. 13

  7. EMFA (Evangelische Migrations- und Flüchtlingsarbeit Bonn / Integrationsagentur)

Lizenz

Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 3.0 DE - Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland" veröffentlicht. Autor/-in: Hıdır Çelik für bpb.de

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Hıdır Çelik arbeitet bei der Evangelische Migrations- und Flüchtlingsarbeit (EMFA) in Bonn. Die EMFA begleitet und berät Flüchtlinge, Asylsuchende, Migrantinnen und Migranten.