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Rechtsextremismus ist kein Kinderspiel | Rechtsextremismus | bpb.de

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Rechtsextremismus ist kein Kinderspiel

Johannes Radke

/ 8 Minuten zu lesen

In der Kita weigert sich ein Kind, neben einem Kind mit Migrationshintergrund zu sitzen. Seine Eltern beschimpfen andere Eltern wegen ihrer Herkunft. In manchen Kitas sind solche Situationen Alltag. Wann muss interveniert werden? Und wie kann eine solche Intervention aussehen, die immer auch das Wohl des Kindes im Fokus haben sollte? Die Expertin Eva Prausner von "ElternStärken" erklärt im Interview den Umgang mit Kindern von Rechtsextremen.

Teilnehmer einer Neonazi-Kundgebung in Leipzig halten Transparente mit rechtsextremer Propaganda.

Frau Prausner, kann ein Kind Neonazi sein?

Nein, ein Kind kann natürlich nicht rechtsextrem sein. Bei Kindern kann man auch nicht von gefestigten Weltbildern sprechen. Aber Kinder können Vorurteile von den Eltern oder anderen Erwachsenen übernehmen und in die Kita tragen. Das wird bei Kindern ab drei Jahren beobachtet, so die Erkenntnisse der Fachstelle Kinderwelten.

Wie sieht das konkret aus?

Die Kinder sagen dann beispielsweise "Du heißt Tufan und sprichst so komisch, deshalb darfst du nicht mitspielen" oder "Du gehörst nicht zu uns, weil du ein Mädchen bist." Da werden die eigenen Spielinteressen mit Hilfe von Vorurteilen durchgesetzt. Mir ist ein Fall bekannt, bei dem Kinder versucht haben, ein Schwarzes Kind beim Schwimmausflug daran zu hindern, ins Becken zu springen. Sie begründeten das damit, dass die Haut abfärben und das Wasser dreckig werden würde. Hier vermischen sich also diskriminierende Vorurteile mit kindlicher Unwissenheit.

Sie beraten seit vielen Jahren Kitas, wenn es Probleme mit rechtsextremen Eltern gibt. Haben Sie das Gefühl, dass das Problem zugenommen hat?

Definitiv. Wir merken das an der steigenden Zahl von Beratungsanfragen. Einerseits sind es Fälle, bei denen Kinder von rechtsextrem orientierten Eltern in die Kita kommen, die oft keine gefestigte rechtsextreme Ideologie, sondern Fragmente dieser Ideologie vertreten. Im Kern werden Menschen nicht als gleichwertig angesehen und gehören nicht dazu, weil sie einer bestimmten Interner Link: Gruppe zugeordnet werden. Bei einem Verkleidungstag gab es beispielsweise Eltern, die den Erzieherinnen gesagt haben, dass ihr Kind keine Kleidung von "den Ausländern" anziehen dürfe, "weil die stinken". Andere Eltern wollten verhindern, dass ihr Kind auf einem Foto mit arabisch-stämmigen Kita-Kindern zu sehen ist. Hier müsste im Einzelfall überprüft werden, ob hinter der rassistischen Äußerung eine wohlbedachte Ideologie steht oder nicht. Die meisten Fachkräfte beschäftigt vor allem der weit verbreitete Alltagsrassismus, der sich aktuell vor allem gegen Flüchtlinge richtet.

Aber Rechtsextreme mit Kindern gibt es schon viele Jahrzehnte. Warum steigen ausgerechnet jetzt die Fälle?

Eine Erklärung dafür könnte sein, dass die Jugendlichen, die in der Hochzeit der Szene in den 1990er Jahren rechtsextrem sozialisiert wurden, jetzt erwachsen sind und Kinder bekommen. Gleichzeitig ist aber sicherlich auch in den Kitas das Problembewusstsein und damit die Aufmerksamkeit gestiegen.

Wie vermitteln denn rechtsextreme Eltern die Ideologie an ihre Kinder?

Wir sehen ganz unterschiedliche Erziehungsstile bei rechtsextremen Eltern. Es gibt Eltern, die ihr Kind ganz gezielt ideologisch erziehen. Das kann ein autoritärer Erziehungsstil sein, der auf Unterordnung und Gehorsam angelegt ist. Den Kindern wird beigebracht: "Auch als Kind hast du eine Aufgabe zu erfüllen. Du musst die Volksgemeinschaft und die nationale Gegenkultur mittragen." Kinder werden instrumentalisiert. Es gibt aber auch Eltern, die ihren Kindern ganz liebevoll und, wenn man so will, "demokratisch" erklären, wer zur "Volksgemeinschaft" gehört und wer nicht und wie ein "richtiger" Junge beziehungsweise ein "richtiges" Mädchen auszusehen hat.

Bei manchen Eltern ist auch eine strategische Zurückhaltung zu beobachten, damit der Nachwuchs eine gute Ausbildung genießen kann. Die Kinder sollen in der Kita oder in der Schule nicht anecken und Nachteile erleben. Die gesellschaftliche Ächtung rechtsextremer Ideologie soll so, zumindest in der Kindheit, umgangen werden. Wenn ein Kind beispielsweise beim Malen Hakenkreuze zeichnet, ist es natürlich sofort im Fokus der Erzieherinnen.

Nennen Sie uns doch mal einen klassischen Beratungsfall aus Ihrer Arbeit.

Es gab da eine kleine Kita mit 15 Kindern. Dort hatte eine rechtsextrem orientierte Mutter alle Kinder zum Geburtstag ihres Kindes eingeladen. Abends kamen die Kleinen mit rechtsextremen T-Shirts als Geschenk nach Hause. "Kleiner Germane" in Frakturschrift stand darauf. Einige Eltern waren geschockt und wütend. Sie hatten Angst, dass ihre eigenen Kinder langfristig in diese Ideologie reingezogen werden könnten. Andere wiederum standen dem Problem mit der rechtsextrem orientierten Gesinnung der Mutter schweigend bis gleichgültig gegenüber. Eine schwierige Situation. Jetzt ging es darum, die zu Recht empörten Eltern nicht zu verlieren, aber auch darum, wie man es schafft, dass das Kind der Mutter die Kita nicht verlassen muss und eine Kündigung vermieden werden kann. Denn das würde dem Kind beziehungsweise dem Auftrag der Kita nicht gerecht werden. Das war der Anlass, sich professionelle Hilfe zu holen.

Was genau wurde denn unternommen?

Es gab als erstes ein langes Gespräch mit der Mutter, um erst einmal herauszufinden, wie stark ihre rechtsextreme Haltung ist. Auffallend war schon vorher, dass Mutter und Kind beide regelmäßig in Thor-Steinar-Kleidung in die Kita kamen. Nach dem Gespräch wurden klare Regeln aufgestellt: 1. Keine rechtsextreme Kleidung in der Kita, weder beim Kind noch bei der Mutter. 2. Keine diskriminierenden Äußerungen, auch nicht auf der Info-Tafel der Kita. 3. Kindergeburtstage werden nur noch in der Kita gefeiert und nicht Zuhause.

Hat das funktioniert?

In diesem Fall ja. Durch die klaren Ansagen des Leiters hat die Mutter immer stärker einen Rückzieher gemacht. "Wenn du sagst, dass das meinem Kind nicht gut tut, dann lasse ich das", war eine Reaktion. Möglicherweise auch eine opportunistische Entscheidung der Mutter, aber sie hat sich an diese Regeln gehalten, und es hat die Situation für die anderen Eltern beruhigen können. Ich glaube, dass die gute Zusammenarbeit mit der Mutter und dem Leiter auf anderen Ebenen gut funktioniert hat. Die Mutter fühlte sich von ihm wertgeschätzt.

Es gibt "richtige" Nazifamilien, die vollständig nach der völkischen Ideologie leben, aber auch nicht-organisierte, ohne gefestigte Ideologie. Muss man mit beiden Gruppen unterschiedlich umgehen?

Richtig organisierte Neonazis treten sehr viel selbstbewusster auf. Sie wissen genau, was sie tun und gehen strategisch vor. Es hat kaum Sinn, mit ihnen zu diskutieren, ob diese Ideologie richtig oder falsch ist. Die werden nicht einlenken. Trotzdem braucht man eine ernstgemeinte Zusammenarbeit und ein verbindendes Interesse mit diesen Eltern, in dem das Kind und sein Wohl im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen. Das bedeutet, man muss deutlich machen, welche Nachteile für das Kind in Bezug auf seine Selbstbestimmung und Entwicklungsbedürfnisse durch eine rechtsextreme Erziehung entstehen können. Es geht um die Forderung an die Eltern nach einem elementaren Schutz des Kindes.

Bei Eltern, die "nur" rassistische Vorurteile haben, kann man hingegen über diese Einstellungsmuster sprechen und sich mit ihnen auseinandersetzen. Das ist übrigens auch die größte Gruppe, mit der wir bei Beratungen zu tun haben. Fokus bleibt immer das Kind und die Frage, wie viele positive Übereinstimmungen oder Schnittmengen es mit diesen Eltern geben kann, auch wenn ich ihre politische Haltung ablehne.

Wer macht bei einem Konflikt den ersten Schritt? Eltern oder Erzieherinnen und Erzieher?

Oft sind es Eltern, die selbst Diskriminierungserfahrungen gemacht haben, die ein Problem in der Kita wahrnehmen und sich an die Leitung wenden. Die Betroffenenperspektive ist ganz wichtig als Gradmesser, was in der Einrichtung tatsächlich passiert. Diejenigen, die nicht betroffen sind, nehmen Diskriminierungen anderer oft gar nicht wahr. Die Reaktionen sind dementsprechend unterschiedlich. Manche Eltern sind total entsetzt und haben Sorge um das Klima in der Kita und fühlen sich bedroht, andere versuchen, das Problem lieber kleinzureden oder zu ignorieren.

Helfen Verbote?

Es muss ganz klare Grenzen geben. Kinder oder Eltern dürfen nicht diskriminiert oder beleidigt werden. Eine Kita muss alle Menschen mit ihrer Persönlichkeit schützen. Hier sollte die Kita unmissverständlich klar machen, welche Werte und Normen sie vertritt. Ich halte Transparenz und Verständigung und Auseinandersetzung mit den Eltern über diese Werte – viele Kitas entwickeln Leitbilder – für sehr wichtig, ohne dass jedoch die Grundsätze in Frage gestellt werden. Man muss für alle deutlich machen, dass rechtsextreme Ideologie fundamental unseren demokratischen Grundsätzen widerspricht und in der Kita nichts zu suchen hat. Deshalb kann beispielsweise eine Regel in der Hausordnung sinnvoll sein, die Kleidung und Symbolik mit menschenverachtender Botschaft in der Kita untersagt.

Gibt es Situationen, wo ein Ausschluss aus der Kita unvermeidbar ist?

Das sollte wirklich nur der allerletzte Schritt sein. Der Punkt ist möglicherweise erreicht, wenn mit Gewalt gedroht oder es handgreiflich wird. Ich kenne einen Fall, bei dem ein rechtsextremer Vater auf dem Parkplatz mit dem Motorrad mit hoher Geschwindigkeit auf eine Kita-Mutter mit Migrationshintergrund zugefahren ist. In dem Moment entschied sich die Leitung, den Vertrag zu kündigen.

Können Kitas über einen Rauswurf frei entscheiden? Gibt es dafür eine bundesweite Rechtsgrundlage?

Eine Kündigung des Betreuungsvertrages durch den Träger ist nur aus einem wichtigen Grund zulässig. Ich empfehle, sich bei diesem Thema juristischen Rat zu holen. Ein Leitbild, in dem verbindlich Werte wie Vielfalt, demokratisches Zusammenleben und ein respektvoller Umgang verankert sind, ist eine gute Grundlage bei einem Kündigungsvorhaben. Dieses Leitbild kann den Eltern bereits beim Bewerbungsgespräch vorgelegt werden.

Welchen Rückhalt und Schutz benötigen Angestellte, um sicher intervenieren zu können?

Ein unterstützendes Team und Halt gebende Strukturen durch Leitung und Träger sind wichtige Voraussetzungen in diesem herausfordernden Konflikt. Gerade weil es in diesen Einzelfällen keine sichere Lösung und auch kein Rezept gibt, sind Fachkräfte besonders gefordert, eine umfassende Einschätzung der Situation zu bekommen und angemessene fachlich und ethisch begründete Entscheidungen zu treffen. Die Reflexion und Vergewisserung über demokratische Grundwerte im Team ist eine wichtige Basis, um dem professionellen Auftrag eines inklusiven Bildungsanspruchs gerecht zu werden.

Wie sollten Erzieherinnen und Erzieher reagieren, wenn sie einen rassistischen Vorfall bemerken?

Wenn es so einen Fall gibt, sollten zwei Schritte folgen: Als erstes eine direkte Intervention mit einer sachlichen Aufklärung. Bezogen auf das eingangs erwähnte Beispiel am Wasserbecken mit den Kindern: "Keine Hautfarbe färbt ab. Kein Kind darf beleidigt und daran gehindert werden, im Wasser zu spielen." Wichtig ist die Botschaft: Hier behandeln wir alle Menschen mit Respekt, und kein Kind darf aufgrund eines Merkmals seiner Persönlichkeit diskriminiert werden. Im zweiten Schritt entscheiden sich Fachkräfte, mit Eltern über diese oder andere Situationen in den Dialog oder in den Konflikt zu gehen. Im Zweifelsfall kann man sich dann noch an eine Beratungsstelle wie die unsere wenden. Übrigens ist auch die präventive Arbeit ganz wichtig, damit es möglichst gar nicht erst zu solchen Situationen kommt.

Wie kann das konkret aussehen?

Das fängt schon beim Spielmaterial an. Das sollte die Unterschiedlichkeit der Kinder und ihrer Eltern abbilden. Beispielsweise sollte es auch schwarze Spielpuppen geben und entsprechende Bücher, die Vielfalt sichtbar machen. Da kommt ein Kind dann in die Kita und sagt: „Das bin ich.“ So wird klar, dass sich alle Menschen mit ihren Identitätsmerkmalen in der Kita wieder finden und zugehörig fühlen.

Eva Prausner ist Leiterin des vom Land Berlin geförderten Projekts "ElternStärken". Seit 2008 berät sie Jugendeinrichtungen und Kitas im Umgang mit Kindern von Rechtsextremen. Aber auch Eltern, deren Kinder in die Neonazi-Szene abrutschen, finden bei ihr Rat. Sie gibt Fortbildungen und Beratungen für Kita-Angestellte vor allem im Land Berlin.

Fussnoten

ist freier Journalist mit dem Themenschwerpunkt Rechtsextremismus und Jugendkultur. Er betreut für ZEIT-Online seit Juli 2009 den Störungsmelder. Gemeinsam mit Toralf Staud hat er das ZEIT-Portal "Netz gegen Nazis" gestartet und an dem "Buch gegen Nazis" mitgeschrieben.