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Frühkindliche Bildung: Rechtsgrundlagen und familienpolitische Maßnahmen | Bildung | bpb.de

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Frühkindliche Bildung: Rechtsgrundlagen und familienpolitische Maßnahmen

Diana Franke-Meyer

/ 12 Minuten zu lesen

Einrichtungen der frühkindlichen Erziehung, Bildung und Betreuung gehören in Deutschland zur Kinder- und Jugendhilfe. Welche rechtlichen Grundlagen bestimmen die Arbeit in diesem Bereich? Welche Aufgaben stehen im Vordergrund? Welche Rolle spielen Bund, Länder und Kommunen und weshalb überwiegen in der Kita-Landschaft freie Träger?

Kind sortiert Wachsmalkreide. Die außerfamiliale institutionelle Erziehung, Bildung und Betreuung noch nicht schulpflichtiger Kinder gehört in Deutschland zum Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. (© picture-alliance/dpa)

Kindertageseinrichtungen sind ein Teilbereich der Kinder- und Jugendhilfe

Seit der Jahrtausendwende wird intensiv darüber debattiert, wie der Interner Link: pädagogische Auftrag der außerfamilialen Kindertagesbetreuung gestärkt werden kann. Dabei werden Kindertagesstätten immer wieder als Bildungseinrichtungen bezeichnet, wodurch der Eindruck entsteht, dass sie ihren bildungspolitischen Standort innerhalb des Bildungssystems haben. Dieser Eindruck täuscht jedoch. Im Unterschied zu Ländern wie Frankreich oder den Niederlanden, in denen der Elementarbereich im Schulsystem verankert ist, fungieren die Kindertageseinrichtungen in Deutschland als Hilfseinrichtungen für die Familie. Seit der Kindergarten dem 1924 in Kraft getretenen Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt (RJWG) zugeordnet wurde, gehört die außerfamiliale institutionelle Erziehung, Bildung und Betreuung noch nicht schulpflichtiger Kinder hierzulande zum Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Diese Zuordnung besteht bis heute. Auch wenn im Zuge der Bildungsreform in den 1960er und 1970er Jahren der Kindergarten als "Elementarbereich" nominell ins Bildungssystem eingegliedert wurde, hat dies bis heute keine strukturellen Veränderungen nach sich gezogen. Nach wie vor ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für die Kindertageseinrichtungen zuständig. Das Verhältnis von Kindergarten und Schule ist in Deutschland noch immer ungeklärt. So gibt es bis heute unterschiedliche Auffassungen darüber, in welchem Maße die Kindertageseinrichtungen schulvorbereitende Aufgaben übernehmen sollten. Dieser Streitpunkt besteht seit den Anfängen der öffentlichen Kleinkindererziehung im 19. Jahrhundert (siehe auch Interner Link: hier).

Rechtliche Grundlagen der außerfamilialen Kindertagesbetreuung

Die rechtlichen Grundlagen der Kindertagesbetreuung sind auf drei Ebenen geregelt: der Bundesebene, der Landesebene und der kommunalen Ebene. Auf Bundesebene werden lediglich allgemeine Richtlinien festgelegt, an die sich alle Länder halten müssen. Dazu zählt beispielsweise der Rechtsanspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege für Kinder ab dem ersten Lebensjahr. Detaillierte inhaltliche Vorgaben erfolgen dann auf Landesebene und sind auf kommunaler Ebene umzusetzen.

Das Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) bildet das zentrale Gesetz auf Bundesebene; es wird auch als Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) bezeichnet (Hinweis: der Wortlaut der im Text angeführten Paragrafen findet sich in den Infoboxen). Unter der Überschrift "Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege" werden im dritten Abschnitt des zweiten Kapitels dieses Gesetzes (§§ 22 bis 26 SGB VIII) die Rahmenbedingungen der außerfamilialen Kindertagesbetreuung festgelegt. Diese kann sowohl in Kindertageseinrichtungen (Krippen, Kindergärten und Horten) als auch in der Kindertagespflege (Tagesmütter und -väter) erfolgen (siehe Infobox).

QuellentextWelche Angebote umfasst der Bereich Kindertagesbetreuung?

"In Deutschland werden öffentlich geförderte Angebote frühkindlicher Bildung und Betreuung in der Regel als Kindertageseinrichtungen sowie Kindertagespflege bereitgestellt.

Unter den Sammelbegriff Kindertageseinrichtungen fallen Kinderkrippen für unter Dreijährige, Kindergärten für Drei- bis Sechsjährige bzw. bis zum Schulpflichtalter sowie altersgemischte Einrichtungen (u.a. Kinderhäuser, Familienzentren). Weiter gibt es Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter, wie Horte und Tagesheime. Zudem bieten heilpädagogische Einrichtungen, wie Integrationseinrichtungen, Angebote für Kinder mit besonderen Förderbedarfen.

Die Kindertagespflege wird von einer Tagespflegeperson entweder im eigenen Haushalt, im Haushalt der Erziehungsberechtigten oder aber in anderen, für diesen Zweck geeigneten Räumen geleistet. Im Rahmen der klassischen Tagespflege werden maximal fünf Kinder gleichzeitig betreut. Durch die familiäre Betreuungssituation wird das Angebot vor allem von Kindern unter drei Jahren in Anspruch genommen. Des Weiteren gibt es Großtagespflegestellen, bei denen meist mehrere Tagespflegepersonen gemeinsam mehr als fünf Kinder gleichzeitig betreuen. Bis 2005 war die Kindertagespflege vielerorts ein privat organisiertes und finanziertes Betreuungsangebot. Mit der Verabschiedung des Tagesbetreuungsausbaugesetzes (TAG) wurde die Kindertagespflege als ein Angebot der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe etabliert."

Quelle: Nicole Klinkhammer & Katharina Erhard (2018). Interner Link: Politische Initiativen und Reformen. Mehr und bessere Angebote frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung in Deutschland und Europa.

Auf Landesebene regeln die Kindertagesstättengesetze als sogenannte Ausführungsgesetze zum SGB VIII die länderspezifische Umsetzung der Kindertagesbetreuung (vgl. § 26 SBG VIII). Festgelegt werden hier organisatorische Rahmenbedingungen, wie Regelungen über die Öffnungszeiten der Einrichtungen, über die Aufgaben und Ziele der Kindertagesbetreuung, zur Gesundheitsvorsorge, zur Zusammenarbeit mit den Eltern, zum Bildungsauftrag, zur pädagogischen Konzeption, zur Zusammenarbeit mit der Grundschule, zur Sprachförderung, aber auch zum Personalschlüssel und zur Finanzierung der Einrichtungen (siehe Infobox).

Kinderbildungsgesetz – KiBiz

Die nachfolgende Inhaltsübersicht des Gesetzes zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz – KiBiz) in NRW soll die detaillierten Regelungen der Kindertagesstättengesetze auf Landesebene beispielhaft verdeutlichen.
§ 1 Geltungsbereich und Begriffsbestimmung
§ 2 Allgemeine Grundsätze
§ 3 Aufgaben und Ziele
§ 3a Wunsch- und Wahlrecht
§ 3b Bedarfsanzeige und Anmeldung
§ 4 Kindertagespflege
§ 5 Angebote für Schulkinder
§ 6 Träger von Kindertageseinrichtungen
§ 7 Diskriminierungsverbot
§ 8 Gemeinsame Förderung aller Kinder
§ 9 Zusammenarbeit mit den Eltern
§ 9a Elternmitwirkung in der Kindertageseinrichtung
§ 9b Elternmitwirkung auf Jugendamtsbezirks- und Landesebene
§ 10 Gesundheitsvorsorge
§ 11 Fortbildung und Evaluierung
§ 12 Datenerhebung und -verarbeitung
§ 13 Frühkindliche Bildung
§ 13a Pädagogische Konzeption
§ 13b Beobachtung und Dokumentation
§ 13c Sprachliche Bildung
§ 13d Angebotsstruktur
§ 13e Öffnungszeiten und Schließtage
§ 14 Kooperation und Übergänge
§ 14a Zusammenarbeit zur Frühförderung und Komplexleistung
§ 14b Zusammenarbeit mit der Grundschule
§ 15 (aufgehoben)
§ 16 Familienzentren
§ 16a plusKITA
§ 16b Zusätzlicher Sprachförderbedarf
§ 17 Förderung in Kindertagespflege
§ 18 Allgemeine Voraussetzungen
§ 19 Berechnungsgrundlage für die Finanzierung der Kindertageseinrichtungen
§ 20 Zuschuss des Jugendamtes
§ 20a Rücklagen
§ 21 Landeszuschuss für Kindertageseinrichtungen
§ 21a Landeszuschuss für plusKITA-Einrichtungen
§ 21b Landeszuschuss für zusätzlichen Sprachförderbedarf
§ 21c Landeszuschuss für Qualifizierung
§ 21d Interkommunaler Ausgleich
§ 21e Planungsgarantie
§ 22 Landeszuschuss für Kinder in Kindertagespflege
§ 23 Elternbeiträge und Elternbeitragsfreiheit
§ 24 Investitionskostenförderung
§ 25 Erprobungen
§ 26 Verwaltungsverfahren und Durchführungsvorschriften
§ 27 Aufhebungs- und Übergangsvorschriften
§ 28 Schlussbestimmungen

Ein Blick in die jeweiligen Landesgesetze verdeutlicht, dass es bundesweit erhebliche Unterschiede in der Ausgestaltung der Kindertagesbetreuung gibt, beispielsweise beim Fachkraft-Kind-Schlüssel, bei der Finanzierung der Kindertagesstätten oder bei der Kooperation mit der Grundschule. Diese Unterschiede setzen sich auf kommunaler Ebene fort, denn die konkrete Ausgestaltung der organisatorischen Rahmenbedingungen liegt in kommunaler Verantwortung (Landkreise, Städte, Gemeinden). Die kommunale Jugendhilfeplanung ist dafür zuständig, ein bedarfsgerechtes Angebot bereitzustellen sowie entsprechende Interner Link: Regelungen zur Finanzierung und zur Höhe der Elternbeiträge zu treffen. Gesichtspunkte, die bei der Angebotsplanung besonders berücksichtigt werden sollen, werden im § 80 SGB VIII beschrieben (siehe Infobox).

Kita-Träger: Öffentliche und freie Jugendhilfe

Das SGB VIII verpflichtet die Jugendämter der Städte, Gemeinden und Kreise als Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die Gesamtverantwortung für die Planung und Durchführung der Kindertagesbetreuung zu übernehmen. Betrieben werden die Kindertageseinrichtungen jedoch nicht allein von den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe, sondern mehrheitlich von Trägern der freien Jugendhilfe (Kirchengemeinden, Religionsgemeinschaften, Wohlfahrtsverbände, Vereine, Elterninitiativen). Diese "freien Träger" müssen im Rahmen eines vom Gesetzgeber festgelegten Verfahrens als solche anerkannt werden (vgl. § 75 SGB VIII), wobei dies genau genommen vor allem für Vereine, Elterninitiativen und sonstige freie Träger gilt. Die Kirchen, Religionsgemeinschaften und Wohlfahrtsverbände brauchen sich diesem Verfahren nicht mehr zu unterziehen, denn sie sind nach dem SGB VIII bereits "anerkannte Träger der freien Jugendhilfe" (§ 75 Abs. 3 SGB VIII). Als Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege gelten das Diakonische Werk der evangelischen Kirche in Deutschland, der Deutsche Caritasverband der katholischen Kirche, die Arbeiterwohlfahrt (AWO), der Zentralverband der Juden in Deutschland, der Paritätische Wohlfahrtsverband und das Deutsche Rote Kreuz (DRK). Bis zum 1. März 2018 waren 18.394 Kindertageseinrichtungen in öffentlicher und 37.539 in freier Trägerschaft (Statistisches Bundesamt 2018). Dabei wird das Verhältnis von öffentlicher und freier Trägerschaft durch das Prinzip der Subsidiarität (Nachrangigkeit) bestimmt: Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe stellen also erst dann geeignete Angebote zur Verfügung, wenn diese von keinem freien Träger erbracht werden (§ 4 SGB VIII).

Innerhalb der freien Trägerschaft befindet sich knapp die Hälfte (48,5 %) der Kindertageseinrichtungen unter dem Dach der beiden großen konfessionellen Träger (23,7 % Diakonie und sonstige evangelische Träger sowie 24,8 % Caritas und sonstige katholische Träger). Die andere Hälfte verteilt sich auf den Paritätischen Wohlfahrtsverband (13,7 %), die AWO (6,7 %), das DRK (4,1 %), den Zentralverband der Juden in Deutschland (0,05 %) sowie andere juristische Personen und Vereinigungen (21,8 %), andere Religionsgemeinschaften (0,5 %) und Jugendverbände (0,1 %). Hinzu kommen 4,3 Prozent private nicht-gemeinnützige freie Träger (Statistisches Bundesamt 2018). Dazu zählen Unternehmen und Betriebe, privat-gewerbliche Träger sowie andere juristische Personen.

Auszug aus dem Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII – §§ 3, 4, 75, 79 und 80)

§ 3 Freie und öffentliche Jugendhilfe

(1) Die Jugendhilfe ist gekennzeichnet durch die Vielfalt von Trägern unterschiedlicher Wertorientierung und die Vielfalt von Inhalten, Methoden und Arbeitsformen.
(2) Leistungen der Jugendhilfe werden von Trägern der freien Jugendhilfe und von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe erbracht. Leistungsverpflichtungen, die durch dieses Buch begründet werden, richten sich an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe.

(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe werden von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe wahrgenommen. Soweit dies ausdrücklich bestimmt ist, können Träger der freien Jugendhilfe diese Aufgaben wahrnehmen oder mit ihrer Ausführung betraut werden.

§ 4 Zusammenarbeit der öffentlichen Jugendhilfe mit der freien Jugendhilfe

(1) Die öffentliche Jugendhilfe soll mit der freien Jugendhilfe zum Wohl junger Menschen und ihrer Familien partnerschaftlich zusammenarbeiten. Sie hat dabei die Selbständigkeit der freien Jugendhilfe in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben sowie in der Gestaltung ihrer Organisationsstruktur zu achten.

(2) Soweit geeignete Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können, soll die öffentliche Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen.

(3) Die öffentliche Jugendhilfe soll die freie Jugendhilfe nach Maßgabe dieses Buches fördern und dabei die verschiedenen Formen der Selbsthilfe stärken.

§ 75 Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe

(1) Als Träger der freien Jugendhilfe können juristische Personen und Personenvereinigungen anerkannt werden, wenn sie

  1. auf dem Gebiet der Jugendhilfe im Sinne des § 1 tätig sind,

  2. gemeinnützige Zwecke verfolgen,

  3. aufgrund der fachlichen und personellen Voraussetzungen erwarten lassen, dass sie einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe zu leisten imstande sind, und

  4. die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderlichen Arbeit bieten.

(2) Einen Anspruch auf Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe hat unter den Voraussetzungen des Absatzes 1, wer auf dem Gebiet der Jugendhilfe mindestens drei Jahre tätig gewesen ist.

(3) Die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts sowie die auf Bundesebene zusammengeschlossenen Verbände der freien Wohlfahrtspflege sind anerkannte Träger der freien Jugendhilfe.

§ 79 Gesamtverantwortung, Grundausstattung

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben für die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung.

(2) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen gewährleisten, dass zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch

  1. die erforderlichen und geeigneten Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen den verschiedenen Grundrichtungen der Erziehung entsprechend rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen; […]

  2. eine kontinuierliche Qualitätsentwicklung […] erfolgt.

[…]

§ 80 Jugendhilfeplanung

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben im Rahmen ihrer Planungsverantwortung

  1. den Bestand an Einrichtungen und Diensten festzustellen,

  2. den Bedarf unter Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Personensorgeberechtigten für einen mittelfristigen Zeitraum zu ermitteln und

  3. die zur Befriedigung des Bedarfs notwendigen Vorhaben rechtzeitig und ausreichend zu planen; dabei ist Vorsorge zu treffen, dass auch ein unvorhergesehener Bedarf befriedigt werden kann.

(2) Einrichtungen und Dienste sollen so geplant werden, dass insbesondere

  1. Kontakte in der Familie und im sozialen Umfeld erhalten und gepflegt werden können,

  2. ein möglichst wirksames, vielfältiges und aufeinander abgestimmtes Angebot von Jugendhilfeleistungen gewährleistet ist,

  3. junge Menschen und Familien in gefährdeten Lebens- und Wohnbereichen besonders gefördert werden,

  4. Mütter und Väter Aufgaben in der Familie und Erwerbstätigkeit besser miteinander vereinbaren können.

(3) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe in allen Phasen ihrer Planung frühzeitig zu beteiligen. Zu diesem Zweck sind sie vom Jugendhilfeausschuss, soweit sie überörtlich tätig sind, im Rahmen der Jugendhilfeplanung des überörtlichen Trägers vom Landesjugendhilfeausschuss zu hören. Das Nähere regelt das Landesrecht.

(4) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen darauf hinwirken, dass die Jugendhilfeplanung und andere örtliche und überörtliche Planungen aufeinander abgestimmt werden und die Planungen insgesamt den Bedürfnissen und Interessen der jungen Menschen und ihrer Familien Rechnung tragen.

Förderungsauftrag und inhaltliche Gestaltungsfreiheit

Als "Förderungsauftrag" der außerfamilialen Kindertagesbetreuung nennt das Sozialgesetzbuch "Erziehung, Bildung und Betreuung" (§ 22 Abs. 3 SGB VIII). Konkrete inhaltliche Vorgaben werden nicht gemacht, da diese den Ländern vorbehalten sind (vgl. § 26 SGB VIII). Das SGB VIII verlangt lediglich, dass "die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit" (§ 22 Abs. 2 SGB VIII) gefördert wird. Hinzu kommt die Soll-Bestimmung, dass die frühpädagogischen Fachkräfte "mit den Schulen" zusammenarbeiten sollen, "um den Kindern einen guten Übergang in die Schule zu sichern" (§ 22a Abs. 2 SGB VIII). Damit werden Kindertagesstätten jedoch nicht automatisch zu Einrichtungen des Bildungssystems. Auch wenn der Gesetzgeber im Paragraf 22 den Einrichtungen der Kindertagesbetreuung eindeutig einen Bildungsauftrag zuschreibt, bleibt deren übergeordnete Aufgabe Fürsorge und Betreuung. Sie sollen einerseits "die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützen und ergänzen" und andererseits "den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können" (§ 22 Abs. 2 SGB VIII).

Im dritten Absatz des Paragraf 22 wird der Förderungsauftrag erweitert: Er soll "sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes" beziehen, "die Vermittlung orientierender Werte und Regeln" einschließen und sich "am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Herkunft berücksichtigen". Hinweise zur inhaltlichen Ausgestaltung des Förderungsauftrages finden sich im Paragraf 22a, die jedoch nur von den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe zu beachten sind. Den freien Trägern lässt das Sozialgesetzbuch in diesem Punkt weitgehend freie Hand. Zwar sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe "die Realisierung des Förderungsauftrags […] in den Einrichtungen anderer Träger durch geeignete Maßnahmen sicherstellen" (vgl. § 22a Abs. 5 SGB VIII). Allerdings sind nur die Träger der öffentlichen Jugendhilfe dazu verpflichtet, den Förderungsauftrag umzusetzen (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII).

Das SGB VIII schreibt dabei nicht vor, wie die Träger der öffentlichen Jugendhilfe den Förderungsauftrag bei den freien Trägern sicherstellen sollen. Ein konkreter Maßnahmenkatalog ist aufgrund der inhaltlichen Gestaltungsfreiheit der freien Träger auch gar nicht möglich. So haben die Träger der öffentlichen Jugendhilfe die "verschiedenen Grundrichtungen der Erziehung" (§ 79) bei der Bedarfsplanung zu berücksichtigen. Damit soll ein vielfältiges inhaltliches Angebot gewährleistet werden. Dies wiederum korrespondiert mit dem "Wunsch- und Wahlrecht" (§ 5) der Leistungsberechtigten. Eltern bzw. Erziehungsberechtigte sollen darüber die Möglichkeit erhalten, eine Kindertagesstätte entsprechend ihrer Wertorientierung zu wählen.

Zur Umsetzung dieses "Wunsch- und Wahlrechts" legt das SGB VIII fest, dass die Jugendhilfe, also auch die Kindertagesbetreuung, "durch die Vielfalt von Trägern unterschiedlicher Wertorientierung und die Vielfalt von Inhalten, Methoden und Arbeitsformen" (§ 3 Abs. 1) gekennzeichnet ist (siehe Infobox oben). Entsprechend sind die Kindertageseinrichtungen konzeptionell sehr vielfältig. So arbeiten manche Einrichtungen nach der Montessoripädagogik, nach dem Situationsansatz, dem situationsorientierten Ansatz oder dem offenen Ansatz. Andere orientieren sich an der Waldorfpädagogik, der Freinetpädagogik, der Reggiopädagogik oder an der Fröbelpädagogik. Daneben gibt es Bewegungskindergärten, Musikkindergärten, Waldkindergärten oder auch Kneipp-Kindergärten. Mit der Trägervielfalt knüpft das SGB VIII an die historischen Wurzeln der Kinder- und Jugendhilfe an. So entstanden die Kindertageseinrichtungen im 19. Jahrhundert in der Trägerschaft privater, meist christlich motivierter bürgerlicher Wohltätigkeit (mehr dazu Interner Link: hier) . Daraus entwickelten sich die Vorläufer der heutigen freien Träger. Entsprechend dieser Tradition befinden sich auch heute noch die meisten Kindertagesstätten unter dem Dach eines freien Trägers.

Auszug aus dem Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) – §§ 22 und 22a

§ 22 Grundsätze der Förderung

(1) Tageseinrichtungen sind Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten und in Gruppen gefördert werden. Kindertagespflege wird von einer geeigneten Tagespflegeperson in ihrem Haushalt oder im Haushalt des Personensorgeberechtigten geleistet. Das Nähere über die Abgrenzung von Tageseinrichtungen und Kindertagespflege regelt das Landesrecht. Es kann auch regeln, dass Kindertagespflege in anderen geeigneten Räumen geleistet wird.
(2) Tageseinrichtungen für Kinder und Kindertagespflege sollen

  1. die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern,

  2. die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützen und ergänzen,

  3. den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können.

(3) Der Förderungsauftrag umfasst Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Er schließt die Vermittlung orientierender Werte und Regeln ein. Die Förderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Herkunft berücksichtigen.

§ 22a Förderung in Tageseinrichtungen

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen die Qualität der Förderung in ihren Einrichtungen durch geeignete Maßnahmen sicherstellen und weiterentwickeln. Dazu gehören die Entwicklung und der Einsatz einer pädagogischen Konzeption als Grundlage für die Erfüllung des Förderungsauftrags sowie der Einsatz von Instrumenten und Verfahren zur Evaluation der Arbeit in den Einrichtungen.

(2) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen sicherstellen, dass die Fachkräfte in ihren Einrichtungen zusammenarbeiten

  1. mit den Erziehungsberechtigten und Tagespflegepersonen zum Wohl der Kinder und zur Sicherung der Kontinuität des Erziehungsprozesses,

  2. mit anderen kinder- und familienbezogenen Institutionen und Initiativen im Gemeinwesen, insbesondere solchen der Familienbildung und -beratung,

  3. mit den Schulen, um den Kindern einen guten Übergang in die Schule zu sichern und um die Arbeit mit Schulkindern in Horten und altersgemischten Gruppen zu unterstützen.

Die Erziehungsberechtigten sind an den Entscheidungen in wesentlichen Angelegenheiten der Erziehung, Bildung und Betreuung zu beteiligen.

(3) Das Angebot soll sich pädagogisch und organisatorisch an den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Familien orientieren. Werden Einrichtungen in den Ferienzeiten geschlossen, so hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Kinder, die nicht von den Erziehungsberechtigten betreut werden können, eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit sicherzustellen.

(4) Kinder mit und ohne Behinderung sollen, sofern der Hilfebedarf dies zulässt, in Gruppen gemeinsam gefördert werden. Zu diesem Zweck sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Trägern der Sozialhilfe bei der Planung, konzeptionellen Ausgestaltung und Finanzierung des Angebots zusammenarbeiten.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen die Realisierung des Förderungsauftrages nach Maßgabe der Absätze 1 bis 4 in den Einrichtungen anderer Träger durch geeignete Maßnahmen sicherstellen.

Die Problematik von "Eigenständigkeit" und "Anschlussfähigkeit"

Im Paragraf 22 Abs. 3 SGB VIII schreibt der Gesetzgeber den Kindertagesstätten und der Kindertagespflege eindeutig einen Bildungsauftrag zu. Zur Ausgestaltung dieses Bildungsauftrags gibt es in Deutschland seit jeher entgegengesetzte Auffassungen. Auf der einen Seite wird die Position vertreten, dass Bildungsprozesse aufeinander aufbauen, weshalb der Bildungsauftrag der Kindertagesstätten anschlussfähig zur nachfolgenden Institution Schule definiert sein sollte. Diese Position vertrat im 19. Jahrhundert die Fröbelbewegung. Sie findet sich dann im "Strukturplan für das Bildungswesen" wieder, den 1970 der Deutsche Bildungsrat vorgelegt hat. Auch in den aktuellen Debatten um die pädagogische Qualität der Kindertageseinrichtungen wird Kontinuität und didaktisch-methodische Abstimmung zwischen Elementar- und Grundschulpädagogik gefordert.

Auf der anderen Seite gibt es Positionen, die vor einer Verschulung frühpädagogischer Einrichtungen warnen und einen eigenständigen Bildungsauftrag des Kindergartens betonen. Dieser eigenständige Bildungsauftrag versteht sich als bewusste Abgrenzung von der Schule und richtet sich gegen einen schulbezogenen, also vorschulischen Bildungsauftrag. Vertreterinnen und Vertreter dieser Position befürchten eine Vorverlegung schulischer Inhalte und sehen keinen Bedarf, das Verhältnis zwischen Elementar- und Grundschulpädagogik strukturell und curricular zu verändern. Sie verstehen die Phase der frühen Kindheit als eigenständige Lern- und Entwicklungszeit, die besonders schutzbedürftig ist. Auch diese Position hat historische Vorläufer, die ebenfalls in der Fröbelbewegung zu finden sind. Nach vergeblichen Forderungen den Kindergarten in das Schulsystem zu integrieren begannen die Fröbelpädagoginnen und Fröbelpädagogen zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine eigenständige Kindergartenpädagogik zu begründen und grenzten den Kindergarten bewusst von der Schule ab (mehr dazu Interner Link: hier). Bezogen auf diese Tradition wird auch heute noch vielfach die Pädagogik des Kindergartens begründet.

So neigt auch der im SGB VIII verankerte Bildungsauftrag eher der letztgenannten Auffassung zu: Er verweist "auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes" und lässt keinen Bezug zur Schule erkennen. Der Gesetzgeber bestimmt lediglich die äußere Kooperation zwischen beiden Einrichtungen, indem er die Träger der öffentlichen Jugendhilfe dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, "dass die Fachkräfte in ihren Einrichtungen […] mit den Schulen [zusammenarbeiten], um den Kindern einen guten Übergang in die Schule zu sichern […]" (§ 22a Abs. 3 Satz 3 SGB VIII). Die konkrete Ausgestaltung dieser Kooperation und des Bildungsauftrages überlässt der Bund wie gesagt den Ländern, die dazu detaillierte Vorgaben in ihren Ausführungsgesetzen formuliert haben (siehe Infobox). Hier finden beide Auffassungen allerdings zu einem etwas widersprüchlichen Kompromiss zusammen: Zwar bezeichnen die meisten Landesgesetze den Bildungsauftrag der Kindertageseinrichtungen als eigenständig, gleichzeitig geht es jedoch auch um Kontinuität und Anschlussfähigkeit zur Schule.

Ausgestaltung des Bildungsauftrages auf Länderebene am Beispiel von NRW

Auszug aus dem Gesetz zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz – KiBiz) – Viertes Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes – SGB VIII

§ 3 Aufgaben und Ziele

(1) Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege haben einen eigenständigen Bildungs- , Erziehungs- und Betreuungsauftrag.

(2) Die Förderung des Kindes in der Entwicklung seiner Persönlichkeit und die Beratung und Information der Eltern insbesondere in Fragen der Bildung und Erziehung sind Kernaufgaben der Kindertageseinrichtungen und der Kindertagespflege. Das pädagogische Personal in den Kindertageseinrichtungen und die Tagespflegepersonen haben den Bildungs- und Erziehungsauftrag im regelmäßigen Dialog mit den Eltern durchzuführen und deren erzieherische Entscheidung zu achten.

§ 13 Frühkindliche Bildung

(1) Bildung ist die aktive Auseinandersetzung des Kindes mit seiner Umgebung auf der Grundlage seiner bisherigen Lebenserfahrung. Sie ist ein konstruktiver Prozess, bei dem Selbstbildung durch unmittelbare Wahrnehmung und aktives, experimentierendes Handeln einerseits und Einfluss der Umgebung andererseits im wechselseitigen Verhältnis zueinander stehen. Bildung wirkt darauf hin, die Entwicklung des Kindes zu einer eigenständigen Persönlichkeit und den Erwerb seiner sozialen Kompetenz […] zu fördern.

(2) Die Kindertageseinrichtungen und die Kindertagespflege gestalten ihre Bildungsangebote so, dass die individuellen Belange und die unterschiedlichen Lebenslagen der Kinder und ihrer Familien Berücksichtigung finden. [...] Das pädagogische Personal in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege beachtet, was die Kinder in ihren Bildungs- und Entwicklungsprozess einbringen, welche Möglichkeiten sie besitzen, welche Zeit sie benötigen, welche Initiative sie zeigen und stimmt sein pädagogisches Handeln darauf ab. Es schafft eine anregungsreiche Umgebung, die jedem Kind Freiräume, Muße und Zeit gibt, um mit neuen Erfahrungen und Lerngelegenheiten auf seine Weise umzugehen. Das Personal beachtet dabei auch, dass verlässliche Bindung, Vertrauen und emotionale Sicherheit den Bildungsprozess des Kindes besonders unterstützen.

(3) Die Kindertageseinrichtungen und die Kindertagespflege bieten auf Basis der Eigenaktivität des Kindes und orientiert an seinem Alltag vielfältige Bildungsmöglichkeiten, die die motorische, sensorische, emotionale, ästhetische, kognitive, kreative, soziale und sprachliche Entwicklung des Kindes ganzheitlich fördern und die Begegnung und Auseinandersetzung mit anderen Menschen einschließen. Wesentlicher Ausgangspunkt für die Gestaltung der pädagogischen Arbeit sind die Stärken, Interessen und Bedürfnisse des Kindes.

(4) Das pädagogische Personal in der Kindertagesbetreuung verbindet gemeinsame Bildung und Erziehung aller Kinder mit individueller Förderung. Es leistet einen Beitrag zu mehr Chancengleichheit der Kinder, unabhängig von Geschlecht, sozialer oder ethnischer Herkunft und zum Ausgleich individueller und sozialer Benachteiligungen.

(5) Bildung und Erziehung sollen dazu beitragen, dass alle Kinder sich in ihren unterschiedlichen Fähigkeiten und Lebenssituationen anerkennen, positive Beziehungen aufbauen, sich gegenseitig unterstützen, zu Gemeinsinn und Toleranz befähigt und in ihrer interkulturellen Kompetenz gestärkt werden.

(6) Die Bildungs- und Erziehungsarbeit wirkt darauf hin, Kinder zur gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe zu befähigen. Daher sollen Kinder ihrem Alter, ihrem Entwicklungsstand und ihren Bedürfnissen entsprechend bei der Gestaltung des Alltags in der Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege mitwirken, sie sind vom pädagogischen Personal bei allen sie betreffenden Angelegenheiten alters- und entwicklungsgerecht zu beteiligen. Zum Wohl der Kinder und zur Sicherheit ihrer Rechte sind in Tageseinrichtungen geeignete Verfahren der Beteiligung und die Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten vorzusehen und zu praktizieren.

§ 13 a Pädagogische Konzeption

(1) Die Tageseinrichtungen führen die Bildung, Erziehung und Betreuung nach einer eigenen träger- oder einrichtungsspezifischen pädagogischen Konzeption durch. Diese Konzeption muss Ausführungen zur Eingewöhnungsphase, zur Bildungsförderung, insbesondere zur sprachlichen und motorischen Förderung, zur Sicherung der Rechte der Kinder, zu Maßnahmen der Qualitätsentwicklung und -sicherung und zur Erziehungspartnerschaft mit den Eltern enthalten. Wenn in der Kindertageseinrichtung auch unter Dreijährige betreut werden, muss die pädagogische Konzeption auch auf diesbezügliche Besonderheiten eingehen.
[...]

Gesetzliche Regelungen zur Zusammenarbeit von Kita und Grundschule am Beispiel von NRW

Auszug aus dem Gesetz zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz – KiBiz) – Viertes Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes – SGB VIII

§ 14b Zusammenarbeit mit der Grundschule

(1) Kindertageseinrichtungen arbeiten mit der Schule in Wahrnehmung einer gemeinsamen Verantwortung für die beständige Förderung des Kindes und seinen Übergang in die Grundschule zusammen.

(2) Zur Sicherung gelingender Zusammenarbeit und zur Gestaltung des Übergangs vom Elementar- in den Primarbereich gehören insbesondere

  1. eine kontinuierliche gegenseitige Information über die Bildungsinhalte, -methoden und -konzepte,

  2. die Kontinuität bei der Förderung der Entwicklung der Kinder,

  3. regelmäßige gegenseitige Hospitationen,

  4. die für alle Beteiligten erkennbare Benennung fester Ansprechpersonen in beiden Institutionen,

  5. gemeinsame (Informations-)Veranstaltungen für die Eltern und Familien der Kinder,

  6. gemeinsame Konferenzen zur Gestaltung des Übergangs in die Grundschule und

  7. gemeinsame Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen der Fach- und Lehrkräfte.

(3) Der Schulträger lädt gemeinsam mit den Leiterinnen und Leitern der Tageseinrichtungen für Kinder und der Grundschulen die Eltern, deren Kinder in zwei Jahren eingeschult werden, zu einer Informationsveranstaltung ein, in der die Eltern über Fördermöglichkeiten im Elementarbereich und Primarbereich insbesondere auch über die Bedeutung kontinuierlich aufeinander aufbauender Bildungsprozesse beraten werden.

(4) Zur Durchführung der Feststellung des Sprachstandes [...] erhebt der Träger der Tageseinrichtung [...] bei den Eltern, deren Kinder zur Teilnahme an der Sprachstandsfeststellung verpflichtet sind, die folgenden Daten und übermittelt sie an das zuständige Schulamt:

  1. Name und Vorname des Kindes;

  2. Geburtsdatum;

  3. Geschlecht;

  4. Familiensprache;

  5. Aufnahmedatum in der Kindertageseinrichtung;

  6. Namen, Vornamen und Anschriften der Eltern;

[...]
Soweit Kinder im Rahmen der Pflichten nach § 36 Absatz 2 des Schulgesetzes NRW in einer Kindertageseinrichtung zusätzlich sprachlich gefördert werden, ist der Träger der Einrichtung verpflichtet, Angaben über die Teilnahme der Kinder an dieser zusätzlichen Sprachförderung dem zuständigen Schulamt mitzuteilen.

Diese umfangreichen und detaillierten Regelungen im Paragraph 14 KiBiz regen dazu an, einen Blick in das nordrhein-westfälische Schulgesetz zu werfen. Dabei wird deutlich, dass die Zusammenarbeit zwischen Grundschule und Kindertageseinrichtungen dort sehr viel weniger Aufmerksamkeit erhält. Einzig im Rahmen allgemeiner Bestimmungen zur Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern findet sie kurz Erwähnung (§ 5). Ausführliche Bestimmungen gibt es lediglich zur Feststellung des Sprachstandes (§ 36).

Auszug aus dem Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Schulgesetz NRW – SchulG)

§ 5 Öffnung von Schule, Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern

(1) Die Schule wirkt mit Personen und Einrichtungen ihres Umfeldes zur Erfüllung des schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrages und bei der Gestaltung des Übergangs von den Tageseinrichtungen für Kinder in die Grundschule zusammen.

(2) Schulen sollen in gemeinsamer Verantwortung mit den Trägern der öffentlichen und der freien Jugendhilfe, mit Religionsgemeinschaften und mit anderen Partnern zusammenarbeiten, die Verantwortung für die Belange von Kindern, Jugendlichen und jungen Volljährigen tragen, und Hilfen zur beruflichen Orientierung geben.
[...]

§ 36 Vorschulische Beratung und Förderung, Feststellung des Sprachstandes

(1) Der Schulträger lädt gemeinsam mit den Leiterinnen und Leitern der Tageseinrichtungen für Kinder und der Grundschulen die Eltern, deren Kinder in zwei Jahren eingeschult werden, zu einer Informationsveranstaltung ein, in der die Eltern über Fördermöglichkeiten im Elementarbereich und Primarbereich, insbesondere auch über die Bedeutung kontinuierlich aufeinander aufbauender Bildungsprozesse, beraten werden.

(2) Das Schulamt stellt zwei Jahre vor der Einschulung fest, ob die Sprachentwicklung der Kinder altersgemäß ist und ob sie die deutsche Sprache hinreichend beherrschen. Die Feststellung nach Satz 1 gilt bei Kindern als erfüllt, die eine Kindertageseinrichtung besuchen, in der die sprachliche Bildung [...] gewährleistet ist. Beherrscht ein Kind nach der Feststellung nach Satz 1 die deutsche Sprache nicht hinreichend und wird es nicht nachweislich in einer Tageseinrichtung für Kinder sprachlich gefördert, soll das Schulamt das Kind verpflichten, an einem vorschulischen Sprachförderkurs teilzunehmen. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass jedes Kind vom Beginn des Schulbesuchs an dem Unterricht folgen und sich daran beteiligen kann. Die Schulen sind verpflichtet, das Schulamt bei der Durchführung der Sprachstandsfeststellung zu unterstützen; hierbei ist auch eine Zusammenarbeit mit den Kindertageseinrichtungen und der Jugendhilfe anzustreben.

(3) Bei der Anmeldung zur Grundschule stellt die Schule fest, ob die Kinder die deutsche Sprache hinreichend beherrschen, um im Unterricht mitarbeiten zu können. Die Schule soll Kinder ohne die erforderlichen Sprachkenntnisse zum Besuch eines vorschulischen Sprachförderkurses verpflichten, soweit sie nicht bereits in einer Tageseinrichtung für Kinder entsprechend gefördert werden. [...]

Von einer Verschulung der Kindertageseinrichtungen kann dabei gleichwohl nicht die Rede sein. Dies zeigen auch die in allen Bundesländern vorliegenden elementarpädagogischen Interner Link: Bildungs- und Erziehungspläne. Auch wenn die hier aufgenommenen Bildungsbereiche (Sprache, Schrift und Kommunikation, soziokulturelle Bildung, ethisch-religiöse Bildung, naturwissenschaftliche und mathematische Elementarbildung, Medienbildung, Körper, Bewegung und Gesundheit, musische und künstlerisch-gestaltende Bildung, ökologische Bildung) den Inhalten der Grundschullehrplänen ähneln, wird der Bildungsauftrag nicht auf reine Schulvorbereitung reduziert. Eher geht es um ein Verständnis von anschlussfähigen Bildungsprozessen, nach dem die Entwicklung zentraler Bildungsbereiche zum Ende der Kita-Zeit nicht abgeschlossen ist, sondern kontinuierlich in schulische Bildungsprozesse übergeht. Auch wenn in der Fachdiskussion unterschiedliche Auffassungen vertreten werden, wie der Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen auszugestalten ist, geht es letztlich also nicht um die Frage, ob die Kita der Schule vorarbeitet, sondern wie sie das tut.

Kita-Ausbau als familienpolitische Maßnahme

Die frühkindliche Bildung hat seit dem PISA-Schock enorme Aufmerksamkeit erfahren. Seitdem sollen sich Kindertagesstätten von Betreuungs- zu Bildungseinrichtungen wandeln. Die familienpolitischen Maßnahmen der letzten Jahre konzentrieren sich aber primär darauf, ausreichende Betreuungsplätze zu schaffen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten. Dieses Ziel ist als Grundsatz der Förderung im Sozialgesetzbuch VIII verankert (vgl. § 22 Abs. 2 SGB VIII). Dazu besteht seit 1996 für Kinder ab dem vollendeten dritten Lebensjahr und seit 2013 für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr ein Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege (§ 24 Abs. 2 und 3 SGB VIII) (siehe Infobox).

Auszug aus dem Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII)

§ 24 Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege

(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

  1. diese Leistung für seine Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder

  2. die Erziehungsberechtigten
    a) einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
    b) sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
    c) Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten

Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtung zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

Der mit dem Betreuungsauftrag verbundene familien- und sozialpolitische Aspekt wird bereits mit der Formulierung des Rechtsanspruchs auf Tagesbetreuung für Kinder ab dem dritten Lebensjahr deutlich, denn dieser steht im direkten Zusammenhang mit dem 1992 verabschiedeten Schwangeren- und Familienhilfegesetz. Der hier aufgenommene Paragraf zur "Änderung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes" enthält erstmalig einen "Anspruch auf den Besuch eines Kindergartens" (Artikel 5 Schwangeren- und Familienhilfegesetz 1992). Auch der seit dem 1. August 2013 bestehende Rechtsanspruch auf Tagesbetreuung für Kinder ab dem ersten Lebensjahr ist primär familien- und sozialpolitisch motiviert. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend begründete das 2005 in Kraft getretene Gesetz zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder (Tagesbetreuungsausbaugesetz – TAG) mit dem Ziel, "Elternschaft und Familien zu stärken, die frühkindliche Förderung zu verbessern und junge Menschen in ihren vorhandenen Kinderwünschen zu unterstützen, um die Innovationsfähigkeit unserer Gesellschaft zu erhalten" (BMFSFJ 2004, S. 3). Zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf außerfamiliale Kindertagesbetreuung wird im TAG die "Aufwertung der Kindertagespflege zu einer qualitativ gleichrangigen Alternative" aufgenommen (ebd., S. 4). Als Ergänzung zum TAG wurde 2008 das Gesetz zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (Kinderförderungsgesetz – KiföG) verabschiedet. Politisches Ziel war und ist es, am Bedarf orientiert weitere Plätze in Krippen, Kindertagesstätten und in der Tagespflege bereitzustellen, die Betreuungszeiten auszuweiten und damit ein umfangreicheres Angebot für Kinder unter drei Jahren sowie zwischen drei und sechs Jahren zu schaffen (mehr dazu Interner Link: hier).

Finanzierung der Kindertagesbetreuung

Für die Finanzierung der Kindertagesbetreuung sind hauptsächlich die Kommunen und die Bundesländer zuständig. Im Jahr 2015 wurden 23,3 Milliarden Euro aus den öffentlichen Haushalten für die Kindertagesbetreuung zur Verfügung gestellt. Der kommunale Anteil betrug dabei 12,3 Milliarden Euro (52,9 %), der Anteil der Bundesländer 11,0 Milliarden Euro (47,1 %). Im Jahr 2018 sind die Ausgaben im Zuge des Kita-Ausbaus auf voraussichtlich 27,7 Milliarden Euro gestiegen (vgl. Bildungsfinanzbericht 2018). Hinzu kommen die Elternbeiträge sowie die Eigenleistungen der freien Träger in einem Umfang von etwa 6,3 Milliarden Euro (vgl. FiBS 2016).

Der Bund beteiligt sich an den Kosten für die außerfamiliale Kindertagesbetreuung bisher nur in einem geringen Umfang. So unterstützte er die Länder von 2008 bis 2018 über ein 2007 eingerichtetes Sondervermögen mit insgesamt 5,95 Milliarden Euro beim quantitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung (vgl. BMFSFJ 2018a). Insbesondere sollten Plätze für Kinder unter drei Jahren geschaffen werden. Im vierten Investitionsprogramm werden den Ländern und Kommunen bis 2020 vom Bund weitere 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt (vgl. BMFSFJ 2018b). Gleichzeitig soll die Qualität in den Einrichtungen verbessert werden. Dazu trat am 1. Januar 2019 das Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung (kurz Gute-KiTa-Gesetz) in Kraft (mehr dazu Interner Link: hier). Der Bund unterstützt durch dieses Gesetz die Länder mit einer Summe von 5,5 Milliarden Euro. Das Gute-KiTa-Gesetz reiht sich damit in die familienpolitischen Reformbemühungen ein, die in den letzten Jahren vom Bund angestoßen und finanziell gefördert wurden (z. B. quantitativer Ausbau mithilfe der Investitionsprogramme "Kinderbetreuungsfinanzierung", Bundesprogramm "KitaPlus: Weil gute Betreuung keine Frage der Uhrzeit ist", Bundesprogramm "Kindertagespflege: Weil die Kleinsten große Nähe brauchen").

Neben einer Investition in Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der Interner Link: Qualität frühpädagogischer Arbeit können die Länder die Gelder, die der Bund über das Gute-KiTa-Gesetz bereitstellt, auch zur Finanzierung einer Beitragsfreiheit einsetzen, sodass die Eltern keine Kita-Gebühren mehr zahlen müssen. Dadurch jedoch – so die Kritik frühpädagogischer Expertinnen und Experten – ist zu befürchten, dass das Gesetz eher nicht zur ursprünglich versprochenen höheren Qualität der Kindertagesstätten beitragen wird. Ein weiterer Kritikpunkt besteht darin, dass die finanzielle Unterstützung der Bundesländer vorerst nur bis zum Jahr 2022 gesichert ist.

Frühkindliche Bildung oder Entlastung der Familien?

Durch den Ausbau der Betreuungsplätze und die in Aussicht gestellte Beitragsfreiheit sollen die Familien entlastet werden. Die familienpolitischen Maßnahmen der letzten Jahre sind also vorrangig darauf gerichtet, Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren zu können. Die Qualität elementarpädagogischer Bildungsangebote ist dabei aus meiner Sicht bisher eher zweitrangig geblieben. Zwar weisen die elementarpädagogischen Bildungs- und Erziehungspläne, die mittlerweile in allen Bundesländern vorhanden sind, in eine andere Richtung. Ebenso lassen die aktuellen familienpolitischen Initiativen zur Weiterentwicklung der frühen Bildung den Eindruck entstehen, dass es in den Kindertageseinrichtungen vor allem um Bildung und Erziehung gehen soll (z. B. das 2014 vom BMFSFJ vorgelegte Communiqué Frühe Bildung oder das 2016 gestartete Bundesprogramm "Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist" und letztlich auch das Gute-KiTa-Gesetz). Gemessen an den gesetzlichen Grundlagen und familienpolitischen Maßnahmen, die die Arbeit der Kindertageseinrichtungen bestimmen, haben diese aber auch heute noch zuallererst einen familienunterstützenden Betreuungsauftrag zu erfüllen. Der frühkindliche Bildungs- und Erziehungsauftrag steht – zumindest einstweilen – an zweiter Stelle.

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Dr. Diana Franke-Meyer, geb. 1973, ist Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Elementarpädagogik an der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe in Bochum. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich der Geschichte und aktuellen Entwicklung der öffentlichen Kleinkindererziehung.