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Der Übergangsbereich in der Berufsbildung – ungewollte Warteschleife oder "Chancenverbesserungssystem"? | Bildung | bpb.de

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Der Übergangsbereich in der Berufsbildung – ungewollte Warteschleife oder "Chancenverbesserungssystem"? Ein Interview von Simone Grellmann

Frank Neises

/ 12 Minuten zu lesen

Der Übergangsbereich besteht aus Programmen und Maßnahmen für junge Menschen, die noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Sie sollen deren Ausbildungschancen verbessern, indem sie die Berufsorientierung stärken und eine erste berufliche Qualifizierung bieten. Auch Schulabschlüsse können hier nachgeholt werden. Die Angebote führen aber zu keinem Berufsabschluss und werden auf eine spätere Ausbildung nicht angerechnet. Nicht nur deshalb gibt es an ihnen auch Kritik.

Schüler und Ausbilder im Berufsvorbereitungsjahr. Nicht alle Jugendlichen erhalten nach der Schule tatsächlich einen Ausbildungsplatz. Viele von ihnen beginnen dann zunächst eine Maßnahme oder ein Programm im sogenannten "Übergangsbereich". (© dpa)

Der Übergang von der Schule in eine berufliche Ausbildung gilt als eine wichtige Phase im Leben junger Menschen. Warum ist das so?

Ein gelingender Übergang in die Berufs- und Arbeitswelt ist von großer Bedeutung für Jugendliche, denn er betrifft eine wesentliche Phase ihrer psychosozialen Identitätsbildung und gesellschaftlichen Integration. Beim Erwachsenwerden müssen sie einen "eigenen Standort" bestimmen und ihren Lebens- und Berufsweg planen. Ab den letzten Schuljahren stehen sie also gleichzeitig vor den Herausforderungen, eine eigene Persönlichkeit und Identität zu finden, sich beruflich zu orientieren, selbstständig zu werden und mehr Verantwortung zu übernehmen. Diese Findungs- und Entscheidungsprozesse sind sehr anspruchsvoll und komplex. Sie hängen von vielen Faktoren ab, etwa von den sozialen Handlungsspielräumen der Jugendlichen, vom Angebot an (Berufs-)Bildungsmöglichkeiten bei ihnen vor Ort und von ihren Chancen, daran teilzunehmen. Aber auch die Erwartungen von Eltern und Freunden, die den Jugendlichen Orientierung geben, als Vorbilder dienen oder sie beraten, spielen in dieser Phase eine bedeutende Rolle. All diese Aspekte der persönlichen Entwicklung und sozialen Anerkennung sind in den Bildungsangeboten beim Übergang zu berücksichtigen.

Nicht alle Jugendlichen erhalten nach der Schule tatsächlich einen Ausbildungsplatz. Viele von ihnen beginnen dann zunächst eine Maßnahme oder ein Programm im sogenannten "Übergangsbereich". Was genau versteht man darunter?

Der Übergangsbereich besteht aus einem ganzen Bündel an Maßnahmen und Programmen, die sich an Jugendliche und junge Erwachsene beim Übergang von der Schule in den Beruf richten. Sie sollen Jugendliche auf die Ausbildung vorbereiten, sie begleiten und coachen, sie bei der beruflichen Orientierung und ersten beruflichen (Teil-)Qualifizierung unterstützen sowie die Möglichkeit bieten, auch allgemeinbildende Schulabschlüsse unterhalb des Abiturs nachzuholen, um ihre Chancen auf dem Ausbildungsmarkt zu verbessern. Allen Angeboten ist gemeinsam, dass sie in der Regel nicht auf eine spätere berufliche Ausbildung angerechnet werden können. Das konkrete Angebot und die Ausgestaltung solcher Programme und Bildungsangebote sind nicht standardisiert und unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland sowie nach Zuständigkeiten auf verschiedenen administrativen und politischen Ebenen.

Zum Übergangsbereich gehören im Wesentlichen fünf Handlungsfelder: Berufsorientierung, Berufsvorbereitung, Übergangsmanagement, Nachqualifizierung und Ausbildungsförderung. In diesen Bereichen gibt es zum einen gesetzlich festgeschriebene, bundesweite Regelmaßnahmen oder -instrumente, die also flächendeckend von den damit beauftragten Bildungsträgern angeboten werden. Dazu zählen die qualifizierenden Maßnahmen der Berufsausbildungsvorbereitung nach dem (ordnungsrechtlichen) Berufsbildungsgesetz (BBiG §1, 68 ff), wie etwa die Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (BvB), sowie Aktivierungshilfen und Einstiegsqualifizierung (EQ), die die Bundesagentur für Arbeit auf Grundlage des (leistungsrechtlichen) Sozialgesetzbuches durchführen lässt. Sie richten sich an junge Menschen, die die allgemeine Schulpflicht erfüllt, aber auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt bisher keinen Platz gefunden haben. Darüber hinaus gibt es die schulische Berufsvorbereitung auf Länderebene, die auf Grundlage der Schulgesetze der Länder ausgestaltet und von den berufsbildenden Schulen der Bundesländer umgesetzt wird, sowie ergänzende Angebote der Jugendhilfe (nach SGB VIII), wie Jugendsozialarbeit oder Jugendberufshilfe.

Die bekanntesten Maßnahmen auf Bundes- und Länderebene sind:

  • Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme

    Das Ziel der Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (BvB) ist es, Jugendliche und junge Erwachsene bis 25 Jahre, die ihre allgemeine Schulpflicht erfüllt haben, jedoch ohne berufliche Erstausbildung sind, in Ausbildung zu bringen. Häufig verfügen sie noch nicht über die erforderliche "Ausbildungsreife" oder Berufseignung und sollen durch Fördermaßnahmen, die in der Regel maximal bis zu elf Monate andauern, berufliche Qualifikationen erlangen, um besser am Ausbildungsmarkt vermittelt werden zu können. Angebote zur Berufsvorbereitung gab es bereits in den 1970er Jahren. Durchgeführt im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeit (dem Vorläufer der heutigen Bundesagentur für Arbeit) richteten sie sich jeweils an spezielle Zielgruppen, etwa mit den sogenannten BBE-Lehrgängen für nicht ausbildungsreife, G-Lehrgängen für ausbildungsreife und F-Lehrgängen für Jugendliche mit Behinderung. Anfang 2004 wurde diese Struktur grundlegend verändert und die zielgruppenübergreifende Qualifizierung in den Vordergrund gestellt: Die Grundstufe dient der Berufsorientierung und Berufswahl; in der Förderstufe geht es um die Vermittlung beruflicher Grundfertigkeiten; in der Übergangsqualifizierung steht die berufs- und betriebsorientierte Qualifizierung im Mittelpunkt. Eine Vorbereitung auf den nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses ist möglich.

  • Einstiegsqualifizierung (EQ)

    Im Rahmen des Ausbildungspakts – einer Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft – wurde im Jahr 2004 die Einstiegsqualifizierung EQ (zunächst EQJ) eingeführt. Dabei handelt es sich um sechs- bis zwölfmonatige ausbildungsvorbereitende Praktika in Betrieben, um im direkten Kontakt von Betrieben und potenziell Auszubildenden eine Ausbildungsaufnahme anzubahnen. Betriebe können dabei junge Erwachsene an eine Ausbildung heranführen und gleichzeitig einen nachhaltigeren Eindruck von den potenziellen Auszubildenden und deren Leistungsfähigkeit gewinnen, während die Ausbildungssuchenden einen praxisnahen Eindruck von Beruf und Ausbildungsbedingungen erhalten. Die EQ muss auf der Grundlage eines Vertrages mit den jungen Erwachsenen durchgeführt werden, in dem auch die Inhalte und Ziele dieser beruflichen Qualifizierung erläutert werden.

  • Schulisches Berufsvorbereitungsjahr

    Vor allem für Jugendliche ohne Schulabschluss oder mit Förderschulabschluss (ehemals "Sonderschulabschluss") wurde ab Mitte der 1970er Jahre in den Bundesländern das schulische Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) eingerichtet. In diesem einjährigen Bildungsgang sollen eine berufliche Orientierung und berufsbezogene Fähigkeiten und Fertigkeiten in einem oder mehreren Berufsfeldern vermittelt sowie die Jugendlichen auf eine berufliche Ausbildung vorbereitet werden. In vielen Bundesländern können Jugendliche unter 18 Jahren mit dem Besuch des BVJ ihre (Berufs-)Schulpflicht erfüllen. Meistens kann durch eine Zusatzprüfung ein Abschluss erworben werden, der dem Hauptschulabschluss gleichwertig ist.

  • Berufsgrundbildungsjahr

    Die ursprüngliche Konzeption des ebenfalls ab Mitte der 1970er Jahre eingeführten Berufsgrundbildungsjahres (BGJ) war es, das erste Ausbildungsjahr der dualen Berufsausbildung durch eine vollzeitschulische, breit angelegte berufliche Grundbildung zu ersetzen. Dies scheiterte jedoch vor allem an der geringen Akzeptanz durch die ausbildenden Betriebe. Inzwischen hat das BGJ im Wesentlichen die Funktion, zumeist Jugendliche mit Hauptschulabschluss aufzunehmen, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Indem ihnen eine umfangreiche berufliche Grundbildung vermittelt wird, sollen ihre Chancen auf den Übergang in eine Ausbildung verbessert werden. Durch eine Zusatzprüfung kann im Rahmen des BGJ unter bestimmten Voraussetzungen auch ein mittlerer Schulabschluss erworben werden. Die Anrechnung des BGJ auf die Dauer einer Berufsausbildung ist seit dem 1. August 2009 nur noch auf gemeinsamen Antrag von Betrieb und Auszubildenden möglich (§ 7 Abs. 2 BBiG).

Darüber hinaus starten einzelne Bundesministerien und Bundesländer eigene Förderprogramme und Initiativen für den Übergang von der Schule in den Beruf, die meist zeitlich begrenzt und auf bestimmte Zielgruppen zugeschnitten sind. Auch auf EU-Ebene gibt es aktuell ein Programm in diesem Bereich. Hinzu kommen die vielen Projekte privater Akteure, die vor Ort umgesetzt werden, seien es privatwirtschaftliche, ehrenamtliche oder von Stiftungen initiierte Vorhaben.

Die Zahl der Bildungsangebote im Übergangsbereich ist enorm und selbst für Fachleute kaum zu überblicken. Häufig ist auch von "Förderdschungel", "Labyrinth" oder einer "Blackbox" im Übergangsbereich die Rede. Hier bieten die Datenbanken der Fachstelle überaus des BIBB eine Übersicht zu den drei Kategorien Regelmaßnahmen, schulische Bildungsgänge und Förderprogramme (siehe Infobox).

Datenbanken zu Bildungsangeboten im Übergangsbereich

Die Fachstelle für Übergänge in Ausbildung und Beruf des BIBB bietet eine Übersicht über Programme, Maßnahmen und Bildungsgänge am Übergang Schule – Beruf:

Regelinstrumente des Bundes
Externer Link: www.ueberaus.de/regelinstrumente

Schulische Bildungsgänge der Länder im Übergangsbereich
Externer Link: www.ueberaus.de/schulische-bildungsgaenge

Förderprogramme in Bund, Ländern und EU
Externer Link: www.ueberaus.de/programme

Warum gibt es den Übergangsbereich und wann ist er entstanden? Welche Erwartungen und Ziele wurden damit verbunden?

Zunächst allgemein: Der Übergang junger Menschen von der Schule in eine Ausbildung ist abhängig vom Ausbildungsmarkt, also dem Verhältnis von angebotenen Ausbildungsstellen zur Zahl der Ausbildungsplatzsuchenden. Ist die Zahl der nachfragenden jungen Erwachsenen deutlich höher als die der angebotenen Stellen, sorgt der Staat für alternative Bildungsangebote zur Kompensation der fehlenden Ausbildungsstellen bzw. zur Überbrückung. Eine Garantie für einen gelingenden Übergang in eine Ausbildung sind diese Angebote aber nicht, da die jungen Erwachsenen auch nach ihrer Teilnahme an Maßnahmen und Programmen des Übergangsbereichs im Wettbewerb um die meist nicht in ausreichender Zahl angebotenen Ausbildungsstellen stehen.

Angestoßen durch die hohe Jugendarbeitslosigkeit in den 1970er und 1980er Jahren entstand der "Übergangsbereich" mit staatlich geförderten Angeboten, um berufliche Grundbildung zu vermitteln bzw. Grundlagen für die berufliche Bildung zu legen. Die Politik wollte sich nicht alleine auf die Integrationsfähigkeit der Wirtschaft im berufsbildenden Bereich verlassen und schaffte, in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Lage, kompensatorische Angebote. Das sogenannte Benachteiligtenprogramm des damaligen Bundesministeriums für Bildung und Wirtschaft (BMBW) startete 1980 mit der "Richtlinie für die Förderung der Berufsausbildung von benachteiligten Jugendlichen". Dieses Programm wurde 1988 in das Arbeitsförderungsgesetz (AFG) integriert und 1998 in das Sozialgesetzbuch übernommen. Seit Mitte der 1980er Jahre, aber vor allem ab Ende der 1990er wurde der gesamte Bereich von Übergangsmaßnahmen und -programmen für Jugendliche und junge Erwachsene stark ausgebaut. Mit über 417.000 Neuzugängen begannen im bisherigen Spitzenjahr 2005 insgesamt mehr junge Menschen ein Angebot im Übergangsbereich als ein Studium (vgl. Daten zur integrierten Ausbildungsberichterstattung iABE unter Externer Link: https://www.bibb.de/iabe). 2006 wurde der Übergangsbereich im Bildungsbericht der Bundesregierung erstmals als "dritte Säule" der Berufsbildung neben der dualen und schulischen Ausbildung genannt. In den letzten Jahren ist die Zahl der Anfängerinnen und Anfänger jedoch gesunken, auch bedingt durch den demografischen Wandel, also die abnehmende Zahl an Jugendlichen und jungen Erwachsenen in diesen Jahrgängen. Doch obwohl sich die Ausbildungsmarktlage insgesamt im Sinne der Bewerberinnen und Bewerber verbessert hat – mittlerweile gibt es vielerorts mehr freie Ausbildungsstellen als Nachfragende – suchen nach wie vor viele junge Menschen erfolglos.

Bestandsaufnahme: Was wissen wir über den "Übergangsbereich"? Welche Jugendlichen nehmen die Maßnahmen und Programme wahr?

Weil die Maßnahmen und Programme so vielfältig sind und von so vielen unterschiedlichen Initiatoren ins Leben gerufen werden, lässt sich gar nicht genau sagen, wie viele Jugendliche und junge Erwachsene insgesamt an den Bildungsangeboten teilnehmen. Allein die Zahl der Förderprogramme von Bund und Ländern liegt nach der überaus-Datenbank derzeit bei deutlich über 300 Programmen. Um etwas mehr über die Teilnahme an den Angeboten des Übergangsbereichs zu erfahren, helfen uns Daten aus der sogenannten "integrierten Ausbildungsberichterstattung" (iABE) (siehe Infobox).

Welche Daten werden in der "integrierten Ausbildungsberichterstattung" (iABE) zum Übergangsbereich erhoben?

In der integrierten Ausbildungsberichterstattung (iABE) werden Daten aus verschiedenen amtlichen Statistiken verknüpft und systematisch den vier (Aus-)Bildungsstationen Berufsausbildung, Übergangsbereich, Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung (HZB) und Studium zugeordnet. Der "Übergangsbereich" umfasst darin die schulischen Bildungsgänge, berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen und die Einstiegsqualifizierung (EQ) der Bundesagentur für Arbeit. Nicht enthalten sind die Teilnehmenden in den vielen gesonderten Programmen von Bund und Ländern, die am Übergang angeboten werden, sowie Möglichkeiten, die eher berufsorientierenden oder begleitenden Charakter haben und deren Laufzeit kürzer als ein Jahr ist.

Nach der Schule: In welchen Bereichen der Berufsbildung kamen Jugendliche mit maximal Mittlerem Abschluss unter? Grafik öffnet als PDF! Interner Link: Mehr dazu (© bpb, WZB)

Nach iABE-Daten haben im Jahr 2017 rund 291.000 junge Erwachsene Angebote im Übergangsbereich begonnen. Erwartungsgemäß sind die Teilnehmenden überwiegend junge Menschen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren. Knapp zwei Drittel aller Teilnehmenden sind derzeit männlich. Etwa 70 Prozent verfügen über keinen oder maximal einen Hauptschulabschluss, rund ein Viertel über einen mittleren Schulabschluss sowie 1,7 Prozent über eine Hochschulzugangsberechtigung. Jedoch zeigt der aktuelle Externer Link: Bildungsbericht 2018 anhand der Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) auch: Mit Blick auf die Kompetenzen in den ausbildungsrelevanten Bereichen Lesen, Mathematik, Naturwissenschaften und Informatik gibt es bei Jugendlichen mit einem Hauptschulabschluss kaum Unterschiede danach, ob sie einen vollqualifizierenden Ausbildungsplatz erhalten haben oder aber Maßnahmen und Programme im Übergangsbereich besuchen.

Was weiß man über den Nutzen des Übergangsbereichs? Worin funktioniert er gut, wo gibt es Probleme?

Über den Nutzen des Übergangsbereichs lässt sich aus wissenschaftlicher Sicht keine klare Aussage treffen, da die Maßnahmen und ihre Wirkungen am Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt bisher wenig erforscht sind. Es gibt jedoch sehr konträre Ansichten dazu. Die Situation ist recht ambivalent: Einerseits erfährt der Übergangsbereich massive Kritik als eine Warteschleife für Jugendliche, da sie dort keine anerkannten beruflichen Qualifikationen erlangen können, zum Teil in mehrere Maßnahmen hintereinander einmünden ("Maßnahmenkarrieren") und sich ihre Chancen am Ausbildungsstellenmarkt als "Altbewerber" auch verschlechtern können. Andererseits werden hier junge Menschen nachweislich unterstützt und gefördert, ihre Berufsbildungsverläufe nehmen mit Orientierungsmaßnahmen, Coaching und ersten praktischen Erfahrungen Konturen an und Anschlüsse in Berufsausbildung und Arbeitswelt gelingen.

Erst Übergangsbereich oder gleich Berufsausbildung? Grafik öffnet als PDF! Interner Link: Mehr dazu (© bpb, WZB)

Schaut man allein die Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit (BA) an, welche die Übergangsquoten ihrer Teilnehmenden in Ausbildung und Beschäftigung ermittelt, so zeigt sich, dass im Jahr 2015 sechs Monate nach Maßnahmenende bei einer Einstiegsqualifizierung 56,3 Prozent und bei einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme 35,9 Prozent der Jugendlichen in regulärer Ausbildung waren. Hinzu kommen 10 bzw. 11,6 Prozent der Teilnehmenden, die bis dahin eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufnahmen.

Für den Erfolg maßgeblich ist insbesondere die Qualität der jeweiligen Bildungsangebote. Das bedeutet, es bedarf zum einen passender Rahmenbedingungen durch die Fördergeber, um Maßnahmen und Programme so zu gestalten und durchzuführen, dass sie für die Jugendlichen gewinnbringend sind, und zum anderen einer guten Qualifikation des Bildungspersonals.

Eine Garantie für einen "Übergangserfolg" kann das Übergangssystem jedoch nicht geben. Auf dem Ausbildungsmarkt gibt es grundsätzlich zunehmende Passungsprobleme, die bisher auch von den Bildungsangeboten im Übergangsbereich nicht ausreichend behoben werden können. So blieben im Jahr 2016 noch immer rund 2,14 Millionen junge Menschen in Deutschland zwischen 20 und 34 Jahren ohne eine berufliche Qualifikation und somit ohne Chance, eine qualifizierte Arbeit aufnehmen zu können. Dem stehen aufseiten der Betriebe jedoch eine zunehmende Zahl an unbesetzten Ausbildungsstellen gegenüber: im Jahr 2017 waren es allein 48.900 – mehr als doppelt so viele wie im Jahr 2010.

Wodurch gelingt der Übergang Jugendlicher aus dem Übergangsbereich in eine reguläre Ausbildung – wodurch wird er eher verhindert?

Dazu gibt es u. a. die Externer Link: Übergangsstudie des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) aus dem Jahr 2011. Sie zeigt deutlich, dass Praktika in den Betrieben oder betriebliche Phasen den Übergang erleichtern, da sie die Berufsfindungsprozesse der Jugendlichen fördern und häufig "Klebeeffekte" erzeugen, also dazu führen, dass sich Betriebe aufgrund ihrer guten Erfahrung mit den Jugendlichen für den Abschluss eines Ausbildungsvertrages mit ihnen entscheiden. Auch wenn junge Menschen die Angebote im Übergangsbereich dazu nutzen, einen (höheren) Schulabschluss zu erwerben, erleichtert das den Übergang in eine Ausbildung. Nicht zuletzt ist die individuelle Begleitung oder intensive Betreuung der Jugendlichen etwa durch Coaches und berufliche Beratung wesentlich, um ihre Chancen auf eine Ausbildung zu erhöhen. Wobei diese individuelle Beratung und Begleitung möglichst nicht von personellen Wechseln unterbrochen werden sollte. Wir wissen auch: Wenn junge Menschen mehrere Maßnahmen hintereinander, sogenannte "Maßnahmenkarrieren" absolvieren, wirkt sich das häufig negativ auf ihre Chancen aus, später einen Ausbildungsplatz zu erhalten (vgl. Eberhard, Bericht u. a. 2013).

Zum Abschluss: Wäre ein Berufsbildungssystem ohne "Übergangsbereich" das bessere Berufsbildungssystem?

Die Kritik am Übergangsbereich reicht von der Unübersichtlichkeit der Bildungsangebote über deren mangelnde Qualität bis hin zur Produktion von "Maßnahmenkarrieren", die Jugendlichen eher Chancen verbauen. Es ist jedoch schwer vorstellbar, dass die Arbeit und das, was im Übergangsbereich geleistet wird, ganz wegfallen könnten. Mit etwas Fantasie kann dieser Bereich dennoch anders strukturiert und gestaltet werden. Einige Ansatzpunkte wären:

  • Der Übergangsbereich sollte insgesamt übersichtlicher und effizienter gestaltet werden. Die Vielzahl an Angeboten und Projekten unterschiedlicher Auftraggeber und Träger führt mitunter zu Brüchen zwischen den abgebenden und aufnehmenden Förderangeboten. Wenn etwa Jugendliche zunächst an Maßnahmen zur beruflichen Orientierung teilnehmen und anschließend in einem berufsvorbereitenden Angebot bei einem anderen Träger, in einem anderen Kontext und an einem anderen Ort qualifiziert werden, sind diese Bildungsangebote teilweise nicht aufeinander abgestimmt und Jugendliche können an diesen Schnittstellen "verloren gehen". Hier gilt es, politisch und administrativ zunächst für mehr Kontinuität und Verlässlichkeit der Angebote zu sorgen sowie mehr Transparenz bezogen auf die Ziele und das Vorgehen darin herzustellen. Zwar gibt es hierzu bereits erste politische Maßnahmen, allen voran die Bund-Länder-Vereinbarungen über die "Initiative Bildungsketten ", doch stellt eine solche Neustrukturierung angesichts der Vielfalt an Angeboten eine gewaltige Aufgabe dar.

  • Ein- oder Umstiege in solche Maßnahmen sollten flexibler gestaltet und stärker am individuellen Bedarf der Jugendlichen orientiert werden, um sinnvolle und vor allem zielführende Bildungsketten aufzubauen. Es sollte sichergestellt werden, dass junge Erwachsene so viel Förderung bekommen, wie sie benötigen, nicht unnötigerweise zu viel Zeit in Maßnahmen verbringen, aber auch so intensiv gefördert wird, wie nötig. Das setzt flexible Möglichkeiten der Ausgestaltung von Maßnahmen voraus, um auf den individuellen Bedarf eingehen zu können.

  • Die Inklusion von Jugendlichen mit Beeinträchtigungen ist eine weitere wichtige Herausforderung. Ihnen sollten bessere Zugänge und Teilhabe in der beruflichen Bildung ermöglicht werden. Dazu wäre es vom Gesetzgeber her nötig, die bisher angebotenen Unterstützungen und Dienstleistungen stärker in den Regelangeboten, zum Beispiel der Regelausbildung, zu verankern, statt junge Erwachsene in Sondermaßnahmen und auf Sonderwege zu führen, die zu weit vom allgemeinen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt entfernt liegen. Dafür müssen beispielsweise die Träger der Maßnahmen für Menschen mit Beeinträchtigungen intensiver und frühzeitiger mit den Betrieben und Unternehmen zusammenarbeiten. Dies ist mit dem Begriff "Dualisierung" von Bildungsangeboten vor allem der Berufs- und Ausbildungsvorbereitung gemeint, die zunehmend Einzug in die Bildungskonzepte und Förderaktivitäten für diese Zielgruppe hält.

Vor dem Hintergrund der Passungsprobleme am Ausbildungsmarkt und des drohenden Fachkräftemangels sind solche Anstrengungen auch im Sinne der Wirtschaft. Aufseiten der Betriebe und Unternehmen lässt sich bereits heute eine größere Offenheit feststellen, neue, flexiblere Wege in der Ausbildung einzuschlagen. Gerade kleine und mittlere Unternehmen benötigen dabei Unterstützung, Jugendliche an die Ausbildung heranzuführen und sie während der Ausbildung zu begleiten, so wie es vom Übergangsbereich her bekannt ist. Insofern müssten solche Unterstützungsleistungen auch direkt in den regulären Ausbildungs- und Arbeitsmarkt eingebracht werden. Das Ziel muss sein, den Übergangsbereich abzuschmelzen und stattdessen allen Jugendlichen reguläre, das heißt zertifizierte und vollqualifizierende, Angebote zu unterbreiten. Das bedeutet nicht, dass es im Übergangsbereich nur um die Integration Jugendlicher in die Arbeitswelt, also um wirtschaftliche Verwertungsprozesse gehen sollte. Wesentlich ist vielmehr auch die individuelle Entwicklung im Sinne einer "Bildung für das Leben". Daher ist eine sinnvolle Verbindung der Lebenswelt Jugendlicher mit der Arbeitswelt geboten, die die individuellen Wünsche und manchmal auch holprigen Wege junger Erwachsener stärker in Einklang mit den berufsbiografischen Schritten bringt.

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Frank Neises ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Er hat an der Universität Trier Pädagogik und Medienkommunikation studiert und seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Ausbildungsförderung, Berufsorientierung, Inklusion und Übergang Schule - Beruf. Zuletzt ist von ihm erschienen: Granato M., Neises F. (Hg.): "Geflüchtete und berufliche Bildung", Wissenschaftliches Diskussionspapier des BIBB, Heft-Nr. 187, Bonn 2017.