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Geschichte des Animationsfilms | Klassiker sehen – Filme verstehen | bpb.de

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Geschichte des Animationsfilms

Philipp Bühler

/ 13 Minuten zu lesen

Die Geschichte der Animation ist eng verbunden mit der Erfindung der Filmkamera und der Suche verbunden, ​aus Einzelbildern nach dem "Frame-by-Frame"-Prinzip eine fließende Bewegung zu schaffen

Ihre Illusionsapparate hießen Thaumatrop, Phantasmaskop, Zoetrop oder Phenakistoskop und waren schnell auf Jahrmärkten zu finden. Es handelte sich zunächst um Guckkastentrommeln oder rotierende Scheiben, auf unterschiedlichste Weise bestückt mit bemalten Bildstreifen und Sehschlitzen.

Als Bildmaterial dienten noch vor den 1839 erfundenen Daguerreotypien von Hand gezeichnete Illustrationen, so das sich sagen lässt: Die Animation ging dem Realfilm historisch voraus. Erst 1872 setzte der Brite Eadweard Muybridge als erster auf das Prinzip der seriellen Fotografie, indem er schnell geschossene Fotoaufnahmen eines galoppierenden Pferdes zu einer faszinierenden Bewegungsstudie verband. Als die Brüder Auguste und Louis Lumière 1895 ihren ersten Film vorführten, hatten sie viele Vorläufer.

Die Fantasie der Zauberer

Die bewegte Abbildung der Realität war die Sensation der Jahrhundertwende. Doch diese erste Vorführung der Lumières, die vor allem semidokumentarische Spielszenen zeigten, inspirierte Georges Méliès zu einem frühen Meilenstein der Trickanimation: In La Voyage dans la Lune (Die Reise zum Mond, F 1902) fliegt eine mit Menschen besetzte Rakete ins Auge des Mondes, der selbst ein menschliches Gesicht aufweist. Für Méliès, den Theaterbesitzer und Zauberer, galt das unbedingte Primat der Fantasie.

Der französische Zeichentrickfilmpionier Émile Cohl (Fantasmagorie (F 1908)) sah das ähnlich: "Wo es um Cartoons geht, geht Realität an der Sache vorbei." Es ist ein interessanter Nebenaspekt der frühen Animationsgeschichte, dass sie zeitlich mit dem Surrealismus und dem Aufkommen abstrakter Kunst zusammenfällt. Den zukünftigen Lauf der Dinge allerdings sieht man in Gertie the Dinosaur (USA 1914). Selbst noch als Ansager auftretend, präsentierte der amerikanische Karikaturist und Regisseur Winsor McCay dem staunenden Publikum auf der Leinwand eine lustige Tierfigur.

Walt Disney – Hier kommt die Maus!

Die Welt der Animation wäre heute undenkbar ohne Walt Disney. Die Uraufführung seines knapp achtminütigen Kurzfilms Steamboat Willie am 18. November 1928 in New York markiert die Geburt des kommerziellen Animationsfilms. Der junge Disney präsentierte die erste befriedigende Synchronisation von Bild und Ton im Trickfilm und einen neuen Star in Tiergestalt: Micky Maus. Gemeinsam mit seinem Zeichner Ub Iwerks entworfen, steuert der freche Mäuserich ein pfeifendes Dampfschiff durch alle möglichen Situationen. Zentrales Gestaltungselement ist die Musik: Jedes Objekt an Bord führt ein musikalisches Eigenleben, ein jedes taugt als Instrument.

Eine Ziege frisst eine Gitarre samt Notenblättern und wird durch Drehen am Schwanz zum Leierkasten, Micky spielt Xylophon auf den Zähnen einer Kuh. Publikum und Kritik waren begeistert. Micky wurde zur weltweiten Marke. Tiere mit vermenschlichten Charaktereigenschaften sowie beseelte Objekte aus Haushalt und Natur zählten in den kommenden Jahrzehnten zum typischen Inventar eines Disney-Films.

Disney schuf aus diesen bescheidenen Anfängen ein ganzes Imperium. Nicht jede der ihm oft zugeschriebenen Ideen stammte tatsächlich von ihm. Doch seine wohl balancierte Mischung aus kreativem Instinkt und Geschäftssinn setzte die Standards.

So erkannte er schnell die Grenzen des finanziell unrentablen Kinokurzfilms und drängte auf den ersten abendfüllenden Spielfilm. Ohne die Gründung eines eigenen Studios wäre das Ergebnis, die Märchenverfilmung Schneewittchen und die sieben Zwerge (1937) nicht zu realisieren gewesen.

Zugleich entwickelte er seinen eigenen Stil: Die in Steamboat Willie noch auffälligen aggressivsadistischen Züge von Micky Maus wurden eliminiert, verfolgte Disney doch von nun an immer mehr "künstlerische" Ambitionen, von denen er sich auch durch kommerzielle Misserfolge wie Pinocchio (USA 1940, R: Hamilton Luske, Ben Sharpsteen) und Fantasia (USA 1940, R: Samuel Armstrong, James Algar u.a.) nicht abbringen ließ.

Der unverwechselbare Disney-Stil, für den die Marke stets wichtiger war als die Figuren, wurde zu seiner Lebensversicherung im Kampf gegen die Konkurrenz. Warner Bros. oder MGM mochten Erfolge feiern, mit legendären Figuren wie Betty Boop, Bugs Bunny, Daffy, Tweety und Sylvester, Droopy, Popeye und Tom & Jerry. Doch ökonomisch und organisatorisch war Disney ihnen in den 1940er- und 1950er-Jahren stets einen Schritt voraus.

Vom Manga zum Anime: Animation in Japan

Mit dem weltweiten Export seiner Filme setzte Disney auch andere Länder unter Druck. In Japan hatte man schon im frühen 20. Jahrhundert begonnen, westliche Einflüsse mit traditionellen Motiven zu verbinden. Zur Zeit des Zweiten Weltkriegs drängte die faschistische Militärregierung auf eine "nationalere" Ausrichtung und stellte die Animation – wie auch in den USA oder in Großbritannien – in den Dienst der Propaganda.

Der heutige Anime-Film, der den Stil der traditionellen Manga-Comics in den Film transponierte, ist eine Geburt der Nachkriegszeit. Die oft techniklastigen Science-Fiction-Narrationen um Roboter und Transformer, mit männlichen und weiblichen Superhelden/innen in überaus komplexen Handlungssträngen, sollten umgekehrt den Westen stark beeinflussen. In ihnen spiegeln sich neben der japanischen Faszination für Technik immer wieder auch nationale Traumata wie Erdbeben, die zwei Weltkriege und die Atombombenabwürfe in Hiroshima und Nagasaki. In einer Vielzahl von Untergenres finden sich aber auch Liebesgeschichten für Mädchen (Shōjo), anspruchsvollere Geschichten für junge Männer (Seinen) oder die erotischen Hentai.

Als Wurzel des Anime gilt der von dem einflussreichen Filmunternehmer Hiroshi Okawa und seinem Studio Tōei Animation realisierte Farbanimationsspielfilm Hakujaden (Erzählung einer weißen Schlange, J 1958, R: Taiji Yabushita), der auf einem japanischen Volksmärchen basiert. In den 1980er-Jahren eroberten Filme mit ernsteren Motiven, wie der bahnbrechende Science-Fiction-Film Akira (J 1988, R: Katsuhiro Otomo), den Weltmarkt. In dieselbe Zeit fällt der Aufstieg des TV-Auftragsarbeiters Hayao Miyazaki zum global anerkannten Magier der Filmanimation.

In Filmen wie Majo No Takkyubin (Kikis kleiner Lieferservice, J 1989), Prinzessin Mononoke und Sen to Chihiro No Kamikakushi (Chihiros Reise ins Zauberland, J 2001) erzählt er bis heute sensible Geschichten für Kinder und Erwachsene, die das kreative Potenzial des Mediums voll ausschöpfen.

Das geteilte Europa: Animation vor und hinter dem eisernen Vorhang

Einen vergleichbaren Stellenwert wie in den USA oder Japan konnte die westeuropäische Animation nie erreichen. Dabei waren die Voraussetzungen zumindest in Deutschland günstig. Mit Die Abenteuer des Prinzen Achmed realisierte Lotte Reiniger 1926 den ersten vollanimierten Spielfilm. Der an dem Film beteiligte Walter Ruttmann zählte neben dem Dadaisten Hans Richter und Oskar Fischinger zu den bedeutendsten Vertretern/innen des abstrakten Films.

Der Nationalsozialismus setzte diesem experimentellen Zweig der Animation in Deutschland ein Ende. Während der ausgewanderte Fischinger in den USA hofiert wurde und als Wegbereiter des modernen Videoclips gilt, kam es in der jungen Bundesrepublik vorerst zu keiner weiteren bedeutsamen Entwicklung. Die politische Fabel Die Konferenz der Tiere (BRD 1969, R: Curd Linda) bildete eine Ausnahmeerscheinung. Dasselbe gilt aber auch für Produktionen anderer Länder wie die britische George-Orwell-Verfilmung Animal Farm (Aufstand der Tiere, GB 1954, R: John Halas, Joy Batchelor).

Anders war die Situation in Osteuropa. In den kommunistisch regierten Ländern galten Animationsfilme als wichtiges Exportprodukt. Animationsstudios wurden dementsprechend staatlich gefördert.

Hatten sie auch weniger künstlerische Freiheit, befreite dies die Filmemacher/innen doch vom kommerziellen Druck. Besonders populär in Westeuropa waren die Filme der tschechischen Fernsehstudios in Prag, etwa die Serie "Der kleine Maulwurf", oder die polnischen Trickfilmbrüder "Lolek und Bolek".

In der DDR beliebt waren die größtenteils linientreuen Kinderfilme der DEFA-Trickfilmstudios in Dresden, wo mehr als 2.000 Animationsfilme entstanden. In den künstlerisch herausragenden Filmen von Jiri Trnka und Jan Švankmajer, beide aus der Tschechoslowakei, finden sich jedoch auch kritische Töne.

So wird ein Töpfer in Trnkas Puppentrickfilm Ruka (Die Hand, CZ 1965) von einer mächtigen Hand heimgesucht: Der Künstler will Blumenvasen formen, die Hand zwingt ihn jedoch unablässig zu Abbildungen der Hand – eine deutliche Allegorie auf den Totalitarismus und die Stellung des Künstlers.

Surreale Metaphern des Absurden und der Erotik hingegen bestimmen das Werk Švankmajers, etwa in seinem dreiteiligen Meisterwerk Moznosti Dialogu (Dimensionen des Dialogs, CZ 1982): Im Stop-Motion-Verfahren animierte Köpfe aus Nahrungsmitteln, Gebrauchsgegenständen oder Ton kommunizieren und verschlingen sich gegenseitig. Kindern verdeutlichen diese Filme die verstörende Vielfalt des Mediums, doch gedacht sind sie ausschließlich für Erwachsene.

Abseits der großen Studios: Unabhängige Filmemacher/innen in aller Welt

Animationsfilme sind elementarer Bestandteil der Popkultur und haben diese geprägt, bevor es den Begriff (verwendet etwa seit den 1960er-Jahren) überhaupt gab. Wie Schauspielstars oder Musikgruppen haben sie Fans, die ihre Lieblingsfiguren und -serien verfolgen. Der Wunsch, einen eigenen Animationsfilm zu drehen und dabei mit Konventionen zu brechen, steht allerdings im Widerspruch zur zeit- und kostenintensiven Natur des Mediums. Dennoch wagten unabhängige Filmemacher/innen immer wieder den unvermeidlichen Kampf mit den Studios.

Ein eher tragisches Beispiel ist der US-amerikanische Regisseur Ralph Bakshi: Sein erster Teil von The Lord of the Rings (Der Herr der Ringe, USA 1978), gedreht für United Artists, blieb ohne Fortsetzung. Auch mit späteren, stilistisch ebenso innovativen Filmen hatte er wenig Glück. Heute gilt die Tolkien-Adaption als wichtiges Dokument der Hippie-Gegenkultur, nicht zuletzt diente sie Peter Jacksons erfolgreicher Realverfilmung von 2001 als Inspiration.

Zwei regelrechte Pop-Filme jener Jahre wären ohne das enorme Marktpotenzial der Fankultur kaum realisierbar gewesen. Yellow Submarine (GB/USA 1968, R: George Dunning) stürzte die vier Mitglieder der Beatles in ein surreales Abenteuer, das den Humor, die Musik und den Optimismus der weltweit bekannten Band blendend einfing. Mit einem wilden Mix variierender Stile und Animationstechniken hatte der Film großen Einfluss auf das Grafikdesign der kommenden Jahre.

Ähnliches gilt für die Teilanimation Pink Floyd The Wall (GB 1982, R: Alan Parker), nach dem gleichnamigen Konzeptalbum der Band Pink Floyd. Neben Songs wie "Another Brick in the Wall" wurden die nach dem Vorbild des deutschen Faschismus marschierenden Hämmer zu bildstarken Metaphern der von Pessimismus und Isolationsängsten getriebenen Postpunk-Ära.

Der unberechenbare Independent-Filmemacher Tim Burton ist ein Kind der Punk-Revolution. Als Disney-Zeichner noch an Bakshis Der Herr der Ringe beteiligt, zählt er heute zu den wenigen Künstlern/innen, die zwischen Realfilm und Animation changieren – und das mit Erfolg. Der von ihm konzipierte Puppentrickfilm Nightmare before Christmas (USA 1993, R. Henry Selick) zeigte nie gesehene Bilder, inspiriert vom deutschen Expressionismus der 1920er-Jahre.

Ähnlich erfolgreich abseits der großen Produzenten ist nur sein britischer Kollege Nick Park, Hausregisseur der Aardman Studios. Seine Knetpuppenfiguren Wallace und Gromit oder Shaun das Schaf sind inzwischen, als Merchandising-Produkte in Form von Rucksäcken oder Teetassen, global vermarktbar à la Disney. Bekannt geworden war der Regisseur von Wallace & Gromit: The Curse of the Were-Rabbit (Wallace and Gromit - Auf der Jagd nach dem Riesenkaninchen, GB 2005, R: Nick Park, Steve Box) mit der Kurzfilmreihe "Creature Comforts", in denen er gekneteten Zootieren dokumentarische Aussagen befragter Passanten/innen in den Mund legte.

Auf einem insgesamt gewachsenen Animationsmarkt profitieren junge Talente heute von einem globalen Netz vor allem europäischer Filmförderinstitutionen, die gezielt auch soziale und politische Filmprojekte unterstützen. Der Schwarz-Weiß-Comicverfilmung Persepolis (F 2007, R: Vincent Paronnaud, Marjane Satrapi) über ein junges Mädchen im Iran oder der israelische Film Vals im Bashir (Waltz with Bashir, 2008, R: Ari Folman) entstanden auf diese Weise, ohne Rücksicht auf kommerzielle Interessen oder nationale Filmkulturen.

Beide wurden für den Oscar® als bester fremdsprachiger Film nominiert. Erleichtert wird die Herstellung solcher Filme allerdings auch durch die neuen digitalen Möglichkeiten – der Computer hat auch im "klassischen" Animationsfilm längst Einzug gehalten.

Die digitale Revolution: Pixar & Co.

Auf dem Gesamtkinomarkt hat der Animationsfilm heute eine Stellung, die er geschichtlich zuvor nie hatte. Beinahe monatlich startende Filme der großen Studios sind aus der Kinder- und Jugendsozialisation nicht mehr wegzudenken. Grund ist die digitale Revolution: Sie ermöglicht den Herstellerfirmen wesentlich kürzere Produktionszeiten und neue gestalterische Möglichkeiten. Die Reifung des Mediums und ein kultureller Umbruch, über dessen Hintergründe man nur spekulieren kann, geben den produzierenden Firmen aber noch einen weiteren Trumpf in die Hand: Digital produzierte Filme richten sich heute fast selbstverständlich an Kinder UND Erwachsene. Den Vermarktungsmöglichkeiten derartiger Familienfilme sind damit kaum mehr Grenzen gesetzt.

Diese Entwicklung ist untrennbar verbunden mit dem Namen Pixar. Ursprünglich eine kleine Zuarbeiterfirma von Industrial Light and Magic, der von Beginn des Computerzeitalters an marktbeherrschenden Special-Effects-Firma von Regisseur George Lucas, vereinbarte Pixar 1991 eine Zusammenarbeit mit den Walt Disney Studios.

Mit dem Start von Toy Story (USA 1995, R: John Lasseter) war die Welt der Animation schlagartig verändert. Der erste gänzlich digital animierte Spielfilm, realisiert von der Animationsfilmabteilung unter Regisseur John Lasseter, glänzte nicht nur mit gewitzten Figuren und atemberaubenden Effekten. Die harmlose Geschichte um eine Bande von Spielzeugfiguren enthielt auch eine Menge Anspielungen und satirische Pointen für das erwachsene Publikum.

Mit nachfolgenden Filmen wie A Bug's Life (Das große Krabbeln, USA 1998, R: John Lasseter, Andrew Stanton) und Finding Nemo (Findet Nemo, USA 2003, R: Andrew Stanton, Lee Unkrich) setzte Pixar von nun an fast jedes Jahr neue Rekorde. Und andere, zum Teil neu gegründete Animationsstudios wie DreamWorks, Blue Sky Studios oder Sony Pictures Animation folgten dem Trend.

Unter dem Druck dieser Konkurrenz schloss die Walt Disney Company 2003 ihre Zeichentrickstudios – und übernahm Pixar im Jahr 2006 vollständig, zu einem Preis von 7,4 Milliarden US-Dollar.

Im Jahr 2007 jedoch wurden die Studios, über mehrere Jahrzehnte das Herzstück des Konzerns, wieder eröffnet. Es ist ein starkes Zeichen dafür, dass klassischer 2D-Zeichentrickfilm und Digitalanimation – sowie jede andere Form der Animation – auch im neuen Jahrtausend nebeneinander existieren können, und sich hoffentlich gegenseitig bereichern.

Einige wichtige Studios

Fleischer Studios, gegründet 1921 von Max und Dave Fleischer in New York als Inkwell Studios, 1929 Umbenennung in Fleischer Studios. Die Fleischer-Brüder gelten als Pioniere des Rotoskopie-Verfahrens und waren eine frühe Konkurrenz für Disney. Ihre Figuren wie Betty Boop, Popeye und später Superman sind heute noch bekannt, nicht zuletzt als humoristisch gewagte und oftmals pikante Alternative zur Konkurrenz – eine frühe 7-Minuten-Version von Snow-White (USA 1933, R: Dave Fleischer) mit Betty Boop wirkt wie eine anzügliche Parodie auf den späteren Disney-Film. Auf den 1934 eingeführten Hollywood-Sittenkodex (Hay’s Production Code) allerdings war Disney entschieden besser vorbereitet. Das Studio wurde 1941 vom Vertreiber Paramount übernommen und 1942 geschlossen.

Walt Disney Studios, gegründet 1923 von Walt und Roy Disney als Disney Brothers Cartoon Studio in Hollywood, ab 1926 Walt Disney Studio, 1940 Umzug nach Burbank, Kalifornien. Zunächst auf Kurzfilme (die ALICE-Serie) spezialisiert. Hier fertigte Walt Disney auch den ersten abendfüllenden Zeichentrickfilm Schneewittchen und die sieben Zwerge (1937), an dem zeitweise bis zu 750 Zeichner/innen beteiligt waren. Der harte Führungsstil von "Uncle Walt" führte 1941 zum Streik. Der letzte noch von Walt Disney begonnene Film war The Jungle Book (Das Dschungelbuch, USA 1967, R: Wolfgang Reitherman).

Dem Tod des Patriarchen 1966 folgte eine tiefe Krise. Erst dem neuen Studioboss Michael Eisner (von 1984 bis 2005) gelang mit Filmen wie The Little Mermaid (Arielle - Die Meerjungfrau, USA 1989, R: John Musker, Ron Clements) eine Konsolidierung und nach der Umbenennung zu Walt Disney Company im Jahr 1986 der Ausbau zum globalen Medienkonzern. Zum Disney-Imperium gehören heute u.a. Marvel Studios, Lucasfilm, Touchstone und Pixar.

Warner Bros., gegründet 1923 von den vier Brüdern Warner in Hollywood. Seit den 1930er-Jahren produziert die zuvor und auch später für ihre harten Gangster- und Detektivfilme ("Schwarze Serie") bekannte Firma auch überaus erfolgreich Zeichentrickfilme. Als "Looney Tunes" wurden insbesondere die Figuren Schweinchen Dick, Daffy Duck und Bugs Bunny bekannt. Die zwischenzeitlich geschlossene Abteilung Warner Bros. Animation wurde 1980 wiedereröffnet und produzierte 2014 den Kinofilm The Lego Movie (USA, R: Phil Lord, Chris Miller).

DEFA-Studio für Trickfilme, gegründet 1955 in Dresden aufgrund eines Beschlusses des Ministerrats der DDR. Das Studio sollte vordergründig künstlerisch und pädagogisch wertvolle Kinderfilme produzieren. Im Auftrag des DDR-Fernsehens entstanden hier zudem kurze Puppen- und Zeichentrickfilme für Kinder – so etwa der Kultfilm Alarm im Kasperletheater (DDR 1960, R: Lothar Barke) und teilweise stark agitatorische Politfilme.

Nach der Doktrin des sozialistischen Realismus mussten alle Kinderpuppen Pionierhalstücher tragen, subversive Experimente wie in der Tschechoslowakei oder Polen waren kaum möglich. Zu den Ausnahmen zählt etwa Lutz Dammbecks abstrakte Fluchtfantasie Einmart (DDR 1981). 1990 wurde das Studio, das seit seiner Gründung rund 2.000 Animationsfilme produziert hatte, von der Treuhand abgewickelt und 1992 endgültig geschlossen. Es hatte zuletzt 248 Beschäftigte. Das Erbe des Studios wird vom DIAF – Deutsches Institut für Filmarchiv – gepflegt.

Aardman Animations, gegründet 1972 von Peter Lord und David Sproxton in Bristol, Großbritannien. Bekannt wurde das anfängliche Low-Budget-Unternehmen u.a. durch "Sledgehammer", einem innovativen Musikvideoclip zu Peter Gabriels gleichnamigem Song. Heute steht der Name Aardman für humorvolle Knetanimationen mit oft spektakulären Effekten.

Zwei Kurzfilme von Nick Park mit den Figuren Wallace und Gromit – ein Käse liebender Brite und sein Hund – brachten weltweite Aufmerksamkeit. Dem ersten Langfilm Chicken run - Hennen rennen (GB 2000, R: Nick Park, Peter Lord) folgte der Oscar®- Gewinner Wallace and Gromit - Auf der Jagd nach dem Riesenkaninchen (2005). Aardman kooperiert heute mit Sony Pictures.

Studio Ghibli, gegründet 1985 von Hayao Miyazaki und Isao Takahata in Koganei, Japan. Als Zeichner des Zuyio Studios hatte Miyazaki u.a. anderem an der Fernsehserie "Heidi" (1974) mitgewirkt. Der Erfolg seines Films Kaze no tani no Naushika (Nausicaä aus dem Tal der Winde, J 1984), basierend auf seinem eigenen Manga, führte zur Gründung von Ghibli. Berühmt für fantasievolle Geschichten mit sensiblem Stil, arbeitet man bei Ghibli bis heute noch überwiegend nach der herkömmlichen Zeichentricktechnik und verzichtet dabei weitestgehend auf Computer. 2003 wurde Chihiros Reise ins Zauberland mit dem Oscar® als bester fremdsprachiger Film geehrt.

Pixar Animation Studios, gegründet 1986 von Apple-Gründer Steve Jobs in Emeryville, Kalifornien. Hervorgegangen aus der ehemaligen Grafikabteilung der Lucasfilm, produzierte Pixar (ein Akronym aus Pixel und Art) zunächst Promotion- und Werbefilme. Unter Regie von John Lasseter entstand 1995 in Kooperation mit Disney Toy Story, ein beispielloser Erfolg, als erster computergenerierter Spielfilm ausgezeichnet mit dem Ehren-Oscar® für besondere Innovation (ähnlich wie 1937 Disneys Schneewittchen und die sieben Zwerge).

Die Begriffe "Digitales Kino" und "Pixar" wurden lange Jahre synonym benutzt. 2006 kaufte der langjährige Vertriebspartner Disney den Konkurrenten auf, Steve Jobs blieb jedoch bis zu seinem Tod im Jahr 2011 Hauptaktionär und kam zugleich in den Verwaltungsrat von Disney. Die Eigenständigkeit der Marke Pixar blieb dabei garantiert.

Zum Weiterlesen und Schauen

Fussnoten