Wie Schulerfolg von den Lehrkräften abhängt – Podcast des SWR2
Der Schulerfolg von Kindern hängt zu einem großen Teil davon ab, wer sie unterrichtet. In der Debatte um guten Unterricht war dies lange Konsens. In diesem Podcast von SWR diskutieren Bildungsforscher Ulrich Trautwein und Richard Göllner sowie die Gewinnerin des Deutschen Lehrerpreises (2019), Christina Hammerström, ob sich wirklich alles nur darum dreht, wie gut der Lehrer oder die Lehrerin ihren Job beherrscht.
Den Podcast „Wie Schulerfolg von den Lehrkräften abhängt“ von Andrea Lueg finden Sie hier Externer Link: www.swr.de
Guter Unterricht – welche Merkmale entscheidend sind
Für Ulrich Trautwein geht es in erster Linie um die Frage, was guten Unterricht ausmacht. Hier hebt er drei Merkmale hervor: Erstens, ob es der Lehrkraft gelingt, die Klasse so zu leiten, dass möglichst wenig Störungen auftreten. Zweitens, ob sie es schafft, dass Schülerinnen und Schüler sich das vermittelte Wissen tatsächlich aneignen und drittens, ob die Lehrkraft eine gute Lehrperson-Lernenden-Beziehung aufbauen kann. Dies äußere sich z. B. darin, dass Interesse am Lernfortschritt der Kinder besteht und Aufgaben gestellt werden, die auf den individuellen Lernstand zugeschnitten sind.
Guter Unterricht ist also unter anderem das Ergebnis einer guten Lehrkraft. Doch entscheidend für das Lernergebnis sind auch bestimmte Merkmale einer Klasse, so Ulrich Trautwein. Demnach können ein und dieselbe Lehrerin oder derselbe Lehrer mit demgleichen Unterricht in verschiedenen Klassen ganz unterschiedlich erfolgreich sein. Klassenmerkmale, die Trautwein in diesem Zusammenhang nennt, sind etwa das Interesse, das die Schülerinnen und Schüler am Thema des Unterrichts haben, die Voraussetzungen mit denen sie in den Unterricht kommen und – auf den ersten Blick überraschend – der Jungenanteil in der Klasse. Das gute Leiten einer Klasse mit einem höheren Jungenanteil, so führt Trautwein aus, sei nämlich deutlich voraussetzungsvoller als in Klassen mit einem geringeren. Doch auch hier hängt es stark vom Thema ab, entgegnet die Lehrerin Christina Hammerström. Ein reiner Jungenkurs kann dem Lernerfolg, gerade bei Themen, wie etwa der Sexualerziehung, sogar zuträglich sein. Es können offenere Fragen gestellt und andere Themen besprochen werden, meint Hammerström.
Gute Beziehung zwischen Lernenden und Lehrkräften motivieren zur Leistung
Auch aus Sicht von Hammerström gibt es bestimmte Eigenschaften und Fähigkeiten von Lehrkräften, die dem Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern zuträglich sind. Darunter zum Beispiel, eine klare Vorstellung davon zu haben, was man vermitteln will, die Perspektive der Lernenden einzunehmen und sich für das Fach, das man unterrichtet, genuin zu begeistern. Doch das Fachliche zu vermitteln, so Hammerström, werde einfacher, wenn auch die Beziehungsebene stimme. Gerade die Lehrkräfte, die sie damals als Schülerin schätzte, habe sie nicht enttäuschen wollen, so ihre Begründung: „Ich wollte zeigen, dass ich das verstanden habe, dass sie gute Lehrkräfte sind. Und von daher glauben wir ein bisschen hier, auch mein Chef, dass sie eher für uns lernen bzw. fürs Elternhaus. Gar nicht so ‚ich lern für mich, das ist etwas Schönes‘, sondern wenn, dann wollen sie gute Leistungen zeigen, weil sie uns zeigen wollen, dass sie gute Leistung bringen können.“
Das Interesse der Politik muss größer werden
Lehrkräfte spielen eine bedeutende Rolle für den Schulerfolg, darin sind sich die Diskutierenden einig. Entscheidend sei jedoch, dass die Erkenntnisse auch Eingang in die Politik finden. Zwar sei die Wahrnehmung, dass guter Unterricht wichtig ist, weit verbreitet. Doch findet diese Erkenntnis auch konsequent Eingang in die Praxis? Das, so Trautwein, sei eben noch nicht der Fall: „Die Ernsthaftigkeit in Richtung Qualitätssicherung, in Richtung Verbesserung, die Ernsthaftigkeit in der Bemühung, ein gutes Schulsystem für alle unsere Schülerinnen und Schüler, aber auch die Lehrkräfte herzustellen, ist gering. Und das, obwohl von ganz oben die Ansage kam, dass wir eine Bildungsrepublik sind. Das ist bei weitem aber nicht der Fall. Das ist eine eingebildete Bildungsrepublik.“ Man wisse Vieles, das man konkret verbessern könnte, doch fehle es entweder an Geld oder am politischen Willen.