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Interaktiver Webtalk "Der rechte Weg?" | Rechtsextremismus | bpb.de

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Interaktiver Webtalk "Der rechte Weg?"

/ 2 Minuten zu lesen

Gibt es Gemeinsamkeiten in den Biografien und in der Sozialisation von Rechtsextremen? In einem interaktiven Webtalk am 24.11.2016 diskutierten der Psychologe Siegfried Preiser und Fabian Wichmann von dem Aussteigerprogramm EXIT-Deutschland mit der Moderatorin Diane Hielscher in einem interaktiven Webtalk darüber, wie und durch welche Faktoren begünstigt rechtsextreme Radikalisierung stattfindet und welche Schlüsse daraus für die politische Bildung gezogen werden können.

Interaktiver Webtalk "Der rechte Weg?"

Welche Faktoren begünstigen eine rechtsextreme Radikalisierung und was kann man dagegen tun?

Interaktiver Webtalk "Der rechte Weg?"

Gibt es Gemeinsamkeiten in den Biografien und in der Sozialisation von Rechtsextremen? In einem interaktiven Webtalk am 24.11.2016 diskutierten der Psychologe Siegfried Preiser und Fabian Wichmann von dem Aussteigerprogramm EXIT-Deutschland mit der Moderatorin Diane Hielscher in einem interaktiven Webtalk.darüber, wie und durch welche Faktoren begünstigt rechtsextreme Radikalisierung stattfindet und welche Schlüsse daraus für die politische Bildung gezogen werden können.

Spricht man von Rechtsextremen wird oft das gleiche Bild gezeichnet: männlich, ohne Schulabschluss und Job und aus schwierigen familiären Verhältnissen stammend. Die Forschung sagt etwas anderes. Gibt es eine typische rechtsextreme Biografie? Wie und durch welche Faktoren begünstigt findet rechte Radikalisierung statt und welche Schlüsse lassen sich daraus für die politische Bildung ziehen? Darüber diskutierten der Psychologe Siegfried Preiser und Fabian Wichmann von dem Aussteigerprogramm EXIT-Deutschland mit der Moderatorin Diane Hielscher in einem interaktiven Webtalk.

Der Talk in den Räumlichkeiten der Kurt-Schwitters-Schule in Berlin fand am 24. November von 14:15 bis 15:45 Uhr live hier und auf Facebook statt. Jeder konnte sich dazuschalten und via Twitter (#wirgegenrex), Facebook oder E-Mail (wirgegenrex@bpb.de) an der Debatte teilnehmen.

QuellentextTranskript

Transkript und Fragen zum Webtalk am 24.11.2016: Der rechte Weg? Welche Faktoren begünstigen eine rechtsextreme Radikalisierung und was kann man dagegen tun?

[Moderation] Herzlich willkommen zum interaktiven Webtalk der Bundeszentrale für politische Bildung. Heute sind wir zu Gast in der Kurt-Schwitters-Oberschule in Berlin. Ein ganz herzliches Willkommen daher euch allen. Hallo, schön, dass ihr da seid, herzlich willkommen. Mein Name ist Diane Hielscher und unser Thema heute ist: Der rechte Weg – welche Faktoren begünstigen eine rechtsextreme Radikalisierung und was kann man vor allem auch dagegen tun. Und hier sitzen zwei Schulklassen im Publikum, einmal die 10-5 und der Geschichtskurs der 12. Klasse, die zu diesem Thema schon gearbeitet haben, sich darüber im Unterricht unterhalten haben und wir werden auch gleich noch mal mehr von euch hören dazu, zu diesem Thema. Außerdem werden wir mit den beiden Experten sprechen, die hier sind. Ich freue mich sehr, sie vorstellen zu können, herzlichen – Glückwunsch hätte ich fast gesagt – herzlich willkommen meine ich natürlich. Einmal haben wir Fabian Wichmann von der ZDK, Gesellschaft Demokratische Kultur, er ist auch von EXIT-Deutschland, Deutschlands bekanntestem Aussteiger-Programm für Rechtsextreme, außerdem Initiator der vielfach ausgezeichneten Initiative Rechts gegen Rechts und #hasshilft, die nämlich für jeden menschenverachtenden Kommentar im Internet einen Euro Spende für Flüchtlingsprojekte der Aktion Deutschland Hilft und EXIT-Deutschland sammelt. Sehr schöne Idee, die ging auch sehr viral im Netz, nicht? Außerdem bei uns Prof. Dr. Siegfried Preiser, er ist Psychologe und seit 2010 Rektor der Psychologischen Hochschule Berlin, Professor für die Psychologie lebenslangen Lernens. Und er ist Vorstandsmitglied der Sektion Politische Psychologie und Koordinator des Expertenbeirats Prävention von Gewalt, Rechtsextremismus und Interkulturellen Konflikten. Herzlich willkommen. Ich bin die Moderatorin, mein Name ist Diane Hielscher, ich mache solche Sachen sehr gerne und häufig und bin ansonsten im Radio zu hören bei DRadio Wissen. Und bevor es losgeht, möchte ich euch alle einladen, und zwar die Menschen natürlich, die hier sind, die Schüler und Schülerinnen, aber auch ihr, die ihr jetzt gerade am Rechner sitzt. Macht mit, schreibt uns, zum Beispiel unter dem Hashtag bei Twitter #wirgegenrex, mit X, genau, am Ende oder bei Facebook. Wenn ihr Fragen habt, wenn ihr Anmerkungen habt, wenn ihr auch an die Experten irgendwas richten möchtet, macht einfach mit, ich werde das dann erfahren, ich hab hier ein iPad auf dem Schoß und da wird das dann alles stehen, es wird bei uns ankommen, will ich damit sagen. Ihr könnt auch auf der Seite der Bundeszentrale einfach direkt mitmachen, da gibt es dann auch eine Umfrage bzw. zwei sogar, die wir im Laufe der Veranstaltung noch besprechen werden und natürlich auch die Ergebnisse klären dazu. Und dann fangen wir einfach mal an. Wer sind eigentlich diese Rechtsextreme, also, Herr Preiser, von wem sprechen wir denn eigentlich, was bedeutet 'rechtsextrem'?

[Siegfried Preiser] Es gibt inzwischen glaube ich hunderte von Definitionsversuchen und Abgrenzungsversuchen und alternativen Begriffen, die man verwenden kann, aber traditionell werden eigentlich zwei Kriterien herausgestellt. Das eine ist eine Ideologie, also ein Glaubenssystem von Ungleichwertigkeit der Menschen, das sich in der Regel zur Abgrenzung gegenüber als weniger wertvoll geachteten Menschen eben herangezogen wird, beispielsweise gegen Ausländer, gegen Behinderte, oft auch gegen Frauen, Flüchtlinge und so weiter. Und das zweite Kriterium, das aus einer rechten Einstellung eine rechtsextremistische oder rechtsextreme Einstellung macht, ist die Gewaltbereitschaft, nämlich die Bereitschaft, seine Überzeugung von der Überlegenheit bestimmter Rassen, bestimmter Ethnien oder bestimmter Persönlichkeits – Führerpersönlichkeiten beispielsweise gegenüber den anderen notfalls auch mit Gewalt durchzusetzen. Das fängt an in der Mitte der Gesellschaft mit der stillschweigenden Akzeptanz von gewalttätigen Übergriffen, geht hin bis zur Propagierung von Gewalt und letztendlich zur faktischen Umsetzung, etwa gegen Flüchtlingsunterkünfte.

[M] Also man ist nicht rechtsextrem, nur wenn man Gewalt ausübt?

[SP] Die Ausübung von Gewalt ist etwas, was wir bei ganz vielen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen sehen, was mit diesem rechten Menschenbild, das diese Ungleichwertigkeit von Menschen beinhaltet, nicht zwangsweise etwas zu tun hat. Die meisten rechtsextremen, die wegen Gewalttätigkeiten massiv aufgefallen sind, waren auch schon vor ihrer rechten Ideologisierung gewaltbereit und kommen aus gewaltbereiten Haushalten.

[M] Herr Wichmann, wie sieht es denn aus mit den Zahlen? Wie haben sich zum Beispiel die Zahlen entwickelt in den letzten Jahren? Gibt es mehr, gibt es weniger? Man hat ja immer so ein Gefühl, oh jetzt ist es wieder stark gestiegen, die Zahlen, ist das tatsächlich so? Wie sieht es da aus?

[Fabian Wichmann] Grundsätzlich gilt erst mal zu unterscheiden, dass wir Einstellungen haben und Verhalten. Wenn wir uns die Einstellungsmuster anschauen, dann sehen wir schon, dass wir da einen Anstieg haben, und kontinuierlichen Anstieg haben, und im Bereich des Verhaltens, also wir haben jetzt aktuell immer so zwischen 20 000 bis 23 000 organisierte Neonazis in Deutschland, davon um die Hälfte herum dazu noch gewaltbereit, militant. Das unterscheidet sich immer von Jahr zu Jahr etwas, aber ist eigentlich relativ konstant über die Jahre. Man sieht aber, dass dieser Bereich von diesen militanten Neonazis über die Jahre etwas abgenommen hat in den gewalttätigen Aktionen. Also seit 2008 waren zunehmend weniger Straftaten, die verzeichnet worden sind. Dieser Anstieg ist aber spätestens seit 2014 rückläufig, also stärker werdend, wir haben jetzt seit 2014, 2015 und auch in diesem Jahr werden die Zahlen eher so sein, dass sie dramatisch ansteigen. Also, wir sprechen da von bis zu 30 Prozent mehr Straftaten, politisch motiviert rechte Straftaten im Gegensatz zum Jahr davor.

[M] Gibt es dazu vielleicht direkt Fragen hier? Wenn ihr irgendwie was sagen wollt oder Fragen habt, dann meldet euch einfach, ich sehe euch dann schon. Nein? Ansonsten auch im Netz, wie gesagt, twittert uns an, #wirgegenrex oder schreibt uns unter Facebook Kommentare oder Anmerkungen vielleicht auch, dafür sind wir ja heute da. Ansonsten ist es auch in dem Zusammenhang spannend natürlich zu wissen, wie und warum radikalisieren sich Menschen und vielleicht sogar auch, wann. Also, man hat ja ganz oft diese Klischees, die vielleicht auch von den Medien kolportiert werden oder die jetzt schon seit Jahren im Raum stehen, also, der Rechtsextreme, der hat keinen Schulabschluss, der ist meistens männlich, der kommt wahrscheinlich aus schwierigen familiären Verhältnissen, das hatten wir, vielleicht gibt es da Gewalt in der Familie, Alkoholmissbrauch spielt oft eine Rolle, er wird dann manchmal, also in irgendwelchen sagen wir mal Artikeln oder Expertenrunden, Mike dann genannt und so weiter, und der hat jetzt eben diese Biografie und darüber wollen wir auch sprechen. Ist das tatsächlich so, sind das Klischees oder gibt es da irgendwelche Zahlen und Fakten dazu? Und deswegen wollen wir von euch wissen, was glaubt ihr, woher kommt Mike, woher kommt dieses Klischee, also wir wollen euch im Netz fragen und natürlich auch hier. Wir haben hier lustige bunte Zettel verteilt auf euren Stühlen und die wollen wir jetzt zum Einsatz bringen. Ihr könnt auch auf der Seite der Bundeszentrale im Netz mitmachen, da gibt es kleine Pünktchen, die man anklicken kann. Vergleich Ost-West, wo sind die neuesten – Leipziger Mitte-Studie, derzufolge ausländerfeindliche Einstellungen bei den 14- bis 30-Jährigen häufiger zu finden sind. Und das ist jetzt eben die Frage an euch: a) in Westdeutschland, das ist dann die blaue Karte, die ihr in der Hand habt. Oder b) in Ostdeutschland, das wäre dann die gelbe Karte. Haltet mal hoch, wir wollen mal gucken. Hundert Prozent! Wirklich, keine blaue, keine einzige? Eine blaue da hinten! Doch nicht. OK, gelbe Karte: 100 Prozent im Raum sagen, die meisten Rechtsextremen sind in Ostdeutschland zu finden. Und die Antwort ist auch tatsächlich b) also gelbe Karte, die rechtsextremen Einstellungen kommen der letzten Mitte-Studie zufolge häufiger bei Personen vor, die in Ostdeutschland leben, im Osten stimmen 23,7 Prozent dieser Altersgruppe ausländerfeindlichen Aussagen zu, nur um mal so eine grobe Zahl zu haben, im Westen sind es 13,7 Prozent. Und ich hatte ja eingangs schon erwähnt, ihr habt zu diesem Thema auch euch im Unterricht befasst, ihr habt darüber gesprochen, ihr habt Filme gesehen, ihr habt diskutiert. Und die Elena aus der 10-5 wird uns jetzt nochmal kurz zusammenfassen, was habt ihr da besprochen? Worum ging es da?

[Elena] Also, wir haben Filmausschnitte geguckt und darüber dann diskutiert und wir haben festgestellt, also, die Meinung von unserer Klasse ist, dass es dieses Klischee vom Neonazi immer noch gibt, aber dass es sich jetzt sehr stark aufteilt und dass es immer mehr Abweichungen gibt davon und dass dieses Klischee vom Neonazi immer noch da ist, aber dass es nicht mehr so – dass es jetzt nicht nur diesen einen Neonazi gibt.

[M] OK, also ihr habt darüber gesprochen, dass es überall letztlich welche gibt, und dass das Klischee aufgeweicht wurde in den letzten Jahren oder ...?

[E] Ja, also über – dass es früher glaub ich viel mehr dieses Klischee gab und dass jetzt mittlerweile ja auch – nicht nur dass die Eltern jetzt arm sind, sondern dass auch von sozial stärkeren Familien es Neonazis gibt.

[M] Im Netz ist das ähnlich gewesen übrigens, das Ergebnis von der Umfrage, da haben die meisten eben auch gesagt: in Ostdeutschland. 85 Prozent der Leute, die mitgemacht haben im Netz. Herr Wichmann, wie sind denn die Erfahrungen da aus der Praxis? Weil, Zahlen sind ja die eine Sache und Ihre Arbeit die andere.

[FW] Also, wir haben ja – an uns wenden sich Leute, die aussteigen wollen, deswegen haben wir da einen gewissen selektiven Blick auf die Situation, wir können halt nicht das Gros der Rechtsextremen betrachten. Also sehen wir, wir haben unterschiedliche Gruppen, wir haben unterschiedliche Stereotype, die uns in der Arbeit begegnen. Wir haben dieses Klischee-Bild, aber auch nicht so häufig, wie man vielleicht annimmt. Wir haben auch häufig Leute, die studiert haben, die studieren, Rechtsanwälte, gut integrierte, eben nicht bildungsferne oder arbeitende oder einfach in der Gesellschaft eigentlich eingebundene Leute ...

[M] … nichtsdestotrotz aber extrem sind.

[FW] Die aber dennoch die rechtsextremen Einstellungen teilen und auch nicht nur die Einstellungen teilen, sondern auch diese Einstellung in Verhalten umsetzen. Also Kameradschaftsführer, organisierte Neonazis, von denen sprechen wir da. Also, mit dieser Matrix ranzugehen, dass man da mit Menschen zu tun hat, die eigentlich den gesellschaftlichen Rand abbilden, die es im Leben zu nichts gebracht haben, da verkürzt man das Problem und wird es auch auf lange Sicht banalisieren, weil wenn es so wäre, hätten wir wahrscheinlich schon jetzt nicht mehr das Problem, sondern er rekrutiert sich ja immer wieder neu, dieser Rechtsextremismus, und das funktioniert über Leute, die charismatisch sind, die intellektuell auch in der Lage sind, so was zu machen, und eben nicht über den dumpfen, grölenden Neonazi.

[M] Herr Preiser, wie findet denn politische Sozialisierung statt?

[SP] Ich fang mal mit was Positivem an. Jugendliche, die in die Pubertät kommen, entwickeln in der Regel eine höhere geistige Komplexität, das heißt, sie können größere Zusammenhänge erfassen, sie können verschiedene Dinge gleichzeitig berücksichtigen, sie können Widersprüche aushalten und irgendwann auflösen. Und diese erhöhte geistige Komplexität wird in der Regel verbunden mit der verstärkten Suche nach einer persönlichen Identität. Das ist normale, günstige, wünschenswerte Sozialisation, das ist eine Entwicklungsaufgabe, sich eine eigene Identität zu entwickeln. Und das führt dazu, dass Jugendliche auch für politische Themen – die ja nun eine gewisse Komplexität haben – für politische Themen aufgeschlossener sind und damit einerseits überhaupt politisch motiviert und gebildet werden können und andererseits aber eben auch verführbar sind von extremistischen Positionen. Das heißt, die Entwicklung, die geistige Entwicklung und die moralische Entwicklung und die Identitätsentwicklung zusammen bilden den Nährboden dafür, dass man politisch aktiv werden kann und ich habe mich mehr mit positivem politischen Engagement beschäftigt und bin dann zwangsweise nur auch zu den negativen Rändern gekommen bei meinen Untersuchungen. Diese positive wünschenswerte politische Sozialisation beginnt also etwa im Jugendalter und führt eben zu einem Weltbild, und die Defizite, die viele Menschen erleben in dieser Sozialisation, die machen dann besonders verführbar für extremistische Parteien. Das ist die eine Seite. Also die politische Ideologie sozusagen. Und die andere Seite ist ja die Gewaltbereitschaft. Und die beginnt also wesentlich früher, also auch für politische Haltungen gibt es so was wie eine latente Sozialisation, also eine schon in der Kindheit beginnende Erfahrung, wie gehe ich mit Macht um, wie werden Widersprüche ausgehandelt, wie wird argumentiert, wie ist es mit Toleranz. Aber die Gewalterfahrungen sind etwas, was Menschen über viele Jahre hinweg kumuliert, immer wieder begegnet, und wenn das in der Familie schon so ist, und dann in der Schule fortgesetzt wird, dass man auch mit Gewalt Erfolg hat, Ansehen gewinnt und Anerkennung durch die anderen, dann kann das dazu führen, dass neben der politischen Entwicklung eben auch die Gewaltentwicklung sich fortsetzt und das führt in der Regel in dieser Kombination dann zu einer besonderen Anfälligkeit gegenüber Rechtsextremismus, sofern es keine Gegenkräfte gibt.

[FW] Ich will noch mal ergänzen, zumal – diese richtig beschriebenen Punkte, aber der Rechtsextremismus als Ideologie hat auch gewalttätiges Handeln als politisches Instrument. Also, Gewalt ist ein legitimes Mittel, um politische Prozesse und politischen Willen durchzusetzen. Das ist ein Merkmal, das ihn unterscheidet von anderen politischen Richtungen und diese Gewalt ist ein fester Bestandteil, der wird als Straßenkampf, als Terror gegen Andersdenkende, gegen Geflüchtete oder andere Feind- oder Opfergruppen gezielt eingesetzt, um letztendlich ihre Umwelt, um ihre Situation zu gestalten. Deswegen ist Gewalt in der Sozialisation ein Bestandteil, aber er ist auch ein fester Bestandteil der politischen Ideologie und wird damit konsequent umgesetzt.

[M] Jetzt ist es ja oft so, dass in Talkshows und Radiosendungen und so oft über die Jugendlichen gesprochen wird und wir wollen ja mit euch reden, deswegen vielleicht auch mal die Frage an euch, habt ihr dazu noch was zu sagen, wie sieht es bei euch im Alltag aus, habt ihr schon – also, weil wir haben ja eben davon gesprochen, wie funktioniert das mit der Radikalisierung usw., habt ihr irgendwas mitbekommen, Nachbarn, Freunde, Bekannte, irgendwas vielleicht – wie hat auch die Arbeit zu diesem Thema – Elena vielleicht nochmal – in euren Alltag mit reingespielt, habt ihr irgendwie Sachen anders gesehen, nachdem ihr das im Unterricht besprochen habt?

[E] Also, es ist ja jetzt noch nicht so lange her und ich kann ja nur für mich sprechen, ich denke, ich hab mich schon davor mit dem Thema befasst und für mich hat sich jetzt nicht stark was geändert. Klar hat man dann nochmal den Tag darüber nachgedacht und ich finde es auch sehr gut, dass wir das im Unterricht besprochen haben, aber ich würde jetzt nicht sagen, dass meine Meinung – oder dass sich was stark verändert hat.

[M] Aber hast du Verständnis dafür, dass junge Leute sagen, hey, ich höre jetzt rechte Musik, ich bin gerade auf dem Weg in die Radikalisierung, aus welchen Gründen auch immer?

[E] Äh, Verständnis schon, also ich kann es verstehen, warum jemand sich dort angesprochen fühlt, rechtsextrem wird, aber ich denke nicht, dass das bei mir so ist, also ich denke, dass junge Menschen sich für so was – so was gut finden, kann ich nachvollziehen, ja...

[M] Und hast du Beispiele vielleicht aus deinem Alltag irgendwie, Bekanntenkreis, Freundeskreis, irgendwas?

[E] Nein.

[M] Nein. OK. Herr Wichmann, jetzt beschreiben Sie doch mal für uns, wie eben dieses Abrutschen quasi aussehen kann, also wie kommt man in Berührung, was sind so die ersten Punkte quasi?

[FW] Das können verschiedene sein. Also, ich kann ja vielleicht mal an zwei, drei Ideen oder Biografien so ein paar Punkte beschreiben.

[M] Ja.

[FW] Das kann wegen meiner ein Mädchen sein, jetzt mal so als Beispiel, ein Mädchen, das halt in der Schule vielleicht nicht die Anerkennung findet, die sie bräuchte oder sucht und vielleicht auch bei den Eltern nicht die Anerkennung findet, dann in dem Fall über eine Freundin in eine Gruppe kommt, und das erste, was man dort bekommt, ist eine Aufgabe von dieser Kameradschaft, und in dem konkreten Fall war es dann halt zum Beispiel das Heraussuchen von Fahrplänen zu Demonstrationen, das Vorbereiten von irgendeinem Kameradschaftsabend, da gab es dann Anerkennung für, das war dann ein klar strukturiertes Element der Anerkennung, um diese Gruppenstabilität zu erreichen.

[M] Verantwortung, Team-Geist...

[FW] Genau. Das hat in dem Fall auch funktioniert, sie fühlte sich anerkannt und stärker anerkannt als vielleicht in der Schule und zu Hause. Ein anderer Fall, der mir so beschrieben war, war einfach eine Person, die jetzt so was wie biografische Erfahrungen hatte, getrenntes Elternhaus, vielleicht noch so ein paar andere Punkte, die in der aktuellen politischen Situation störten und die ihn halt darüber nachdenken ließen, und an diesem Punkt kam dann halt so was wie ein politisches Versprechen. Also, da war dann jemand und sagte, all die Probleme, die du siehst, die können wir lösen, und zwar über die Politik, die wir verfolgen. Und das war für ihn so was wie eine Prophezeiung, eine Verheißung, wo er sagte, OK, genau, und das will ich auch, und meine Probleme, meine Erfahrungen, die ich habe, die werden durch euch kompensiert, durch euch gelöst, und damit hat er sich da hingewandt. Also, es sind unterschiedliche Faktoren auf der biografischen, auf der psychologischen, auf der sozialen, auf der ökonomischen – auf verschiedenen Ebenen, die aber alle dann letztendlich versehen werden mit so was wie einem Versprechen der Lösung dieser Probleme. Und das ist ganz wichtig, und das ist eine politische Lösung, die da angeboten wird, und die letztendlich diese politische Hinwendung quasi komplettiert erst. Wie der Prozess genau verschalten ist, das würde ich auch gerne wissen, das wäre dann mein Buch oder so, aber ich habe es auch nicht ...

[M] ... das dann demnächst erscheint...

[FW] … das dann demnächst erscheint, aber ich habe es auch nicht, von daher, es ist so ein bisschen wie eine Black Box, man kennt die Einflüsse, man kennt die Faktoren und man kennt auch das Produkt, aber man weiß nicht …

[M] … aber man hat auch den Eindruck, dass die Rechtsextremen eben tatsächlich sehr erfolgreich arbeiten bei dem, was sie tun.

[FW] Ja, man muss aber auch glaube ich schauen, dass auch viele andere Sachen erfolgreich arbeiten, man muss sie nicht auch noch überhöhen in manchen Fällen …

[M] … nein, um Gottes Willen...

[FW] … wir sehen aber, dass sie bestimmte Sachen erfolgreich machen und dass sie bestimmte Anerkennungsmechanismen offensichtlich kennen und die umsetzen und da auch entsprechend Jugendliche adäquat ansprechen. Aber ich denke, das können auch andere Maßnahmen, andere Projekte besser, mindestens gleich gut.

[M] Herr Preiser, wir haben ja schon über Faktoren gesprochen, die eben anfällig für so eine rechte Radikalisierung machen, also wenn man zum Beispiel im Elternhaus nicht genug Halt hat, was kann denn da noch mit reinspielen?

[SP] Also, ich sehe wieder zwei Grundmotive, zwei menschliche Grundmotive, die eigentlich notwendig, wichtig und nahezu universell sind, die alle Jugendlichen haben und alle Erwachsenen, eigentlich jeder. Das erste ist, irgendwo einen Sinn zu sehen, irgendwo sich aufgehoben zu fühlen, irgendwo Anerkennung zu finden. Zusammenfassend kann man den etwas antiquierten Begriff Geborgenheitssuche – also man sucht Verlässlichkeit, man sucht zuverlässige Nachrichten und letztendlich auch ein Weltbild, an dem man sich orientieren kann, was dann also beim Rechtsextremen in der Regel zu einem sehr geschlossenen Weltbild wird, das sich abkapselt. Das ist der eine Wunsch. Der zweite Wunsch ist, mitzugestalten, mitzuwirken, Kontrolle auszuüben über – also selbst kontrollieren zu können, was mit einem passiert, wie die Zukunft aussieht, wohin man sich entwickelt, etwas bewegen können. Und bei diesen beiden Bedürfnissen gibt es bei vielen Jugendlichen Defizite, sie haben keine Chance, wirklich mitzumischen, mit zu entscheiden, mit zu gestalten, und sie haben keine Orientierung in einer Gemeinschaft, die ihnen Halt, Orientierung oder zumindest Möglichkeiten gibt. Und wenn dann eine Gruppierung, eine rechtsextreme Gruppierung kommt, die genau das bietet und das auch noch verbindet mit einem intellektuell überhöhten politischen Szenario, wir haben das Weltbild, wo das alles dann reinpasst, aber wir haben ab dem ersten Tag, wie Herr Wichmann das gerade beschrieben hat, ab dem ersten Tag die Möglichkeit, mitzugestalten, Verantwortung zu übernehmen und dafür Anerkennung zu bekommen, aufgehoben zu sein. Wenn das der Fall ist, dann sind diese Jugendlichen, die diese massiven Defizite haben – dann auch noch mit fehlender Zukunftsperspektive, die dann plötzlich eine im politischen Bereich ist – dann sind die anfällig dafür. Gerade in solchen Situationen, wo man besonders diese Defizite fühlt, sich besonders ausgeschlossen fühlt und dann der Kontakt kommt, auch wie Elena das geschildert hat, was sie da gesehen hat, dann ist die Anfälligkeit gegeben.

[M] Ich muss nochmal tatsächlich auch auf dieses Klischee zurückkommen. Da komm ich nicht so schnell von weg. Herr Wichmann, haben denn Menschen – Sie haben gesagt, es gibt rechtsextreme Rechtsanwälte – aber haben Menschen mit einer geringen formalen Bildung öfter eine rechtsextreme Einstellung oder nicht?

[FW] Ich würde es jetzt nicht so pauschal sagen, es ist auch die Frage – wenn man jetzt auf der Einstellungsebene schaut, wird man da feststellen, dass es da relativ diffus ist von den Zuordnungen. Auf der Ebene von Gruppenzugehörigkeit wird es dann schon etwas konkreter, aber da muss man auch schauen, welche Gruppen sind das da, auch innerhalb der rechtsextremen Szene finden wir jetzt nicht nur die klassischen Schlägertypen, die man so kennt, also diese Klischeebilder, wir finden auch durchaus andere Kreise, die publizieren, die Artikel verfassen, die Zeitungen haben, die Bücher herausgeben. Also wir finden da auch einen Bereich von Rechtsextremismus, der halt durchaus fähig ist, eben sich abzuheben von diesem dumpfen, gewaltbereiten Bereich. Dieser beschriebene Bereich ist eher so dieser – diese Gruppen, die sich auf dem Straßenkampf-Milieu bewegen, die so die Fußtruppen darstellen. Und der wirklich gefährlichere ist quasi auf lange Sicht eigentlich der intellektuelle Bereich, weil der wird immer wieder versuchen, letztendlich zu rekrutieren und Gesellschaftsmodelle anzubieten, die Antworten auf zeitaktuelle Fragen bieten. Der Schläger auf der Straße hat die nicht. Und da wird man sich auch schneller abgrenzen von. Aber die Ideen, die letztendlich dann eher aus den intellektuellen Kreisen kommen, die finden ja viel schneller Anklang in gesellschaftlichen Diskussionen und verändern Klima.

[M] Was mich da immer wieder interessiert, ist – die rechtsextreme Ideologie ist ja eine menschenfeindliche Ideologie, die da drüben, wir hier, wir gegen die, die gegen uns usw. Also, es ist ja relativ empathielos oft, wie geht das zusammen?

[FW] Wenn man dann Aussteiger fragt, der mir dann beschrieb, er sagte, er war konkret davon überzeugt, dass wenn alle seine politische Einstellung teilen, dann wird es allen besser gehen. Da gibt es so einen Slogan: nach unserm Sieg nie wieder Krieg. Das bedeutet, wenn die Welt nach meiner, also nach der Vorstellung des Neonazis, nach dieser Vorstellung gestaltet ist, dann sind alle glücklich und zufrieden, zumindest aus seiner Perspektive, und damit wäre wiederum Frieden. Das heißt aber, dass dann halt die Grenzen ausgeweitet würden, dass halt Völker, bestimmte Nationalitäten, aufgrund von Herkünften sortiert werden müssten, also dieser Prozess dahin wäre kein Frieden und auch danach wäre kein Frieden. Aber er war fest davon überzeugt, und das war ein Antrieb für ihn.

[SP] Ich hab mich auch mit der Frage beschäftigt, warum intellektuell differenzierte Menschen einem solchen einfachen geschlossenen Weltbild anhängen können und kam auf einen Aspekt, der zunächst mal sehr überraschend erscheint. Viele Menschen sind überzeugt, dass es letztendlich auf der Welt gerecht zugeht. Das heißt, dass jeder das verdient, was er auch verdient hat und dass jeder bestraft wird für das, was er Schlechtes tut. Menschen, die diesem Weltbild – sind in der Regel konservative Menschen, die dieses wirklich glauben, dass die Welt eigentlich im Grunde gerecht ist. Werden ja ständig, jeden Tag mit Ungerechtigkeit, mit Ungleichheit konfrontiert. Und dann gibt es zwei Möglichkeiten, um damit intellektuell fertig zu werden. Die eine ist, ich tue was gegen die Ungerechtigkeit, ich engagiere mich für Arbeitslose, für bildungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche usw., ich versuche einen Ausgleich für diese Ungerechtigkeit oder Ungleichheit, die auf dieser Welt existiert. Und die andere Möglichkeit ist, diese Ungleichheit zu rechtfertigen und zu sagen, aber die sind doch auch selber Schuld und dann ist es plötzlich wieder gerecht. Also, aus meinem Fragebogen eine typische Frage: Es ist gerecht, Arbeitslosen das Arbeitslosengeld zu kürzen, denn sie arbeiten ja auch weniger, sie müssen sich ja auch weniger anstrengen. Also, das ist so eine Rechtfertigung, die ich übrigens nicht nur bei Rechtsextremem, sondern, ja, bei fast allen, auch bei Studierenden sehr breit verteilt finde. Also natürlich manche, die das strikt ablehnen, aber auch viele, die sagen, na, da ist was dran. Also, diese Rechtfertigung von Ungleichheit kann auch so was sein wie ein moralischer – also Ergebnis eines moralischen Verarbeitungsprozesses, dass man sonst die Ungerechtigkeit, die in dieser Welt existiert, gar nicht aushalten könnte. Und was ich dann aber feststelle, und damit kommen wir schon zu der Frage, was kann man denn dagegen machen – also der Glaube an Gerechtigkeit ist ja eigentlich was Schönes, will ich den kaputt machen? Ich hab ein zweites Konzept mit untersucht, und das nenne ich: Ich glaube an die Möglichkeit von Gerechtigkeit. Also beispielsweise, ich halte es für möglich, eine Weltordnung, eine Wirtschaftsordnung zu schaffen, die mehr Gerechtigkeit für alle Menschen bringt. Und die Menschen, die das glauben, es ist möglich, und nicht unbedingt, wir haben schon alles, wir brauchen gar nichts mehr tun, die sind tatsächlich auch eher bereit, Ungerechtigkeit wahrzunehmen einerseits und nicht die Benachteiligten auch noch zu verurteilen, wenn sie ja selber schuld sind, und die sind auch eher bereit, sich zu engagieren für Initiativen, also positives politisches Engagement. Also den Glauben, es wäre schon alles gerecht, umwandeln in die Überzeugung, Gerechtigkeit ist möglich, aber man muss was tun. Und damit bin ich dann gefordert und damit kann ich dann auch dieses Dilemma in mir etwas auflösen.

[M] Aber etwas tun ist wahrscheinlich auch der steinigere Weg.

[SP] Ja, genau, das muss dann sein, sonst stecke ich wieder im schlechten Gewissen und versuch mir das irgendwie zu rechtfertigen. Wenn ich sage, man müsste eigentlich, aber es geschieht nichts und ich tue nichts.

[M] Wir haben eine Frage über Facebook reinbekommen: Wie gefährlich ist es, Rechtsextreme als dumm abzustempeln? Wir haben darüber eben schon gesprochen. Was – also vielleicht können Sie das auch nochmal zusammenfassen, was das auch für uns als Gesellschaft bedeutet.

[SP] Also, das bedeutet ja, dass man einerseits die intellektuell hochstehenden differenzierten Vertreter rechter Ideologien gar nicht so in den Blick nimmt und sagt, das ist was anderes, das ist ja Bildungsbürgertum usw. Genau, Herr Wichmann hat gesagt, das sind eigentlich die gefährlicheren, die entweder aus Machtgründen oder auch um eines einheitlichen Weltbildes willen rechte Ideologien dann eben auch auf differenziertem Niveau vertreten und ja, andererseits ist es eben auch eine weitere Ausgrenzung der, jetzt sage ich mal, der wenig gebildeten Rechtsextremen, die also diesem Klischee entsprechen, wenn wir sie einfach nur als dumm und primitiv abtun. Also, das sind ja Menschen, die auch Entwicklungspotential haben, die hätten bloß irgendwo eine andere Förderung bekommen müssen. Das ist ja die Gesellschaft, die ihnen diese Chance – oder die Familie, die ihnen diese Chance nicht gegeben hat, die hat ja dazu beigetragen, nicht die Böswilligkeit der Person. Und die nochmal abzustempeln treibt sie ja eigentlich noch mehr in die Enge. Das haben wir bei allen Extremisten, je weniger die Möglichkeit für einen Exit besteht, desto eher werden sie eigentlich an die Gruppe geschweißt und auch dann an die Ideologie der Gruppe geschweißt und wenn es Alternativen gibt, die letztendlich attraktiv erscheinen, nämlich in der Gesellschaft Anerkennung zu finden, und nicht bloß in gewalttätigen Gruppen, dann ist auch die Chance größer, da wieder herauszufinden.

[M] Aber das ist ja genau die Frage, die jetzt gerade aktuell überall diskutiert wird, in Social Media rauf und runter: nicht abstempeln, was bedeutet das konkret, also wie geht man damit um, also, weil es heißt ja auch, die einen leben in ihrer Blase, reden nicht mit den andern, wie kann man da in Dialog kommen?

[SP] Also, es gibt ja seit den 90er Jahren das Konzept der akzeptierenden Sozialarbeit, dass also Sozialarbeiter in diese Treffpunkte – natürlich nicht in die geschlossenen Gruppierungen der Kameradschaften, aber in die Treffpunkte rechter Jugendlicher gehen, auf der Straße, und mit denen ins Gespräch kommen und nicht sagen, ihr seid böse und ich sag euch, wie es richtig ist, sondern erst mal zuhören. Und durchaus mit der eigenen Meinung nicht dagegen halten, sondern seine eigene Meinung dazu sagen, aber das passiert natürlich nur, wenn man im Gespräch ist, und nicht, wenn man von außen belehrend kommt, oder moralisierend gar kommt. Das heißt, die Jugendlichen, die auf dem Weg sind in Gruppierungen, denen zu sagen, es gibt Menschen, die euch zuhören, die euch ernst nehmen, die mit euch darüber reden, was ihr für Perspektiven habt und wodurch ihr so – ja, eigentlich enttäuscht seid von dieser Gesellschaft, die können gegebenenfalls auch die Jugendlichen dazu bringen, das Bild etwas zu differenzieren. Ich kenne so einige Studien, wo man den Erfolg solcher Maßnahmen kontrolliert, die verbalen Äußerungen der Jugendlichen, die waren nicht weniger krass als vorher, aber die Gewaltbereitschaft, die Bereitschaft, daraus jetzt wirklich, ja, in Gewaltakte abzugleiten usw., die hat sich offensichtlich gemildert dadurch, dass der Betreffende plötzlich eben diese, ich sage wieder mal, Geborgenheit, also diese Akzeptanz in einer Gruppierung gefunden hat oder im Dialog mit Menschen, die ihn nicht abstempeln.

[M] Jetzt ist ja auch gerade im Netz die Diskussion, dass man in seiner eigenen Filterbubble ist, wenn man auf Facebook irgendwas geliked hat, kriegt man immer nur Sachen, die man sowieso mag und die quasi die eigene Meinung bestärken. Hat das irgendwie auch nochmal ein bisschen Einfluss auf die aktuelle Entwicklung?

[FW] In jedem Fall. Also, wenn man sich die Diskussion im Netz anschaut, man kriegt die Informationen, die man sich quasi personalisiert hat über vorhergehende Likes, über Artikel, die man gelesen hat, über Kreise, in denen man sich bewegt. Das heißt, dass da völlig unterschiedliche Nachrichtenräume bestehen, also meine Filterblase bei Facebook ist eine komplett andere als die von jemandem, der in der Kameradschaftsszene ist. Ich hab mal einen Test gemacht, ich hatte einen – ich habe einen Facebook-Account, den man nicht haben darf, aber der ist nicht echt. Und dieser Account hat dann halt mal jemandem gratuliert, der eindeutig der rechtsextremen Szene zuzuordnen war und binnen von 48 Stunden hatte ich irgendwie 150 Freunde, etwas später dann 240. Und diese Timeline, noch etwas gefüttert mit einschlägigen Gruppen, die ist schon recht düster. Also, da ist eigentlich schon eher Weltuntergang. Und wenn man diese Sachen dort immer wieder redundant liest, dann sieht man sich schnell in einer Situation, wo man sagt, OK, ich muss jetzt Notwehr – eine Notwehrsituation, ich muss mich jetzt verteidigen, ich muss auf die Straße. Also, der Schritt hin zu einer Radikalisierung durch soziale Netzwerke, nicht nur über, sondern durch, als Bestandteil von einer Radikalisierung, der ist schon deutlich. Deswegen wäre ich aber auch vorsichtig, jetzt halt die Verantwortung allzu schnell an die, wohl richtig, aber an die Jugendarbeit abzugeben oder an Konzerne wie Facebook abzugeben, sondern das ist ein gesellschaftliches Problem, eine gesellschaftliche Herausforderung und gleichzeitig sind da Probleme, die die Gesellschaft nicht per se lösen kann, sondern das sind politische Prozesse, politische Probleme und da müssen Antworten, auch politische Antworten her, und das wird man auf lange Sicht nicht nur über Sozialarbeit oder über bestimmte Social Media Aktivitäten oder im schlimmsten Fall das Löschen von Beiträgen regulieren können. Aber klar, diese Filterblasen und diese, sagen wir mal auch Filterblasen in der Realität, also Gruppen in bestimmten Räumen, die verstärken natürlich, die beschleunigen Radikalisierung enorm.

[SP] Da stimme ich natürlich voll zu. Also, das sind gesellschaftliche Probleme, die gelöst werden müssen. Die objektive Ungerechtigkeit, die existiert, an die muss man gehen und das offensichtliche Abhängen von bestimmten Jugendlichen, die, weil sie in der Schule Schwierigkeiten haben oder gemacht haben, dann einfach keine weitere Entwicklungschance bekommt. Also, genau das zu verhindern, dass Menschen in diese Sinnleere und in diese Kontaktleere, also im gesellschaftlichen Kontakt oder im Kontakt mit anderen anerkannten Gruppierungen kommen. Genau daran muss man arbeiten. Und das andere, also auch die Sozialarbeit ist natürlich Korrekturarbeit, und ist nicht wirklich gesellschaftliche Entwicklung.

[M] Jetzt gibt es ja wahrscheinlich noch tausend andere Möglichkeiten, eben Jugendliche zu erreichen und da noch mal die Frage hier an euch: Habt ihr vielleicht auch im Unterricht darüber gesprochen, wie man eben diesen enttäuschten Jugendlichen, über den wir gerade gesprochen haben, erreichen kann. Also, wenn jemand sagt, ich fühle mich weder zu Hause noch in der Schule irgendwie angesprochen und irgendwie keiner hört auf meine Stimme, ich hab nicht das Gefühl, irgendwas erreichen zu können und ich werde auch eigentlich nicht richtig beachtet. Habt ihr vielleicht auch besprochen, wie kann man eben Jugendliche auch erreichen? Also, war das auch Thema im Unterricht? Keiner will antworten? Elena vielleicht nochmal?

[Schülerin] Ich denke ein bisschen, dass das was mit Möglichkeiten zu tun hat, mit Gruppen, in denen man sich bewegt, dass man halt die Möglichkeit hat, sich entweder irgend so einer Nazigruppe anzuschließen, in der man dann halt sofort 240 gefühlte Freunde hat oder ob es halt auch eine andere Gruppe gibt. Ich denke, oftmals hat man das Problem auch einfach in Regionen, in denen es vielleicht nicht unbedingt so viel gibt, was man als Jugendlicher machen kann oder wo man sich als Jugendlicher so fühlt, als ob es nicht so viel gibt, was man machen kann. Also, ich denke, dass das ein ganz großes Infrastruktur-Problem ist teilweise auch.

[M] Also, du sagst, das hat zum Beispiel auch viel mit Langeweile zu tun? Wenn ich nicht weiß, was ich machen soll, dann werde ich eben rechtsextrem.

[Schülerin] Mehr oder weniger, ja.

[M] Okay, das ist auch interessant.

[Schülerin] Nazi aus Langeweile klingt ein bisschen doof, aber ich glaube tatsächlich, dass es so eine Sache von Verzweiflung tatsächlich ein bisschen ist. Von wegen, ich bin hier und ich komm hier nicht weg und überhaupt gibt es jetzt halt hier die NPD, die da ganz tolle Veranstaltungen macht, und keine Ahnung, die Identitäre Bewegung, die ich sowieso ganz toll finde, oder so was, keine Ahnung was, und was anderes gibt es nicht und deswegen mach ich jetzt halt das, so von wegen, kann ich mir vorstellen, dass es manchmal so läuft.

[M] Wollen Sie vielleicht direkt darauf reagieren auch? Nazi aus Langeweile, um das jetzt mal so zugespitzt zu formulieren.

[FW] Ja, ich glaube, das beschreibt auch bestimmte Räume, also man kann jetzt nicht generell sagen, dieser Weg ist es, weil in Berlin ist es anders als vielleicht in Mecklenburg-Vorpommern, aber wie du gerade sagst, die Infrastruktur in bestimmten Räumen, in abgehängten Gegenden, ländlichen Regionen, wo halt sämtliche Infrastrukturen fehlen, wo der Jugendclub schon – da muss man nicht darüber nachdenken, ob man Sozialarbeiter anstellt, weil der Jugendclub schon lange nicht mehr da ist. Und in solchen Regionen ist natürlich dann a) der Bedarf da, was haben zu wollen und man sieht, dass die politischen Möglichkeiten offensichtlich nicht ausreichen, um das zu bekommen, ob es der Jugendclub ist oder die Anbindung oder die Infrastruktur generell. Und dann kommt halt eben eine Partei und sagt, ja, das sind die Probleme, die wir sehen und wir lösen die. Und da kommt wieder dieses politische Versprechen. Ob man es nun einhalten kann auf lange Sicht, ist für eine Oppositionspartei relativ leicht zu konkretisieren, zu sagen, na ja, wir machen das alles, ob es dann so wird, ist eine andere Sache. Aber es ist natürlich ein Angebot. Und dann gleichzeitig noch verbunden mit der Idee, aber jetzt seht ihr mal, für euch wird gar nichts gemacht, für die anderen, insbesondere dann vielleicht Flüchtlinge, für die wird so viel gemacht, und ihr seid die Abgehängten und wir interessieren uns für diese Interessen, die anderen nicht. Und schon hat man halt so eine Aus- und Abgrenzung von bestimmten Bevölkerungsgruppen, eine Bestärkung und eine Aufwertung der „Deutschen“ in dem Fall dann da. Und das sind dann Prozesse, die halt so eine Radikalisierung, Hinwendung zu solchen Parteien massiv beschleunigen und bestärken letztlich.

[M] Herr Preiser, um nochmal das Thema Langeweile aufzugreifen, oft ist es ja auch so, die Jugendzeit ist die Zeit der Rebellion, ich will anders sein als meine Eltern, ich will auf jeden Fall einer anderen Kultur angehören und ich will mich absetzen vielleicht auch durch Anziehsachen, durch Musik, durch meine Freunde, ich will Sachen machen, die meinen Eltern vielleicht explizit nicht gefallen. Kann es auch sein, dass es manchmal so eine Phase ist, die dann wieder vorbeigeht, wenn man irgendwie zuerst mit denen abgehangen hat und Bier getrunken hat und dann gemerkt hat, ach nee, ist doch nicht so meins?

[SP] Es gibt natürlich immer auch die Aussteiger in der Anfangsphase. Also die noch nicht kriminell geworden sind, die noch nicht massiv gewalttätig geworden sind, die dann nach einer gewissen Zeit merken, ach hier hat immer nur der Boss das Sagen, der Führer in der Gruppierung, in der Kameradschaft, und ich werde hier letztendlich nur für Hilfsdienste herangezogen, also ich finde hier auch nicht meine Anerkennung. Also, das gibt es natürlich. Die gefährliche Sache ist eben die, dass Jugendliche, die sich absetzen wollen und dann merken, ja, jetzt provoziere ich mit meinem Outfit, mit meiner Musik, die ich zu Hause ganz laut höre und wo die Eltern schon Angst vor den Nachbarn haben, dass wenn die das hören oder wenn die das sehen – das ist natürlich auch ein Beitrag zu einer ich sag jetzt mal simulierten Identitätsbildung. Also letztendlich ist es ja keine Identitätsbildung, wenn man sich einer uniformen Gruppe, also einer einheitlichen Ideologie anschließt, sondern es ist eine Unterordnung unter eine weitere Ideologie, die aber in vielen Fällen, diese Rigorosität im Jugendalter, durchaus ein wichtiger Schritt ist, um erst mal zu sagen, was will ich nicht, ich will nicht so sein wie die Eltern, ich will nicht die gleiche Musik hören, ich will nicht die gleichen kulturellen Angebote haben usw. ,sich erst mal absetzen, kontrastieren, um dann seinen eigenen Stil zu finden. Also von daher, die Möglichkeit gibt es natürlich, aber wieder die Gefahr, Jugendliche, denen so was wie ein Orientierungsrahmen sonst nicht angeboten wird und denen sonst keine Gemeinschaft angeboten sind, die stehen in der Versuchung dann eben, einer großen Versuchung, dort zu bleiben, wo sie erstmals, vielleicht seit vielen Jahren, ernst genommen wurden und akzeptiert wurden. Also, es fällt mir gerade ein, eines der Interviews von den im Gefängnis sitzenden – wegen rechtsextremistischer Gewaltdelikte im Gefängnis sitzenden Jugendlichen war: in dieser Gruppierung bin ich erstmals akzeptiert worden so wie ich bin und hab dort tatsächlich erstmals was Sinnvolles, also aus Sicht der Gruppe dann Sinnvolles, machen können. Und genau wenn das der Fall ist, dann ist es sehr schwer, die da raus zu holen.

[M] Aber es gibt diese Fälle schon auch, aber sie sind eher, Sie würden sagen...

[SP] Es gibt dieses Ausprobieren von Stilrichtungen, von Moderichtungen usw., das gibt es und das ist, denke ich, auch wichtig und legitim, um seinen eigenen Stil zu finden. Nur wenn man diese Suche abbricht, um sich irgendwo zuzuordnen und zu sagen, jetzt bin ich so und das ist jetzt meines und jetzt glaub ich alles, was dort gesagt wird, in dem Moment ist die Identitätsbildung eben auch verloren, also man spricht dann von übernommener Identität statt von erarbeiteter Identität. Erarbeitung heißt immer, sich abgrenzen, abwägen und zu gucken, was passt zu mir und wo will ich hin und wie will ich sein und das ist die Aufgabe des Jugendalters. Und die wird teilweise eben durch solche pauschalisierten Angebote kaputt gemacht.

[M] Kommen wir noch ein Mal ganz kurz zurück zum Klischee, und zwar Klischee Ostdeutschland, das wird ja auch viel diskutiert. Nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern hieß es, ich will nicht mehr nach Rügen fahren, dann, nach Dresden kann man ja jetzt auch nicht mehr und da läuft Pegida ständig usw. Aber ist es nicht genau auch die gleiche Geschichte, die passiert, wenn man sagt, ja, du bist dumm, du bist rechtsextrem, mit dir will ich gar nicht groß reden, wenn man sagt, der Osten, der Osten, der Osten?

[FW] Ja, es ist ein zwieschneidiges Schwert. Man kann auf der einen Seite nicht sagen, ja man spricht nicht mehr darüber, weil man dann halt den Osten stigmatisiert. Man muss ja darüber sprechen, wenn die Erscheinungen da sind. Gleichzeitig muss man natürlich auch schauen, dass man dann entsprechend anderen Entwicklungen im Land Gehör verschafft und halt zeigt, dass halt der Osten auch anders sein kann.

[M] Richtig. Würden Sie sagen, das wird zu wenig gemacht? Weil, die Bilder, die wir haben sind ja eher negativ tatsächlich. Und wenn ich jetzt 16 Jahre alt bin und in Dresden lebe, dann möchte ich vielleicht nicht immer die gleichen Bilder sehen.

[FW] Na, ich glaube schon, dass es auch schwer ist für die Dresdner oder die Leute aus Mecklenburg-Vorpommern, halt immer mit denselben Vorurteilen konfrontiert zu werden, im schlimmsten Fall wird es irgendwann so was wie eine selbsterfüllende Prophezeiung, dass man halt sagt, na ja, wenn ihr denkt, dass wir so sind, dann sind wir halt so für euch.

[M] Ja, genau.

[FW] Nee, deswegen ist es wichtig, auch die anderen Bilder zu zeigen, und mich hat es auch – jetzt zwar ein bisschen anders, aber diese Demonstrationen von Pegida in Dresden, das war erst mal eine geringe Anzahl von Leuten, die dort eine sehr starke Stimmung gegen die Leute gemacht haben, die zu dieser Gedenkfeier wollten, das waren vielleicht 400 Leute. Dem gegenüber standen aber Zehntausende, die dort dem Tag der Deutschen Einheit gedacht haben und dort ihre Meinung quasi demonstriert haben, positiv. Aber dominiert haben letztendlich die 400 die 10 000 wiederum.

[M] Ja, schade.

[FW] Schade. Und deswegen, da müsste man auch gucken, wo wird der Fokus dann gelegt, gleichzeitig aber auch klar sagen, wenn man dort rechtsextreme Erscheinungen hat und Gewalt und andere Formen, dann muss man darüber sprechen. Und dann ist es auch egal, ob es in Ost- oder Westdeutschland ist. Dann ist es ein Problem. Aber diese Stigmatisierung von bestimmten Räumen bringt glaube ich auf lange Sicht nichts, zumal man dann auch vielleicht Entwicklungen in Westdeutschland vernachlässigt, Dortmund – dort haben wir eine sehr militante gewaltbereite rechtsextreme Szene, und das schon über Jahre. Und Dortmund liegt ja nun nicht in Mecklenburg-Vorpommern.

[M] Ja. Dann haben wir vom Klischee Mike gesprochen. Mike ist männlich. Ist es denn tatsächlich so, dass wirklich die Rechtsextremen Männer sind, oder häufiger? Und auch dazu wollen wir eure Meinung haben. Ihr habt hoffentlich noch nicht irgendwelche Falter gebaut aus euren Zetteln, die wir jetzt nochmal bemühen, und natürlich auch am Rechner, es gibt wie gesagt auf der Homepage der Bundeszentrale diese kleinen Pünktchen, die kann man anklicken, also macht einfach mit bei der Umfrage. Wer stimmt eurer Meinung nach häufiger rechtsextremen Aussagen zu, Männer oder Frauen? Also, bei uns sind die Männer die blaue Karte und die Frauen die gelbe Karte. Im Netz, wie gesagt, einfach anklicken. Und wenn ihr sagt, es sind genau gleich viele, dann hebt ihr am besten einfach beide Karten hoch. Deswegen – geht’s jetzt los. Ich bin sehr gespannt. Blau – ich sehe ein Meer von blauen Karten, ein bisschen gleich viel, niemand sagt Frauen. Niemand sagt Frauen! Okay, das ist auch interessant. Und die Antwort – oh, was haben wir hier, im Netz sagen: Männer 70 Prozent, 5 Prozent gleich viele, nee 26 gleich viele und 5 Prozent Frauen. Also so ähnlich wie hier im Raum tatsächlich im Netz auch. Also es ist ganz gleich, die Zahlen, das ist lustig. Es gibt kaum größere Unterschiede tatsächlich bei der Zustimmung zum Rechtsextremismus nach Geschlecht. Also die, die beide Karten in die Luft gehalten haben, haben hier recht. Einzig die Ausländerfeindlichkeit ist – Achtung – bei wem häufiger? Bei Frauen. Abgefahren, oder. Die ist signifikant häufiger als bei Männern. Bei Frauen sind es, auch nur nochmal so für den Hinterkopf, 10,6 Prozent und bei den Männern 6,8 laut der Leipziger Mitte-Studie. Das ist tatsächlich überraschend. Also, hier im Raum und auch im Internet.

[FW] Ist jetzt auch halt eher eine Entwicklung, die man sieht, also bei den Einstellungsmustern hat man da halt eben ähnliche Einstellungsmuster bei Männern und Frauen, bei dem Verhalten wiederum nicht. Wenn wir uns so die Kameradschaftsszene in Deutschland anschauen, dann haben wir da wohl Frauen und auch spätestens seit dem Nationalsozialistischen Untergrund und dem Prozess in München jetzt um Frau Zschäpe diskutiert man die Rolle der Frau innerhalb der Kameradschaftsszene. Aber das ist jetzt keine neues Thema, wir haben eigentlich schon beständig immer wieder um die 15, also so ein Drittel Frauen innerhalb der Szene und zwei Drittel Männer. Verändert hat sich eigentlich bloß die Rolle der Frau innerhalb dieser Strukturen.

[M] Aha. Sie ist jetzt nicht mehr die Neonazi-Braut, sondern ist selber Rädelsführerin geworden, oder …?

[FW] Genau, sie kann letztendlich verschiedene Rollen haben. Also, sie kann jetzt klassisch eher so die Rolle der Frau verkörpern, die den Nachwuchs heranzieht, die die Sicherstellung der Familie und all diesen Haus und Hof Gedanken quasi pflegt, aber sie kann durchaus auch politisch aktiv werden, sie kann auch entsprechend Demonstrationen anmelden, sie kann Kameradschaftsgrüppchen leiten, sie kann andere Rollen haben so wie auch Frau Zschäpe Bestandteil einer rechtsextremen terroristischen Organisation sein kann, so wie man jetzt ja annehmen kann laut den Entwicklungen dort. Aber es ist halt nicht mehr so getrennt, aber dennoch ist halt die Dominanz von Männern in dieser Szene deutlich.

[M] Herr Preiser, wie kommt das, dass die Rolle der Frau sich gewandelt hat bei den Rechtsextremen?

[SP] Ich denke, es hängt damit zusammen, dass auch insgesamt in der Gesellschaft die Akzeptanz von rechten, von ausländerfeindlichen, von abgrenzenden Haltungen gestiegen ist, die Akzeptanz, also man spricht ja auch seit den 90er Jahren schon davon, dass rechte Einstellungen, nicht die rechtsextremistische und nicht die Gewalteinstellung, aber rechte Einstellungen, abgrenzende, abwertende Einstellungen gegenüber Minderheiten und Ausländern in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Und bei allen Parteien. Also bei Sympathisanten oder sogar Mitgliedern aller Parteien. Das heißt – und so was drückt sich auch in den Medien, in Leserbriefen usw. und auch in den Netzen aus, also, das kriegt man mit oder wird eben signalisiert, wenn man etwas sagt, also man gewinnt den Eindruck, man darf es jetzt sagen. Ich bin mir nicht sicher, ob tatsächlich die Fremdenfeindlichkeit oder Ausländerfeindlichkeit oder die gruppenbezogene Gewaltbereitschaft zugenommen hat, aber die Bereitschaft, bei Umfragen zuzugeben, dass man das hält, die ist auf jeden Fall gestiegen und damit eben auch die Bereitschaft, in Gesprächen, mit Nachbarn usw. zu sagen: aber eigentlich, und dass die Flüchtlinge alle ein iPad geschenkt kriegen von unserer Regierung, weil die haben ja alle eins, also irgendjemand muss es ihnen ja geschenkt haben, also, solche Aussagen werden dann unwidersprochen erst mal zur Kenntnis genommen und damit ist die Bereitschaft Abgrenzung, Mensch und ich krieg keins, ich hab immer noch das von vor 12 Jahren oder so …

[M] Da spielen dann auch wieder die sozialen Medien eine Rolle …

[SP] Ja, und mit dieser – dadurch dass das also in die Mitte der Gesellschaft gerückt ist, die Akzeptanz solcher zwar etwas verharmlosender rechter Einstellungen, dadurch sind natürlich auch die Frauen gleichermaßen dann beteiligt daran und finden dann möglicherweise eben auch den Weg hinein und für manche Frauen in der rechten Szene ist das tatsächlich auch ein Weg der Emanzipation, obwohl ja dort in der Regel Ideologien vorherrschen, die die Frauen eher auf eine dienende oder untergeordnete Rolle festlegen – nicht überall, aber in manchen Gruppierungen – es ist plötzlich eine Gruppierung, in der sie trotzdem anerkannt haben, was zu sagen haben und in manchen Gruppierungen eben dann auch wirklich führende Positionen bekommen können. Und dann plötzlich ist das für sie tatsächlich Emanzipation.

[M] Das Wort Anerkennung ist sehr oft gefallen heute bis jetzt schon. Aber kann man denn sagen, dass die Hinwendung zu rechtsextremen Ideen immer aus einer wirklich komplett individuellen Problemerfahrung heraus kommt? Also, es ist ja nicht so, dass ich morgens aufwache und denke, Mensch, heute schreibe ich eine Mathearbeit, ansonsten geht es mir ganz gut, werde ich mal rechtsextrem. Also, ist es wirklich ganz individuell?

[FW] Es ist ein individuelles Bündel. Also, es sind halt mehrere Faktoren, also der eine Faktor, jetzt die Mathearbeit oder das fehlende Auto oder der fehlende Job, der wird es nicht sein.

[M] Nur die Langeweile...

[FW] … Langeweile. Nee, es sind mehrere Ursachen, die letztendlich dazu führen, dass man bestimmte Missstände wahrnimmt, objektive hat wegen meiner und bestimmte Missstände wahrnimmt und dann nach einer politischen Lösung sucht, nach einer gesellschaftlichen Lösung. Dann muss man wiederum aber auf eine entsprechende Gruppe treffen oder auf ein Angebot im Internet treffen, das das letztendlich bestätigt, was man dort sucht. Diese Faktoren, die müssen zusammenkommen. Dann ist es aber immer noch nicht so, dass man damit eine klare politische Haltung, einen Aktivismus und eine Zugehörigkeit zu einer Kameradschaft entwickelt hat, sondern auch da sind dann mehrere Stufen der Entscheidung, dort mitzulaufen, dabei zu sein, möglicherweise Straftaten in Kauf zu nehmen, sich bestimmten Strukturen unterzuordnen oder beziehungsweise bestimmte Aktionen zu machen und umzusetzen, das sind immer wieder Entscheidungen, die letztendlich abgewogen werden müssen und damit auch teilweise sehr bewusste Entscheidungen, also, diese Verantwortungsentnahme, zu sagen, so na ja, man ist da so rein gerutscht quasi wie so mit Schlittschuhen, das finde ich ein untreffendes Bild, weil es immer wieder Entscheidungen sind, ob man sich der Tragweite immer bewusst ist, ist eine andere Frage, aber es sind Entscheidungen, die immer wieder getroffen werden und die auch immer wieder eine Auswirkung, eine Konsequenz aufs Leben haben.

[M] Aber es ist eben nicht so einfach, diese Entscheidung zu revidieren, deswegen gibt es ja auch EXIT, also man wacht ja wiederum nicht an einem anderen Tag auf und sagt, so, jetzt möchte ich doch nicht rechtsextrem sein, ich hab's mir überlegt. Das ist ja auch wiederum ein langer Prozess.

[FW] Genau, das ist ein Stück weit vergleichbar, wenn man mit Aussteigern spricht, werden die immer sagen, na ja, da gab es dann den einen Moment, den Schlüsselmoment, der letztendlich vielleicht diesen Ausstieg angefangen hat. Aber wenn man sich länger unterhält, wird man feststellen, dass davor eigentlich ein viel größerer Zeitraum war, wo schon Zweifel bestanden, wo schon so was wie eine Öffnung da war, um letztendlich diesen einen Moment, der dann später kam, das kann ein irritierender Kontakt gewesen sein, dass kann eine Krise, das kann eine sehr persönliche Erfahrung gewesen sein, der aber erst diese Öffnung möglich gemacht hat, da neu über sein Leben nachzudenken. Und davor waren dann meistens Prozesse – oder sind meistens Prozesse, die teilweise unbewusst oder nicht so bewusst wahrgenommen werden, wo man sich schon mit bestimmten Sachen im Zweifel sieht, ob die Ideologie noch richtig ist, ob diese Idee noch richtig ist oder ob die Struktur, die man dort vorfindet, die ist, die man eigentlich will. Und dann kommt halt dieser eine Moment, und der ist dann der, der dann meistens in Erinnerung bleibt.

[M] Herr Preiser, jetzt haben wir viele Faktoren besprochen. Wie wichtig ist denn der Faktor Angst? Weil, in den Medien, egal was für eine Nachrichtensendung man guckt oder was man auch so anklickt, es ist immer – überall sind Kriege und Krisen und es wird viel Angst geschürt, ob nun mit Absicht oder nicht mit Absicht, lass ich jetzt mal hier offen an dieser Stelle, aber wie wichtig ist Angst, auch bei der effektiven Entscheidung, rechtsextrem sich zu verhalten oder zu sein?

[SP] Ich glaube, für die letztendliche Entscheidung, rechtsextrem zu werden, sind tatsächlich eher solche Gelegenheiten, Anlässe, Kontakte und Berührungen eine Rolle. Aber was man weiß ist, dass Angst – das gilt übrigens auch für Klassenarbeiten und nicht nur im politischen, im gesellschaftlichen Bereich – Angst engt immer ein, engt die Aufmerksamkeit ein und verringert damit die Komplexität, mit der man ein Problem durchdenken kann. Und in Zeiten großer Verunsicherung, ob nun wirtschaftlicher Art oder politischer Art oder die Angst vor Terrorismus, also, da gilt das ganz genauso – in solchen Zeiten greift man gerne nach Lösungen, die überschaubar sind, wo man nicht zu viel abwägen muss, weil das macht wieder Angst. Wenn man eine Lösung sucht, wie kann ich mich schützen, wie kann ich – unsere Gesellschaft, wie kann die sich weiterentwickeln oder wie kann ich wirtschaftlich überleben in einer Krisensituation, diese Angst engt ein, und wenn ich dann abwägen muss, dann macht das nochmal Unruhe und Unsicherheit und da ist die Anfälligkeit für die einfachen Lösungen auf jeden Fall erhöht, weil die das überschaubare, eindeutige Weltbild eben mir liefern und insofern, wenn dann der Kontakt zu rechten Ideologien oder zu anderen Ideologien auftritt, bei manchen ist es auch dann eine ideologische religiöse Orientierung, in solchen Situationen bin ich dafür empfänglich.

[M] Also, lasst euch nicht zu viel Angst machen. Aber wie ist denn das, wir haben eben darüber gesprochen, dass wir...

[SP] Darf ich dazu noch was sagen, genau da liegt die Aufgabe der Politik auch – also zu warnen, dass jetzt auch in der Uckermark Terroranschläge passieren können, wobei das ja nur beispielhaft gemeint war, hat sicherlich zur Verunsicherung beigetragen. Die ganzen Terrorwarnungen erzeugen dann diesen Druck und diese Abwehr auch gegenüber Fremden, wenn keine Lösungen erkennbar sind, das heißt, wenn die Politik auf Probleme hinweist – das sollte sie auch, nicht unter den Tisch kehren – dann sollten damit aber gleichzeitig über das 'Wir schaffen das' hinaus Lösungsansätze vermittelt werden, so dass der Bürger eben auch sagt, die tun was. Und die tun ja tatsächlich was und auch die Bayerische Verwaltung und die Bayerische Bevölkerung hat wahnsinnig viel geleistet, geschafft, als der Flüchtlingsansturm erst mal über Bayern ging. Und wenn da der Ministerpräsident gesagt hätte, ja offensichtlich schaffen wir das, wäre es glaubwürdiger gewesen, als zu sagen, wir schaffen es nicht.

[M] Ja. Beziehungsweise: wir brauchen Geld, wir brauchen Geld. Jetzt seid ihr auch wieder dran, immer her mit euren Fragen, egal ob auf Facebook oder eben auf Twitter, #wirgegenrex ist da das Hashtag. Schreibt uns eure Fragen, ihr könnt die ganze Zeit was sagen, auch Anmerkungen, was auch immer euch einfällt, her damit. Jetzt gehen wir noch den Schritt weiter, was kann die Gesellschaft tun, wir haben es eben schon mal kurz angesprochen und über Sozialarbeit gesprochen, da wollen wir jetzt noch ein bisschen konkreter darüber sprechen. Herr Wichmann, wie funktioniert denn Arbeit gegen Rechts bis jetzt? Also, was gibt es?

[FW] Es gibt da, ja, seit den 90ern schon viele Ansätze, die erprobt worden sind, viele, die verworfen worden sind auch. Generell kann man sagen, dass man in verschiedenen Bereichen – man versucht offline, man versucht online Angebote zu schaffen. Die reichen von Ansprachen, von direkten Diskussionen bis hin zu Gruppenmaßnahmen. Man hat demokratiefördernde Projekte, man hat interventive Projekte, eher präventive Projekte mit Schulen, also man hat da eigentlich ein großes Setting an Möglichkeiten, das man auch ausschöpft, aber ich glaube, dass auch einige Projekte nicht mehr immer die Zielgruppe erreichen und dass auch relativ wenig Projekte sich auf diese konkrete Zielgruppe von rechtsextremen orientieren. Man hat da vereinzelt Angebote der spezifischen Jugendarbeit, aber wo auch fraglich ist, ob man da wirklich noch dieselbe Sprache spricht eigentlich wie die Jugendlichen, die man erreichen will. Daran zu arbeiten, wäre eine große Herausforderung, weil vielleicht bestimmte Konzepte überarbeitet werden müssen und auch einfach vielleicht überkonzeptioniert sind und einfach damit nicht mehr die Zielgruppen erreichen, die man eigentlich will.

[M] Wo sich auch wieder der Kreis schließt zur Langeweile und dem Spaßfaktor usw. wahrscheinlich.

[FW] Ja, und man beschäftigt sich auch viel mit, ja, 12. Klasse, Abitur und das sind aber eigentlich nicht die Zielgruppen, die sind ja die, die dann sagen, ja, wir müssen was machen und die auch schon aktiv sind. Und die Zielgruppen, die letztendlich anfällig sind, die vernachlässigt man dann schnell, weil es auch ein bisschen anstrengender ist, mit denen zu arbeiten als mit der, Entschuldigung, 12. Klasse hier in der Schule.

[M] Und ihr habt euch eben auch genau damit beschäftigt. Der Geschichtskurs nämlich der 12. Klasse hat sich mit Rechtsextremismus-Prävention auseinandergesetzt und da wollen wir wissen – Tim, du erzählst uns, was ihr gemacht habt, was ihr besprochen habt. Wie würdet ihr denn Rechtsextremismus-Prävention machen, selber auch als Schüler?

[Tim] Ja, also, ich bin der Tim. Wir haben bei uns im Geschichtskurs darüber geredet, was man am besten machen könnte gegen Rechts, präventive Maßnahmen. Uns ist aufgefallen, dass ganz oft in der Schule darüber geredet wird, also man sieht im Unterricht, der Geschichtslehrer redet darüber, aber es ist ganz oft nicht greifbar für einen Schüler. Also, bei uns ist es so, wenn sich Erwachsene in Schüler versetzen, reinversetzen müssen, ist es oft schwer, aber es geht einfach darum, dass Schüler am besten interaktiv lernen. Wir hatten da zum Beispiel so ein Beispiel, wie das – dass man zum Beispiel einen Geflüchteten oder tatsächlich einen Rechtsextremisten zum Beispiel in die Schule einlädt, und mal wirklich in den Kontakt mit ihm kommt. Und es wurde auch schon angesprochen, dass Kommunikation ein wirklich wichtiger Faktor ist, um dagegen vorzugehen. Also, wenn man immer nur was davon hört, dann lernt man darüber nichts. Und das war wirklich unsere – die Erkenntnis, zu der wir gekommen sind, dass wir in Kommunikation kommen müssen mit denen. Was uns aber auch noch eingefallen ist, dass man grundlegend eigentlich das – also ich muss mich nochmal kurz sammeln – dass man eigentlich schon von Anfang an, zum Beispiel im Kindergarten oder in der Schule, dieses Denken von Toleranz mit einbinden könnte. Zum Beispiel in der Schule direkt dieses Thema mit Rechtsextremismus in den Lehrplan mit einschließt und das nicht einfach nur so ein Punkt ist, der wird einmal besprochen, und dann geht es weiter. Es ist ja bekanntlich ein Thema, das uns allgegenwärtig betrifft und es reicht einfach nicht, wenn man das einmal kurz bespricht in der Schule und dann unter den Tisch fallen lässt. Also, genau, das war unsere Erkenntnis.

[M] Interessanter Punkt. Wird das zu wenig gemacht tatsächlich? Weil, wenn du jetzt sagst, es wird einmal besprochen und dann ist wieder vorbei, ist das auch Ihre Erfahrung aus der Praxis?

[FW] Ja, ich finde es spannend, weil, es wäre auch so ein Punkt gewesen, Demokratie-Ambulanz – da kommt dann mal jemand in die Schule, macht einen Workshop, die Lehrer sind froh, da hat man mal wieder zwei Stunden überbrückt, und im besten Fall hat der Referent auch noch ein Video dabei und dann ist es halbwegs interessant, und dann gehen alle raus, unterhalten sich noch nett und sagen, schön war's. Das ist aber eigentlich keine Erziehung zur Demokratie, sondern das ist einfach ein bisschen Demokratie-Entertainment oder so. Das ist ein wirkliches Problem, dass man da viel mehr auf die Strukturen eigentlich eingehen muss und die Strukturen einbeziehen muss und Schule wäre da ein Raum, der da einfach viel mehr machen muss, zeitgemäßes Lernen. Und der andere Punkt, der ist auch sehr spannend, also die Koppelung von Geschichte und der Gegenwart war dein erster Punkt. Auch da ist eine Riesenlücke zwischen dem, was vermittelt werden soll, geschichtliche Prozesse, und dem, was auf der Straße passiert. Der Klassiker ist dann, na ja, das war doch '33, damit habe ich doch heute nichts mehr zu tun. Ich lebe doch hier und ich hab da nicht gelebt und meine Eltern auch nicht und was soll das überhaupt. Aber diese Verbindung zu schaffen zwischen den Prozessen im Nationalsozialismus ins Jetzt und in die Verantwortung, also die Verantwortung der Schüler, und der Menschen jetzt zu zeigen, das ist eigentlich die Herausforderung und da müssen wahrscheinlich auch Lehrpläne und Lehrweisen etwas überdacht werden, weil die da ebenfalls, meiner Warte nach, nicht mehr zeitgemäß sind.

[M] Herr Preiser, sagen Sie auch, das wird alles zu wenig vermittelt? Also, dass man wirklich von Kindergarten an die ganze Zeit, in jedem Fach, also genau Toleranz und Akzeptanz und – fällt das ein bisschen unter den Tisch? Wie kommt das?

[SP] Also, in meiner eigenen Schulklasse, in der 12. oder 13., weiß ich nicht mehr genau, da hatten wir einen Tag Vorurteile. Ja, Antirassismus. War ein Tag, war allerdings vorbereitet durch Schüler, aber es war sehr punktuell. Inzwischen gibt es Beispiele, die sind auch veröffentlicht, Beispiele für Konzepte, wie man im Kindergarten arbeiten kann, es gibt Grundschulbeispiele und es gibt Programme, die unter dem Stichwort 'Demokratie lernen' ein ganzes Schuljahr begleitende Aktivitäten in der Grundschule und dann wieder aufgegriffen in der 6. und 7. oder 7. und 8. Klasse macht. Also die Konzepte gibt es und Modellversuche gibt es und von dem ich jetzt gerade sprach, diesem übergreifenden, in Hessen haben da 100 Schulen mitgemacht bei diesem Konzept. Also, es gibt es schon, die Erkenntnis ist da, die Umsetzung – ja, es gibt ganz viele Gewalt-Präventions-Projekte oder sonstige Projekte und alles kann die Schule nicht gleichermaßen machen und sie muss als erstes mal gucken, wo ist denn der größte Bedarf, das größte Anliegen in unserer Region und in unserer Schulgemeinde. Und dann aber tatsächlich zu sagen, das ist nichts, was ein Lehrer oder ein externer Referent mal an einem Vormittag macht, sondern etwas, was begleitend laufen muss. Das ist der Bildungsaspekt. Der andere Aspekt, den Tim gesagt hat, der erscheint mir mindestens genauso wichtig, nämlich Erfahrungen schaffen, Kontakte schaffen, und eben auch Kontakte zu eher rechten Ideologien. Mir hat ein Pfarrer erzählt, dass da ein verschüchterter junger Mann zu ihm gekommen ist, in die kirchliche Jugendgruppe, und hat gesagt, darf ich denn hier mitkommen mit meiner Freundin, dann sagte er, natürlich darfst du, warum fragst du denn? Na ja, ich bin ein Rechter. Ja, also diese Selbstklassifikation, die dann auch zur Abgrenzung führt, dass er sagt, da trau ich mich dann nicht hin, das ist ja was ganz anderes, ja, eine Einladung zu kriegen und erzähl doch mal, was – erzähl von deinen Überzeugungen und nicht dann gleich mit der Moralkeule kommen, sondern ihn reden lassen, und wenn es gelingt, ihn dann tatsächlich auch mit einem Geflüchteten in Kontakt treten zu lassen und im Dialog, dann kann daraus für die ganze Schulklasse oder die Arbeitsgruppe etwas Sinnvolles werden, aber vielleicht auch für den Betreffenden, der sagt, na ja, alle sind ja nicht so, wie ich geglaubt habe. Und auch der Rechte ist nicht nur böse, sondern er hat halt ein böses Weltbild sage ich mal, ein für mich nicht akzeptables. Und wenn ich dann den Begriff 'böse' auch noch vermeiden kann, umso besser. Ein Weltbild, das ich so nicht akzeptieren kann, weil das für mich nicht gleiche Menschenwürde für alle beinhaltet.

[FW] Wo man da auch glaube ich gucken muss, dass man da nicht den Geflüchteten zum Versuchstierchen macht und dann guckt, was da passiert eigentlich. Grundsätzlich ja, also Begegnung, Austausch, aber ich glaube, man muss da wirklich vorsichtig sein, wie man damit letztlich umgeht und inwiefern man dort Opferrollen quasi verdreht, sondern dass man da die Rollen klar auch noch im Blick hat. Und bei der Frage von der Schule, denke ich auch, dass auch Schulen da überfrachtet werden mit Angeboten, deswegen – umso wichtiger wäre es eigentlich, dass man das nicht zu einem Bestandteil von so einer Demokratie-Ambulanz macht, dass man mal schnell da irgendwas macht oder vielleicht mal drei, vier Mal was macht, sondern dass es eher eigentlich ein Bestandteil von Schule als Lebens- und Lernraum ist. Und damit jetzt nicht vielleicht hervorgehoben, wir haben heute das Demokratie-Fach, sondern vielleicht einfach dass Demokratie als Prozess in der Wahrnehmung ein fester Bestandteil des Schulalltag werden muss und dass man dran verstärkt arbeitet.

[SP] Das ist der eine Punkt, der andere Punkt, der entscheidend ist, ob solche Präventions-Projekte wirksam sind, ist die Vernetzung. Also nicht nur die Schule, sondern dann auch gemeinsam mit den örtlichen Sportverbänden oder in vielen Orten gibt es einen Runden Tisch der Prävention, der Gewaltprävention, und der natürlich dann auch die Rechtsextremismus-Prävention beinhaltet.

[M] In dem Zusammenhang wollte ich den Tim tatsächlich auch nochmal ansprechen, weil, du hattest ja eben auch gesagt, einen Rechtsextremen einladen. Und wir haben ja eben schon gesprochen, rechtes Gedankengut kommt immer mehr in die Mitte der Gesellschaft, in die so genannte, immer mehr zu Leuten, die bis vor kurzem sich nicht selbst als irgendwie rechts gesehen hätten. Kennst du Leute mit rechtem Gedankengut oder rechtsextremem, kennst du Leute, die sagen, na man wird doch wohl nochmal sagen dürfen. Weil, es wirkte eben, als du davon erzählt hast, sehr fern von dir.

[Tim] Also, ich persönlich hab tatsächlich eine Erfahrung damit. Das bezieht sich jetzt zwar nicht direkt auf Deutschland, es spielt sich in Amerika ab. Es ist auch komplett egal, um wen es sich dreht, es ist einfach so, dass diese Person in der Schule ganz oft leise war oder sich zu diesem Thema nicht geäußert hat, und dann in dem Moment, wo sie weg ist, von allen – denken die sich, dass sie so jetzt endlich sagen können, was sie meinen. Also, sie können irgendwie, davor wurden sie immer ein bisschen unterdrückt vielleicht und jetzt haben sie endlich die Möglichkeit, sich dazu zu äußern. Also das ist meine Erfahrung. Tatsächlich hier in der Schule eher selten.

[M] Und draußen irgendwie, Freunde, Nachbarn, Sportverein?

[Tim] Also, es gibt im Verein usw. eher weniger, vor allem hier im Prenzlberg, muss man so sagen, es ist tatsächlich eher selten. Eher in der Familie ab und zu mal, eher rechtes Gedankengut, überhaupt nicht Neonazi-mäßig, es ist eher rechtes Gedankengut, also das ist allgegenwärtig.

[M] Also, allgegenwärtig sagst du, auch in Social Media, Facebook ...

[Tim] … auf jeden Fall.

[M] ... twitterst du, kriegst du das mit, was kann man da machen?

[Tim] Auf jeden Fall. Also, was man dagegen machen kann – ich finde diese Aktion supercool, da wurde vorher nur kurz darauf eingegangen von Ihnen, Hass gegen Hass hieß das glaube ich, so welche Aktionen, die sich hauptsächlich über das Internet abspielen, die sind extrem wichtig, die sind essentiell. Es spielt sich die meiste Zeit alles nur noch im Internet ab, wenig nur noch öffentlich oder auf anderen Plattformen, vieles im Internet. Und da ist auch der deutsche Staat meiner Meinung nach viel zu wenig präsent im Internet.

[M] Mhm. Da hinten gibt es auch noch eine Wortmeldung.

[Schüler] Ja, ich kenne jedenfalls auch Leute aus meinem Umfeld, die zum Beispiel extrem gegen Serben sind, also, ich bin ja Kroate und wir hatten vor 20 Jahren Krieg dort, und ja, es gibt da jetzt so eine Bewegung, Spremni za dom, die wird jetzt gerade richtig groß in Kroatien. Die rechte Partei bei uns ist jetzt auch stimmenstark wieder, was vor ein paar Jahren nicht zutreffend war. Ja, und ich kenne schon recht viele Leute.

[M] Hast du irgendwelche Ideen, was man dagegen machen kann? So generell im Netz? Also, Kontra geben oder einfach ignorieren?

[Schüler] Keine Ahnung, weil – ich bin ja jedes Jahr unten und ich merk das auch, die Stimmung, die dort ist, also, es ist gerade in der Politik wieder sehr angeheizt. Und fast jeder unten ist so bisschen gegen die Serben und ist auch von der anderen Seite uns gegenüber so teils, das merkt man schon. Und ja, ich habe jetzt keine Idee, was man dagegen tun kann.

[M] Also, Ratlosigkeit eigentlich an vielen Ecken auch zu dem Thema. Würden Sie denn sagen, die politische Bildung hat teilweise auch versagt? Weil, Sie haben ja eben auch schon sehr emotional gesagt, es muss eine ganzheitliche politische und demokratische Bildung sein.

[FW] Ich würde jetzt nicht sagen, dass sie versagt hat, aber ich glaube, dass sie manchmal an den falschen Stellschrauben oder an den falschen Punkten angesetzt hat und ein Stück weit auch davon ausgegangen ist, dass man Demokratie und demokratische Bildung quasi einfach mitbekommt.

[M] Die ist halt gegeben, die ist halt da.

[FW] Die ist da, die muss nicht erarbeitet werden, die ist da und alle finden es schön und irgendwann wird alles besser. Und das ist glaube ich nicht so, Demokratie ist Konflikt, Demokratie sind Aushandlungsprozesse, die sind schwierig, die ist zäh und langwierig zuweilen und das muss man vermitteln. Und da muss man auch Möglichkeiten, Ideen entwickeln, wie man das vermitteln kann und wie man die Werthaftigkeit von dem, von der Demokratie, die man da hat, herausstellt, und nicht nur sagt, Demokratie ist gut, sondern erklärt, warum eigentlich, wo sind die Vorzüge.

[M] Also die Demokratie an sich ist so ein bisschen vernachlässigt worden quasi, weil sie als gegeben angesehen wurde?

[FW] Genau, das Wort ist nicht vernachlässigt worden, aber die Demokratie als Idee.

[M] Lässt sich denn aber demokratisch-politisches Denken lernen? Also, kann ich vermitteln, so geht es?

[SP] Das sind zweierlei Dinge. Das Vermitteln, also der Bildungsprozess, der politische Bildungsprozess, der muss sein, man muss was wissen über die demokratischen Strukturen, Prozesse usw., man muss die Formalia kennen, das ist das, was in der Regel wahrscheinlich doch vollständig im politischen Unterricht oder Gesellschaftskunde oder wie das unterschiedlich heißt, vermittelt wird als Information. Aber das ist noch nicht politisches Lernen. Politisches Lernen heißt, das ist ein aktiver Prozess der Jugendlichen, der Schülerinnen und Schüler, das muss aufgenommen werden, verarbeitet werden, und da kommt zu der Information einfach die Erfahrung dazu. Das heißt also, man braucht Erfahrung in beispielsweise konstruktiven Dialogen, wie redet man miteinander, wie kann man unterschiedliche Meinungen aushandeln, ohne den anderen zu verletzen. Wie kann man argumentativ in Konfliktsituationen, in Dilemmata argumentieren, also beispielsweise die Frage, die in diesem Begriff, die in diesem Fernsehstück Terror deutlich gemacht wurde, kann man, darf man ein Flugzeug abschießen, um damit das Menschenleben von vielen anderen zu retten, die sonst das Ziel wären. Über solche Dilemmata zu reden, die also relativ nah sind an Szenen, die man sich vorstellen kann, das muss auf jeden Fall mit dazu. Und das dritte ist eben das, worüber wir am Anfang gesprochen haben, die Lebensumstände müssen so sein, dass man überhaupt offen ist für Angebote in dieser Gesellschaft, mit diesen Medien, die hier da sind und nicht von vornherein irgendwo sich ausgegrenzt fühlt. Zu der Frage, was kann dazu beitragen, Vorurteile oder Abgrenzung zwischen Menschen zu reduzieren, da gibt es ja sehr lange Erfahrungen, beispielsweise aus den Zeiten der Rassendiskriminierung, aus den massiven Zeiten der Rassendiskriminierung in den USA, die gibt es ja auch jetzt noch, Kontakt erzwingen. Aber Kontakt, der erzwungen wird mit einer positiven Perspektive, das heißt, es muss Spaß machen oder man muss etwas erreichen können dadurch. Und genau so etwas gibt es aktuell, beispielsweise Initiativen, die Ferienlager für kroatische, serbische und bosnische Jugendliche machen. Oder Ferienlager mit Israelis und Palästinensern. Und die gemeinsam dann beispielsweise ein Theaterstück erarbeiten, die aber vorher natürlich erst mal mit ihren ganzen Vorbehalten, in vielen Fällen berechtigten Vorbehalten ...

[M] … Erfahrungen, Menschen treffen, rausgehen. Es hat aber tatsächlich auch noch eine Wortmeldung gegeben von euch. Wer hatte sich eben noch gemeldet?

[Schülerin] Ich wollte nur dazu sagen, dass, was mir manchmal auffällt, was so ein bisschen fehlt, glaube ich, erstens die Fähigkeit ist, Informationen zu hinterfragen, was glaube ich auch so ein bisschen damit zu tun hat, dass man das nicht unbedingt beigebracht kriegt. Also Beispiel, ab einem bestimmten Punkt wird in der Schule Internet-Recherche vorausgesetzt als Fähigkeit. Es wird nicht vermittelt. Also, wurde bei mir zumindest jetzt nicht. Dann hat man Leute, die halt einfach aus irgendwelchen Blogs raus zitieren munter lustig, und nicht halt hinterfragen, ob das, was da auf meiner Internetseite, die ich gerade als Quelle angebe, auch – wer das schreibt. Und dass nicht nur bei Wikipedia jeder alles reinschreiben kann, sondern dass auch andere Quellen nicht unbedingt zuverlässig sind. Und die zweite Sache: dass die Leute manchmal nicht Muster übertragen können auf andere Situationen. Also dass zum Beispiel – dass es funktioniert zu sagen, ey wir sind doch gar nicht rechts, wir haben sogar einen Schwarzen in der Partei, so wie jetzt bei, keine Ahnung, Pro Deutschland. Und das die Leute nicht verstehen, dass es halt eigentlich immer das gleiche Muster ist, so, dass es egal ist, ob es jetzt Antisemitismus ist oder Antiziganismus oder was auch immer. Also, genau, dass man dieses – einerseits das Hinterfragen und andererseits das Auf-eigene-Situationen-Beziehen irgendwie nicht gegeben ist, glaube ich, teilweise. Das auch einfach so ein Schutzreflex ist von wegen so, nee, mit der Nazizeit hat das bei uns gar nichts zu tun, weil das war ja mal viel zu krass, das gibt es gar nicht.

[M] Also, das Hinterfragen und eben tatsächlich auch das Lernen vom Hinterfragen, das einfach zu lernen und tatsächlich zum daily business zu machen und nicht irgendwie nur einmal bei einer Internet-Recherche, selbst dann zu vergessen, sondern wirklich, das ist eine Lebenseinstellung, ich denke nach und nehme nicht alles auf, was mir serviert wird. In diesem Zusammenhang wäre die Frage nochmal an Sie, was wünschen Sie sich denn von der Rechtsextremismus-Prävention, wenn jetzt eine Fee kommen würde und sagen würde, Sie haben drei Wünsche frei. Also, was fehlt, was muss jetzt wirklich noch passieren?

[FW] Ach, ein Buffet. Also, ich glaube, dass halt ein abgestimmter Maßnahmenplan entwickelt werden muss, der spezielle Zielgruppen im Blick hat, der eine breite Möglichkeit an Prävention schafft, der gleichzeitig aber auch die, sagen wir mal, Umstände der Träger, die diese Projekte dann umsetzen sollen, abgestimmt ist, der bürokratiearm ist, eine gewisse Flexibilität aufweist, um halt die Bedarfe und die Projekte und Prozesse anzustoßen, die man irgendwie braucht. Und der größte Wunsch ist eigentlich, dass man es halt nicht verlagert auf spezielle dafür Berufszuständige, sondern dass man es als gesamtgesellschaftliche, politische, gesellschaftliche und dann die Berufsbetroffenen – als Herausforderung für all diese Gruppen erkennt und dann zusammen da eine Lösung erarbeitet.

[M] Also als Gesellschaft.

[FW] Genau.

[M] Überall. Bei Facebook, beim Dönerladen, egal wo ich bin.

[FW] Ja. Ja. Das ist die Utopie.

[M] Alles klar.

[SP] Ja, also diese Vernetzung ist natürlich auch das, was ich als das Notwendige und Hilfreiche ansehe und die Vernetzung einerseits natürlich auf der großen Ebene, dass also die Verbände und die Regierungs- und die Bildungsinstitutionen versuchen, Konzepte zu entwickeln, aber die Vernetzung und die Umsetzung muss vor Ort geschehen. Und die ist natürlich im Schwalm-Eder-Kreis, das ist irgendwo in Hessen, anders als in der Uckermark oder eben in einer Großstadt wie Berlin oder Dortmund. Also, überall sind die Bedingungen anders, die Ängste anders und damit der Umgang damit. Ich würde zum Schluss gerne noch etwas hinweisen, was mich selbst sehr enttäuscht hat, als ich mir angeguckt habe, welche Maßnahmen gegen Vorurteile – und das ist ja bei uns auch mit ein Thema, das ist nicht der ganze Rechtsextremismus, aber es gehört mit dazu – welche Maßnahmen sind denn wirksam. Und die Bildungsmaßnahmen kamen in dem 10-Punkte-Katalog bei sieben oder acht. Was am wirksamsten war, waren Gesetze, die diskriminierendes Verhalten unter Strafe stellen. Und das ist das, was bei uns in der Wirtschaft, in der deutschen Wirtschaft am effektivsten war, das Antidiskriminierungsgesetz, das Firmen massive Geldstrafen androht und Entschädigungszahlungen, wenn sie nachweisbar diskriminierende Personalentscheidungen treffen. Das führt natürlich in erster Linie dazu, dass die verdeckt werden, dass sie unter den Teppich gekehrt werden und so getan wird, als gäbe es die nicht, aber man ist vorsichtiger geworden. Und das wiederum schafft ein neues gesellschaftliches Klima, auf das kommt es letztendlich an, nicht auf die Strafverfolgung und die Geldstrafen, sondern auf das Klima, dass inzwischen jeder weiß, wenn ich Frauen gegenüber Männern benachteilige oder wenn ich Menschen mit ausländisch klingendem Namen schon bei der Auswahl der Bewerbung benachteilige, kann mir eine Unterlassungsklage oder eben tatsächlich eine Schadenersatzklage drohen, und dieses Klima 'Aufpassen' und wirklich alle Menschen gleich welcher Rasse, Ethnie, Hautfarbe, Konfession und sexueller Orientierung als gleichwertig anzusehen – nicht als gleich, aber als gleichwertig – diese Haltung muss sich verbreiten in der Welt als gesellschaftlicher Konsens.

[M] Und da sind wir ja dann eben auch jeden Tag gefragt, deswegen ist es tatsächlich auch interessant, das Hinterfragen muss vermittelt werden, aber wir müssen ja jeden Tag auch überlegen, warum wir manche Sachen nicht hinterfragen usw. Vielleicht hast du auch nochmal eine Idee genau dazu, wie das denn funktionieren könnte?

[Schülerin] Was mir dazu ein bisschen aufgefallen ist, ist, dass glaube ich auch dieses Nicht-Hinterfragen teilweise sogar ein bisschen anerzogen wird. Nämlich dass zum Beispiel der Lehrer halt Sachen sagt im Unterricht und diese Sachen, diese Informationen, die der Lehrer weitergibt, die werden einfach nicht hinterfragt. So. Dadurch dass es halt auch nicht – dass dadurch dieses Prinzip 'Informationen kommen von oben', kommen von einer Person, die ich als sage ich mal in diesem Gebiet bewandert ansehe, nicht hinterfragt werden, und dass dieses System dann übertragen wird auf andere Leute, die man denkt, die dann halt irgendwie in einer Lehrer-Situation sind und die dann halt teilweise halt auch irgendwie rechtes Gedankengut transportieren. Also jetzt nicht unbedingt Lehrer, sondern halt, keine Ahnung, der was auch immer für ein Gruppenleiter.

[M] Okay. Also du fühlst dich tatsächlich eher so, als solltest du eben genau nicht widersprechen besonders viel oder …

[Schülerin] Es wird nicht unbedingt dazu angeregt, sage ich nur. Ich glaube, dass dieses 'Es wird nicht dazu angeregt' teilweise schon ausreicht, dass man einfach nicht von alleine sag ich mal auf die Idee kommt, dass dieses Grundprinzip schon – genau schon genug ist. Es muss nicht unbedingt – es ist jetzt natürlich nicht so, dass ich wenn ich mich melde im Unterricht und sage, Entschuldigung, ich finde das anders oder so, oder, stimmt das gerade wirklich so …

[M] … dann musst du rausgehen …

[Schülerin] … dass ich dann – werde ich auch nicht in die Ecke gestellt, ist schon klar. Aber es ist doch tatsächlich unglaublich selten, dass ein Schüler das macht, glaube ich. Also tatsächlich – die Informationen, nicht unbedingt Meinungen, bei Meinung ist noch häufiger, wenn es jetzt um Diskussionen oder so geht, aber bei puren Informationen ist es selten, dass tatsächlich wir irgendwie dazu angeregt werden, zu hinterfragen oder uns selber zu informieren.

[M] Es gibt da viele Stellschrauben noch tatsächlich. Also, es ist ja auch interessant, die Wahrnehmung, dass es so ist und so, aber da werden Sie wahrscheinlich auch irgendwie schon Gespräche geführt haben.

[FW] Aber ist schon ein interessanter Aspekt halt die kritische Analyse von Informationen im Unterricht, aber auch gleichzeitig im Netz, also, es steht ja bei Facebook, also muss es wahr sein, so in die Richtung, so verbreiten sich ja die abstrusesten Ideen, Hauptsache es ist ein Bildchen und ein Text da drüber und schon muss es ja irgendwie einen Wahrheitsgehalt haben. Und da fehlt doch viel an Medienkompetenz, um diese, ja, Fake-Meldungen zu dekodieren und diese kritische Analyse, die kann man in der Schule lernen, klar, und das muss auch ein Bestandteil sein und das wird auch zukünftig eine Herausforderung sein, weil es betrifft ja nicht nur das Thema Rechtsextremismus, das ist ja viel weiter, also diese kritische Analyse von Sachbeständen und von Tatsachen, das ist eigentlich eine Grundvoraussetzung für eine kritische und reflexive und demokratisch orientierte Lebensführung.

[M] Und deswegen sind wir heute hier gewesen, wir sind immer noch hier, aber wir sind jetzt fertig, es gibt übrigens auch natürlich fantastische Materialien auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung, wenn man recherchieren möchte und es gibt super Bücher, die immer interessant auch sind und toll und man kann gut recherchieren da. Ich will mich bedanken bei allen, die jetzt im Netz uns zugeschaut haben. Und ja, wir haben gelernt, der Mike, den gibt es so erst mal nicht, es gibt nicht nur Mike, sagen wir mal so, es gibt nicht die rechtsextreme Biografie, es kann unterschiedliche Faktoren geben, wir haben Möglichkeiten der Prävention durchgesprochen, Sachen, die gut funktionieren, Sachen, die noch nicht so gut funktionieren, wo man noch dran arbeiten kann. Und vielen Dank auf jeden Fall für eure Mitarbeit auch an dieser Diskussion, vielen Dank fürs Hiersein. Und ja, ansonsten würde ich sagen, wenn ihr zu spät zugeschaltet habt und jetzt sagt, huch, jetzt habe ich alles verpasst, nein nein, man kann sich das Ganze nochmal anschauen und dann auch teilen. Ihr findet den Stream dann bald vollständig im Netz auf der Seite auch der Bundeszentrale und, ja, wir bedanken uns bei den beiden Experten, vielen vielen Dank fürs Hiersein und vielen Dank fürs Zuschauen und bis zum nächsten Mal.

Fragen aus sozialen Netzwerken oder per E-Mail:

1. Welche Faktoren begünstigen Entwicklung der Sozialen und interkulturellen Kompetenz? 2. Was versteht jeder einzelne unter diesen Begriffen? Wie wird dieses im tagtäglichen Leben umgesetzt / gelebt? Besonders interessant empfinde ich dies in Bereichen: Bildung und soziale Arbeit als große und wichtige Säulen des gesellschaftlichen Lebens. 3. Worin besteht der Unterschied zwischen Toleranz und Akzeptanz? 4. Wie wird der Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes verstanden und gelebt 5. Wie wird gesellschaftlich, wirtschaftlich und politisch die tatsächliche Verantwortungsübernahme für getroffene Entscheidungen gelebt? Und schließlich: 6. wie entsteht Radikalismus (jeglichen Art)? Wofür kann dieser missbraucht werden? Von wem, weshalb und wofür? Danke!

Mein persönliches und somit subjektives empfinden: diese Fragen ähneln den Knoten eines roten Pfandes, der zur Klärung der Ursachen führen kann, könnte, dürfte. Mich würde interessieren, inwieweit Radikalisierung und Devianzerfahrungen zusammenhängen. Ist das wirklich ein Automatismus, wie es manchmal suggeriert wird? Ist es nicht vllt nachvollziehbar, dass sich die Abneigung von Menschen gegen eben genau gegen die richtet für die alle um Toleranz werben, weil sie sich lange Zeit für Minderheiten stark gemacht haben und nun selber leiden, jedoch kein Gehör finden weil sie zu keiner "Trendminderheit" gehören?

Nehmt den Leuten die Würde, nehmt ihnen das letzte Geld (HartzIV-Sanktionen) und bezahlt sie mies (Leiharbeit, Werksverträge) und erzählt ihnen dann jahrelang, das sei alternativlos. => Nutzerthese zur Radikalisierung. Was ist da dran?

Freiheit, Heimat und Identität: Welche Zusammenhänge zwischen diese 3 Begriffe gibt es? Eine ganze Menge wenn man es mit der Bindungstheorie (z.B. bei Karl-Heinz Britsch) in der Entwicklungspsychologie beleuchtet.

Genauso wie GMF ein Schutzmechanismus ist gegenüber seiner eigene Selbstunsicherheit ist.

Wie gefährlich ist es, Rechtsextreme als "dumm" abzustempeln? Guter Topic für die Schule: Was sind Vorurteile, wie wirkt es im Gehirn, woher kommt es. Ist ein ganz normaler Prozess der Jugend.

Die leute sitzen so lange auf ihrem popo bis sie kein Geld mehr Haben und dann bin ich gespannt? Im Angesicht des um sich greifenden Populismus in Deutschland: Hat die politische Bildung der Vergangenheit versagt?

Was kann man machen wenn Freunde anfangen rechtspopulistische Dinge auf Facebook zu posten?

Änderung soll schon im Elternhaus stattfinden, was gibt man die Jugendliche zuhause mit? Kennt man die deutsche Geschichte? Hat man mal einen KZ Lager besucht und gesehen was passiert ist?

Einer der besten Präventionen gegen Rassismus ist die Aufklärung der Kinder und Jugendlichen in der Schule. Hier geht es nicht nur um unsere Geschichte, sondern auch um das vergangene mit dem heute zu Verknüpfen.

1x pro Monat, Demokratie & Geschichte auf dem Lehrplan als zurückkehrendes Element. Wenn eins meiner 5 Kinder je zuviel rechts liken würde, nehme ich sie mit nach Auschwitz und wir werden es da anschauen und diskutieren wie es so weit kommen konnte. Danach einen Plan machen was denn im Alltag fehlt das man so denkt, warum zu so einer Gruppe gehören zu wollen und was eine positive Alternative wäre anstatt destruktives Denken…

Änderung soll schon im Elternhaus stattfinden, was gibt man die Jugendliche zuhause mit? Kennt man die deutsche Geschichte? Hat man mal einen KZ Lager besucht und gesehen was passiert ist?

Was kann man machen wenn Freunde anfangen rechtspopulistische Dinge auf Facebook zu posten?

Mich würde interessieren, ob Sie die Arbeit mit Fallbeispielen von (ehemals) rechtsextremen Jugendlichen als geeignet erachten, um sich die Ursachen von rechtsextremen Einstellungen und Verhalten zu erschließen.

Denkanstöße und einen ersten Einblick in das Themenfeld gewährt der Interner Link: Text von Eva Eggers.

Fragen für den Einstieg:

Abstimmen
in Westdeutschland
in Ostdeutschland
Leute haben abgestimmt.

Danke für ihre Teilnahme!

Abstimmen
Männer
Frauen
gleich viele
Leute haben abgestimmt.

Danke für ihre Teilnahme!

Auflösung Vergleich Ost/West

Rechtsextreme Einstellungen kommen der letzten Externer Link: Leipziger "Mitte-Studie" zufolge häufiger bei Personen vor, die in Ostdeutschland leben. Im Osten stimmen 23,7 Prozent dieser Altersgruppe ausländerfeindlichen Aussagen zu, im Westen nur 13,7 Prozent.

Auflösung Vergleich Männer/Frauen

Es gibt der letztenExterner Link: Leipziger "Mitte-Studie" zufolge kaum größere Unterschiede bei der Zustimmung zum Rechtsextremismus nach Geschlecht. Einzig die Ausländerfeindlichkeit ist bei den Frauen (10,6%) signifikant häufiger als bei den Männern (6,8%).

Die Teilnehmenden

Siegfried Preiser

Siegfried Preiser (© privat)

Prof. Dr. Siegfried Preiser ist Diplompsychologe, Rektor der Psychologischen Hochschule Berlin und Professor für die Psychologie lebenslangen Lernens. Er studierte in Erlangen und Freiburg und war bis 2011 Professor für Pädagogische Psychologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Siegfried Preiser ist Vorstandsmitglied der Sektion Politische Psychologie und Koordinator des Expertenbeirats "Prävention von Gewalt, Rechtsextremismus und interkulturellen Konflikten". Seine Arbeitsschwerpunkte sind Politische Sozialisation, Gewaltprävention und Kreativitätsförderung.



Fabian Wichmann

Fabian Wichmann (© privat)

Fabian Wichmann ist Mitarbeiter der ZDK Gesellschaft Demokratische Kultur gGmbH in Berlin. Er in der Ausstiegshilfe von EXIT-Deutschland und im Social-Media Management tätig, sowie Verfasser von diversen Publikationen und Analysen im Bereich Rechtsextremismus und Demokratiegefährdung und weiterhin Initiator der vielfach prämierten Initiativen Rechts gegen Rechts und #HassHilft.






Diane Hielscher

Diane Hielscher (© Michael Stöcker )

Diane Hielscher moderiert auf Bühnen, im Radio und ist Autorin, Trainerin und Sprecherin. Nach ihrem Politikstudium und einem Volontariat bei „BB-Radio“ in Potsdam folgten Stationen beim RBB-Jugendradio „Fritz“, bei „FluxFM“ und „Bayern3 PULS“. 2014 wurde Diane Hielscher mit dem Deutschen Radiopreis als beste Moderatorin ausgezeichnet. Seit Juli ist sie die neue Moderatorin der DRadio Wissen-Sendung „Hielscher oder Haase“.



Fussnoten