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Hass im Netz – Rechtsextreme Onlinestrategien | Rechtsextremismus | bpb.de

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Hass im Netz – Rechtsextreme Onlinestrategien

Simone Rafael

/ 7 Minuten zu lesen

Vernetzung, Anregungen und Informationen rund um die Uhr machen Online-Kanäle auch für Rechtsextreme attraktiv. Denn hier erreichen sie Menschen direkt und können Fehlinformationen in die Welt setzen, um so Rassismus und Demokratiefeindlichkeit zu schüren. Ihr Ziel: Menschenrechte wie die Gleichwertigkeit aller Menschen und Minderheitenschutz als überflüssig darzustellen. Simone Rafael skizziert rechtsextreme Onlinestrategien und entwickelt Gegenmaßnahmen.

(© bpb)

Websites, Kommentarspalten und soziale Netzwerke bieten viel Vernetzung, Anregung und Informationen. Das macht Online-Kanäle so attraktiv – auch für Rechtsextreme und Rechtsopopulist_innen. Denn hier erreichen sie Menschen direkt und rund um die Uhr. Sie können Fehlinformationen und Fehlinterpretationen in die Welt setzen, um so Rechtsextremismus, Rassismus und Demokratiefeindlichkeit in der Gesellschaft zu schüren. Ziel dabei: Die Demokratie abzuschaffen und Menschenrechte wie die Gleichwertigkeit aller Menschen und Minderheitenschutz als überflüssig darzustellen.

Inhalte, Kanäle und Akteure

Rechtsextreme Webseiten, Blogs und Tumblr-Blogs bedienen ein klar rechtsextremes Publikum, verbreiten Demotermine und Shitstorm-Aufrufe, ermöglichen rechtsextremen Lifestyle vom Versandhandel bis zu rassistischen Sprühvorlagen für rechtsextreme Sprayer_innen oder Memes im Stil von “Justgirlythings“ auch für die rassistisch-nationalistische Instagrammerin. Blogs, die sich an die amerikanische “Alt-Right-Bewegung“ anlehnen, veröffentlichen Memes von rechtspopulistischen Politiker_innen im “Pepe der Frosch“-Stil oder mit Anleihen an Jugend- und Gaming-Kulturen. Neben offen rechtsextremen Seiten gibt es eine Vielzahl von Versuchen, rassistische, rechtsextreme, antisemitische oder muslimfeindliche Inhalte an Mann und Frau zu bringen, ohne dabei zu zeigen, dass es sich um rechtsextreme Absender_innen handelt.

Dabei sind aktuell vor allem die so genannten “alternativen“ Medien interessant, weil deren Beiträge auch als vermeintliche “Belege“ für rassistische oder demokratiefeindliche Argumente genutzt werden. Es sind Veröffentlichungen, die den Anschein von redaktioneller Betreuung erwecken und journalistisch wirken sollen, ohne die berufliche Ethik des Journalismus wie Ausgewogenheit der Berichterstattung, Recherche oder auch Gegendarstellungen zu verfolgen. Dazu gehören etwa muslimfeindliche Websites wie PI-News (“Politically Incorrect“) und “Unzensuriert“ oder neurechte Medien wie “Sezession“, Blogs wie “Tägliche Einzelfälle“ oder “Journalistenwatch“. Mit oftmals erfundenen oder zurechtgebogenen Geschichten erreichen solche Websites viele Leser_innen – wohlmöglich, weil sie deren Vorurteile bestätigen, ihrem rassistischen Hass Nahrung geben, aber auch, weil sie unbedarften Nutzer_innen wie seriöse Medien vorkommen. In diesen Medien heißen Schlagzeilen Anfang November 2017: “Asylanten-Spuk im Halloween-Hotel“ (PI-News), “Linke Medien schießen mit "Nazi-Keule" gegen Expansion der NZZ in Deutschland“ (es gab einen entsprechenden Meinungsartikel im Schweizer Tagesanzeiger) (Unzensuriert) oder “Gießen: Festnahme eines Schutzsuchenden aus dem Irak im Gießener Rathaus - Mitarbeiter mit Messer bedroht!“ (Originalnachricht: “Festnahme im Gießener Rathaus“ – hier also eine Zuspitzung eines realen Ereignisses bei “Tägliche Einzelfälle“).

Es sind häufig toxische Erzählungen, die das Ziel haben, Einzelaktionen auf eine Gruppe zu verallgemeinern. Ein vermeintliches “Wir“ wird gegen ein feindlich verstandenes “Die“ gesetzt. “Wir“, das ist die gewünschte Volksgemeinschaft. “Die“ sind hier Menschen, die diesem Weltbild nicht entsprechen: mit Migrationshintergrund, muslimischen Glaubens oder mit nicht-rechter politischer Einstellung.

Dies ist auch bei der “Identitären“ der Fall, die besonders Jugendliche ansprechen möchte und seit August 2016 vom Bundesverfassungsschutz beobachtet werden. Die Anhänger der "Identitären Bewegung" nutzen Wörter wie “Identität“ und “Heimat“ und wollen ein “Europa der Vaterländer“ – das ist ihr Begriff für Ethnopluralismus. Gemeint ist also, jede “Kultur“ solle in ihrem “angestammten Raum“, also Land, unter sich bleiben. Für Menschen, die die “Identitären“ als “illegal“ in Deutschland sehen, hieße das “Remigration“ - eine akademisch anmutende Wortneuschöpfung der Identitären für “Ausländer raus.

Ihre bevorzugten Kommunikationskanäle: Facebook, Twitter, Instagram.

Hass in sozialen Netzwerken

Soziale Netzwerke sind noch beliebter für die Verbreitung von Rassismus, Rechtsextremismus und abwertendem Hass als Websites. Hier kommen zu den Angeboten organisierter Rechtsextremer zahlreiche Kanäle von Nationalist_innen oder etwa auch solchen Aktivist_innen gegen Geschlechtergerechtigkeit, die die Gleichwertigkeit von Frau und Mann in Frage stellen. Die Kanäle werden teilweise nur von einer Person betrieben, können aber enorme Reichweiten erzielen. Nicht immer sind menschenfeindliche Inhalte dabei auf den ersten Blick erkennbar: Rassismus wird auch als angebliches Engagement gegen Kindesmissbrauch oder sexuelle Gewalt verkleidet, unter dem Deckmantel angeblichen Tierschutzes wird oft auch gegen Muslime und Juden gehetzt. Auch flüchtlingsfeindliche “Nein zum Heim“-Seiten befeuern Rassismus in ihrem lokalen Raum und dienen als Lernorte für rechtspopulistische und rechtsextreme Argumentationen.

Netzwerke wie Google, YouTube, Facebook oder inzwischen auch Twitter gehen zwar gegen offenen und strafrechtlich relevanten Rechtsextremismus vor – weniger aber gegen Rassismus, Muslimfeindlichkeit oder Homo- und Transfeindlichkeit ohne erkenntliche ideologisch rechtsextreme Bindung. Verboten wird mit thematischen Verschiebungen begegnet. Aus offenem Antisemitismus werden nebulös formulierte Verschwörungstheorien, Rassismus wird als “Angst“ und “Sorge“ verkauft, Homo- und Transfeindlichkeit als “Engagement für die traditionelle Ehe“. Trotzdem nutzen Neonazis und Holocaustleugner_innen auch gerne Angebote, die bisher keine Regulierung vorsehen, wie etwa das russische VK-Netzwerk oder die in den USA beheimatete “Alt-Right“-Twitter-Variante gab.ai.

Kommunikationsstrategie

Die sozialen Netzwerke werden von der rechtsextremen und auch der rechtspopulistischen Szene genutzt, um die eigenen Ideen – Rassismus, Islamfeindlichkeit, Sexismus, Abschaffung der Demokratie usw. – zu verbreiten. Praktisch passiert das durch Hasskommentare in Schrift, Bild und Video. Diese werden auf Social-Media-Seiten von Medien platziert oder auf Social-Media-Seiten von Organisationen oder Institutionen, die sich politisch engagieren. Noch wirksamer werden sie allerdings im sogenannten vorpolitischen Raum eingesetzt, also dort, wo Politik erst einmal nicht zu erwarten ist. Wer auf Rassismus im Katzenliebhaber-Forum trifft, auf Homofeindlichkeit unter dem YouTube-Video einer Beauty-Bloggerin oder verschwörungsideologische Videos über den “Fluss des Geldes in der Welt“ im WhatsApp-Klassenchat, muss sich zunächst erst einmal darüber klar werden, worum es geht. Meist sind es abwertende Inhalte, gegen die es keine rechtliche Handhabe gibt – die Meinungsfreiheit deckt nämlich auch das Verbreiten von Hass und Unfug.

Es gibt allerdings kein Recht darauf, dies unkommentiert zu tun. Trotzdem gelingt es extrem rechten Kommentator_innen oft, vernünftige Diskussionen unter Artikeln und Posts zu verhindern oder vom Thema abzulenken – unter anderem durch Klassiker wie etwa, bei einer Diskussion zu rechtsextremer Gewalt mit linksextremer Gewalt zu kontern oder auf falsche Statistiken zu verweisen, die die Mitdiskutierenden dann erst einmal widerlegen müssten. Zugleich werden Mitdiskutierende verbal angegriffen und bedroht, bis sie sich aus der Diskussion zurückziehen.

In Hasskommentaren werden verschiedene Formen von Falschinformationen oder Falschinterpretationen verwendet: Entweder werden schlicht Lügen verbreitet – etwa dass Muslime im Allgemeinen auf ein Weihnachts-Verbot in Deutschland drängen würden, wenn es eigentlich nur ein bestimmter islamischer Gelehrter getan haben soll – und selbst dessen Aussage war nur eine Zuspitzung in der deutschen Übersetzung. Oder es werden reale Ereignisse bewusst fehlinterpretiert und abwertend verallgemeinert. Dies findet sich etwa bei rassistischen Assoziationen in den rechten “alternativen“ Medien, aber durchaus auch in der Publikumspresse wie Boulevard- oder Lokalzeitungen.

Wenn rechtsextreme Inhalte mit großer Geschwindigkeit und professioneller Routine in sozialen Netzwerken verbreitet werden, denken viele Diskutierende auch an Social Bots – also Programme, die Inhalte automatisiert verbreiten oder generieren. In Deutschland gibt es bisher allerdings keinen Nachweis, dass Social Bots verwendet wurden, um Themen zu verbreiten – auch nicht im Bundestagswahlkampf. Was öfter vorkommt: engagierte Rechtsextreme, die eine Vielzahl von Accounts betreiben und dort per Copy und Paste Inhalte im Sekundentakt einstellen. Sie sind aber trotzdem Menschen.

Gegenmaßnahmen

Rechtsextreme, Rassist_innen und Antisemit_innen berufen sich häufig auf die Meinungsfreiheit, wenn über Gegenmaßnahmen zu Hassrede diskutiert wird. Diese gilt jenseits der strafrechtlich relevanten Inhalte. Es gibt allerdings kein Recht darauf, seine Meinung unwidersprochen zu verbreiten.

Strafrechtlich relevante Inhalte

  1. Das Strafrecht gilt auch im Internet, also: Strafrechtlich relevante Inhalte bei der Polizei anzeigen (mit Screenshot und URL); bei Unsicherheit gibt es auch unabhängige Meldestellen, die nach juristischen oder Jugendschutz-Aspekten prüfen, etwa Externer Link: www.internet-beschwerdestelle.de oder Externer Link: www.jugenschutz.net/hotline. Jede Anzeige hilft, das Ausmaß des Problems zu begreifen. In einigen Bundesländern gibt es inzwischen Polizeistrukturen, die auf Hasskriminalität im Internet spezialisiert sind; bei der Justiz gibt es diese nicht.

  2. Strafrechtlich relevante Inhalte können zusätzlich an das entsprechende soziale Netzwerk gemeldet werden: Schon in der Vergangenheit wurden diese Inhalte oft gelöscht. Seit Inkrafttreten des “Netzwerkdurchsetzungsgesetzes“ des Bundesjustizministers im Oktober 2017 müssen strafbare Inhalte sogar innerhalb von 24 Stunden gelöscht sein, sonst drohen Vertragsstrafen. Geprüft wird die Strafbarkeit nicht von der Justiz, sondern von den Unternehmen selbst bzw. einer privat betriebenen "anerkannte Einrichtung der regulierten Selbstregulierung". Ob das Gesetz wirksam ist und gleichzeitig die Meinungsfreiheit gewährleistet, ist umstritten.

Nicht strafbare Inhalte

  1. Über “Allgemeine Geschäftsbedingungen“ oder Diskussionsregeln können Social-Media-Unternehmen oder Moderator_innen von Social-Media-Seiten auch Hassrede ausschließen, die juristisch noch erlaubt wäre, wie Rassismus und andere Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Soziale Netzwerke sind in diesem Bereich oft vorsichtig, weil sie Angst davor haben, die Meinungsfreiheit einzuschränken. Andererseits wird auch argumentiert, dass sie eine gesellschaftliche Verantwortung tragen. Hier gibt es Diskussionsspielraum.

  2. Nicht strafbaren Inhalten können auch inhaltlich beantwortet werden. Dieser Ansatz nennt sich “Counter Speech“ (“Gegenrede“), ist aber viel leichter, als es klingt: Nicht jede_r muss ein Verschwörungsexperte werden oder alle juristischen Kniffe des Asylrechts parat haben. Was immer geht: Nachfragen, Quellen einfordern, auf Verallgemeinerungen hinweisen, Rassismus und Abwertung benennen, Gegenposition erzählen und damit klar machen, dass die abwertende Meinung nicht die Mehrheitsmeinung ist. Das geht mit Argumenten, aber auch mit einem Meme oder GIF. Es geht bei Gegenrede nicht unbedingt darum, den Rechtsextremen oder Rassisten zu überzeugen, sondern eine Gegenposition anzubieten für die unentschlossenen Mitlesenden und zur Unterstützung von Betroffenen von Hass. Besonders überzeugend gelingt das übrigens, wenn die Gegenrede sachlich, souverän, heiter und nicht selbst abwertend vorgetragen wird.

Nach einem Volontariat an der Hamburger Henri-Nannen-Journalistenschule baute Simone Rafael 2002 für den stern und die Amadeu Antonio Stiftung das Internetportal mut-gegen-rechte-gewalt.de auf. Seit 2009 ist sie Chefredakteurin von „Netz-gegen-Nazis.de – Mit Rat und Tat gegen Rechtsextremismus“, das 2017 in „Belltower.News – Netz für digitale Zivilgesellschaft“ umbenannt wurde. Es ist das Internetportal gegen Rechtsextremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit der Amadeu Antonio Stiftung. Daneben entwickelt sie Ideen gegen Rechtsextremismus im Internet, etwa die Kampagne „Soziale Netzwerke gegen Nazis“, das Argumentationstraining „Generation 50+ aktiv im Netz gegen Nazis“ und 2012 das Projekt „no-nazi.net – Für sozialen Netzwerke ohne Nazis“. 2015 wurde Simone Rafael in die „Task Force zum Umgang mit Hate Speech“ des Bundesjustizministeriums berufen. Mit Facebook hat sie 2016 die Online Civil Courage Initiative (OCCI) ins Leben gerufen.