Alles nach Plan?
Die Planwirtschaft der DDR – Konzept, Umsetzung und Scheitern
Daniel Meis
/ 23 Minuten zu lesen
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Es war ein Scheitern mit langem Anlauf, immensen Folgeschäden für die ostdeutschen Bundesländer, außerordentlich hohen Kosten für die westdeutschen Bundesländer und enormen Schäden an Mensch und Natur: Der Versuch der Planwirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Aber hat die DDR-Planwirtschaft überhaupt jemals eine Chance gehabt? Führte am Ende ein arteigenes Strukturproblem von Planwirtschaften zum Scheitern der ostdeutschen Ausformung oder lag es an hausgemachten, spezifisch ostdeutschen Umständen?
Planwirtschaft ist nicht gleich Planwirtschaft, genauso wenig wie Marktwirtschaft gleich Marktwirtschaft ist. Eine deutliche Unterscheidung von beiden Wirtschaftsmodellen ist zwar möglich, doch können Elemente des einen durchaus ins andere Modell eingespeist werden. Auch Marktwirtschaften kennen mitunter staatliche Wirtschaftssektoren, gelegentlich sogar in Schlüsselindustrien. Und auch Planwirtschaften sind mitunter mit privatem Unternehmertum vertraut.
Extremfälle sind die heute offiziell kommunistischen Staaten China, Vietnam und Kuba. Sie besaßen alle einst reine Planwirtschaften, öffneten sich aber so weit marktwirtschaftlichen Elementen, dass sie alle drei inzwischen Mischsysteme aufweisen. 2022 existiert tatsächlich nur noch eine letzte „reguläre“ Planwirtschaft: Nordkorea gelingt es mehr oder minder, sein planwirtschaftliches Wirtschaftsmodell aufrechtzuerhalten – bezahlt aber mit der Abhängigkeit von China und fast schon regelmäßigen Hungersnöten einen hohen Preis dafür.
Die Frage, was denn eine Planwirtschaft nun tatsächlich ist, ist also diffus und kompliziert. Eine gebräuchliche Definition hilft hier weiter. Demnach ist „Planwirtschaft“ eine
„Bezeichnung für eine Wirtschaftsordnung, in der das gesamte wirtschaftliche Geschehen von einer zentralen Stelle nach politischen und wirtschaftlichen Zielvorstellungen geplant, gelenkt und verwaltet wird. Der Staat bzw. staatliche Planungsbehörden auf allen Planungsebenen bestimmen die gesamte Produktion (das heißt, wer welche Güter womit herstellt), die Verteilung (das heißt, wer welche Güter wo erhält) und die Preise aller Güter und Dienstleistungen.“
Zentral für die Charakterisierung als Planwirtschaft ist also die intensive Wirtschaftsplanung durch staatliche Akteure. In der Regel tritt hierbei (bedingt durch die kommunistische Ideologie mit ihrer Idee des kollektiven Gemeineigentums) auch noch das Staatseigentum mindestens an Schlüsselindustrien der Volkswirtschaft hinzu. Alleine die Existenz einer Wirtschaft im Staatseigentum reicht also nicht aus, um von einer Planwirtschaft zu sprechen, sie tritt aber in Planwirtschaften meist zusammen mit den Wirtschaftsplänen auf. Von den Wirtschaftsplänen einer Planwirtschaft sind in der Regel alle Wirtschaftseinheiten erfasst, ob privat oder staatlich.
Die Funktionsweise einer Planwirtschaft war in der Theorie relativ einfach: Die Spitze der kommunistischen Partei, die die Spitze des Staats beherrschte oder selbst stellte, gab ökonomische Ziele aus, die politisch motiviert waren. Klassisch war dabei während des Kalten Krieges die verstärkt vorangetriebene Industrialisierung und das Ein- oder Überholen der Wirtschaftsleistung der kapitalistischen Länder.
Bei der regelmäßigen Ausgabe der kurz-, mittel- und langfristigen Planziele wurden recht konkrete Zielvorhaben benannt, etwa eine Erhöhung der Stahlproduktion um einen bestimmten Prozentsatz oder das Zurückfahren von Konsumgütern zugunsten des Hochfahrens der chemischen Industrie. Zwar orientierten sich die Parteispitzen mal mehr, mal weniger an ökonomischen Kennziffern, die aus der Bürokratie vorlagen. Aber schlussendlich wurde immer politisch darüber entschieden, wo welche Investitionsmittel hingelenkt werden sollten, welche Industrien welche Produktionssteigerungen in welchem Zeitraum erreichen sollten und was für das Erreichen dieser Ziele von wem zur Verfügung zu stellen war.
Hier liegt bereits ein zentrales Problem von Planwirtschaften: Während Marktwirtschaften über Angebot und Nachfrage funktionieren, geht die Parteispitze in einem System mit Planwirtschaft davon aus, selbst anhand vorhandener Informationen wissen zu können, was wie zu planen ist, um eine produktive und sozial abgesicherte Volkswirtschaft steuern zu können. Aus Sicht der kommunistischen Ideologie war das nur folgerichtig: Schließlich ging sie davon aus, dass die Partei als Avantgarde den Lauf der Geschichte erkannt und damit die Wahrheit auf der eigenen Seite habe. Oder anders formuliert: Die Partei ging gemäß kommunistischer Ideologie davon aus, dass sie wisse, was richtig sei.
Für ökonomisches Handeln sind aber Innovationen überlebensnotwendig. Kommen diese nur von oben und werden „Innovationen von unten“ gebremst, abgeblockt oder gar bestraft, bringt eine Volkswirtschaft selten Neues hervor und lebt vorrangig vom bereits Erreichten und dessen Modifikationen. Wäre die kommunistische Theorie einer zur allumfassenden Wahrheitsfindung befähigten Parteiführung nicht Utopie, sondern Realität gewesen, wären Innovationen von unten nicht nötig gewesen. Aber wie die Geschichte gezeigt hat, waren auch die kommunistischen Parteiführungen entgegen ihres eigenen Anspruchs „nur“ Menschen mit Fehlern, subjektiven Einschätzungen und (Fehl-)Wahrnehmungen. Der vom Kommunismus beanspruchte Vorrang der Politik der kommunistischen Partei vor dem ökonomischen Geschehen in der Gesellschaft traf darin auf ein unüberwindbares Hindernis.
Die vorgegebenen, im Detail groben, hinsichtlich der Rahmenbedingungen aber bereits spezifizierten Vorhaben der Parteispitze wurden dann an die „Mittelinstanz“ weitergereicht, die sich in den meisten Planwirtschaften aus Verbünden von Unternehmen der gleichen Branche oder Region zusammensetzten. Diese gestalteten den vorgegebenen Rahmen mit den zur Erfüllung notwendigen näheren Angaben aus, konkret dem Bedarf und den daraus theoretisch errechenbaren Produktionszahlen.
Eine Ebene tiefer, bei den einzelnen Betrieben, wurden diese Zahlenwerke dann noch weiter ausdifferenziert. In der DDR-Landwirtschaft beispielsweise führte so der übergeordnete Rahmen, der sich vor allem an vergangenen Ernten orientierte, zu einer Ausdifferenzierung bis in den einzelnen Betrieb hinein. Dabei wurden eigene interne Pläne erstellt, die Material, Leistungsaufwand, Arbeitsnormen und weitere Kennziffern enthielten. Um diese aufzustellen, wurde auf vergangene Durchschnittswerte zurückgegriffen, die jährlich vom Betrieb ermittelt werden mussten.
Bei der mittleren und der unteren Ebene zeigt sich dabei das nächste strukturelle Problem der Planwirtschaft: In der Marktwirtschaft sind Unternehmen zur Effizienz gezwungen, um konkurrenzfähig zu bleiben und ökonomisch überleben zu können. Anders in der Planwirtschaft. Dortige Unternehmen waren nicht zu hoher Effizienz gezwungen, weil die Rahmenbedingungen ohne eigene Verantwortungsbeteiligung vorgegeben waren. Sie erhielten eine ungefähre Vorgabe, was bis wann zu erreichen war, und erklärten daraufhin, was sie dafür benötigten und damit konkret erreichen konnten. Unternehmensgewinne wurden in der Regel abgeschöpft, materielle Anreize zu effizienterem Wirtschaften wurden nicht zuletzt durch Plansoll-Erhöhungen konterkariert.
Um aber in jedem Fall (etwa bei Ausfall der Lieferungen anderer Unternehmen) den Plan erfüllen zu können, also einen „Puffer“ zu haben, umgingen mittlere und untere Instanzen einfach die Vorgaben der politischen Führung. Sie veranschlagten in der Regel viel mehr Bedarf zur Erreichung der vorgegebenen Ziele, als sie wirklich benötigten. So wurden harte, strenge Pläne umgangen und die sogenannten „weichen Pläne“ etabliert: Mehr Arbeitskräfte, mehr Materialien, mehr Lieferungen, mehr Rohstoffe, mehr Energie.
Für die Kennziffern, die die einzelnen Betriebe zum vorläufigen Planentwurf abgeben mussten, bedeutete dies, dass sie stets zum Vorteil des Betriebs ausfielen, statt möglichst hohe Effizienz für die Volkswirtschaft zu schaffen. So wurden in allen Wirtschaftsbereichen die eigenen Möglichkeiten geringer angesetzt als es bei effizientem Handeln möglich gewesen wäre und der benötigte Aufwand höher veranschlagt.
Der Wegfall von Effizienzzwang
Damit war ein Erreichen des später in Gesetzesform gegossenen Plans für den einzelnen Betrieb auch bei unvorhersehbaren Ereignissen wie etwa ausbleibenden Lieferungen anderer Betriebe oder schlechter Erntebedingungen stets sichergestellt. Der Wegfall von Effizienzzwang und die „weichen Pläne“ führten dazu, dass seitens der Unternehmen tendenziell mehr auf Quantität als auf Qualität Wert gelegt wurde.
Diese Probleme waren der politischen Führung zumeist bekannt, konnten aber nie nachhaltig behoben werden, da die Unternehmen vor Ort argumentieren konnten, warum sie konkret welche Materialen benötigten. Die DDR war hierbei kein Ausreißer, sondern der Regelfall unter den sozialistischen „Bruderländern“. Versuche der Parteiführungen in den verschiedenen Planwirtschaften, die Ineffizienzen zu beseitigen, gelangen nie – außer, es wurden marktwirtschaftliche Reformen angestoßen oder entsprechende Experimente zugelassen.
Die politische Führung konnte also nicht anders, als die an sie zurückgereichten Kennziffern für die Pläne im Großen und Ganzen zu akzeptieren. Bis auf kleinere Änderungen und Konkretisierungen wurden diese dann in der Regel auch regulär von der Partei- und Staatsspitze so beschlossen. Die detaillierte Durchführung des Plans oblag dann einer eigenen Institution. Im Falle der DDR war das die Staatliche Plankommission (SPK), die auch die fortlaufenden Ausarbeitungen und Vorbereitungen für spätere Pläne übernahm.
Das hier beschriebene Verfahren unterschied dabei zwischen langfristigen Plänen wie den Fünfjahresplänen, konkreter ausgestalteten mehrjährigen oder auch Einjahresplänen und, je nach Detailgrad der jeweiligen Planwirtschaft, noch kurzfristigeren Plänen. Die strukturellen Grundprobleme waren aber immer die gleichen: Mangelnde Innovationsmöglichkeiten, ungenügende Partizipationschancen für unternehmerisch Begabte, „weiche Pläne“ zum Schutz vor künftig höheren Soll-Forderungen, ausbleibenden Zulieferungen und zur Sicherstellung der Planerfüllung.
Weitere wichtige Aspekte der Funktionsweise einer Planwirtschaft haben mit Faktoren wie Geldwerten, Außenhandel oder auch Forschung zu tun. Die kommunistische Ideologie sah als ihr Endziel bekanntlich die Schaffung einer herrschaftsfreien Welt vor, in der auch Geld als Tauschobjekt für Waren nicht mehr benötigt wird. Aber bis zum Erreichen des Kommunismus mussten auch die sozialistischen Planwirtschaften noch Geldwerte, also Preise, nutzen, um den Aufwand für Produkte und Dienstleistungen im Verhältnis zu anderen Produkten und Dienstleistungen ermitteln zu können. In Marktwirtschaften bilden sich Preise größtenteils durch Angebot und Nachfrage. Sehr vereinfacht ausgedrückt, bedeutet dies Folgendes: Wird von einem Produkt quantitativ besonders viel angeboten, obwohl nur geringe Nachfrage besteht, sinkt der Preis und zeitlich verzögert auch das Angebot. Wird von einem Produkt quantitativ besonders wenig angeboten, obwohl große Nachfrage besteht, steigt der Preis und zeitlich verzögert auch das Angebot.
Da in der Planwirtschaft aber Angebot und Nachfrage durch die politisch motivierte Zielsetzung der Partei- und Staatsspitze ausgeschaltet sind, können sich keine realistischen Preise bilden. Zwar kann auf Preise aus der Zeit vor der Revolution und Etablierung der Planwirtschaft zurückgegriffen werden, auch können begrenzt Preise hochgerechnet und geschätzt werden, aber nach einer gewissen Zeit spiegeln diese in einer sich verändernden (Welt-)Wirtschaft trotz Preisreformen immer weniger die Realität wider.
Bis 1953 wurden noch Festpreise von 1944 genutzt, die aber den veränderten Rahmenbedingungen der DDR-Wirtschaft nicht mehr entsprachen und schließlich durch staatlich genehmigte Preise für jeden Wirtschaftszweig ersetzt wurden, die die Plankosten spiegeln sollten. Durch die Ausschaltung von Angebot und Nachfrage als Preisbildungsprozess, die „weichen Pläne“ und die Fixierung auf quantitative statt qualitative Planerfüllung waren aber auch solche Preise immer ungenau und realistische Preise überhaupt nicht feststellbar. Je länger also das kommunistische Endziel nicht erreicht wurde, umso schwieriger wurde auch die Preispolitik.
Damit ist auch schon der Außenhandel angesprochen, der komplett vom sozialistischen Staat für die Unternehmen übernommen wurde und/oder bestimmten Unternehmen exklusiv übertragen wurde. Planwirtschaften waren zwar auf Autonomie angelegt, schon alleine, um die Störanfälligkeit von äußeren Entwicklungen zu verringern, auf die sie keinen Einfluss nehmen konnten.
Aber auch im zwischenstaatlichen Handel müssen Gegenwerte errechnet werden. Reguläre Wechselkurse helfen hierbei wegen der erläuterten Preisproblematik nur bedingt weiter, sodass im Handel zwischen kapitalistischen Unternehmen und sozialistischen Staaten neben den offiziellen Wechselkursen immer auch inoffizielle Wechselkurse zu Schwarzmarktbedingungen mitbedacht werden mussten.
Im zwischenstaatlichen Handel sozialistischer „Bruderländer“ handelten die Partei- und Staatsspitzen hingegen regelmäßig Festpreise für die kommenden Jahre aus, zum Beispiel bei Rohöl und Getreide. Da es hierbei um Welthandel ging, wurde zur Orientierung auf den Weltmarktpreis zurückgegriffen. Eine Abkopplung vom kapitalistischen Ausland war für Planwirtschaften also hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungsströme theoretisch möglich, nicht aber bei der eigenen zwischenstaatlichen Preisgestaltung. Und dabei würde es so lange bleiben, bis nach kommunistischer Ideologie die gesamte Welt die Revolution hinter sich hätte.
Neben Geld beziehungsweise Preisen und dem Außenhandel kam zu den speziellen Aspekten der Funktionsweise einer Planwirtschaft noch die Forschung hinzu. Forschung ist auch in Marktwirtschaften nie (primär) gewinngetrieben, sondern vom subjektiven Wissendurst der Forschenden abhängig. Es können zwar Zielvereinbarungen getroffen, Aufträge vergeben, Projektvorhaben finanziert und beispielsweise in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen von Unternehmen auch ganz konkrete Aufgaben gestellt werden. Aber deren Erreichen lässt sich nicht über monetäre Bedingungen sicherstellen, es kann dadurch höchstens optimal unterstützt werden. Vielleicht scheitert ein Projekt, vielleicht kommt es (wie bei ergebnisoffener Forschung nicht selten) auch zu völlig anderen Ergebnissen als erwartet.
Zudem zahlen sich Forschungsergebnisse zumeist nicht direkt in messbaren finanziellen Gewinn aus; meistens sind sie nur erheblich zeitverzögert nutzbar, hängen in ihrer Wirkung oft mit anderen Forschungsergebnissen zusammen oder können durch ihre gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen nicht einmal indirekt monetär beziffert werden. Ergebnisse von Forschungsfinanzierungen sind also auch in Marktwirtschaften nicht eindeutig messbar, und umso mehr gilt das für Planwirtschaften. Denn wenn politisch motivierte Ziele für die Forschung vorgegeben werden, bis wann etwas vorgegebenes erforscht sein soll, dann wird damit einerseits die Innovation der frei Forschenden gehemmt. Andererseits ist trotzdem nicht sichergestellt, dass die Forschungsziele auch erreicht werden.
Das Beschriebene gilt in ähnlicher Weise auch für das Studium: Ideologisch motivierte Eingriffe (von der Zwangsbeschäftigung mit dem Kommunismus bis hin zur Ökonomisierung der Wissenschaft) mindern zwangsläufig Kapazitäten und die Qualität der (Aus-)Bildung der Studierenden aller Fächer. Forschungsergebnisse in Wirtschaftspläne zu implementieren, ist also äußerst riskant für das Funktionieren des Plans – bleibt aber alternativlos, da Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft von den Ergebnissen der Wissenschaft abhängig sind und Planwirtschaften nur eingeschränkt Ausnahmen von ihren Prinzipien machen können.
Umsetzung der Planwirtschaft in der SBZ/DDR
Jede Planwirtschaft besaß ihre eigenen Charakteristika. Diese konnten entscheidend dafür sein, ob die jeweilige Planwirtschaft mehr oder minder funktionierte – oder ob sie schon nach kurzer Zeit zu scheitern drohte. Erhebliches Gewicht kommt dabei der Tatsache zu, dass sozialistische Staaten immer zu Autonomie neigten, um ihre Störanfälligkeit von Weltmarkt, kapitalistischen Staaten und nicht beeinflussbaren Planwirtschaften anderer Staaten zu verringern. Umso größere Auswirkungen hatten deshalb landespezifische Bedingungen für die eigene Wirtschaft.
Für die Sowjetische Besatzungszone (SBZ), aus der sich die Deutsche Demokratische Republik bilden sollte, waren mehrere solcher Faktoren entscheidend. Die Probleme begannen nämlich bereits mit dem Zuschnitt der Besatzungszonen selbst. Das mitteldeutsche Gebiet des Deutschen Reiches war über Jahrzehnte mit den umliegenden Gebieten zu einer Wirtschaftseinheit zusammengewachsen. Im Zweiten Weltkrieg profitierten die hoch industrialisierten Regionen Thüringens und Sachsens noch von innerdeutschen Evakuierungen und Verlegungen von Betrieben, da das Zentrum des Reiches für die alliierten Bomberflotten weniger gut zu erreichen war. Das Gebiet der späteren SBZ wies so starke Verflechtungen mit den anderen Teilen des Reiches auf, dass sie 1936 rund 45 Prozent ihrer Waren- und Dienstleistungen aus diesen bezog.
Mit der Einrichtung der Besatzungszonen inklusive der Zonengrenzen wurden diese Wirtschaftsstrukturen also erheblich abgeschnitten. Nach allen Seiten hin fand für die SBZ eine Abkapselung statt: Zu den westdeutschen Hafenstädten wie Hamburg und Bremen, dem Ruhrgebiet mit der einzigen mitteleuropäischen Stahlindustrie, die die eigene mitteldeutsche übertraf, zu den Handelswegen durch Süddeutschland und nach Osten zu den großen landwirtschaftlichen Gütern in den nunmehr polnisch verwalteten Gebieten.
Nach der Kapitulation des Reiches 1945 lag die Wirtschaft zeitweise brach und musste neu anlaufen. Dafür fehlten nunmehr aber die lange gepflegten Verbindungen in alle Teile Deutschlands, sodass umdisponiert werden musste. Was blieb, war eine im Norden stark landwirtschaftlich und im Süden stark industriell geprägte SBZ, die im Verhältnis zum großen Wirtschaftsraum des Reiches stark eingeschränkt war.
Einschneidende Demontagen
Ein anderes Problem lag in der Reparationsfrage. Die sowjetischen Besatzer hatten nicht nur beim Einmarsch massenweise bewegliche Güter an sich genommen, sondern demontierten auch etliche Fabriken, wie das weltbekannte Zeiss-Werk in Jena, um sie zu Reparationszwecken in die Sowjetunion zu verschicken. Auch wurden mehrere Tausend Wissenschaftler in die Sowjetunion verbracht. Exakte Bilanzierungen der materiellen Demontagen sind hier nicht möglich, aber der Schaden war wirtschaftlich immens. In einigen Bereichen konnte er durch geringe Investitionen wieder ausgeglichen werden, etwa, wenn „nur“ bestimmte Maschinen in einer Fabrik zu ersetzen waren, um die Gesamtproduktion wieder hochfahren zu können.
Andere Bereiche blieben aber bis zum Ende der DDR geschädigt, darunter etwa Bahnstrecken, bei denen das zweite Gleis demontiert wurde und auf denen nunmehr nur noch ein Zug verkehren konnte. Durch ständige, oft erst kurz zuvor angekündigte Demontagen, deren Praxis sich bis in die 1950er Jahre hinein erstreckte, wurden die Wirtschaftspläne aber in ihrem Ablauf gestört. Selbst das nur geringe Produktionspotenzial einer Planwirtschaft konnte damit nicht erreicht werden. Die DDR-Führung war sehr erleichtert, als die Reparationen inklusive der Demontagen zum Jahreswechsel 1953/1954 (nicht zuletzt aufgrund des Aufstands vom 17. Juni 1953) beendet wurden, zumal ihr diese erhebliches Renommee bei der Bevölkerung kosteten.
Zu den Reparationen gehörten neben den Demontagen auch Entnahmen aus der laufenden Produktion, monetäre wie materielle Transferleistungen, Übernahme der Besatzungskosten seitens der Länder der SBZ beziehungsweise der späteren DDR und die Aneignung diverser Schlüsselunternehmen durch die Sowjetunion, die nach den sowjetischen Wirtschaftsplänen arbeiteten, aber in der SBZ/DDR wirtschafteten. Alles in allem waren dies überaus störende Elemente für einen Wirtschaftsplan.
Die DDR-spezifischen Probleme der Planwirtschaft gingen aber noch viel weiter. Ein Abschneiden der Lieferketten kann mittelfristig überwunden werden, in einer Planwirtschaft nicht zwangsläufig schlechter als in einer Marktwirtschaft. Und auch die Demontagen und allgemein die ökonomisch belastenden Reparationen waren kein Dauerphänomen, sondern nur temporär angelegt. Als dauerhaft problematisch erwiesen sich aber weitere Punkte: Im Gegensatz zu den meisten anderen sozialistischen Ländern war die DDR lediglich einer von zwei deutschen Staaten.
Der andere Staat, die ebenfalls 1949 gegründete Bundesrepublik Deutschland (BRD), war nicht nur kulturell Teil des „Westens“ geworden, sondern auch ökonomisch, politisch und militärisch in dessen Strukturen eingebunden. Ökonomisch betrachtet war der westdeutsche Staat dabei höchst erfolgreich. Auch der ostdeutsche Staat war, gemessen an Wirtschaftswachstum und sozioökonomischen Fortschritten, sehr produktiv. Die in der Weimarer Republik sozialisierte DDR-Führung sah sich insbesondere im Vergleich mit der Weimarer Republik auf einem wirtschaftlich guten Kurs.
Der neidische Blick nach Westen
Die Bevölkerung hingegen, insbesondere die Jüngeren, die nicht mehr in Weimar, sondern im Nationalsozialismus oder dem Kommunismus sozialisiert worden waren, sahen als Vergleichsgesellschaft für ihren eigenen Lebensstandard nicht die Lebensumstände der Elterngeneration, sondern die der Deutschen in der benachbarten kapitalistischen BRD. Dass die DDR der wirtschaftlich zweitstärkste Staat des „Ostblocks“ und weltweit der zehntstärkste war, beeindruckte wenig, wenn wenige Kilometer westlich Einfamilienhäuser entstanden, bald fast jeder Haushalt Fernsehgerät, Kühlschrank und ein Automobil besaß und all dies jederzeit kurzfristig neu gekauft werden konnte.
Die Anziehungskraft im ökonomischen Bereich vermischte sich mit der politischen und führte zu Massenauswanderungen. Die innerdeutsche Grenze war zwar schon vor dem Mauerbau 1961 gut gesichert, aber die „grüne Grenze“ ermöglichte genügend Schlupflöcher; hinzu kamen „Ausreisewillige“ mit offiziellen Papieren. Zwischen Staatsgründung 1949 und Mauerbau 1961 verließen bei einer Gesamtbevölkerung von rund 18,8 Millionen im Jahr 1949 mehr als 2,7 Millionen den ostdeutschen Staat – fast sämtlich in Richtung Westdeutschland. Die geringste Auswanderungsrate lag 1949 bei etwa 129.000 Menschen, die höchste im „Aufstandsjahr“ 1953 bei etwa 331.000 Menschen. Es gingen etwas mehr Erwerbstätige als Nicht-Erwerbstätige, was die Wirtschaft zusätzlich belastete. Bis 1961 hatte die DDR netto mehr als 13 Prozent ihrer erwerbstätigen Bevölkerung verloren. Der Mauerbau war aus Sicht Ost-Berlins und Moskaus schließlich die einzige Möglichkeit, ein „Ausbluten“ der DDR zu verhindern.
DDR-Dilemma Rohölarmut
Ein weiterer und letzter großer Faktor der DDR-spezifischen Probleme der Planwirtschaft war die Rohölarmut des kleinen Staates. Wenngleich heute wenig bekannt, war Öl auf deutschem Boden schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts gefördert worden, aber die Vorkommen reichten schon bald nicht mehr zur dauerhaften Bedarfsbefriedigung aus. Die Lösung wurde von der DDR-Führung im Import gesehen. Vor allem sowjetisches Öl spielte eine Schlüsselrolle. Denn einerseits erhielten die sozialistischen „Bruderländer“ untereinander Sonderkonditionen beim Außenhandel, und andererseits wurde damit die Abhängigkeit vom Öl des kapitalistischen Auslands vermindert.
Da aber, wie erwähnt, auch der Außenhandel der „Bruderländer“ sich mittelfristig zur Korrektur immer am Weltmarktpreis orientieren musste, riss die Ölpreiskrise von 1973 auch der DDR zeitverzögert Ende der 1970er Jahre den Boden unter den Füßen weg. Die DDR-Wirtschaft war notorisch energiearm und dringend auf Öl angewiesen. Mit den verzögerten Auswirkungen der Ölpreiskrise begann deshalb für die DDR eine Spirale des Abstiegs, der ohne Hilfe von außen kaum aufgehalten werden konnte.
Denn erstens waren die Energiekosten für die Bevölkerung, wie viele Produkte des täglichen Bedarfs, im Sinne der Sozialpolitik der kommunistischen Ideologie und zur Besänftigung der Menschen immer stark subventioniert gewesen. Das führte zu enormer Energieverschwendung durch die Bevölkerung und erheblichen Kosten für die staatliche Wirtschaft. Privater Strombedarf musste zwar regelmäßig angemeldet werden, um ihn in Pläne zu implementieren, aber der tatsächliche Stromverbrauch war stets höher, was zu Überlastungen und noch stärkerem Verschleiß führte. Totalausfälle wie beim Jahreswechsel 1978/1979 konnten nur durch weiter erhöhte Stromproduktion vermieden werden.
Zweitens war die DDR in den 1970ern ein stark industrialisierter Staat. Landwirtschaft war im Norden noch wichtig, sie war aber inzwischen ebenfalls durch industrialisierte Arbeits- und Produktionsformen geprägt. Und ein Dienstleistungssektor bestand kaum. Öl wurde also für die Gesamtwirtschaft unbedingt benötigt. Die teureren Preise mussten hingenommen werden, Sparpotenziale versickerten in den ineffizienten Strukturen der Planwirtschaft, und als die Sowjetunion wegen eigener Wirtschaftsprobleme in den 1980er Jahren ihren Rohölexport in die sozialistischen „Bruderländer“ drosseln musste (und wollte, um in die besser zahlenden kapitalistischen Länder zu liefern), griff die DDR immer häufiger auf ein bereits älteres, aber zunehmend öfter angewandtes Verfahren zurück: die Kohlehydrierung.
Immer mehr Kohle - und Verschleiß
Es ist wenig bekannt, dass die DDR zeitweise einer der größten Kohleförderer der Welt war. Braun- wie Steinkohle schienen der einzige Weg zu sein, die Energiezufuhr sicherzustellen. Kohle wurde vielfältig genutzt: Sie wurde verstromt, exportiert und verflüssigt; schlussendlich wurde Kohle auch verwendet, um die Abhängigkeit von anderen Rohstoffimporten und teuren Auslandsprodukten zu verringern. Verflüssigte Kohle besitzt weniger Brennwert als raffiniertes Rohöl, aber sie ist in der Not zumindest eine Substitutionsmöglichkeit. Deshalb wurde massenweise Kohle zu Öl umgewandelt und zwecks Verstromung und Export immer mehr Kohle gefördert – auf Kosten der Funktionsfähigkeit der Anlagen und mit einem solch hohen Verschleiß, dass trotz Störfällen und überzogener Betriebszeiten die Stromversorgung kaum noch gesichert war.
Die Planwirtschaften innewohnende Investitionsproblematik samt erhöhtem Verschleiß führte schließlich auch dazu, dass bei dem um jeden Preis vorangetriebenen Kohleabbau und der Verarbeitung der Kohle kaum Umweltstandards griffen. Ähnliches galt für Rohstoffe wie Uran. Die Folge war eine rabiate Umweltzerstörung, die schließlich der Berliner Republik nach 1990 hinterlassen wurde. Was die Umwelt auf Jahrzehnte zerstörte, rettete die DDR-Wirtschaft für ein paar weitere Jahre.
Den genannten Punkten des Zuschnitts der Besatzungszone (und damit des späteren Staatsterritoriums), der Langzeitfolgen der Reparationen, der Massenauswanderung und der Ölabhängigkeit kann bereits entnommen werden, dass die Sowjetunion als ostmitteleuropäische Vormacht eine zentrale Rolle für die Existenz der Staaten des „Ostblocks“ spielte. So war es auch im Fall der DDR. Mehrfach stützte die Sowjetunion die DDR-Wirtschaft grundlegend:
Als zur Beruhigung der Situation nach dem Aufstand 1953 die Konsumgüterindustrie zulasten anderer Bereiche hochgefahren wurde, lieferte die Sowjetunion zusätzliches Öl und verzichtete auf weitere Reparationen; als die DDR perspektivisch ihre erwerbstätige Bevölkerung zu verlieren drohte, gab die Sowjetunion ihr Einverständnis zum Mauerbau; als die Ölpreise im „Westen“ explodierten und die DDR das von der Sowjetunion an sie gelieferte Öl dorthin exportierte, um zusätzlichen Gewinn zu machen, dafür aber mehr eigene Kohle hydrieren musste, sah die sie zu Sonderkonditionen beliefernde Sowjetunion zähneknirschend darüber hinweg.
Aber als die DDR ab Anfang der 1980er Jahre in eine solche Schieflage geriet, dass Schulden, mangelnde Konkurrenzfähigkeit und Verschleiß faktisch zu einer dauerhaften Wirtschaftskrise führten, konnte und wollte die Sowjetunion nicht mehr helfen. Sie war mit ihren inneren Problemen selbst zu sehr beschäftigt, als dass sie ökonomisch hätte aushelfen können: Ernteausfälle, allgegenwärtiger Mangel, Produktivitätsniedergang und Kostenanstieg verminderten den Spielraum Moskaus, was schließlich auch zu einem Faktor des Wandels in der Sowjetunion wurde.
1988/1989 war die Lage dann hoch dramatisch. Als deutlich wurde, dass die DDR-Führung die Aufrechterhaltung der Wirtschaftsleistung nicht mehr sicherstellen konnte, wurde noch elf Tage vor dem Mauerfall intern vorgeschlagen, der BRD im Austausch für neuerliche Kredite die Mauer zum Tausch anzubieten. Das hätte die (über Polen und die Tschechoslowakei) ohnehin wieder sechsstelligen Ausreisezahlen noch schneller anschwellen lassen und die DDR (wie 1961 befürchtet) innerhalb weniger Jahre „ausbluten“ lassen. Es blieb nur die Hoffnung, sich mit den Krediten etwas Zeit zu verschaffen, um vielleicht doch noch das Ruder herumreißen zu können. So oder so: Die DDR-Planwirtschaft war 1989 am Ende ihrer Möglichkeiten angelangt.
Das endgültige Scheitern der DDR-Planwirtschaft
Dass die DDR schließlich ausgerechnet im Zeitraum 1989/1990 ihr Ende fand, war zu einem erheblichen Teil Zufall. Der Mauerfall war weder geplant noch einem spontanen Aufstand geschuldet. Er kam dem Zusammenbruch der Wirtschaft nur zuvor. Die DDR-Führung sah die ökonomischen Probleme vor sich, konnte sie aber nicht abstellen. Nach dem Mauerfall musste die BRD zunächst die ostdeutsche Wirtschaft mit Krediten stützen und trug dann die finanziellen Folgekosten der maroden, konkurrenzunfähigen, ineffizienten Wirtschaft – mit allen Folgen bis heute.
Was ursprünglich wie „blühende Landschaften“ hätte aussehen sollen, wurde erst bei näherem Hinsehen in und nach dem Aufgehen der DDR in der wiedervereinten Berliner Republik deutlich: Die DDR-Wirtschaft war im „Ostblock“ zwar die zweitstärkste gewesen, hatte aber auf dem Weltmarkt keine Chance. Die Hälfte der Schulden war verheimlicht worden, Verschleiß konnte nicht verhindert werden, Reparationsschäden konnten teilweise nie behoben werden und Umweltschäden waren ignoriert worden. Wenn die DDR-Führung auf all diese Probleme Rücksicht genommen hätte, dann hätte die Planwirtschaft der DDR auch gar nicht weiter existieren können.
Auch Reformvorhaben wie das „Neue Ökonomische System der Planung und Leitung“ (NÖSPL) von 1963, das der Mittelinstanz mehr Verantwortung übertrug, oder auch die „Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“ von 1971, die sozialpolitische Anreize zur Produktivitätssteigerung bot, konnten nur begrenzt positive Wirkungen entfalten. Denn das eigentliche Problem lag in den planwirtschaftlichen Strukturen, die unangetastet blieben: Mittlere und untere Instanzen erhielten mehr Spiel- und Freiraum in der Planung und der Planerfüllung, aber am Plansystem als solchem wurde nicht gerüttelt; Preis-, Innovations- und Qualitätsproblematik blieben inhärent.
Solange diese planwirtschaftlichen Strukturen nicht geändert wurden, wäre alles weitere nur ein geringfügiges Herumbasteln ohne großen Effekt gewesen. Zudem hatten es solche Reformvorhaben ohnehin schwer gegen die orthodoxe kommunistische Parteilinie, die in der DDR solche Experimente immer nur in Ausnahmefällen ermöglichte, ohne sie aber zur Norm werden zu lassen.
Aber besaß die Planwirtschaft der DDR überhaupt jemals eine Chance? Grundsätzlich ja, solange die üblichen Abstriche an den strukturellen Schwächen von Planwirtschaften gemacht werden und solange die Sowjetunion in besonders kritischen Momenten unter die Arme greifen konnte. Ohne dies wäre die ostdeutsche Wirtschaft ohnehin bald zusammengebrochen. Die DDR-Führung selbst ging, wie erwähnt, 1988/1989 zeitweise von nur noch wenigen Monaten Überlebenszeit aus.
Führte am Ende also eher ein inhärentes Strukturproblem von Planwirtschaften zum Scheitern der ostdeutschen Planwirtschaft oder lag es eher an hausgemachten, spezifisch ostdeutschen Umständen? Der eigene Anspruch, die kapitalistischen Länder innerhalb weniger Jahre oder maximal Jahrzehnte hinsichtlich Wirtschaftskraft und Sozialpolitik zu überholen, konnte mit der Planwirtschaft in einigen Fällen erreicht werden – allerdings um den hohen Preis von Verschleiß, drohender Überschuldung, Umweltschäden und außenpolitischer Abhängigkeit. Die zentrale Vergleichsgesellschaft im westdeutschen Staat aber konnte weder überholt noch auch nur eingeholt werden.
Spätestens mit der verzögerten Auswirkung der Ölpreiskrise war für die DDR die Spirale des Niedergangs eingeläutet. Erstens aufgrund struktureller Probleme, aus der sie nicht mehr herausfand: Dazu zählen die Innovationshemmung, die neue Lösungswege verhinderte, die Autonomiefixierung, die das kleine DDR-Territorium überforderte, sowie die Ineffizienz, die zu Verschwendung und anlasslosem, mangelhaftem, bedarfslosem Wirtschaften führte. Zweitens gab es DDR-spezifische Probleme, die die strukturellen ergänzten und verschlimmerten. Dazu zählen die westdeutsche Vergleichsgesellschaft, die zwangsläufig die ostdeutsche Wirtschaft in einem negativen Licht erschienen ließ, die völlige Abhängigkeit von der Sowjetunion, die die Fortexistenz der DDR riskieren musste, wenn sie einmal selbst in Probleme geriet, sowie die Rohstoffarmut, die, inklusive aller Begleitprobleme, zur exzessiven Substituierung durch Kohle führte.
Insofern ist wie immer kein einfaches Entweder-Oder hinsichtlich der Frage möglich, ob nun die Planwirtschaft als solche oder die ostdeutschen Bedingungen die Vision einer wirtschaftlich und sozial funktionierenden Planwirtschaft scheitern ließ. Feststellen lässt sich aber, dass die strukturellen Probleme einer Planwirtschaft die DDR-Wirtschaft an den Rand des Scheitern brachten, diese aber durch äußere Hilfe zumindest noch etwas länger hätten überleben können – so, wie es bei anderen Planwirtschaften auch der Fall war und im Falle Nordkoreas bis heute ist.
Die spezifischen ostdeutschen Umstände der Implementierung einer Planwirtschaft beschleunigten also den Niedergang, waren aber nicht alleine für ihn verantwortlich.
Zitierweise: Daniel Meis, "Alls nach Plan? Die Planwirtschaft der DDR – Konzept, Umsetzung und Scheitern", in: Deutschland Archiv, 23.09.2022, Link: www.bpb.de/513381. Alle Beiträge auf Externer Link: www.deutschlandarchiv.de sind Recherchen und Meinungsbeiträge der jeweiligen Autorinnen und Autoren, sie stellen keine Meinungsäußerung der Bundeszentrale für politische Bildung dar.