Moskauer Hintergründe des 17. Juni
Friedrich Dieckmann beschreibt "die Woche der großen Hoffnung" im Juni 1953 in der DDR. Und eine Intrige im Kreml.
Friedrich Dieckmann
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Der 17. Juni 1953 gilt weitgehend als "ausgeforscht". Wirklich? Schon 2009 hat der Essayist Friedrich Dieckmann versucht, vor allem das Hintergundgeschehen in der Sowjetunion zu beleuchten, wo nach Stalins Tod ein Machtkampf ausgebrochen war, wie in Zukunft mit der Deutschlandpolitik und der DDR verfahren werden sollte. Eine zentrale Rolle spielte dabei der langjährige sowjetische Geheimdienstchef Lawrenti Berija, der sich um einen innen-und außenpolitischen Kurswechsel bemühte, aber am 10. Juli 1953 entmachtet und in der Folge hingerichtet wurde. Das war rund drei Wochen nach dem mit Hilfe sowjetischer Panzer niedergeschlagenen Volksaufstand, der über 700 Orte in der DDR erfasste. Auch zur ursprünglich geplanten Absetzung von SED-Parteichef Walter Ulbricht kam es nun nicht mehr. Eine ausführliche Recherche von Friedrich Dieckmann.
„Geben Sie uns vierzehn Tage!“
Der tragische Held des 17. Junis, das waren die Volksmassen, es war vor allem die Arbeiterschaft der DDR, in der alte gewerkschaftliche und sozialdemokratische Traditionen trotz zwanzigjähriger Unterbrechung noch lebendig waren. Damit sie am 16. und 17. Juni 1953 auf die Straße ging, zuerst in Berlin, dann auch in vielen andern industriellen Zentren der DDR, brauchte es zweierlei: die Hoffnung, etwas ausrichten zu können, und die Provokation, das in einem bestimmten Sinn, mit einem bestimmten Ziel zu tun.
Das erstere war am 11. Juni 1953 geschehen, in Gestalt einer Verlautbarung des Politbüros des SED-Zentralkomitees, die in nichts Geringerem als einem abrupten Kurswechsel der herrschenden Partei bestand. Unter der Flagge eines Neuen Kurses waren, jäh und unvermittelt, all jene klassenkämpferischen Maßnahmen zurückgenommen worden, unter denen weite Teile der Bevölkerung zehn Monate lang gelitten hatten, Pressionen gegen die für nichtsozialistisch geltenden Schichten: selbständige Bauern, Geschäftseigentümer und Gewerbetreibende, die unterhalb einer bestimmten Betriebsgröße noch in großer Zahl vorhandenen Privatunternehmer, aber auch Amtsträger beider Kirchen und die Christen der Jungen Gemeinde.
Sie alle waren plötzlich von dem Druck, der Ausgrenzung, Enteignung, Verfolgung entlastet, die namens des im Juli 1952 verkündeten „Aufbaus des Sozialismus“ auf ihnen gelegen und einerseits zu einer Massenflucht über die offene innerberlinische Grenze, andererseits zu galoppierenden Versorgungsschwierigkeiten geführt hatten. Die neue Linie zielte auf etwas anderes: "Das Politbüro", hieß es lakonisch, "hat bei seinen Beschlüssen das große Ziel der Herstellung der Einheit Deutschlands im Auge, welches von beiden Seiten Maßnahmen erfordert, die die Annäherung der beiden Teile Deutschlands konkret erleichtern". Das war nichts weniger als rhetorisch gemeint. Externer Link: Heinz Brandt, ein Kommunist, der die Gefängnisse und Konzentrationslager der Hitlerzeit überstanden hatte und zu dieser Zeit als Sekretär der Berliner Bezirksleitung der SED amtierte (er wurde bald darauf abgesetzt), schrieb später: „Wann war ich denn glücklich? Ich war es nie so intensiv, so allumfassend wie in der zweiten Juniwoche 1953.“
Der am 12. Juni in eine Serie von Regierungsmaßnahmen umgesetzte Widerruf des Konfrontationskurses konnte nicht anders als die Bankrotterklärung der von dem Chef-Apparatschik Ulbricht dominierten SED-Führung verstanden werden, deren Autorität auch in ihrer eigenen, plötzlich wehr- und hilflos dastehenden Partei schwer erschüttert war, zumal die gleichzeitig (und auf derselben Seite des SED-Zentralorgans) veröffentlichten Bilder vom Antrittsbesuch des neuberufenen sowjetischen Hochkommissars keinen Zweifel darüber ließen, aus welcher Quelle die Neuorientierung stammte.
Rudolf Herrnstadt, damals der Chefredakteur des Neuen Deutschlands, hatte die Wirkung der unvermittelten Kurskorrektur vorhergesehen und den am 5. Juni in Berlin eingetroffenen „Hohen Kommissar der UdSSR in Deutschland“ (das war ein im Blick auf die drei westlichen Hochkommissare neugeschaffenes Amt, das an die Stelle der bisherigen Sowjetischen Kontroll-Kommission unter Leitung des Armeegenerals Tschuikow trat) für die Veröffentlichung des Kommuniqués beinahe flehentlich um einen Aufschub von zwei Wochen gebeten: „Geben Sie uns vierzehn Tage, und wir können den Kurswechsel so überzeugend und fortreißend begründen, daß wir mit ihm in die Offensive gehen und nicht der Gegner.“ Wladimir Semjonow, 1949 der Geburtshelfer der DDR-Gründung und seit fünf Tagen als Hoher Kommissar der politische Oberleiter der DDR, hatte ihm „sehr scharf und von oben herab“ geantwortet: „In vierzehn Tagen werden Sie vielleicht schon keinen Staat mehr haben.“
Herrnstadt hatte verstanden: die publizistisch unvorbereitete Veröffentlichung des jähen Kurswechsels war eine Anweisung des neuen Hochkommissars. Die 14-Tage-Angabe bezog sich ganz offenbar auf die Zeitspanne, die bei der Konferenz, zu der die neue sowjetische Parteiführung Walter Ulbricht und Otto Grotewohl am 2. Juni nach Moskau beordert hatte, dem ersteren für seinen Rückzug aus der SED-Führung eingeräumt worden war. Diese Konferenz war am 3. Juni zu Ende gegangen; bis zum 17. Juni war Walter Ulbricht, der als Generalsekretär der SED an den Schalthebeln der Macht saß, Frist gegeben, seinen Platz zu räumen.
Nach Stalins Tod: die Neuorientierung unter Berija
Semjonows Bemerkung gegenüber Herrnstadt vollzog die Zuspitzung einer Perspektive, die der neuen Linie der sowjetischen Außenpolitik entsprach. Lawrenti Berija, der starke Mann in der nach Stalins Tod umgebildeten Parteiführung, der als Chef des inneren Sicherheitsapparats der Kontrolleur aller übrigen Parteiführer war, hatte das Steuer der Konfrontationspolitik herumgerissen, und nicht nur in der Außenpolitik.
Auch in der Innenpolitik hatte der Mann, der unmittelbar nach Stalins Tod am 5. März 1953 das Amt des Innen- und des Staatssicherheitsministers auf sich vereinigt hatte (zugleich war er Erster Stellvertreter des Ministerpräsidenten geblieben), Akzente einer Entstalinisierung gesetzt, die die Bestürzung der Kader hervorgerufen hatten. Er hatte angefangen, die von ihm verwalteten Straflager zu öffnen , und verfügt, daß bei Demonstrationen keine Porträts mehr umhergetragen werden sollten; die Erwähnung Stalins in Presse und Rundfunk war drastisch reduziert und aus dem Namensquartett der Klassiker: Marx-Engels-Lenin-Stalin, der Name des letzteren entfernt worden. Der Öffentlichkeit unbekannt geblieben war eine weit wichtigere Maßnahme: die Abschaffung der Folter in den Gefängnissen des Landes.
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War alles dies nur Trug, ein Blendwerk, dazu bestimmt, durch das Verschwindenlassen der alten Ikone die eigene Machtergreifung vorzubereiten? Der in der Weltpolitik unter Berijas Direktion vollzogene Kurswechsel hatte tiefere Gründe.
Die Sowjetunion, das von deutschen Truppen weithin verwüstete und noch lange nicht wiederaufgebaute Land, hatte sich in der Konfrontation mit den Vereinigten Staaten an mehr als einer Front übernommen: an der Ostkante des Riesenreiches mit dem Koreakrieg, zu dessen Beendigung nun energische Anstalten getroffen wurden, an dessen Westflanke, die die DDR bildete, mit einer von Stalin nach einigem Zögern gebilligten und von seinen Beauftragten Tschuikow und Semjonow in Berlin angeleiteten Sowjetisierungs- und Militarisierungspolitik, die die harte Antwort auf die ökonomische und militärische Westintegration der Bundesrepublik gewesen war, die im Mai 1952 ein Generalvertrag bekräftigt hatte.
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Die DDR-Bevölkerung war stellvertretend dafür bestraft worden, daß der westdeutsche Staat, bei feierlich bekräftigter Nicht-Anerkennung der neuen deutschen Ostgrenze, einen Sonderfrieden mit den Westmächten geschlossen hatte, von dem auch Stalins im März 1952 ergangenes Angebot eines Friedensvertrags mit einem bürgerlich-demokratisch verfaßten Gesamtdeutschland unter den Bedingungen militärischer Neutralität die Regierung Adenauer nicht hatte abbringen können.
Wenn Berija dieses Konzept wieder aufnahm, so mochte er hoffen, in einer vom Druck des Wettrüstens befreiten Sowjetunion mit deutscher Finanz- und Strukturhilfe jene durchgreifenden Reformen angehen zu können, zu denen er den von Stalin auch mit seiner Hilfe geformten Parteiapparat nicht imstande glaubte. „Er begann seine Offensive gegen die Partei mit dem Angriff auf Stalin“, schleuderte Lasar Kaganowitsch, Stalins altgedienter Gefolgsmann, nach Berijas Sturz den nach Moskau gerufenen ZK-Mitgliedern entgegen. „Durch seine Kritik an Stalin“ habe Berija „die Grundlage, auf der wir stehen, zerstören und sich den Weg ebnen“ wollen.
Diese rigorose Sowjetisierungspolitik hatte die DDR in eine von Walter Ulbricht, dem egomanisch verblendeten Partei-Autokraten, immer weiter angeheizte Krise getrieben, deren Ausmaß im April 1953 nicht nur Berija, sondern der gesamten sowjetischen Führung deutlich geworden war. Sie war sich über die Abbremsung dieses Kurses ebenso einig wie über die Notwendigkeit eines Waffenstillstands in Korea, aber Berija wollte mehr; zur Entlastung der Sowjetunion von einem die Kräfte des Landes übersteigenden Wettrüsten zielte er auf die Beendigung des Externer Link: Kalten Krieges und hatte dazu seine Fühler zu den Staatsführern des Westens ausgestreckt.
In einer Erklärung vom 16. April 1953 kam ihm der amerikanische Präsident, Dwight D. Eisenhower, merklich entgegen und bekundete, ohne sich auf die Deutschlandfrage näher einzulassen, die Bereitschaft der USA, das Ihre zum Abbau der Spannungen zu tun. Weitaus stärker ging Winston Churchill, zu dieser Zeit nicht nur Premier, sondern auch amtierender Außenminister Großbritanniens, auf die Neuorientierung der sowjetischen Außenpolitik ein. In einer aufsehenerregenden Rede verkündete er am 11. Mai das Ende der Konfrontationspolitik (Berija hatte ihm gleichsam den Vortritt gelassen) und faßte eine umfassende europäische Friedensordnung ins Auge. „Ohne Warnung, ohne Vorbereitung“, so Sebastian Haffner in seiner Churchill-Biographie von 1967, „warf er den Kurs herum, den England, zusammen mit dem Westen, seit sieben Jahren gesteuert hatte. Er proklamierte faktisch das Ende des Kalten Krieges. Er schlug eine Gipfelkonferenz mit den Nachfolgern Stalins vor, und er warf das Wort Locarno in die Debatte – den Gedanken eines gesamteuropäischen Sicherheitssystems anstelle der konfrontativen Bündnisblöcke.“
Nachdem sich die US-Regierung am 13. Mai positiv zu Churchills Initiative geäußert hatte, ging die Prawda, das Zentralorgan der sowjetischen KP, auf diese Rede am 24. Mai 1953 in einem Leitartikel ein, der unverkennbar die Stimme der Parteiführung war. Darin hieß es, allen müsse „klar sein, daß die Zerstückelung Deutschlands die Wiederherstellung eines Herdes der Kriegsgefahr im Herzen Europas bedeutet“; „das deutsche Volk“ werde sich mit dem Verlust seiner Einheit, die es vor noch nicht hundert Jahren um den Preis großer Anstrengungen und Opfer errungen hat, nicht abfinden“.
Am 27. Mai konnten die Leser des Neuen Deutschlands in der Berichterstattung über jenes Prawda-Statement etwas lesen, das nicht als Propaganda-Phrase mißdeutet werden konnte, da es die offizielle sowjetische Reaktion auf Churchills Initiative wiedergab: daß ein Friedensvertrag der Vier Mächte mit Deutschland, also die Behebung der deutschen Teilung, auf dem politischen Programm der Sowjetregierung stehe. Dafür – und das stand nicht im Neuen Deutschland – war diese unter Berijas Führerschaft bereit, eine markante Vorleistung zu erbringen: den Abbruch des Klassenkampfkurses in der DDR als ersten entschiedenen Schritt auf dem Weg zu einer Friedenslösung, die zuletzt (nicht zuerst, wie Semjonow suggeriert hatte) auf die Auflösung des deutschen Oststaats hinauslief.
Die von der SED im eigenen ideologischen Auftrag, vor allem aber in dem der Besatzungsmacht beherrschte DDR sollte als demokratisierte auf dem Altar der neuen europäischen Friedensordnung geopfert werden. Daß damit auch die von der westdeutschen Regierung geplante Aufstellung einer Vierhunderttausend-Mann-Armee im Rahmen eines westeuropäischen Militärbündnisses entfallen wäre, liegt zutage; entsprechend distanziert war die Bonner Reaktion auf Churchills Rede ausgefallen.
Die sowjetische Politik zog in Gestalt des Berija-Plans Folgerungen daraus, daß ihr in Gestalt der DDR der bei weitem kleinere und schwächere Teil Deutschlands zugefallen war, vollends geschwächt durch die ihm von der Sowjetunion für ganz Deutschland auferlegten Kriegsentschädigungslasten. Sie war zu der Einsicht vorgestoßen, daß ein auf einer bürgerlich-parlamentarischen Verfassung fußendes und in eine europäische Friedensordnung mit vertraglich fixierten Grenzen eingebettetes Deutschland für die Sowjetunion mit sehr viel weniger Risiken verbunden sei als die Fortsetzung des Kalten Kriegs bei Aufstellung einer großen westdeutschen Armee.
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Berija, der, anders als andere Mitglieder der sowjetischen Führung und erst recht die der Streitkräfte, über umfassende Informationen über die innere Lage der Sowjetunion verfügte, mochte klargeworden sein, daß die terroristischen Praktiken der Industrialisierungsdiktatur nach Stalins Tod nicht mehr fortgesetzt werden konnten und es zur Hebung des niedrigen Versorgungsniveaus unerläßlich sei, das Land von dem ruinösen Nuklear- und Raketenrüstungswettlauf mit den USA zu entlasten.
Ein Dialog, den Nikita Chruschtschow nach Berijas Sturz auf dem Juli-Plenum des sowjetischen ZK mit einem Zwischenrufer führte, warf ein Schlaglicht auf die Lage im Lande. „Was ist das aber für ein Kommunismus, wenn es keine Brötchen und keine Butter gibt?“ hatte der Parteisekretär, Berija auch für das Versagen der Landwirtschaftspolitik haftbar machend, ins Publikum geschleudert, und aus dem Präsidium war eine Stimme gekommen: „Und es gibt nicht genügend Kartoffeln.“
Aus einer Äußerung des Anfang Juni in die sowjetischen Pläne eingeweihten Ministerpräsidenten Grotewohl geht hervor, daß die neue sowjetische Politik nicht nur die Vereinigung Deutschlands unter den Bedingungen militärpolitischer Neutralität, sondern auch die Neutralisierung Polens vorsah, mithin: den Rückzug der Sowjetarmee hinter die Weichsel. Um der amerikanischen Vorherrschaft über West- und Mitteleuropa Einhalt zu gebieten, war die von Berija dominierte Parteiführung zu außerordentlichen Zugeständnissen bereit; man rechnete aber auch auf beträchtliche materielle Gegenleistungen.
Churchill sah in der Wiederherstellung Europas, die mit der Beendigung des Kalten Krieges verbunden gewesen wäre, die Chance, die britische Macht aus dem Schatten der USA herauszuführen und ihr wieder eine bestimmende weltpolitische Rolle zu geben; vielleicht beunruhigte ihn auch das Erstarken Westdeutschlands im Bündnis mit den Vereinigten Staaten. Hinzu kam die Sorge, ein militärisch starkes Westdeutschland könne das westliche Bündnis um der Wiedervereinigung willen in einen Krieg mit der Sowjetunion verwickeln; er teilte sie mit Berija.
Der Kanalarbeiter
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Berija, der in vieler Hinsicht agierte, als sei er bereits im Besitz der vollen Macht, für die ihm der Zugriff auf den Parteiapparat wie auf die Armee fehlte, war zu einer solchen Umstellung der sowjetischen Deutschlandpolitik entschlossen, die Mehrheit der sowjetischen Parteiführung war es nicht. Doch unter der Regie Nikita Chruschtschows, des neuen leitenden Parteisekretärs, eines bäurisch geprägten Ukrainers, den Stalin mehr als einmal gedemütigt hatte , hielt der Berijas Politik widerstrebende Teil des Parteipräsidiums in der entscheidenden Sitzung still; er tat es, um den Sicherheitschef in eine Falle zu locken.
Semjonow, der wichtigste Deutschland-Experte der sowjetischen Führung, hatte eigene Vorstellungen von den in der DDR zur Milderung der von ihm selbst angeleiteten Klassenkampfpolitik zu ergreifenden Maßnahmen und gedachte sie vorzutragen, aber Molotow, der neue Außenminister (er hatte diese ihm von Stalin 1949 genommene Funktion nach dem 5. März wiedergewonnen und sich mit Chruschtschow gegen Berija verbündet), gab ihm einen Wink. „Das Präsidium“, schreibt Semjonow in seinen 1995 postum erschienenen Erinnerungen, „tagte in der zweiten Hälfte des Monats Mai 1953. Der Sekretär des ZK der KPdSU, Nikita Chruschtschow, gab Berija das Wort. Dieser holte ohne Eile, als ob er der Herr im Hause sei, aus seiner Jackentasche ein Papier, setzte seine Brille auf und verlas seinen eigenen Entwurf zur Deutschlandpolitik. Der unterschied sich grundlegend von dem, der in meiner Tasche lag. Um Berija zu täuschen, schlug Chruschtschow vor, seinen Vorschlag anzunehmen. Molotow machte mir insgeheim ein Zeichen, ich solle schweigen. ‚Annehmen, annehmen’, tönte es durch den Raum.“
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Offenbar hatte das Präsidium des sowjetische Ministerrats am 27. Mai entgegen Berijas weitergehendem Konzept beschlossen, den auf den beschleunigten Aufbau des Sozialismus in der DDR gerichteten Kurs aufzugeben; so jedenfalls hat es Molotow in seiner Rede vor dem Juli-Plenum dargestellt. Infolge des von Chruschtschow organisierten Schweigens der Opponenten war es Berija dann einen Tag später gelungen, seinen Kurs des vollständigen Verzichts auf den Aufbau des Sozialismus in der DDR durchzusetzen.
In der der SED-Führung aufzuerlegenden Rücknahmeliste gelang es Semjonows Formulierungskunst, die von dem Parteipräsidium gebilligte Berija-Linie zu übernehmen, ohne die Molotow-Linie völlig auszuschließen. Die von ihm ausgearbeiteten und Ulbricht und Grotewohl am 2. Juni 1953 namens der gesamten sowjetischen Führung vorgelegten „Maßnahmen zur Gesundung der politischen Lage in der DDR“ bezeichnen als „Hauptursache der entstandenen Lage“, „daß gemäß den Beschlüssen der II. Parteikonferenz der SED, die vom Politbüro des ZK der KPdSU gebilligt wurden, fälschlicherweise der Kurs auf einen beschleunigten Aufbau des Sozialismus in Ostdeutschland genommen worden“ sei. „Die bisher durchgeführte Propaganda über die Notwendigkeit des Übergangs der DDR zum Sozialismus“ sei „als unrichtig zu betrachten“.
Daß Semjonow, der schweigende Opponent, vom Parteipräsidium mit der Ausarbeitung der der SED-Führung aufzuerlegenden Rücknahmeliste betraut wurde, war ein entscheidender, aber kaum vermeidbarer Fehler des von Stalin für seine Kriegsverdienste mit einem Marschall-Titel dekorierten Innenministers; niemand kannte die DDR-Situation besser als dieser Diplomat, auf den der Armeegeneral Tschuikow als Chef der Sowjetischen Kontrollkommission immer weniger gehört hatte.
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Wie sein unmittelbarer Vorgesetzter Molotow war Semjonow ein entschiedener Gegner der Preisgabe der DDR.
Hinter beiden standen die Heerführer einer Armee, die das Territorium, um das es ging, im Abwehrkampf gegen einen Aggressor eingenommen hatte, der das quasi verbündete Land überfallen hatte, um es mit einem Kolonial- und Volksversklavungskrieg zu überziehen, der die Angegriffenen zu Untermenschen erklärt hatte.
Dieser Kampf hatte, außer mit der bedingungslosen Übergabe des deutschen Staates, mit einer Grenzverschiebung geendet, die ein Viertel des alten deutschen Reichsgebiets betraf. Um sich vor künftigen Angriffen sicherzustellen, hatte sich die Sowjetunion nach 1945 mit einem Gürtel von Satellitenstaaten umgeben, dessen Schnalle die DDR gleichsam bildete. Dieser Gürtel war wie ein umgekehrter cordon sanitaire; so hatte der Ring sowjetfeindlicher Staaten geheißen, den die westliche Politik in den zwanziger Jahren um die Sowjetunion gezogen hatte.
Die sowjetische Armeeführung und die mit ihr verbündeten Politiker waren nicht bereit, sich dieses mit dem Blut ihrer Soldaten getränkte Land von einem Innenpolitiker aus der Hand winden zu lassen, dessen Projekt einer europäischen Friedensordnung sie eine Chimäre dünkte. Wie würde ein demokratisch-parlamentarisch verfaßtes Deutschland, selbst wenn man seine Vertreter zur Einwilligung in die Abtretung der an Polen und die Sowjetunion übertragenen deutschen Ostprovinzen bewegen konnte, auf längere Sicht mit diesen Einbußen umgehen?
Welche Sicherheit gab es, daß ein wieder erstarkendes Deutschland nicht jenen Grenzrevisionismus auf seine Fahnen schreiben würde, der in dem Westdeutschland dieser Jahre, mit dem Rückenwind hochoffizieller Bekundungen über die Nichtanerkennung der Oder-Neiße-Grenze, lautstark sein Haupt erhob? Die ökonomische Knebelung eines solchen vereinigten Deutschlands aber hätte ähnliche innenpolitische Wirkungen haben können, wie sie nach dem Ersten Weltkrieg im Gefolge des Versailler Vertrages eingetreten waren.
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Verwandte Erwägungen, mit spiegelbildlichen Schlußfolgerungen, mögen damals mit andern auch im Hintergrund der Adenauerschen Politik gestanden haben. Auch bei diesem von dem Scheitern der ersten Republik geprägten Politiker mag die Sorge vorherrschend gewesen sein, ein von wieder zusammenfindenden Siegern in die Selbständigkeit entlassenes Deutschland könne, wie schon einmal, zur Beute eines schwer eindämmbaren Revisionismus werden.
War, um den Preis der Einbindung in sich agonal gegenüberstehende Fronten, der Kalte Krieg nach diesem Hitlerschen Krieg die einzige Chance des verbliebenen Deutschlands? War es so, dann wären Adenauer und Ulbricht bei allem Propagandalärm kontrastierender Ansprüche unterderhand echte Verbündete gewesen.
Jenseits rationaler Erwägungen, aber eng mit ihnen verknüpft, stellten sich dem Berija-Plan acht Jahre nach Kriegsende in der sowjetischen Führung zwei Grunderfahrungen entgegen, die zugleich elementare emotionale Hürden waren: das Trauma des erst in den Moskauer Vororten zum Stehen gebrachten Überfalls durch ein Deutschland, mit dem man ein Agreement, faktisch ein Bündnis geschlossen hatte, und das Ausmaß der Opfer, die eine Kriegführung über Rußland gebracht hatte, wie sie die westeuropäischen Kolonialmächte immer nur in fremden Erdteilen verübt hatten.
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Hinzu kam eine ganz spezielle Interessenlage, die gerade Berija, dem Cheforganisator des sowjetischen Atomwaffenprogramms, deutlich sein mußte; hielt er sie im Rahmen eines Friedensvertrags mit Deutschland für lösbar, hielt er sie für irrelevant angesichts einer intendierten Abrüstung, die das die Sowjetunion enorm belastende nukleare Wettrüsten eindämmen sollte? Die von sowjetischen Firmen ausgebeuteten Uranlager des sächsischen Erzgebirges machten mehr als sechzig Prozent des der Sowjetunion zur Verfügung stehenden Uranaufkommens aus; kaum vorstellbar, daß das Land auf sie hätte verzichten können. Tatsächlich hat die sowjetische Politik die DDR erst freigegeben, als die Lagerstätten erschöpft waren.
Eines waren die deutschlandpolitischen Erwägungen, das andere ergab sich daraus, daß Berija der Vertreter eines Apparats war, der dem Offizierskorps der Roten Armee in den dreißiger Jahren schwere personelle Verluste zugefügt hatte; sie hatten zu der Wehrlosigkeit der Armee in der Anfangsphase des Krieges wesentlich beigetragen. Bedeutende Heerführer und zahlreiche Generäle waren in den Jahren, ehe Berija an die Spitze des NKWD trat (Stalin hatte den Georgier erst 1938, nach dem Ende der Moskauer Prozesse, als Nachfolger des exzessiv terroristischen Volkskommissars Jeschow dorthin berufen), einer Säuberungswelle zum Opfer gefallen, mit der sich Stalin potentieller Widersacher entledigt hatte. Doch nicht nur die Militärs hatten Erinnerungen an das Wüten der Geheimpolizei; der überwiegende Teil der sowjetischen Führung mußte sich durch die von Berija nach Stalins Tod demonstrierte Dominanz und die hinter ihr lauernde Gefahr einer Alleinherrschaft nicht nur politisch, sondern an Leib und Leben bedroht fühlen.
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In der von Chruschtschow in tiefster Verborgenheit dirigierten Konspiration der Berija-Gegner kam dessen Deutschland-Politik die Schlüsselrolle zu und damit Semjonow, dem DDR-Experten, der bis zum 21. April in Berlin als politischer Berater des sowjetischen Oberkommandierenden tätig gewesen war.
Es gelang ihnen, den bewährten Fachmann am 29. Mai in das Amt eines Hohen Kommissars zu berufen, das an die Stelle des Chefs der Sowjetischen Kontrollkommission treten sollte. Gleichzeitig wurde der bisherige Oberkommandierende, Armeegeneral Tschuikow, abgelöst, ein Ulbricht durch gemeinsame Stalingrad-Erfahrungen verbundener Truppenkommandeur, der zugleich Chef der Sowjetischen Kontrollkommission gewesen war; er hatte, Semjonow beklagt es in seinen Erinnerungen, seinen Berater zunehmend beiseite gesetzt.
Statt Tschuikows übernahm am 6. Juni Generaloberst Gretschko die Funktion eines „Oberbefehlshabers der Gruppe der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland“. Unmittelbaren Rückhalt hatte Semjonow an dem Moskauer Generalstabschef Sokolowski, den er von der gemeinsamen Tätigkeit im Nachkriegs-Berlin kannte; Sokolowski hatte von 1946 bis 1949 als Oberkommandierender der Besatzungstruppen in Deutschland fungiert.
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„Berijas Linie“, so beschrieb der einstige Hochkommissar in seinen in einer Bonner Ruhestandsvilla verfaßten Erinnerungen seinen Widerstand, „lief auf eine ganze Kette folgerichtiger Schritte hinaus, die die Kontinuität unserer Politik in der Deutschlandfrage unterbrochen hätten und darauf abzielten, die Sowjetunion schwer zu erschüttern sowie die DDR zu liquidieren. In dieser Auseinandersetzung agierte ich wie ein Kanalarbeiter, der in Dunkel und Kälte gemeinsam mit Gleichgesinnten einen unterirdischen Tunnel vorantreibt.“
Klassenkampf andersherum
Am 2. Juni 1953 wurde die engste SED-Führung – Ulbricht und Grotewohl, dazu das Politbüromitglied Fred Oelßner als Dolmetscher – nach Moskau beordert, um anderntags von der versammelten sowjetischen Führung (Malenkow, Berija, Molotow, Chruschtschow, Bulganin, Mikojan, Kaganowitsch, dazu Semjonow und Gretschko) mit deren grundlegend geänderter deutschlandpolitischer Linie und der von Semjonow ausgearbeiteten Rücknahmeliste konfrontiert zu werden.
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Man kann sich den Kopfstand vor allem Ulbrichts vorstellen. Einwände halfen ihm um so weniger, als Berija über die bornierte Weise, mit der Ulbricht eine bornierte Linie durchgesetzt hatte, aufs genaueste unterrichtet war; er nahm Ulbricht im Verlauf der Sitzung aggressiv aufs Korn. Wollte er ihn zu sofortiger Demission veranlassen und machten andere dagegen geltend, daß ein Zugleich von Kurs- und Führungswechsel die angespannte Situation in der DDR zur Explosion bringen könne? Semjonows Kontrolle vertrauend, willigte Berija ein, daß Ulbricht noch zwei Wochen im Amt bleibe, um die Umstellung selbst anzuleiten – ein Fehler, der sich rächen sollte.
Beide, Semjonow wie Ulbricht, waren bei der Revision des Klassenkampfkurses unter Zeitdruck gesetzt worden. Man kann aber voraussetzen, daß Semjonow, in Berlin angekommen, diesen Termindruck noch ein Stück weit verschärfte, um durch die Plötzlichkeit der Kehrtwende jene Delegitimierung der SED-Führungzu verstärken, die eine Hauptvoraussetzung der Arbeitererhebung war; die Anweisung an Herrnstadt, die politische Kehrtwende unverzüglich, ohne jede propagandistisch-ideologische Vorbereitung, publik zu machen, ist dafür bezeichnend.
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Daß nach der Veröffentlichung des Neuen Kurses Ulbrichts politische Tage gezählt waren und Semjonow offenbar zur Ablösung des verhaßten Parteisekretärs nach Berlin zurückgekehrt war, war in Ost und West übereinstimmende Meinung; mit dem Kommuniqué vom 11. Juni war die amtierende SED-Führung kenntlich zur Disposition gestellt.
Der Zeitdruck, unter den Berija die Realisierung der neuen Deutschlandpolitik gestellt hatte, war der typische Fehler eines aus Stalins sultanischer Schule hervorgegangenen Hyper-Apparatschiks, der glaubte, einen einschneidenden Kurswechel durch bloßes Umlegen des Schalthebels in der Machtzentrale vollziehen zu können; er setzte die Willfährigkeit der Betroffenen apriorisch voraus.
Auch der dritte Fehler, mit dem Berija seinen Widersachern in die Hand arbeitete, war stalinistisch: das Übersehen der Arbeiterklasse; er war charakteristisch für den Innenminister eines Landes, in dem die staatskapitalistische Industrialisierungsdiktatur seit mehr als zwanzig Jahren Hand in Hand mit der Entmachtung der Arbeiterschaft gegangen war.
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Dennoch bleibt es erstaunlich, daß es Berija und dessen tief in die DDR hineinsehendem Apparat entgangen war, daß Ulbricht seinen Dirigismus in den letzten Maitagen auf eine Schicht ausgedehnt hatte, die bisher auch deshalb weitgehend davon verschont geblieben war, da die SED sich als ihre Vorhut betrachtete: die Arbeiterklasse. In einer Grundsatzrede, die am 16. April 1953 im Neuen Deutschland veröffentlicht worden war, hatte Walter Ulbricht die Einführung „technischer“, also erhöhter Arbeitsnormen zu einer entscheidenden wirtschaftlichen Frage erklärt.
In Vollzug der Ergebnisse einer ZK-Tagung, die Mitte Mai noch ganz im Zeichen der Stalinschen Politik gestanden hatte (mit Berufung auf die aus dem Prager Slansky-Prozeß zu ziehenden Lehren war es dem SED-Generalsekretär gelungen, Franz Dahlem, seinen wichtigsten Gegenspieler im Politbüro, von allen Parteifunktionen auszuschließen), war der Regierung auferlegt worden, „bis zum 1. Juni die Arbeitsnormen um durchschnittlich mindestens 10 Prozent zu erhöhen“; so formulierte es am 22. Mai ein offizieller Leitartikel des Neuen Deutschlands. Das war am 28. Mai durch einen Ministerratsbeschluß realisiert worden, einen Tag, nachdem das Zentralorgan der SED sich die Prawda-Erklärung zur baldigen Lösung der deutschen Frage zu eigen gemacht hatte.
Der am 29. Mai veröffentlichte Beschluß erlegte den Leitern der Staatsbetriebe, also der gesamten Groß- und Schwerindustrie, „die Überprüfung der Arbeitsnormen“ bis zum 3. Juni und die vom Zentralkomitee geforderte Normerhöhung bis zum 30. Juni auf, Walter Ulbrichts sechzigstem Geburtstag; in angespannter Versorgungslage bedeutete sie für viele Arbeiter eine reale Lohneinbuße von 25-30 Prozent. Am Kopf derselben ND-Seite las man die umwälzende Nachricht, daß die „Überwachung der Tätigkeit der staatlichen Organe“ der DDR aus den Händen des sowjetischen Oberkommandierenden (das war der Armeegeneral Tschuikow) in die eines diplomatischen Zivilisten übergegangen sei, des neu installierten Hochkommissars Semjonow.
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Dass Ulbricht mit diesem Normenerhöhungsbeschluß die am 24. Mai in der Prawda verkündete neue sowjetische Deutschlandpolitik durch Anbahnung einer innenpolitischen Zuspitzung bewußt sabotierte, ist denkbar, aber angesichts des vierwöchigen Vorlaufs der Maßnahme nicht sicher.
Undenkbar ist aber, daß Semjonow, der in Moskau in ständiger Verbindung mit den sowjetischen Instanzen in Berlin-Karlshorst stand (sein Stellvertreter Judin nahm an allen Politbürositzungen teil), nicht davon erfahren hätte. Doch auf der Rücknahmeliste, die er bis zum 2. Juni zu Händen der sowjetischen Führung ausarbeitete, stand kein Wort über die Revision der Normenerhöhung.
Die detaillierte Liste – sie war „Über Maßnahmen zur Gesundung der politischen Lage in der DDR“ überschrieben – beschränkte sich auf die umfassende Entlastung jener Schichten, gegen die sich der Sozialismus-Kurs der SED gerichtet hatte. Sie war penibel genug zu gebieten, auch „die Verfolgung einfacher Teilnehmer der kirchlichen Jugendorganisation ‚Junge Gemeinde’ einzustellen“.
Wäre die Nicht-Berücksichtigung der Arbeiterschaft ein Fehler gewesen, der aus unzulänglicher Information oder mangelnder Aufmerksamkeit kam, so hätte ihn Semjonow, als er am 5. Juni im Vollbesitz eines Amtes, das ihn zum politischen Oberleiter der DDR machte, in Berlin eingetroffen war, beheben können und müssen, falls ihm nicht an einer bewußten Zuspitzung des sich bereits anbahnenden Konflikts zwischen Arbeiterschaft und Staatsführung lag.
In seinen Erinnerungen gibt Semjonow Tschuikows „störrischem und selbstherrlichem Verhalten“ die Schuld daran, daß es „zu Streiks und politischen Demonstrationen“ gekommen sei. Das ist plausibel für Ulbrichts Politik während des Mai 1953, als Tschuikow noch Chef der Sowjetischen Kontrollkommission war; es ist für die Zeit nach der Abberufung Tschuikows am 29. Mai eine offenbare Irreführung. Der Kanalarbeiter hat das Dunkel des Tunnels, den er mit Gretschko und Sokolowski gegen Berija vorantrieb, nur ein Stück weit gelichtet.
Das Pulverfaß wird gezündet
Der Neue Kurs war am 9. Juni nach einer stürmisch verlaufenen Sitzung vom SED-Politbüro beschlossen worden; als Kommuniqué des Politbüros stand er am 11. Juni mit der Zurücknahme der in den acht Monaten davor verkündeten Zwangsmaßnahmen in allen Zeitungen. Am gleichen Tag erließ der Ministerrat die entsprechenden Verordnungen un veröffentlichte sie am folgenden Tag.
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Damit trat die Bevölkerung des plötzlich von schwerer Bedrückung befreiten Landes in eine Zeit der Hoffnung ein; ein Aufatmen ging durch das Land. Greifbar nahe schien, was die letzten zehn Monate in unabsehbare Ferne gerückt hatten: deutsche Vereinigung und ein Ende des Kalten Krieges. Aber nicht alle hatten daran teil, die Arbeiter hatten ganz unmittelbare Sorgen.
Auch nach diesem 11. Juni wäre noch Zeit zu einer offiziellen Zurücknahme der am 28. Mai verordneten Normenerhöhung gewesen, zumal sich in einigen Großbetrieben innerhalb und außerhalb Berlins bereits eine Streikbewegung gegen sie abzeichnete. Sowjetische Geheimdienstakten belegen, dass Streiks, die Ende Mai in Leipzig und Finsterwalde gegen die Normerhöhung stattgefunden hatten, zur Kenntnis der sowjetischen Instanzen gelangt waren; auch der zweitausend Beschäftigte umfassende Ausstand, der sich am 9. Juni vor den Toren Berlins, im Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf, gegen die entsprechend der Normerhöhung verminderte Lohnauszahlung formiert hatte, konnte ihnen nicht verborgen geblieben sein.
Am 13. Juni erreicht das Zentralkomitee der SED ein alarmierender Bericht des Zentralvorstands der Gewerkschaft (FDGB) über die Situation in den Betrieben des Landes; er bleibt folgenlos.
Am gleichen Tag hatte ein sowjetischer Geheimdienst-Major an einer gewerkschaftlichen Dampferfahrt teilgenommen, in deren Verlauf er zum Ohrenzeugen von Absprachen über Protestaktionen Berliner Bauarbeiter wurde , doch noch immer erfolgte keine Revision des arbeiterfeindlichen Kurses. Das Neue Deutschland fuhr fort, über Betriebe zu berichten, die freiwillig ihre Arbeitsnormen erhöht hatten; nur von Walter Ulbrichts sechzigstem Geburtstag war nicht mehr die Rede.
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Für das protestierende Auf-den-Plan-Treten der Arbeiterschaft waren damit zwei zusammen hinreichende Voraussetzungen gegeben: das Bewußtsein der Ohnmacht einer noch amtierenden, aber von ihrer eigenen Vormacht desavouierten Staats- und Parteiführung und die konkrete Provokation durch die Aufrechterhaltung der verordneten Normerhöhung in den Tagen, da erstmals die stark verminderten Löhne ausbezahlt wurden.
Rudolf Herrnstadt hielt im Neuen Deutschland vorsichtig, aber deutlich dagegen und rückte am 14. Juni einen vierspaltigen Bericht über Schwierigkeiten bei der Durchsetzung der Normerhöhung in einem Berliner Betrieb in sein Blatt, der vor diktatorischem und administrativem Vorgehen warnte. „Es wird Zeit, den Holzhammer beiseite zu legen“, lautete die fettgedruckte Überschrift. Ulbricht konterte in der weitverbreiteten Gewerkschaftszeitung Tribüne und lancierte dort am 16. Juni, dem vorletzten Tag der ihm von Berija gewährten Frist, einen Artikel, der, von dem FDGB-Sekretär Lehmann gezeichnet, den Normerhöhungsbeschluß bekräftigte; dieser sei „in vollem Umfang richtig“.
Nicht erst von diesem Punkt an muß von einem zielgerichteten Handeln des Generalsekretärs gesprochen werden, der trotz der erst in Moskau, dann in seinem eigenen Politbüro an ihm geübten Kritik noch im Vollbesitz der Apparatherrschaft war. Daß dieses Handeln von dem über alle Informationen verfügenden Hochkommissar gedeckt wurde, steht außer Frage, wobei es nicht zu einer expliziten Absprache gekommen sein muß (allerdings gab es zwischen dem Hochkommissar und der SED-Führung immer wieder auch halbprivate Begegnungen); Semjonows Gewährenlassen konnte Ulbricht als Zustimmung genügen. Beide operierten mit höchstem Risiko; der Parteisekretär hatte um so weniger zu verlieren, als die Art und Weise, wie Berija ihn am 3. Juni abgefertigt hatte, seine Lage im Fall eines Gelingens der neuen Deutschland-Politik aussichtslos machte. Allenfalls die Emigration in die Sowjetunion wäre in diesem Fall noch eine Perspektive für ihn gewesen.
Die Zuspitzung
Der am Morgen des 16. Juni in allen großen Betrieben des Landes ausliegende Tribüne-Artikel mit der Bekräftigung der Normenerhöhung wurde zum unmittelbaren Auslöser – von Initialzündung ist vielfach gesprochen worden – einer Streikbewegung, die sich am Vormittag dieses Tages zuerst auf einigen Berliner Großbaustellen formierte.
Statt zur Frühschicht zogen die Arbeiter in die Leipziger Straße vor das Haus der Ministerien, in dem sie die politische Leitung der DDR vermuteten. Den man fand und der sich stellte, war ein Bergbauminister, der, Arbeiter von Haus aus und Kommunist seit 1922, zwölf Jahre lang in den Zuchthäusern und Straflagern des Naziregimes verbracht und in der Waldheimer Einzelhaft ein philosophisches Manuskript auf Kassiber geschrieben hatte, das in der DDR nur als Privatdruck publik geworden war. Dieser Wirtschaftsführer, Fritz Selbmann, hatte den Mut, auf einen Tisch zu steigen, den er sich zu den aufgewühlten Arbeitern hinaustragen ließ, um ihnen zu erklären, daß die drückende Normenerhöhung noch am selben Tag zurückgenommen werde.
Zu ihm hinauf stieg ein Bauarbeiter, der dem Minister klar machte, daß dieser Protestmarsch der Anfang einer Volkserhebung sei, die auf die Ablösung der Regierung und freie Wahlen hinauslaufe. Der Arbeiter, Fritz Hahn (ein Berliner Bibliothekar, der Zeuge der Szene wurde, hat Namen und Schicksal später ermittelt), hatte unter den Nazis fünf Jahre lang in einem Lager verbracht; er wurde nach der Niederschlagung des Aufstands zu einer Gefängnisstrafe von anderthalb Jahren verurteilt und ging danach nach West-Berlin, wo er wieder Bauarbeiter wurde und niemals Verbindung zu seinen Mitstreitern und freigekommenen Mitgefangenen aufnahm. War Fritz Hahn, der sich von dem trügerischen Augenblick der Macht mitreißen lassende Arbeiter, sich bewußt geworden, daß er, indem er eine von der wirklichen Macht soeben weit geöffnete Tür mit aller Macht einzurennen unternommen hatte, das Seine dazu tat, sie zu verschließen?
Selbmanns Ankündigung folgte einem Beschluß des SED-Politbüros, das am Vormittag des 16. Juni getagt hatte; auf dessen Vorschlag beschloß der Ministerrat der SED gegen 14 Uhr die Zurücknahme der Normenerhöhungen. Aber weder der Rundfunk noch die Berliner Abendzeitung verbreiteten diesen Beschluß.
Ulbricht überließ es den SED-Führungen der DDR-Bezirke, ihn bekanntzugeben; es stellte sich heraus, daß nur der Parteichef des Bezirks Suhl dies unverzüglich getan hatte, mit der Folge, daß es dort zu keinen Streiks mehr gekommen war. Ohne von der Zurücknahme der Normenerhöhungen zu erfahren, tagte seit dem Nachmittag in Hennigsdorf das Gewerkschaftsaktiv des dortigen Stahlwerks und wurde am Ende einer langen Sitzung genötigt, die bereits abgeblasene Normenerhöhung hinzunehmen ; am andern Vormittag wirkte der Protestmarsch der Hennigsdorfer Stahlwerker durch das westliche Berlin in die Stadtmitte wie ein Fanal des Aufstands.
Am Abend dieses 16. Juni, zu einer Zeit, da die von dem Tribüne-Artikel ausgelöste Protestbewegung schon in vollem Lauf war, versammelten sich im Berliner Friedrichstadtpalast dreitausend schnell zusammengetrommelte Parteiaktivisten der SED, denen Otto Grotewohl den Neuen Kurs erläuterte; Walter Ulbricht wies auf die Bedeutung der Normenerhöhung hin, indem er zugleich er vor „administrativem Vorgehen“ warnte.
Am Nachmittag des 16. Juni war bei dem Westberliner Rundfunksender Rias eine Gruppe von drei Leuten erschienen, zwei Männern und einer Frau, die sich als Abordnung streikender Bauarbeiter vorstellten und den Sender baten, ihre Forderungen – Normerhöhungswiderruf, freie Wahlen, Senkung der Lebenshaltungskosten, Straffreiheit für Streikende – aufzuschreiben und auszustrahlen.
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Wer diese Abgesandten waren und wer sie ausgesandt hatte, ist niemals festgestellt worden. Sie spielten eine Schlüsselrolle bei dem Geschehen des folgenden Tags – kein Historiker hat sich jemals für ihre Namen, die der Rias zweifellos notiert hatte, und für ihre späteren Schicksale interessiert.
Der Sender erfüllte ihren Wunsch und fügte den Aufruf seinen Nachrichtensendungen ein, mit einem Ergebnis, das Egon Bahr, der Chefredakteur des Senders, in seinen Erinnerungen mit Worten nachwirkender Bestürzung beschreibt: „Die ganze Zone war hochgegangen.“
Voll Sorge, daß sich aus dem Aufruf des Senders in Berlin eine Konfrontation der Besatzungsmächte, und das hätte bedeuten können: der dritte Weltkrieg, entwickeln könnte, untersagte der amerikanische Offizier, dem die politische Oberleitung des Senders oblag, nach drei Stunden die Verbreitung des Aufrufs; schon am Nachmittag hatte er die Verwendung des Wortes Generalstreik verboten.
Aber zu diesem Zeitpunkt hatte der Aufruf, zusammen mit andern westlichen Rundfunksendungen, in vielen Städten und Großbetrieben der DDR bereits seine Wirkung getan. Gegen 23 Uhr trat Jakob Kaiser, von 1945 bis 1947 Vorsitzender der CDU in der Sowjetischen Besatzungszone und nun als Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen ein erfolgloser Opponent von Adenauers Spaltungspolitik, vor die Rias-Mikrophone und warnte die DDR-Bevölkerung, sich „weder durch Not noch durch Provokationen zu unbedachten Handlungen hinreißen zu lassen“. Offenbar erkannnte er die fundamentale Gefahr, die sich über der neuen sowjetischen Deutschlandpolitik zusammenbraute.
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Aber die Rias-Direktion, wie trunken von der Vorstellung, den bereits entmachteten Ulbricht auch ihrerseits noch absetzen zu können, fand einen Weg, das Gebot des Kontrolloffiziers zu umgehen.
Seit den frühen Morgenstunden des 17. Juni sendete sie einen Aufruf des West-Berliner Gewerkschaftsvorsitzenden Scharnowski, der mit der Aufforderung, überall, auch in der „Sowjetzone“, „Strausberger Plätze“ zu schaffen (dort wollten sich die streikbereiten Berliner Arbeiter am Morgen zu ihrem Demonstrationszug sammeln), kaum verblümt zu Massenaktionen in der ganzen DDR aufforderte. Eine Streikbewegung formierte sich, von der abzusehen war, daß sie größte Ausmaße annehmen werde.
Von seiten der DDR-Behörden und der sowjetischen Instanzen war außer jener inzwischen medial verbreiteten Erklärung zur nichtadministrativen Regelung der Normenfrage nichts geschehen, um ihr Einhalt zu gebieten.
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Als der Polizeipräsident von Ostberlin, Waldemar Schmidt, am Vormittag des 16. Juni bei den sowjetischen Stellen um die Genehmigung eines Großeinsatzes zur Verhinderung der Demonstrationen nachgesucht hatte, war er abschlägig beschieden worden.
Wenn man bedenkt, daß in den Großbetrieben des Landes, die als sowjetische Aktiengesellschaften noch bis vor kurzem unmittelbar unter sowjetischer Direktion gestanden hatten und zum Teil immer noch standen, mehr als ein sowjetischer Geheimdienst V-Männer auf allen Ebenen, auch unter der deutschen Arbeiterschaft, installiert hatte, so bleibt die Mühelosigkeit dieser Zurüstungen zur Massenerhebung bemerkenswert.
Daß der von Berija unabhängige Sicherheitsdienst der sowjetischen Armee (GRU) den Ausbruch der Unruhen bis zum Eingreifen der Panzer aktiv befördert habe, ist nach der Interessenlage der Generäle wahrscheinlich. Wladimir Semjonow schreibt in seinen Erinnerungen , daß zwei seiner Mitarbeiter, die hervorragend Deutsch sprachen und ihn „über verdeckte Kanäle“ informierten, in den Buna- und Leunawerken „zum Schein selbst an Streiks“ teilgenommen hätten; es waren schwerlich Mitarbeiter von Berijas MWD.
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Erstaunlich ist auch die Apathie, in der der damals allerdings noch relativ kleine Staatssicherheitsapparat der DDR verharrte. Hing sie damit zusammen, daß Wilhelm Zaisser, der zuständige Minister und Ulbricht-Opponent im Politbüro (er unterstand faktisch Berija und war von diesem umfassend über die neue Deutschland-Politik informiert worden), seine engsten Mitarbeiter bereits auf das bevorstehende Ende der DDR eingestellt hatte?
Im Mai hatte Berija den General Gomez – das war Zaissers Name im Spanienkrieg gewesen – nach Moskau beordert, um ihm die neue Politik zu erläutern.
Aufschlußreich ist der auf dem Moskauer ZK-Plenum vom Juli 1953 gegebene Hinweis des Berija-Nachfolgers Kruglow, daß der Innenminister Anfang Juni 1953 „einen Abbau des Apparates des MWD-Bevollmächtigten in der DDR um das Siebenfache“ (gemeint ist: auf ein Siebentel) angeordnet habe; es sei „beschlossen worden, den Instrukteurapparat in Deutschland aufzulösen und ihm lediglich beratende Funktionen zu belassen“. Offenbar befand sich dieser Apparat im Vorgriff auf die intendierte Wiedervereinigung mitten in einer durchgreifenden Umorganisation, in die das Zaisser-Ministerium einbezogen war.
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Zu den Pointen des Tages gehörte, daß sich am Vormittag dieses 17. Juni die Spitzen von Staat und Parteien im Gebäude des Zentralkomitees an der Wilhelm-Pieck-Straße versammelt hatten, um Hermann Matern, dem zweiten Mann des SED-Apparats, zum 60. Geburtstag zu gratulieren; während man oben die Gläser erhob, klirrten unten die Fensterscheiben. Hat Erich Mielke, als einer der beiden Staatssekretäre Zaissers der Vertrauensmann Ulbrichts im Sicherheitsministerium, die Erhebung hinter dem Rücken seines Ministers begünstigt?
Es ist eine der Fragen, die sich im Blick auf diesen Tag stellen. Eine Merkwürdigkeit eigener Art enthielt das Neue Deutschland, das nicht nur in Herrnstadts Hand lag, am 16. Juni auf seiner dritten Seite; dort gedachte das Zentralorgan eingehend des 105. Jahrestags des „Sturms auf das Zeughaus“ im Revolutionsjahr 1848. Wann hatte man in dieser oder einer anderen Zeitung jemals eines 105. Jahrestags gedacht? Am 13. Juni hatte sich dasselbe Blatt ausführlich mit dem 55. Jahrestag eines Berliner Bauarbeiterstreiks der wilhelminischen Ära befaßt.
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Die Andrej Gretschko, dem neuen Oberbefehlshaber, unterstehende Armeeführung brachte in der Nacht zum 17. Juni sechshundert Panzer in und um Ost-Berlin in Stellung, die sich, alarmbereit, aufs Warten verlegten. Erst, als die Protestdemonstrationen in Berlin und andernorts in handfeste Aktionen gegen Parteizentralen, Polizeistationen und andere Gebäude übergegangen waren (die meisten, 104 von insgesamt 140, wurden in den Bezirken Magdeburg, Halle und Dresden gestürmt), war die Stunde ihres Eingreifens gekommen, das die Szene schlagartig veränderte; es verband sich mit der Erklärung des Ausnahmezustands.
Auch in der Bundesrepublik hatten sich die Besatzungsmächte das Eingreifen im Notstandsfall vorbehalten; das änderte sich erst durch die Notstandsgesetzgebung der großen Koalition in den sechziger Jahren. „Aus Moskau“, erzählt Semjonow in seinen Erinnerungen , sei der Befehl ergangen, bei der Auflösung der Demonstrationen scharf zu schießen, was er im Bund mit dem am 17. Juni in Berlin eingetroffenen Generalstabschef Sokolowski abgewendet habe; beide hätten über „außerordentliche Vollmachten“ verfügt. Sokolowski war anstelle Berijas nach Berlin entsandt worden, der diese Entsendung verweigert hatte und stattdessen seinen Stellvertreter nach Berlin schickte.
Tatsächlich beschränkten sich die Besatzungen der vielfach mit Steinwürfen attackierten Kampfmaschinen zumeist auf Warnschüsse. So wurde ein Blutbad vermieden , doch kam es in Berlin, Sachsen und Thüringen nach der Verhängung des Ausnahmezustands zu standgerichtlichen Erschießungen, ehe der Aufstand vollständig niedergeschlagen war. Andere Todesopfer (die Gesamtzahl wird mit sechsundfünfzig angegeben ) gab es unter Wachhabenden und Demonstranten und – durch Querschläger – unter vielen Unbeteiligten.
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Die Begebenheiten des Tages, an denen im Ganzen etwa sechshunderttausend Menschen teilgenommen hatten, vollzogen sich als die jähe Entladung eines von langer Hand aufgestauten Volkszorns, in deren Verlauf sich ein breites Spektrum von Aktionen entfaltete; sie reichten vom zwanglosen Protestzug bis zu Plünderung und Brandstiftung und von der spontanen Bildung demokratischer Machtstrukturen, wie sie sich vor allem in Bitterfeld und Görlitz vollzog, bis zu der Verwüstung von Kreisämtern und Bürgermeistereien.
Dramatische Szenen ergaben sich in Halle, Magdeburg und Dresden beim Sturm auf die Gefängnisse, in denen noch viele jener festgehalten wurden, deren sofortige Freilassung das Kommuniqué vom 9. Juni den Justizorganen empfohlen hatte, die Opfer der in den Monaten zuvor massenhaft verübten Rechtsverletzungen einer Justizmaschinerie, die kleine, oft aus Not verübte Diebstähle nicht selten mit Zuchthausstrafen von ein bis drei Jahren geahndet hatte.
„Hör mal, gefällt dir dieser Mensch?“
Vor aller Welt und insbesondere vor der sowjetischen Öffentlichkeit und innerhalb der KPdSU war mit dem Eingreifen der Besatzungstruppen in einer anders nicht mehr beherrschbaren Situation der Nachweis erbracht, daß der neue deutschlandpolitische Kurs der Sowjetregierung von feindlichen Mächten als Zeichen der Schwäche angesehen und zu einem Angriff auf die Position der Sowjetunion in Deutschland, mithin: auf die Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs ausgenutzt worden war.
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Es war eine Frage der Selbstbehauptung sowohl der sowjetischen wie der SED-Politik, Aktionen, die vielerorts gewalttätig ausgeschlagen waren, als „faschistischen Putschversuch“ zu deklarieren und den in West-Berlin reichlich vorhandenen antikommunistischen Agenturen und Organisationen den Hauptanteil an Ausbruch und Verlauf der Unruhen zuzuschreiben, zumal der Einfluß des Rias tatsächlich erheblich gewesen war.
Zur gleichen Zeit waren von ihren Geheimdiensten informierte westliche Diplomaten, so der französische Hochkommissar François-Poncet , zu der Ansicht gekommen, daß sich die Streikbewegung nicht ohne Zustimmung und Beihilfe der sowjetischen Instanzen habe entfalten können. Sie vermeinten, daß es dabei um eine Unterstützung der neuen sowjetischen Deutschlandpolitik gegangen wäre.
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Mit der von Semjonow bereits am 17. Juni nach Moskau durchgegebenen und anderntags von den DDR-Zeitungen verbreiteten Lesart einer „faschistischen Provokation“, deren westliche Hintermänner die in der DDR entstandenen Schwierigkeiten ausgenutzt hätten , war die Berijasche Entspannungspolitik dramatisch gescheitert und Ulbricht unabsetzbar geworden. Das Echo von Berijas Entsetzen hallt aus Semjonows Erinnerungen wider.
Der aufs höchste alarmierte Innenminister entsandte zwei seiner engsten Mitarbeiter, Sergej Goglidse und Bogdan Kobulow , nach Berlin, um den Hohen Kommissar als Drahtzieher der Erhebung zu überführen und festzunehmen. „Goglidse und Kobulow“, so war dem Hohen Kommissar aus Moskau hinterbracht worden, „hätten den Auftrag, Material zu sammeln, das bewies, daß Semjonow und Tschuikow den faschistischen Putsch selbst organisiert hätten“.
Berijas Entmachtung und Tod
Der Hochkommissar hatte Grund, um sein Leben zu fürchten. Aber er stand unter dem Schutz der Armeeführung, die durch die Entsendung des Generalstabschefs Sokolowski verstärkt worden war. Zuvor hatte Semjonow befürchten mussen, Berija selbst werde sich nach Berlin begeben, um Remedur zu schaffen, doch hatte dieser, zweifellos aus Sorge, in absentia abgesetzt zu werden, die Entsendung durch das Parteipräsidium verweigert.
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Während Semjonow, die beiden Abgesandten im Nacken, in Berlin eine Woche lang um sein Leben bangte, kam in Moskau die Anti-Berija-Verschwörung zum Ziel.
Chruschtschow gelang es, den Sicherheitsmarschall in Sicherheit zu wiegen, indem er ihm seine Hilfe zum Sturz des Regierungschefs Malenkow anbot, der nach Stalins Tod neun Tage lang zugleich Parteichef gewesen war; mit Berijas Hilfe war diese Funktion an Chruschtschow übergegangen. Im Bund mit der Armee gelang es diesem am 26. Juni, Berija am Sitzungstisch des Parteipräsidiums im Kreml festzunehmen.
Nachdem sich dort mit Ausnahme Anastas Mikojans alle Mitglieder des Führungskreises für die Absetzung Berijas ausgesprochen hatten, trat, mit Marschall Shukow an der Spitze, auf einen Knopfdruck des Sitzungsleiters Malenkow eine von dem Verteidigungsminister Bulganin in den Kreml eingeschleuste Gruppe bewaffneter Generäle auf den Plan, um den Sicherheitschef zu überwältigen.
Der Luftwaffengeneral Moskalenko, Chruschschtows Vertrauensmann bei der hochriskanten Aktion (er kannte ihn aus den Kriegsjahren), hatte gleichzeitig ein Gardeflakartillerieregiment an die Hauptstadt herangeführt; eine Panzerauffahrt hatte die Moskauer Zufahrtsstraßen gesichert, um die Truppen des Innenministeriums in Schach zu halten zu können. Aber die Truppen-Konfrontation blieb aus; Chruschtschow hatte an zwei Stellvertretern Berijas, den Generälen Serow und Kruglow, Verbündete gehabt, denen die Neutralisierung der dem MWD unterstehenden Kreml-Wache geglückt war.
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Die Kunde von Berijas Entmachtung blieb unter dem Schleier strikter Geheimhaltung verborgen, doch erreichte sie noch am gleichen Tag den britischen Premier, für den sie den Zusammenbruch eines großen, hoffnungsvollen Projekts bedeutete. Der achtundsiebzigjährige Churchill bekam einen Schlaganfall, von dem er sich, obschon im Amt bleibend, nicht wieder erholte.
Semjonow aber konnte aufatmen und kehrte gegenüber Berijas beiden Abgesandten den Spieß um. Es gelang ihm, Sergej Goglidse und Bogdan Kobulow nacheinander in sein Amtszimmer zu locken, ehe sie die Nachricht vom Sturz ihres Chefs erhalten hatten; dort vollzog Marschall Sokolowski höchstpersönlich ihre Festnahme. In dem Flugzeug, das den Hochkommissar wenig später nach Moskau brachte, führte er sie als Gefangene mit sich.
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Zur gleichen Zeit gelang es Sudoplatow, die von ihm in Berijas Auftrag nach Westdeutschland entsandte MWD-Obristin Soja Rybkina (sie war die Leiterin der Deutschland-Abteilung des NKWD) zurückzubeordern, ohne daß ihre Mission offenbar geworden wäre. Sie hatte den Auftrag gehabt, Wege einer deutschen Vereinigung zu sondieren.
Im Politbüro der SED war es, wie schon am 9. Juni, auch nach dem 17. Juni zu dramatischen Auseinandersetzungen gekommen; eine starke Gruppe innerhalb des Führungsgremiums nahm das Desaster zum Anlaß, mit dem autokratischen Führungsstil des Generalsekretärs abzurechnen. Eine Nachtsitzung am 7. Juli, an der Ulbricht zweifellos im Wissen um Berijas Absetzung und gestärkt durch ein sowjetisches Glückwunschtelegramm zu seinem sechzigsten Geburtstag, teilnahm, ergab, daß er das Vertrauen der Mehrheit verloren hatte.
Ulbricht ohne Rückhalt
Nur zwei der Anwesenden, Hermann Matern, der zweite Mann im Parteiapparat, und Erich Honecker, der Vorsitzende des Jugendverbands, votierten für sein Verbleiben im Amt, Stimmenthaltung übten Fred Oelßner und Erich Mückenberger; die Stimmen gegen Ulbricht kamen von Anton Ackermann, Friedrich Ebert, Otto Grotewohl, Rudolf Herrnstadt, Heinrich Rau, Wilhelm Zaisser und – besonders nachdrücklich – von der einzigen Frau der Runde, Elli Schmidt. Wilhelm Pieck, mit Grotewohl der Vorsitzende der Partei, befand sich seit Wochen in der Sowjetunion zur Kur.
Nach dieser Abstimmung, die Ulbricht Klarheit über seine Opponenten verschafft hatte, flogen er und Grotewohl im Morgengrauen des 8. Juli nach Moskau, wo tags zuvor eine am 2. Juli begonnene Tagung des sowjetischen Zentralkomitees in förmliche Beschlüsse gemündet war; am 10. Juli erging die öffentliche Mitteilung von der dort vollzogenen Absetzung des Innenministers und Parteipräsidiumsmitglieds.
Es ist wahrscheinlich, daß Berija bereits während oder unmittelbar nach der Sitzung des Führungsgremiums am 26. Juni im Kreml erschossen worden war. Die von Chruschtschow dirigierte Abrechnung des Zentralkomitees vollzog sich in Abwesenheit des Angeklagten, der der offiziellen Verlautbarung nach erst im Dezember füsiliert wurde, im Ergebnis eines offenbar mit einem Doppelgänger veranstalteten Gerichtsverfahrens, an dessen Ende für den Innenminister und eine Reihe Mitangeklagter das Todesurteil stand.
Das interne Protokoll dieser Tagung, eine partiell redigierte, aber inhaltlich zuverlässige Fassung der stenographischen Mitschrift, ist 1990 in Moskau publiziert worden und liegt seit 1993 auch in einer deutschen Ausgabe vor.
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Der am Ende der Tagung stehende Beschluß macht deutlich, in welchem Maß Berijas Deutschlandpolitik seine Deklaration als „Agent des internationalen Imperialismus“ mitbestimmt hatte. Chruschtschow selbst hatte den Ton vorgegeben. „Bei der Erörterung der deutschen Frage“, hielt er den ZK-Mitgliedern aus allen Teilen der Sowjetunion vor, „gab er sich ziemlich eindeutig als Provokateur und Agent des Imperialismus zu erkennen. Er schlug vor, auf den Aufbau des Sozialismus in der DDR zu verzichten und dem Westen Zugeständnisse zu machen. Dies hätte bedeutet, 18 Millionen Deutsche der Herrschaft der amerikanischen Imperialisten zu übergeben."
Er sagte: ‚Man muß ein neutrales demokratisches Deutschland schaffen.’ Kann es etwa ein neutrales demokratisches bürgerliches Deutschland geben? Wäre dies möglich? Berija sagte: 'Wir werden einen Vertrag abschließen.' Aber was kostet dieser Vertrag? Wir kennen den Preis von Verträgen.“ Zuvor der Satz: „Er setzte zum großen Sprung an, er stürzte jedoch ab und zerbarst und hauchte die Seele aus.“ Die Wendung deutet darauf, daß Berija zu dieser Zeit nicht mehr am Leben war; Chruschtschow selbst hat das 1956 gegenüber dem sozialistischen französischen Senator Pierre Commin bestätigt.
Es sind vor allem Chruschtschows in freier, überaus bildkräftiger Rede vorgetragene Passagen, die diesem Protokoll die Dimension elisabethanischer Königsdramen geben. Auch Wallenstein ist nicht fern, der im Dienst seines Kaisers an der Spitze mörderischer Kohorten gestanden hatte und umgebracht worden war, als er Fühler zu Friedensverhandlungen mit dem protestantischen Gegner ausstreckte.
Der siegreiche Parteisekretär beschreibt sein konspiratives Vorgehen mit einer Unbefangenheit, die den Grad der Selbstgefährdung bei seinen Gesprächen mit den andern Mitgliedern des Präsidiums beinahe launig herunterspielt: „Wir tauschten unsere Meinungen aus und fragten ‚Hör mal, gefällt dir dieser Mensch?’ Anfangs guckten einige verwundert und dachten sicherlich: ‚Warum stellt er mir diese Frage und zu welchem Zweck?’ (Gelächter im Saal.) Dann fuhren wir fort: ‚Was guckst du so, er ist doch ein Provokateur, sieh selbst und du wirst dich davon überzeugen, daß er ein Schurke ist.’“ Chruschtschows Sondierungen führten zum Ziel: „Nachdem wir alle miteinander gesprochen hatten, stellte sich heraus, daß wir einer Meinung waren.“
Dann deutet er an, wie er sich vor der entscheidenden Sitzung des Parteipräsidiums mit Berija zum Schein zu einem Bündnis gegen Malenkow, den Ministerpräsidenten, verabredet und sich dann mit einem „heißen Händedruck“ von ihm verabschiedet habe. „Nun, denke ich, du Schurke, dies ist dein letzter Händedruck, morgen um 2 Uhr werden wir dich ausquetschen. Nicht die Hand werden wir dir drücken, sondern den Schwanz abklemmen.“
Die Attacke auf Berijas Deutschlandpolitik wird auf dieser ZK-Sitzung von Molotow, dem Außenminister, vorgetragen, der zuvor die hohe Belastung der DDR durch Besatzungskosten und Reparationen und den „eindeutig linksradikalen Kurs seit Beginn des Sommers 1952“ zur Sprache bringt.
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Berijas Irrtum sei es gewesen, zu glauben, „daß es genügen würde, wenn sich West- und Ostdeutschland als bürgerlicher friedliebender Staat vereinigten“.
„Unter den Bedingungen der imperialistischen Epoche“ wäre es „eine Illusion, von der Perspektive ausgehen zu wollen, ein bürgerliches Deutschland würde sich gegenüber der UdSSR friedliebend oder neutral verhalten können“. Und dann: „Der defätistische Charakter der Vorschläge Berijas zur deutschen Frage liegt auf der Hand. Faktisch forderte er die Kapitulation vor den sogenannten ‚westlichen’ bürgerlichen Staaten. Er bestand darauf, daß wir auf den Kurs zur Festigung der volksdemokratischen Ordnung, die zum Sozialismus führt, in der DDR verzichten. Er bestand darauf, dem deutschen Imperialismus nicht nur in Westdeutschland, sondern auch in Ostdeutschland freie Hand zu lassen. Dies hätte bedeutet, auf das zu verzichten, was mit dem Blut unserer Soldaten, mit dem Blut unseres Volkes in dem schweren Kampf gegen den Hitlerfaschismus erreicht worden ist.“ Ebendies war zweifellos auch die Haltung der Armeeführung gegenüber Berijas Deutschlandpolitik gewesen.
Iwan Tewosjan, der aus Armenien stammende Industriepolitiker und Vize-Ministerpräsident der Sowjetunion, schlägt am Ende der Tagung in dieselbe Kerbe. Deutlich wird: es war Berija mit seinem Entspannungskurs ernst gewesen, und ferner: er war nicht zuletzt wegen seiner Deutschlandpolitik gestürzt worden. Auch seine gegen den Stalin-Kult gerichteten Maßnahmen spielen in der Diskussion eine Rolle. Wie zuvor Kaganowitsch, der Berija „einen Karrieristen und Hasardeur“ genannt hatte, „der durch seine Kritik an Stalin die Grundlage, auf der wir stehen, zerstören“ wollte, wirft Tewosjan dem Gestürzten vor, den heiligen Namen Stalins in den Schmutz gezogen zu haben; er habe ihn „allmählich aus der Presse“ und aus dem Namens-Quartett der Klassiker verschwinden lassen. „So tief ist dieser Schurke gesunken.“ Zuvor hatte der Vizeministerpräsident Andrejew anklagend davon gesprochen, daß „schon kurz nach dem Tode des Genossen Stalin ... die Tilgung jedweden Hinweises“ auf diesen zu beobachten gewesen sei. Wolfgang Leonhard, in weiter Ferne ein genauer Leser der sowjetischen Presse, hat diese Wahrnehmung bestätigt.
Es ist Georgi Malenkow, der in seinem Schlußwort am 7. Juli 1953 mit einer unmißverständlichen Kritik an Stalin den Gegenakzent setzt und keinen Zweifel läßt, daß es nicht um eine Rückkehr zum „häßlichen Personenkult“, sondern um die Überwindung von Stalins Herrschaftsmethoden geht, nicht ohne den Blick auf „den gestrigen Tag“, die Zeit vor Stalins Tod, und auf das eigene Verhalten zu richten: „Wir haben alle geschwiegen. Warum? Weil wir den Personenkult bis zur Absurdität getrieben haben und völlige Kontrollosigkeit eingetreten ist.“ Das Protokoll vermerkt: „Stimmen: Richtig. Stürmischer Beifall.“
Zuvor hatte ein einziger Redner, der Leningrader Parteisekretär Andrianow, das MWD als Ganzes aufs Korn genommen, als einen „Moloch“, der unter der Leitung von immer neuen „gemeinen Menschen“ „weniger den Feinden als vielmehr ehrlichen Menschen, ja selbst den Führungsorganen Angst“ eingeflößt und „in fast jeder Behörde und jedem Betrieb ohne jeden Grund Agentennetze“ eingerichtet habe, die „bar jedweden Nutzens“ seien. Andrianow hatte nur mäßigen Beifall erhalten; er wurde 1956 aller Ämter enthoben.
Die garantierte Teilung
Als der Bericht von dieser ZK-Tagung am 10. Juli in den Moskauer Zeitungen steht, weiß Walter Ulbricht, was ihm Semjonow zweifellos schon vor dem 7. Juli signalisiert hat: daß nicht nur seine Führungsposition gesichert sei, sondern daß er nun auch freie Hand habe, mit seinen Kritikern im Politbüro aufzuräumen. Die Entscheidung war in Moskau getroffen worden, entgegen der in einem Bericht von Semjonow, Sokolowski und Gretschko an die Moskauer Führung enthaltenen Empfehlung, Karl Schirdewan als Ulbrichts Nachfolger an der Spitze der SED zu berufen; Molotow hatte sich dagegen ausgesprochen. „Was Ulbricht betrifft, ist Semjonow nach rechts abgedriftet“, hatte der Außenminister die Empfehlung kommentiert.
Im folgenden Jahr kehrte Semjonow, der inzwischen Botschafter der Sowjetunion in der DDR geworden war (die Sowjetunion hatte der DDR im Vollzug der neuen sowjetischen Politik „erweiterte Souveränitätsrechte“ eingeräumt und die diplomatischen Missionen in den Rang von Botschaften erhoben), nach einem Autounfall nach Moskau zurück und wurde nach seiner Genesung zum stellvertretenden Außenminister ernannt. Seine Erinnerungen ziehen ein Resümee: Alles, was er als Hoher Kommissar seit dem Sommer 1953 unternommen habe, sei darauf hinausgelaufen, „die Fehler, die sowjetische und deutsche Organe von 1945 bis 1953 begangen hatten, Schritt für Schritt auszubügeln.“
Von der Vertreibung aus dem Führungsgremium auf Dauer ausgenommen bleiben die früheren Sozialdemokraten Grotewohl, Ebert und Mückenberger sowie der Wirtschaftsfachmann Heinrich Rau; Herrnstadt und Zaisser werden noch im Juli wegen parteifeindlicher Fraktionsbildung erst aus dem Zentralkomitee, später auch aus der Partei ausgeschlossen. Die Erhebung des 17. Juni hatte vereitelt, was die Demonstranten im Sinn gehabt hatten: die Entmachtung des drakonischen Apparatschiks als wesentlichen Schritt auf dem Weg zur deutschen Vereinigung. Sie war vorher gewährt gewesen und nun unabsehbar geworden.
Im Blick auf diese Paradoxie von einer Ironie der Geschichte zu sprechen verbietet die Zahl der Opfer, die dieser Tag auf allen Ebenen gefordert hatte, falls man nicht den Begriff einer tragischen Ironie gelten lassen will. Vielleicht ist er der Tatsache angemessen, daß dieser Tag neben allem, was er war: Arbeiteraufstand, Massenerhebung, Protestaktion von historischen Ausmaßen, noch etwas anderes gewesen war, ein politisches Intrigenwerk hintergründiger Art, dessen verborgene Urheber, eine politische Wende abwendend, mit ihrem Leben und um ihr Leben gespielt hatten. Ihr Gegner, der sich allmächtig dünkende Innenminister, hatte die Widerstände, die sich seinem Deutschlandplan innerhalb der Armeeführung entgegenstellten, sträflich unterschätzt.
In der Mitte des deutschen Spiels um Zukunft und Macht steht der linksradikale Arbeiterfunktionär, der, durch den sowjetischen Sieg über den deutschen Faschismus zum Generalunternehmer eines monopolistischen Staatskapitalismus geworden, glaubt, zu Ehren seines sechzigsten Geburtstags der Klasse, der er den Sozialismus an den Horizont einer lichten Zukunft malt, mitten in einer Versorgungskrise eine drastische Lohnminderung auferlegen zu können, und der dann, im rapiden Hinschwinden seiner Autorität und der seiner Partei, in der Aufrechterhaltung dieser Maßnahme den Hebel entdeckt, Amt und Herrschaft zu fristen.
Achtzehn Jahre später, im April 1971, trifft ihn das Schicksal, dessen er sich im Juni 1953 mit Hilfe sowjetischer Partei- und Armeeführer erwehrt, auf deren Betreiben: die Absetzung durch sein eigenes Politbüro. Als Wort- und Stimmführer fungiert dabei der Mann, der ihm damals die Stange gehalten hatte und danach entsprechend ge- und befördert worden war, Erich Honecker. Der groteske Vorwurf, den Breshnjew, der Hintermann des Revirements, im Juli 1970 gegen den autoritären Altgenossen erhoben hatte, lautet, dieser gefährde den Bestand der DDR, indem er eine „Zusammenarbeit mit der westdeutschen Sozialdemokratie“ betreibe.
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Nicht nur Ulbricht und die Moskauer Berija-Opposition waren durch den 17. Juni gerettet, auch Adenauers Westbindungspolitik war dies, der durch eine Demokratisierung der DDR mit der Perspektive der Vereinigung schwere Hindernisse erwachsen wären.
Das Bewußtsein davon befällt den westdeutschen Regierungschef am 17. Juni so sehr, daß er zur Bestürzung derer, die es hören, die Begebenheiten des Tages für eine sowjetische Provokation erklärt, die gegen seine Politik gerichtet sei; so hatte sein Geheimdienst, die Organisation Gehlen, das Geschehen gedeutet.
Schon die britisch-sowjetische Friedensinitiative von Mitte Mai war ihm als Attacke auf seine Politik erschienen; diese lebte vom Kalten Krieg. Im Kielwasser der niedergeschlagenen Erhebung gewinnt Adenauer im September mit Aplomb die Bundestagswahlen; zuvor hatte der Bundestag auf Antrag des Abgeordneten Herbert Wehner den 17. Juni zum Tag der deutschen Einheit ausgerufen. Es war der Tag, an dem die deutsche Einheit für mehr als eine Generation unter den Horizont der Geschichte gesunken war.
Des rheinischen Kanzlers Mit- und Gegenspieler im Zentralkomitee in Berlin-Mitte saß schon im Juli wieder so fest im Sattel, daß er den Justizminister der DDR, Max Fechner, einen früheren Sozialdemokraten, der im Neuen Deutschland am 30. Juni Streikführer presseöffentlich von der Strafverfolgung ausgenommen hatte, inhaftieren und zu acht Jahren Zuchthaus verurteilen lassen konnte. Ein Wink des Semjonow-Stellvertreters Judin, der aufgeregt erklärt hatte, daß man „bei uns in der Sowjetunion für eine solche Sache zwölf Jahre Zuchthaus“ gibt, war bei dem Strafmaß ausschlaggebend gewesen.
Daß der nachmals zum Staatsoberhaupt avancierte SED-Generalsekretär mit dem 1956 amnestierten Fechner zehn Jahre später eine öffentliche Wiederbegegnung in der beliebten Fernsehsendung „Mit dem Herzen dabei“ inszenierte, konnte als zynisch bedünken; es war wohl eher der majestätische Versuch einer Abbitte.
Walter Ulbricht hatte in den Junitagen des Jahres 1953 die empfindlichste Lehre seines Leben erhalten. Er wagte es nie wieder, die materiellen Interessen der Arbeiterklasse massiv herauszufordern; auf diesem Weg wurde diese in der DDR wirklich zu so etwas wie einer herrschenden Klasse. Das Problem der Arbeitsproduktivität, das hinter der Normenfrage stand, begleitete die Existenz des Landes und gehörte zu den Ursachen seines wirtschaftlichen Scheiterns.
Auch der Klassenkampf mit dem Holzhammer des Linksradikalismus wurde nicht erneuert, es blieb bei dem Rücknahmeedikt des 9. Juni 1953; der zehn Monate währende Versuch der Einheizpartei, im Schlagschatten der Adenauerschen Westintegration das sowjetische Gesellschaftsmodell auf die DDR zu übertragen, war gescheitert. Fortan suchte Ulbricht bei aller Machtbehauptung nach Wegen, das östliche Muster durch eine Politik abzuwandeln, die auf die Erhaltung und Einbindung des privaten gewerblichen und industriellen Sektors zielte. Er nannte es nicht den deutschen Weg zum Sozialismus, aber er praktizierte ihn, auch und gerade nach 1961, hinter ideologisch vorgehaltener Hand, bis Chruschtschows Entmachtung, 1964 im singulären Bund von Armee- und KGB-Führung vollzogen, seinen Gegnern mit Erich Honecker an der Spitze die Option des Einschreitens gab, das sich im Dezember 1965 in Berlin in Gestalt eines wirtschafts- und kulturpolitisch desaströsen ZK-Plenums vollzog.
Im Rahmen des Neuen Kurses erhöhte sich der Lebensstandard der DDR-Bevölkerung noch im Jahre 1953. Die Sowjetunion erließ dem Land im August einen Großteil der Reparationen und gab ihm dreiunddreißig jener Betriebe zurück, die nach 1945 in sowjetisches Eigentum übergegangen waren; der Austausch von Botschaftern besiegelte eine wesentlich veränderte Situation. Unter Chruschtschows Leitung realisierte die sowjetische Führung, daß sie den ihr am Ende eines langen, furchtbaren Krieges zugefallenen Teil Deutschlands nicht länger als Ausbeutungsobjekt für Kriegsentschädigungen behandeln könne; sie unterstrich es 1955 durch die vor allem der Kunststadt Dresden zugute kommende Rückgabe des überwiegenden Teils der 1945 beschlagnahmten Kunstschätze.
Wie der Generalvertrag des 26. Mai 1952 den ersten Akt der Geschichte der deutschen Westrepublik beschlossen hatte, so setzte der 17. Juni den dramatischen Schlußpunkt unter den ersten Akt der DDR-Geschichte. War der östliche deutsche Staat bis dahin kaum mehr als eine Verfügungsmasse der sowjetischen Politik gewesen, so erhielt er nun eine Bestandsgarantie, die ihn zu einer festen Größe der europäischen Politik machte. In Westdeutschland brauchte man mehr als fünfzehn Jahre, um politische Folgerungen daraus zu ziehen.
Diese Bestandsgarantie hielt vor, solange die am 17. Juni 1953 gewonnene und am 26. Juni bekräftigte Macht der Armee über die sowjetische Außenpolitik andauerte: sechsunddreißig Jahre. Indessen wuchs im westlichen Deutschland eine Generation heran, die sich vehement von den Restbeständen der faschistischen Ära distanzierte und allem Anspruch auf Deutschlands verlorenen Osten entsagte.
Die Geschichte ging ihren Gang, und da er friedlich blieb aus Vorsatz und Interesse, konnte der Moment heranreifen, da, von einer neuen sowjetischen Führung ermutigt und im entscheidenden Moment geschützt, abermals eine Massenbewegung Raum griff. Sie trug die Lehre des 17. Juni in sich, diese Lehre hieß: Keine Gewalt! Es sei unmöglich, aus der Geschichte zu lernen? Das Volk der DDR trat im Herbst 1989 den Gegenbeweis an, und das Ergebnis war durchschlagend: eine Grenze ging auf, der Frieden kam in Sicht. Der deutsche Oststaat hatte seine Aufgabe erfüllt, die zuletzt darin bestanden hatte, die Deutschen an ihre neue Ostgrenze zu gewöhnen; er konnte aufgegeben werden.
Doppelgesicht einer Volkserhebung
Unternimmt man es, die Erhebung des 17. Juni 1953 dem in der deutsche Geschichte immer präsent gewesenen, aber oft mit Fleiß übersehenen Rebellions- und Widerstandsstrang einzubeziehen, so fallen Parallelen zu der sächsischen Volkserhebung des Mai 1849 ins Auge.
Auch in Sachsen wurde damals der Konflikt zwischen der Staatsmacht und dem in der Bevölkerung vorhandenen Protestpotential von seiten der ersteren zielgerichtet verschärft, um den schon angebahnten friedlichen Übergang zu neuen, konstitutionellen Verhältnissen abzuwenden. Dies geschah unter Anleitung einer auswärtigen Macht, in diesem Fall Preußens, das den zögernden sächsischen König zu der Zuspitzung des schwelenden Konflikts bewog; es ging um die Annahme der in Frankfurt beschlossenen Nationalverfassung durch den Landtag, deren vom Landesparlament beschlossenen Grundrechte-Katalog der König bereits im März zugestimmt hatte. Der nördliche Nachbar stand mit Truppen bereit, um bei dem erwarteten Ausbruch der Erhebung mit militärischen Mitteln eine Entscheidung zugunsten der alten Machtverhältnisse herbeizuführen.
Auch in dem Sachsen von 1849 war die Vorbereitung der Opposition auf eine solche Zuspitzung ganz unzulänglich; anders als diejenigen, die den Konflikt provoziert hatten, waren die Provozierten unvorbereitet. Vermöge wirksamer organisatorischer Strukturen breitete sich die Erhebung in dem Sachsen von 1849 erstaunlich rasch über große Landesteile aus, doch nicht schnell und zielstrebig genug, um den mit der Eisenbahn aus Preußen anreisenden Truppen zuvorzukommen; die wirksame Unterbrechung des Schienenstrangs mißglückte.
Anders als beim 17. Juni 1953 war die Disziplin der Aufständischen im Mai 1849 außerordentlich hoch, Akte von Vandalismus, Brandstiftung, Tumult oder gar Lynchjustiz unterblieben; alle Kräfte konzentrierten sich auf Verteidigungsmaßnahmen gegen die erwartete militärische Übermacht. Als eigentümlich ähnlich erweist sich das Strafmaß derer, die in der improvisierten Erhebung zu deren Anführern wurden. Der an der zielstrebig und geordnet verlaufenden Bitterfelder Machtübernahme am 17. Juni führend beteiligte Paul Othma (im Bewußtsein rechtlichen Handelns unterließ er die Flucht nach West-Berlin) blieb fast so lange wie der Dresdner Musikdirektor August Röckel im Gefängnis: elf Jahre. Er war wie dieser auch nach langer Haft nicht zu einem Schuldeingeständnis bereit. Das Gefängnis war dasselbe, es stand in Waldheim.
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Für den Mangel an oppositionellen Strukturen, wie sie in dem Sachsen von 1849 das dichte Netz der republikanischen Vereine bildete, kam 1953 der Rundfunk im amerikanischen Sektor auf; die von seiner Redaktion ausgestrahlten Aufrufe hatten wesentlichen Anteil daran, daß sich in der DDR Hunderttausende in eine Konfrontation stürzten, die phantastisch war, insofern sie weder realisierte, daß die Fundamentalmacht im Lande unverändert bei der Sowjetunion lag, noch, dass diese die SED bereits zum Beginn eines Rückzugs veranlasst hatte, den nur sie selbst vollenden konnte.
Die Arbeiterschaft war provoziert worden und hatte sich provozieren lassen; durch die Hinnahme der anschwellenden Streikbewegung ohne Rücknahme der Normenerhöhungen bei gleichzeitiger Entmachtung der SED-Führung waren Hoffnungen erweckt worden, die sich explosiv Luft gemacht hatten.
Im Hintergrund stand die verblendete Aggressivität, mit der die SED in dem dreiviertel Jahr davor das von Stalin vorgegebene Konzept realisiert hatte. Es war ein weiter historischer Weg von den geysirgleich aufspringenden Aktionen des 17. Juni 1953 bis zu dem gesammelten Ernst der Volksbewegung des Herbstes 1989, die, so spontan sie sich an vielen Orten bildete, über etwas verfügte, was der Juni-Erhebung von den Bedingungen ihrer Entstehung her abgehen mußte: ein Mindestmaß an realitätsbewußter politischer Führung.
Die Verhältnisse komplizieren sich dadurch, daß auch diejenigen, gegen die sich der Aufstand richtete, also die SED-Führung, eine revolutionäre Position beanspruchen konnte und beanspruchte: Machteroberung in Umkehrung der Opferrolle, die Hitlerfaschismus und Eroberungskrieg den deutschen Kommunisten auferlegt hatten.
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So agierten die streikenden Arbeiter in einer eigentümlichen Doppelrolle. Sie befanden sich einerseits in der klassischen Position derer, die sich eines als ausbeuterisch empfundenen Zugriffs des staatskapitalistischen Unternehmers erwehren und zugleich, wie die sächsischen Arbeiter von 1849, politische Demokratie im Blick auf ein einheitliches Deutschland einfordern, und agierten andererseits, durchaus unbewußt, als Avantgarde jener, die die auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone 1945 vollzogene Umwälzung der alten, eng mit dem Hitlerregime liierten Macht- und Besitzstrukturen zurückdrehen wollten.
Im März 1949 hatte ein aus dem US-Exil nach Westdeutschland zurückgekehrter Gesprächspartner den amerikanischen Diplomaten George F. Kennan darauf aufmerksam gemacht, daß eine deutsche Wiedervereinigung unmöglich sei, weil sich in der Sowjetzone „wirklich so etwas wie eine soziale Revolution vollzogen“ habe. „Es sei die einzige Gegend Deutschlands, in der man mit dem Feudalismus endgültig aufgeräumt habe“; das Rückgängig-Machen der Bodenreform müsse einen Bürgerkrieg auslösen.
Selbst wenn es der sowjetischen Seite bei den von Berija angestrebten Friedensvertragsverhandlungen gelungen wäre, die 1945 zwischen Oder und Werra vollzogene Enteignung der Großbanken, der Schwerindustrie und des Großgrundbesitzes festzuschreiben, sie alle tiefverstrickt in Hitlers Eroberungskrieg – wie lange wäre eine solche Bestimmung nach dem Wieder-Souverän-Werden des Landes aufrechtzuerhalten gewesen? Gab es eine Gewähr dafür, daß jenes alte Deutschland, dessen katastrophische Implikationen in Hitlers Raubzügen explodiert waren, nach dem Abzug der Besatzungsmächte nicht tendenziell wiedererstanden wäre?
Der 17. Juni ist fern jener Eindeutigkeit, die Symposien und Konferenzen, Feier- und Gedenkstunden ihm von Zeit zu Zeit zu geben versuchen. Der Stoff, aus dem dieser dramatische Tag gemacht ist, bietet zur Affirmation wenig, zur Reflexion allen Anlass.
Buchtitel Friedrich Dieckmann
Eine erste Fassung des Beitrags von Friedrich Dieckmann erschien bereits 2009 in diesem Buch aus dem Göttinger Wallstein-Verlag, bei dem das Copyright liegt.
Eine erste Fassung des Beitrags von Friedrich Dieckmann erschien bereits 2009 in diesem Buch aus dem Göttinger Wallstein-Verlag, bei dem das Copyright liegt.
Zitierweise: Friedrich Dieckmann, "Moskauer Hintergründe des 17. Juni 1953“, in: Deutschland Archiv, 07.06.2023, Link: www.bpb.de/521626. Besonderer Dank für diese Veröffentlichung gilt dem Autor und dem Wallstein Verlag Göttingen. Alle Beiträge im Deutschlandarchiv sind Recherchen und Meinungsbeiträge der jeweiligen Autorinnen und Autoren, sie stellen keine Meinungsäußerung der Bundeszentrale für politische Bildung dar.
Ergänzend zum Thema:
Jens Kulick, Externer Link: "Wie im Krieg war es". Der ausführliche Augenzeugenbericht eines Geologiestudenten vom 17. Juni in Ostberlin. Deutschlandarchiv vom 7.2.2023.
Der Essayist Friedrich Dieckmann (Jg. 1937) wuchs in Dresden und Birkenwerder auf. Er studierte in Leipzig Germanistik, Philosophie und Physik. Seit 1963 ist er als Schriftsteller tätig, zeitweise war er auch Dramaturg am Berliner Ensemble. Seit 2004 ist er Ehrendoktor der Berliner Humboldt-Universität. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Essays, Kritiken und Buchveröffentlichungen. Der Text ist mit freundlicher Genehmigung des Autors dem Band entnommen "Friedrich Dieckmann: Deutsche Daten oder Der lange Weg zum Frieden. 1945 - 1949 - 1953 - 1961 - 1989, erstmals erschienen im Wallstein Verlag, Göttingen 2009, unter dem Titel "Olymp im Nebel" und seitem mehrfach erweitert.
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