"Ein Ort, der zum Dialog anregt"
Das Leipziger Denkmal für Freiheit und Einheit
Nicht nur in Berlin, auch in Leipzig soll ein Denkmal für Freiheit und Einheit entstehen. Nachdem der Wettbewerb darum im Juli entschieden wurde, tobt in der Messestadt ein heftiger Streit um das Denkmal. In einem Interview erläutern die Wettbewerbssieger, was ihre Motive für den Entwurf waren, und überlegen, welche Form eines Denkmals unserer Zeit angemessen sein könnte.Nachdem der Deutsche Bundestag bereits November 2007 beschlossen hatte, in der Mitte Berlins ein "Denkmal der Freiheit und Einheit Deutschlands, das zugleich die freiheitlichen Bewegungen und die Einheitsbestrebungen der vergangenen Jahrhunderte in Erinnerung ruft und würdigt", zu errichten[1], forderte das Parlament im Dezember 2008 die Bundesregierung auf, gemeinsam mit dem Freistaat Sachsen und der Stadt Leipzig ein gleiches Projekt in Leipzig zu realisieren. Auf diese Weise soll die Bedeutung des Protestmarsches von 70.000 Menschen am 9. Oktober 1989 in der Leipziger Innenstadt gewürdigt werden, der den entscheidenden Durchbruch der Demokratiebewegung und der Friedlichen Revolution in der DDR brachte, die den Weg in die deutsche Einheit ebnete.
Im Mai 2011 sprach sich die die Leipziger Ratsversammlung für den Wilhelm-Leuschner-Platz als Standort für das geplante Denkmal aus. Das Stadtparlament einigte sich, einen internationalen künstlerischen Wettbewerb auszuschreiben sowie den Siegerentwurf im ersten Quartal 2012 öffentlich vorzustellen und öffentlich zu diskutieren, um ein abschließendes Votum der Ratsversammlung zu ermöglichen. Als Einweihungstermin wurde der 25. Jahrestag der Friedlichen Revolution am 9. Oktober 2014 vorgeschlagen.
Die Verantwortlichen der Stadt Leipzig halten ein Freiheits- und Einheitsdenkmal für notwendig: "Über 20 Jahre nach der Friedlichen Revolution ist bereits eine ganze Generation herangewachsen, die die Ereignisse des Herbstes 1989 nicht selbst erlebt haben. Die Geschichte der Friedlichen Revolution wird heute zwischen den Generationen vor allem mündlich überliefert und weitergetragen. Dieser "Faden der Erinnerung" ist dünn und reißt erfahrungsgemäß spätestens nach drei Generationen, wenn es keine weiteren Fixpunkte, wie z.B. Erinnerungsorte und Rituale gibt. Ein Ziel des Denkmals in Leipzig ist es deshalb, die Erfahrungen der Friedlichen Revolution von der Vergangenheit in das Heute und in die Zukunft zu tragen und damit den Übergang vom 'kommunikativen' in das 'kollektive' Gedächtnis zu ermöglichen."[2]



Die Diskussion um das Leipziger Denkmal ist zudem Gegenstand einer parteipolitischen Auseinandersetzung geworden, wie sie zwar häufig Diskussionen über Kunstwerke im öffentlichen Raum begleiten, die hier aber den Umgang mit einem – zweifellos herausgehobenen – Ereignis der jüngsten Zeitgeschichte berührt, das über den lokalen Rahmen hinaus Wirkung entfaltete. Dadurch weist der Streit um das Leipziger Freiheits- und Denkmal über lokale Befindlichkeiten hinaus, er berührt grundsätzliche Fragen des Umgangs mit der jüngeren deutschen Vergangenheit, der politischen und der Erinnerungskultur wie auch der Geschichtspolitik.
Auf diese Fragen wird auch im folgenden Interview eingegangen, in dem die Künstler Martin de Mattia und Marc Weis über ihren Zugang zu einem derart bedeutungsvollen Projekt berichten. Das Gespräch, bei dem De Mattia und Weis ihr Kürzel als Synonym für ihre künstlerische Zusammenarbeit verstehen, fand am 27. September 2012 in München statt.