Vom sozialistischen Paradies zum Erinnerungsort?
Sechzig Jahre DDR in französischen Deutschbüchern
Die Darstellung der DDR im französischen Lehrbuch hat sich im Laufe ihrer Existenz sowie darüber hinaus stark gewandelt und reflektiert dabei den jeweils aktuellen Blick Frankreichs auf die (ost-) deutsche Gesellschaft. Ein Überblick.Pünktlich zum 30. Jahrestag des Mauerfalls hielt im September 2019 auf Grund einer umfassenden Reform der französischen Oberstufe, dem Lycée, eine neue Lehrbuchgeneration für den Deutschunterricht in Frankreich Einzug in die Klassenzimmer. Das Mauerfall-Jubiläum war in der französischen Öffentlichkeit sehr präsent. Die neuen Lehrwerke thematisieren die Geschichte Deutschlands im Allgemeinen und die der Deutschen Demokratischen Republik (fortan DDR) eher am Rande. Die DDR wird als ein „verschwundenes Land“ dargestellt, auf dessen Spuren die Deutschlernenden dennoch hier und da treffen. Dies erinnert teilweise an das Vorgehen des französischen Historikers Nicolas Offenstadt in seinem gleichnamigen Werk über die Spuren der DDR im heutigen Ostdeutschland.[1] Das DDR-Bild wandelte sich in den französischen Deutschbüchern der letzten 60 Jahre mehrmals. Dieser Beitrag fragt nach Wandel und Kontinuitäten der dortigen Darstellungen der DDR. Dabei ist zu bedenken, dass Lehrbücher nicht die Unterrichtsrealität in den Klassenräumen reflektieren und diese stark mit dem Lernprofil der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrperson variiert. Gerade mit der Digitalisierung des Unterrichts in den letzten zehn Jahren wird immer mehr ergänzendes Unterrichtsmaterial von Internetportalen in den Klassen verwendet. Dieser Beitrag behandelt deshalb die Positionierung der Lehrbuchautorinnen und -autoren Frankreichs gegenüber der DDR sowie die Versuche der DDR und der Bundesrepublik Deutschland (fortan Bundesrepublik), auf ihr jeweiliges Fremdbild in Frankreich Einfluss zu nehmen, als den Unterrichtsgegenstand selbst.[2]
Von politischer Inexistenz zum „sozialistischen Paradies“
Bis Ende der 1950er Jahre, die Zeit der diplomatischen Nichtanerkennung der DDR seitens Frankreichs,[3] spielte der ostdeutsche Staat in den französischen Lehrwerken keine Rolle. Deutschland blieb darin zunächst ein romantisches, sagenumwobenes Land, in dem für die Realität der Nachkriegszeit kein Platz war.[4] Thüringen wurde als „grünes Herz Deutschlands“ beschrieben, die Wartburg galt als „Hochburg des deutschen Geistes“ und Weimar war die Heimat von Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe.Die Teilung Deutschlands und die Existenz der DDR wurden den jungen Französinnen und Franzosen vorenthalten. Es dominierte das Deutschlandbild vom Beginn des 20. Jahrhunderts, das die nationale Mythologie als Ausdruck der „Kollektivseele“ des deutschen Volkes interpretierte. Dies war unter anderem der Betonung der sogenannten „klassischen“ Bildung in den Lehrplänen geschuldet.[5] Zudem unterstützte das bundesdeutsche Außenministerium die Verbreitung eines humanistischen Deutschlandbildes, um den Bruch mit dem Nationalsozialismus zu betonen.[6] Nicht zuletzt spiegelte das Lehrbuch die Haltung der französischen Öffentlichkeit gegenüber Deutschland wider, war doch in den 1950er Jahren das Interesse an dem zweiten deutschen Staat außerhalb kommunistisch geprägter Kreise gering.[7] In Folge neuer Lehrpläne und der Kritik der deutsch-französischen Lehrbuchkommission[8] war in den 1960er Jahren zunächst bei den politisch linksorientieren Germanisten Jean Chassard und Gonthier Weil ein deutlicher Wandel zu beobachten. Sie präsentierten nun die DDR als neuen Staat mit vielen Facetten, den sie aus geographischer, touristischer und wirtschaftlicher Perspektive beleuchteten. Die Lernenden erhielten darüber erstmals einen multiperspektiven Blick auf den zweiten deutschen Staat.
Die Buchausgabe für die Abschlussklasse thematisierte politische Aspekte zur DDR und ihren gesellschaftlichen Realitäten. Dabei war ganz selbstverständlich von der „Deutschen Demokratischen Republik“ die Rede. Daraus ist zu schließen, dass die Autoren die DDR bereits vor der offiziellen Anerkennung seitens der Französischen Republik als selbstständigen Staat betrachteten. Chassard und Weil versuchten so, das mythische, kulturelle Deutschland mit den neuen Realitäten zusammenzubringen, und positionierten sich indirekt als Mitstreiter der ostdeutschen Anerkennungspolitik. Somit trugen sie zur Etablierung der DDR als staatliches Alternativmodell zur Bundesrepublik und zum Kapitalismus im französischen Diskurs bei. Ihr Lehrwerk war mehrere Jahrzehnte eine Referenz bei der zentralen Deutschlehrerprüfung und prägte das DDR-Bild mehrerer Lehrergenerationen.
In den 1970er Jahren wandelten sich die Darstellungen erneut und kamen einer Reise in ein „sozialistisches Paradies“ gleich. In Folge der diplomatischen Anerkennung der DDR 1973 erschien der Staat in den Schulbüchern nun gleichberechtigt neben der Bundesrepublik. Der Bau der Berliner Mauer im Jahr 1961 hatte die Wahrnehmung einer breiten französischen Öffentlichkeit für die Existenz des zweiten Deutschlands geschärft und der DDR einen flächendeckenden Einzug in die Lehrbücher ermöglicht. Die deutsche Teilung wurde jetzt in den Kapiteln zur Politik und Wirtschaft überwiegend als politisches Konstrukt erwähnt. Dabei entwarfen auffällig viele Texte aus offiziellen Regierungsbulletins der DDR ein positives und idealisiertes Bild des Landes ohne Kontextualisierung.
Auszüge aus dem Grundgesetz wurden kommentarlos Passagen aus der DDR-Verfassung gegenübergestellt und vermittelten so beispielsweise den Eindruck, die Presse- und Meinungsfreiheit sei auf beiden Seiten garantiert gewesen. Der diktatorische Charakter wurde – wenn überhaupt – beiläufig erwähnt, die DDR-Propaganda dagegen wortwörtlich übernommen. Dies war einerseits das Resultat einer gezielten Imagekampagne der DDR in Frankreich. Auf der anderen Seite hatte die DDR einen anderen Stellenwert an den Universitäten. Denn die französische Germanistik hatte 1966 die gegenwartsbezogene Landeskunde als offiziellen dritten Lehrbereich in dem Fach eingeführt. Zudem sahen kommunistisch geprägte Historiker oder Germanisten wie Gilbert Badia und Georges Castellan in der DDR „eine Utopie, ein Gegenbild zur Bundesrepublik“.[9] Die Biermann-Affäre 1976 relativierte dieses Idealbild zwar in der Öffentlichkeit, in die Lehrbücher zog eine kritischere Haltung gegenüber der DDR aber erst in der nächsten Dekade ein.
Von der gescheiterten Utopie zum Unrechtsstaat?
Quantitativ wie in der Differenziertheit der Darstellung nahm die DDR in den Lehrbüchern der 1980er Jahre die gleiche Stellung wie die Bundesrepublik ein. Diese breitere Perspektive entsprach den veränderten Beziehungen zwischen der DDR und Frankreich nach der Unterzeichnung des Kulturabkommens am 16. Juni 1980 einerseits und den Beschwerden des bundesdeutschen Auswärtigen Amtes andererseits. Letzteres war bezüglich einer aus seiner Sicht zu DDR-freundlichen Darstellung im französischen Schul- und Hochschulunterricht besorgt und forderte ein korrigiertes und aktualisiertes Deutschlandbild ein.[10]Daher wurden nun auch in der Bundesrepublik rezipierte „Vorzeigeautoren“ aus der DDR wie Christa Wolf, Anna Seghers oder Christoph Hein aufgenommen und Themen wie „Republikflucht“ angesprochen.[11] So bot Christa Wolfs „Der geteilte Himmel“ Anlass, um über die Teilung Berlins zu diskutieren[12] Die Lehrbuchautoren vermieden aber eine persönliche Positionierung und bemühten sich – gemäß dem Neutralitätsprinzip zur Wahrung der Laizität[13] – um absolute Neutralität, wie die historischen Kapitel des Buches zeigen. Landeskundliches Wissen wurde in sogenannten Brennpunkten dargestellt. Diese Darstellungen wurden allerdings durch die Auswahl kritischer literarischer Texte hinterfragt.
Ende der 1980er Jahre verstärkte sich die Tendenz zum kritischen Blick auf beide deutsche Staaten. In dem Schulbuch mit dem Titel „Ja, aber...“ fanden sich wiederholt Ausschnitte aus Isolde Heynes Jugendbuch „Treffpunkt Weltzeituhr“ (1984). Die 1979 in die Bundesrepublik übergesiedelte Autorin verarbeitete darin ihre Flucht. Über die Romanfigur Inka blickten die französischen Schülerinnen und Schüler nun mit den Augen einer Ostdeutschen auf den Westen. Inka hatte die DDR verlassen und war zunächst mit dieser „neuen“ Welt überfordert.[14]
Ein Artikel aus dem bundesrepublikanischen Jugendmagazin „Scala“ gab einen Einblick aus westdeutscher Perspektive in die Lebensrealität eines jungen ostdeutschen Pärchens zwischen Wohnungsknappheit und Überwachungsstaat. Das Lehrbuch präsentierte somit über die Auswahl der literarischen und journalistischen Texte ein wesentlich realistischeres DDR-Bild als seine Vorgängergenerationen und vermittelte so die unterschiedlichen Lebenswelten der Deutschen. Die völlige Idealisierung wurde auf Grund der allmählichen Öffnung der DDR gegenüber dem Westen aufgegeben. Auch wenn die Darstellung tendenziell positiv blieb, entstand nun das Bild einer gescheiterten Utopie. Nach dem Abschluss des Kulturabkommens konnten die zukünftigen Lehrkräfte im Rahmen von Universitätspartnerschaften in die DDR reisen oder an dem Programm „séjours travail-loisirs“ teilnehmen und bei solchen Arbeits- und Freizeitaufenthalten ihre Sprachkenntnisse verbessern.[15] Auch die französische DDR-Forschung stellte das Land nun differenzierter dar.[16] Aber auch die westdeutsche Medienberichterstattung hatte zu diesem Wandel beigetragen, denn sie war in den 1980er Jahren zu der Überzeugung gekommen, dass die DDR-Bürgerinnen und -Bürger eine eigene nationale Identität gefunden hätten.[17]
Bei der Betrachtung der Lehrbücher nach der „Wende“ ab 1990 ist zunächst festzuhalten, dass die mit der umfassenden Ökonomisierung aller Lebensbereiche einhergehende Umstellung von Input- zu Output- und Kompetenzorientierung in der Schulbildung auch in den französischen Deutschbüchern zu beobachten ist. Die Aufgabe der traditionellen Bildungsziele und eine deutlich stärkere Kommunikationsorientierung lassen sich aus allen Lehrwerken ab 1990 ablesen.[18] Die Lehrbuchinhalte sollten nun verstärkt zur mündlichen und schriftlichen Kommunikation anregen und zu persönlichen Stellungnahmen motivieren. Inhaltlich bemühten sich die Autorinnen und Autoren nach 1990 zunächst um Nähe zum historischen Subjekt „DDR-Bürger“. Da sie mit ihrer Darstellung nicht auf Kohärenz verpflichtet waren, neigten sie zu chronologischen Längsschnitten und präsentierten vor allem die Lebensbedingungen im Kontext des Kalten Krieges.[19] Außerdem wurde das Deutschlandbild mit der Erweiterung um audiovisuelle Dokumente im Laufe der 2000er Jahre immer multiperspektivischer. Die Kontinuitäten in der DDR-Darstellung zwischen Deutschlehrwerken, die vor 1990 und denen die danach erschienen sind, sind auffällig. Die Autorengruppen rückten weiterhin Themen wie Musik, Bildung und jugendliche Lebenswelten im Sozialismus ins Zentrum. Sie zitierten dieselben Jugendbuchautorinnen und -autoren sowie Werke, die nach 1990 erschienen sind, und schilderten die Beziehungen zwischen Ost- und Westdeutschen als „problematisch“, übten aber keine explizite Kritik an der Art und Weise der Wiedervereinigung.
Hinzu kommt das Narrativ des „Unrechtsstaats“ und die Darstellung des Lebens in einer Diktatur, womit erneut ein deutlicher Wandel feststellbar ist. Die innerdeutsche Grenze wurde an Einzelschicksalen erfahrbar und die DDR zum Beispiel anhand eines Interviews mit einem ehemaligen Stasihäftling als Unrechtsstaat dargestellt, in dem keine Art von Rebellion zugelassen war.[20] Das Interview war in einen chronologischen Längsschnitt zur Problematik „Anpassung oder Rebellion? “ eingeordnet. Es wurde unter anderem danach gefragt, inwiefern Rebellion in einer Diktatur möglich sei. Auf einen Ausschnitt von Günter Grass „Beim Häuten der Zwiebel“ über die Zeit als „Hitler-Junge“ folgte das Interview als Hördokument (beigefügte CD zum Buch für die Schülerinnen und Schüler). Zur weiteren Vertiefung wurden die Verhörmethoden des Ministeriums für Staatssicherheit bei „Republikflucht“ mittels eines Auszugs aus Friedhelm Reis Autobiographie thematisiert.[21]
Die DDR als kulturelles Erbe – Aktuelle Tendenzen der DDR-Darstellung
Seit 2018/19 fordert der neue Sprachlehrplan in Frankreich eine stärkere Einbindung von kulturellem Wissen über das jeweilige Zielland und sieht im Spracherwerb nicht nur einen Weg zur erweiterten Kommunikationsmöglichkeit mit anderen Kulturen, sondern auch ein Mittel, die Welt besser zu verstehen. Die Schülerinnen und Schüler sollen über den Spracherwerb zu „Mittlern“ zwischen den Kulturen werden. Aus diesem Grund sind die neuen Lehrbücher wieder stärker landeskundlich ausgelegt, allerdings nicht thematisch, sondern stets an einer problematisierenden Fragestellung ausgerichtet. Dabei spielt konkretes historisches Orientierungswissen eine untergeordnete Rolle, und die Textart „Romanauszug“ wird weiter von audiovisuellen und digitalen Medien verdrängt.[22]Die DDR wird in der neuen Schulbuchgeneration unter anderem als thematischer Strang für die Erklärung einer geteilten Gesellschaft beschrieben. Das Lehrwerk „Fantastisch“ beschäftigt sich mit der Frage „Zweimal Deutschland – Welches Gefühl der Zusammengehörigkeit gab und gibt es in Deutschland?“ Das Thema wird in fünf Unterkapiteln behandelt und präsentiert eine in Ost und West gespaltene Gesellschaft. Nach einer kurzen Einführung zur Teilung Deutschlands folgt ein Auszug zur Ernährungssituation in der DDR, der von der Internetplattform Planet Wissen stammt.[23] Des Weiteren erklärt Stefan Wolle, Historiker und wissenschaftlicher Leiter des DDR-Museums in Berlin, in einem Video Inhalte und Bedeutung des Westpakets. Im anschließenden Artikel „Warum ich mich unglaublich nach dem Westen sehne“ wird der Westen als das Paradies der Ostdeutschen beschrieben.[24] Die Textauszüge zu den Unterkapiteln „Die Mauer in den Köpfen?“ und „Zusammengewachsen?“ vermitteln eine mangelnde Kohäsion, das heißt, eine weiter bestehende Teilung in „Ossis“ und „Wessis“ in der gegenwärtigen bundesdeutschen Gesellschaft. Dies resultiere aus den unterschiedlichen Entwicklungen vor 1989 sowie der „Wende“, die nicht auf „Augenhöhe“ erfolgt sei, so wird aus einem Interview mit Klaus Schroeder, Leiter des Forschungsverbunds SED-Staat, zitiert.[25]
Eine weitere Tendenz ist die Behandlung von beispielhaften Einzelaspekten. So wird die Zensur im Bereich der Musik unter dem Aspekt „Kunst und Macht“ (art et pouvoir) behandelt und die Überwachung durch das Ministerium für Staatssicherheit den Schülerinnen und Schülern anhand einer Auseinandersetzung mit dem Film „Das Leben der Anderen“ vermittelt. Letzteres dient der Problematisierung des Zusammenspiels von privatem und öffentlichem Raum (espace privé et espace public).[26] Die DDR wird auch im Rahmen der allgemeinen deutschen Erinnerungspolitik aufgeführt. Dabei werden „Stolpersteine gegen das Vergessen“, die Berliner Mauer und „ein Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ auf zwei Doppelseiten[27] regelrecht „abgehandelt“. Das historische Phänomen „DDR und Mauer“ wird zunehmend zur Erklärung zeitgenössischer Tendenzen in der bundesdeutschen Gesellschaft herangezogen und ist ein Baustein unter vielen zum Verständnis der (Ost)Deutschen der Gegenwart. Dabei bleibt Berlin als ehemals geteilte Stadt der Kristallisationspunkt der Geschichte und „Spiegel der deutschen Identität“.[28]
Fazit
Die Analyse zeigt, dass die DDR seit 60 Jahren permanenter Bestandteil des französischen Deutschlandbilds in den dortigen Lehrwerken ist und dessen Darstellung stets ein Spiegel der sich wandelnden kulturpolitischen Rahmenbedingungen war. Mit wachsender zeitlicher Distanz nimmt die Präsenz der DDR ab, so dass mittlerweile nur noch ein vages DDR-Bild in den Deutschlehrbüchern entworfen wird. Dieses ist an einzelnen Orten oder Symbolen wie der Mauer, dem Westpaket oder dem Ampelmännchen ausgerichtet. Den Lehrwerken geht es dabei um eine Sensibilisierung für das kulturelle Erbe im deutschsprachigen Raum.[29] Noch sind die neuen Lehrbücher für die Abschlussklasse nicht erschienen. Diese könnten aber wieder verstärkt literarische Texte und eine intensivere Beschäftigung mit historischen Themen beinhalten, da das Niveau B2 des europäischen Referenzrahmens für Sprachen anvisiert wird.Auch die aktuellen nationalen Prüfungsthemen zeigen, dass die DDR beziehungsweise deren Erbe in der Bundesrepublik trotz rückläufiger Tendenzen weiterhin einen festen Platz im französischen Deutschunterricht hat. So thematisierten zwei von acht Vorschlägen für die Prüfungen, die 2019 beispielhaft auf der offiziellen Internetseite des Erziehungsministeriums veröffentlicht wurden, die Erinnerung an die Berliner Mauer. Einmal geht es um die aktuelle Diskussion zur East-Site-Gallery und das andere Mal um die Mauergedenkstätte an der Bernauer Straße. Dazu wurde jeweils ein kurzes Video gezeigt.[30] Die Schülerinnen und Schüler sollten zunächst auf Französisch Inhalt und Absicht des Filmes zusammenfassen. Darauf folgten verschiedene Arbeitsaufträge: So sollte in deutscher Sprache schriftlich Position zum Umgang mit der Erinnerung an die Berliner Mauer bezogen werden. Abschließend gilt es zu bedenken, dass auch die deutschen Schülerinnen und Schüler nur noch eine grobe Vorstellung von der DDR haben.[31] Zudem steht es jeder Lehrkraft frei, eigene Schwerpunkte, zum Beispiel durch den Einsatz von Spielfilmen zum Thema, Klassenreisen oder Schulprojekte zu setzen.
Zitierweise: "Vom sozialistischen Paradies zum Erinnerungsort? Sechzig Jahre DDR in französischen Deutschbüchern“, Franziska Flucke, in: Deutschland Archiv, 24.3.2020, Link: www.bpb.de/306870