Entnazifizierung
Die Alliierten sind sich darüber einig, dass die Verantwortlichen für die NS-Verbrechen möglichst rasch vor ein internationales Gericht gestellt und bestraft werden müssen. In allen Besatzungszonen werden darüber hinaus hunderte Verdächtige interniert, teils in provisorischen Lagern, teils in den Einrichtungen der von den Nationalsozialisten errichteten Konzentrationslager. Alle Deutschen sollen auf ihre Verantwortung für die NS-Verbrechen hin untersucht werden. Die Hauptkriegsverbrecher stehen ab Herbst 1945 in Nürnberg vor dem Internationalen Militärgerichtshof. Weitere Prozesse folgen bis 1949. Von den insgesamt 185 Angeklagten werden 24 zum Tode verurteilt, über 100 zu teils lebenslangen Haftstrafen.
Schwieriger ist es, die weniger stark belasteten Verantwortlichen zu belangen. In der unmittelbaren Nachkriegszeit werden auch lokale Funktionsträger überall verfolgt. In den westlichen Besatzungszonen aber zieht man schon bald wieder auch NS-belastetes Personal zum Aufbau von Verwaltung, Polizei und Justiz heran. In der sowjetischen Zone und im sowjetischen Sektor von Berlin hingegen werden neben den „Belasteten“ – Menschen, die das NS-Regime aktiv unterstützt haben – auch unbescholtene Menschen enteignet. Außerdem werden Tausende Menschen willkürlich interniert, in die UdSSR verschleppt oder hingerichtet. Tatsächliche Funktionsträger des NS-Regimes werden ganz überwiegend aus der Verwaltung, dem Polizeiapparat und der Justiz, aus Schulen und Universitäten entfernt. Nominellen Parteimitgliedern aber signalisieren die neuen Machthaber Vergebung – sofern sie bereit sind, sich anzupassen.
Wirtschaftliche Weichenstellungen
In der Endphase des Zweiten Weltkriegs planen die Amerikaner die weitgehende Deindustrialisierung Deutschlands. Nach 1914 und 1939 soll das Land nie wieder einen Krieg beginnen können. Aber bald wird deutlich, dass dies – angesichts der Größe Deutschlands – gravierende Folgen für ganz Europa haben und den strategischen Interessen der Westmächte im sich abzeichnenden Kalten Krieg fundamental widersprechen würde. Dennoch werden zahlreiche Industrieanlagen in Deutschland demontiert, um Reparationsforderungen seitens der Alliierten zu befriedigen. In der Sowjetischen Besatzungszone werden schon ab Sommer 1945 Großgrundbesitzer und Firmeninhaber enteignet. Ihr Besitz wird teils an Flüchtlinge und Vertriebene verteilt, teils verstaatlicht. Die Basis für die Sozialisierung der Wirtschaft ist damit gelegt. Parallel werden ganze Industriebetriebe demontiert und als Reparationen in die UdSSR verbracht – dort sind die von den Nationalsozialisten angerichteten Schäden gewaltig.
Die drei Westalliierten sind sich einig, dass Deutschland nicht in den Einflussbereich der Sowjetunion gelangen darf. Schon deshalb soll das Land in den Wiederaufbau Europas mit amerikanischer Hilfe einbezogen werden. Die Sowjetunion lehnt die Einbeziehung ihrer Besatzungszone in die 1948 anlaufenden Marshallplanhilfen ab. Diese Gelder werden nur in den westlichen Zonen und den Westsektoren Berlins eingesetzt.
Politische Vorgaben
Die Sowjetunion bringt „ihre“ Leute – insbesondere deutsche Kommunisten, die in die UdSSR emigriert waren – umgehend in Entscheidungspositionen. Klares Ziel ist die Errichtung eines sozialistischen Staates nach sowjetischem Vorbild. Im April 1946 wird der Zusammenschluss von sozialdemokratischer und kommunistischer Partei zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) erzwungen. Diese Partei wird bis Anfang 1990 die entscheidende politische Macht sein.
Vor allem in der amerikanischen Besatzungszone sind Demokratisierung und Reeducation der deutschen Bevölkerung ein wichtiges Thema. Dabei setzen die US-Amerikaner vielfach auf populäre Medien wie Filme. Die Phase, in der die Deutschen mit den von ihnen begangenen Verbrechen konfrontiert werden, ist kurz. Erste wirtschaftliche Fortschritte und Wohlstandsversprechen machen das westliche Demokratiemodell attraktiv. Spätestens mit dem Zusammenschluss zur Bizone ab Januar 1947 beziehungsweise zur Trizone ab August 1948 setzt sich das amerikanische Vorbild durch. Je stärker der Konflikt mit der Sowjetunion hervortritt, desto enger wird die Bindung zwischen den Westalliierten und dem ehemaligen Kriegsgegner. Im beginnenden „Kalten Krieg“ gerät Deutschland in den Fokus, Berlin wird „Frontstadt“.
Alltägliche Not
Schon vor Kriegsende sind viele Menschen vor der heranrückenden sowjetischen Armee Richtung Westen geflüchtet. Nach der Kapitulation kommen weitere Millionen Menschen hinzu, die aus den deutschen Ostgebieten jenseits von Oder und Neiße vertrieben werden. Sie treffen auf Evakuierte und „Displaced Persons“ – meist Überlebende der NS-Konzentrationslager. Für viele ist Deutschland nur eine Station auf dem Weg in eine neue Heimat in Übersee und anderswo, andere denken zunächst nicht weiter als bis zum kommenden Tag. Alle aber brauchen zumindest eine vorübergehende Bleibe, und der Wohnraum reicht kaum für die angestammte Bevölkerung. Die Konkurrenz ist groß. Viele Menschen leben in Notunterkünften, Kellern – oder in den gerade erst befreiten Konzentrationslagern.
Die Unterbringung der Heimatlosen stellt die Besatzungsmächte vor große Probleme. Im kalten und langen Winter 1946/47 kommen massive Versorgungsprobleme hinzu. Menschen erfrieren in ihren Unterkünften, viele Kinder sind unterernährt. Auf den Winter folgen extreme Hochwasser an Oder und Rhein im März 1947. Da große Teile der landwirtschaftlichen Nutzfläche nicht bebaut werden können, ist die Furcht vor einem neuerlichen Hungerwinter groß.
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